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"Die Euro Alliance hat das Problem der Interchange elegant gelöst"

Die Genossenschaftsorganisation hat für das Debitgeschäft ihre Segmentierungsstrategie vorgestellt. Gibt es ähnliche Überlegungen auch bei der Sparkassenorganisation? Oder halten Sie an der Einkartenstrategie fest? Die Sparkassen sind Qualitätsanbieter, das zeigt sich nicht zuletzt in der Kartenstrategie und im Zahlungsverkehr. Die Sparkassen-Card bietet alle Vorteile einer modernen Debitkarte, angefangen vom kostenlosen Bargeldabheben an Deutschlands größtem Geldautomatenverbund bis hin zu einer bestmöglichen Akzeptanz in Europa und darüber hinaus. Die Sparkassen sind mit Abstand die Nummer eins im Markt. Es gibt 45 Millionen Sparkassen-Cards, das sind 50 Prozent des deutschen Marktes. Kein Institut verkauft mehr Debitkarten als die Sparkassen. Natürlich beobachten wir auch, dass unsere Wettbewerber Karten mit verminder tem Leistungsspektrum anbieten. Wenn es dafür einen breiteren Markt gibt, könnte das auch für die Sparkassen eine Option werden. Solche Ansätze prüfen wir turnusmäßig. Bislang hat sich die Einkartenstrategie als die beste Option herausgestellt. Das heißt nicht, dass wir mit aller Verbissenheit an Co-Brandings festhalten. Denn seien wir mal ehrlich: Dem Kunden ist es egal, ob dieses oder jenes Logo auf der Karte steht. Entscheidend ist, dass man mit der Karte eine höchstmögliche Akzeptanz erlebt. Das bieten wir unseren Kunden. Das ist ein Qualitätsversprechen, auf das sich Sparkassenkunden verlassen können. Wie intensiv werden Sparkas-sen-Cards im Ausland genutzt? Die Einsatzprofile von Sparkassen-Cards sind so unterschiedlich wie die Lebensgewohnheiten unserer Kunden. Wer häufig im Ausland ist, nutzt die Karte selbstverständlich auch häufiger dort. Im Durchschnitt kommen auf 1 000 Einkäufe mit Sparkassen-Cards im Inland 25 Transaktionen im Ausland. Das könnte man aber durchaus als Argument für eine Basis-Karte mit eingeschränkter Auslandsfunktion verwenden ... Nein, überhaupt nicht. Denn nehmen Sie einmal an, Sie wohnen in Krefeld und können in Holland einkaufen gehen. Entscheidend ist, dass Sie mit der Sparkas-sen-Card jederzeit die Möglichkeit dazu haben. Ob man es dann einmal im Jahr oder einmal pro Woche tut, steht jedem Kunden frei zu entscheiden. Mit der Spar -kassen-Card verkaufen wir Flexibilität und Sicherheit, und das zu fairen Konditionen. Das ist ein entscheidendes Verkaufsargument im harten Wettbewerb, der bei Girokonten hierzulande herrscht. Solche Ser vicebausteine kann man nicht beliebig verändern. Welchen Stellenwert hat das Co-Branding gegenüber der Euro Alliance (EAPS)? Die Euro Alliance ist genauso wie ein Co-Branding Mittel zum Zweck. Um den Spar kassenkunden Mobilität und Flexibilität bieten zu können, nutzen wir beides, weil es sich gut ergänzt. Das wollen wir auch in Zukunft so beibehalten - schon allein deswegen, weil einzelne Länder in Europa wie zum Beispiel Belgien ausschließlich Maestro nutzen. Wichtige Urlaubsländer der Deutschen wie Spanien, Italien und Portugal können wir direkt über die Euro Alliance abdecken. Je größer die Euro Alliance wird und je mehr Banken, Bezahlverfahren oder Länder sich durch bilaterale Verträge an die Euro Alliance Partner binden, desto unabhängiger werden wir von Co-Brandings. Solche bilateralen Abkommen wurden kürzlich zwischen Eufiserv und den französischen Sparkassen geschlossen, aber auch zwischen der deutschen Kreditwirtschaft und der belgischen Fortis, der Schweizer Postfinanz und den portugiesischen Caixa Geral. Ein Großteil der Abkommen betrifft vor allem Geldautomaten. Aber auch bei der Akzeptanz am Point of Sale sehen wir zunehmend Dynamik. Bereits heute umfasst die Euro Alliance 222 Millionen Debitkarten, 190 000 Geldautomaten und mehr als 2,1 Millionen PoS-Terminals in Europa. Die Euro Alliance und deren weiterer Ausbau haben für uns höchste Priorität. Welches Co-Branding wird die Sparkassen-Card künftig tragen? Für die Sparkassen-Card brauchen wir eine höchstmögliche Akzeptanz zu den besten Konditionen. Bisher sind wir mit Maestro gut gefahren. Wir sind natürlich auch offen für V-Pay, vergleichen aber selbstverständlich immer Akzeptanz und Konditionen. Mit dem Scheitern der Master -card-Gespräche mit der EU -Kommission und der von der Kommission verlangten Abschaffung der Cross-Border-Interchange haben sich die Rahmenbedingungen verändert. Welche Konsequenzen zieht die Spar-kassen-Organisation daraus? Das Vertrauen unserer Kunden ist uns wichtig. Deswegen wird es hier keinen Schnellschuss geben. Die Sparkassen-Card kann weiterhin wie bisher im Ausland eingesetzt werden. Das ist uns gerade jetzt zu Beginn der Urlaubszeit wichtig. Klar ist, dass auf Dauer kein Kreditinstitut Leistungen erbringt, ohne dafür angemessen bezahlt zu werden. Daher loten wir derzeit Lösungsmöglichkeiten aus, um den Sparkassen Optionen zu schaffen. Soviel steht fest: Wir werden auch in Zukunft unseren Kunden eine Sparkassen-Card anbieten, mit der sie praktisch über all bezahlen und Geld abheben können. Dafür braucht kein Kunde zwingend Maestro. Das weiß auch Mastercard. Wo liegen aus Ihrer Sicht die Hauptvorteile der Euro Alliance? Die Euro Alliance ist der erste europäische Wettbewerber zu Maestro und V-Pay. Innerhalb dieses Netzwerks öffnen sich die Partner gegenseitig den Zugang zu ihren Geldautomaten- oder Bezahlsystemen. Die spezifischen Besonderheiten der bisherigen Systeme bleiben unangetastet. Insofern ist es eine wirklich europäische Lösung im guten Sinne. Die Vorteile sehe ich darin, dass der Kunde seine bisherige Karte genauso einsetzt wie im Heimatland, der Händler ohne neuen Vertrag jetzt auch ausländischen Kunden Kartenzahlungen anbieten kann und die Banken die etablierten, effi zienten nationalen Systeme weiterhin nutzen können. Im nächsten Schritt werden weitere Länder und wahrscheinlich auch einzelne Issuer hinzugewonnen. Es ist nämlich nicht trivial, eine Bank anzubinden, deren nationales System nicht an der Euro Alliance teilnimmt. Aber Ende dieses Jahres soll es dafür eine Lösung geben. Ist der Vorschlag der Großbanken für ein einheitliches europäisches Schema eine Option für die Sparkassen? Wir beteiligen uns nicht an diesen Überlegungen, weil solch ein System gemessen an der Euro-Alliance für Kunden, Händler und Banken ein Rückschritt wäre. Bislang ist völlig unklar, wie sich der Business Case darstellen soll. Woher soll der höhere Ertrag kommen, der die dafür notwendigen Investitionen rechtfertigen soll? Die Euro Alliance hat das Problem der Interchange elegant gelöst, weil sie mit direkten Kundenentgelten und bilateralen Lösungen arbeitet. Politisch ist sie eine wirklich europäische Lösung, weil die Investitionen, Arbeitsplätze und Steuerzahlungen im jeweiligen Land ver- bleiben. Hinzu kommt, dass die Euro Alliance heute bereits operativ tätig ist - all das sind Vorteile, die für die Euro Alliance sprechen. Das soll allerdings niemanden entmutigen, nicht einen vierten oder fünften Anbieter an den Markt zu bringen. Beobachter merken aber mitunter skeptisch an, dass auch bei der Euro Alliance entstehende Kosten unterschätzt werden ... Da die Euro Alliance auf vorhandene Infrastruktur aufbaut, hat sie einen enormen Investitionsvorsprung. Das macht grenzüberschreitende Transaktionen über die Euro Alliance vergleichsweise günstig, auch wenn die Aufwendungen höher liegen als bei nationalen Transaktionen. Um wie viel niedriger sind die Transaktionskosten als mit Maestro? Das kommt auf den bilateralen Vertrag an. In jedem Fall spart man für Transaktionen innerhalb des Euro-Alliance-Netzwerks die Maestro-Lizenzgebühren. Ist das Konzept der bilateralen Vereinbarungen nicht vergleichsweise aufwendig? Viele bilaterale Vereinbarungen machen natürlich erst einmal viel Arbeit. Aber sie bieten einerseits Flexibilität und andererseits Planungssicherheit. Denn multilaterale Abkommen werden häufig von der EU-Kommission kritisiert. Das gefährdet die Erträge. Die Euro Alliance erhält aus Brüssel wohlwollende Unterstützung. Glauben Sie mir, das ist sehr viel wert. Aus Sicht von Emittenten müsste die Euro Alliance nach dem 21. Juni also nochmals deutlich an Attraktivität gewonnen haben. Ist das bereits in neuen Interessensbekundungen spürbar geworden? Das Interesse war auch vor dem 21. Juni bereits groß. Eines der Argumente, die gegen die Euro Alliance ins Feld geführt werden, ist die Zurückhaltung der Franzosen. Kann die Euro Alliance ohne Frankreich auskommen - und wird sie es auf Dauer müssen? Dass die Franzosen nicht zu den Gründungsmitgliedern der Euro-Alliance zählen, macht mich nicht nervös. Denn über Co-Branding können unsere Kunden in Frankreich bezahlen und französische Kunden in Deutschland. Überdies bin ich optimistisch, dass die Vorteile der Euro Alliance immer mehr Länder überzeugen werden. Es gibt immer wieder Gespräche, auch mit französischen Instituten. Inwiefern sehen Sie Monnet als Konkurrenz zur Euro Alliance? Ich bin da sehr entspannt. Die Banken, die in Deutschland Vordenker bei Monnet sind, geben etwa zwölf Prozent des deutschen Debitkartenbestands aus. Ihre Gesprächspartner in Frankreich stehen für 18 Prozent der dortigen Debitkarten. Monnet ist derzeit noch nicht über den Status einer Machbarkeitsstudie hinausgekommen, von denen es übrigens bereits etliche gab. Bei der Euro Alliance haben wir dagegen fünf Teilnehmer-Länder im Kern, über Eufiserv noch sechs weitere Länder im GAA-Bereich und weitere bilaterale Kontakte, durch die das Netz der Euro Alliance immer enger geknüpft wird. Insofern besteht die Euro Alliance mittler weile aus zwei "Ringen" - den Kernmitgliedern und denjenigen, die mit einzelnen Partnern bilaterale Abkommen abgeschlossen haben. Das Netz wächst damit sogar schneller, als es die Planung vorsieht. Wie viele Transaktionen laufen bereits über das Netzwerk? Erste Tests wurden 2006 durchgeführt. 2007 folgten die ersten operativen Transaktionen. Heute haben wir bereits 20 Millionen Transaktionen über das mit der Euro Alliance geknüpfte Netz. Macht die Orientierung der Entgeltstukturen am jeweiligen Heimatmodell des Akzeptanten die Er tragssituation für die Emittenten nicht schwer berechenbar? Da sich die Kundengewohnheiten nur sehr langsam ändern, verändern sich auch die Transaktionsströme von Jahr zu Jahr nur gering. Wir haben daher eine recht gute Kalkulationsbasis. Aber auch für den Fall, dass plötzlich jeder Deutsche einmal pro Woche mit der Sparkassen-Card im Ausland einkaufen ginge, kann man sich im Rahmen der Euro Alliance darauf einstellen. Dass wir die Flexibilität haben, auf Änderungen einzugehen, ist das große Plus in diesem System. Welche Chancen hat der Handel mit seiner Forderung, ELV in die Single European Payments Area (Sepa) hinüberzuretten? Das elektronische Lastschriftverfahren ist kein Sepa-Verfahren. Denn um europaweit einheitliche Sicherheitsstandards zu erreichen, hat man sich zu Recht beim Cards Framework für Chip und PIN entschieden. Dennoch sind wir gegen eine Zwangsmigration. Erfolgreiche und effiziente Verfahren werden wir auch weiterhin unterstützen. Insofern entscheiden in erster Linie unsere Kunden über die Verfahren, die wir anbieten. Was die Zukunfts- und Europafähigkeit von ELV angeht, macht sich jedoch auch der Handel wenig Illusionen. Nicht umsonst verzeichnet das Sepa-fähige electro-nic-cash-Verfahren den höchsten Marktanteil und die höchsten Steigerungsraten. Wie vertragen sich der Export von electronic cash ins Ausland und die Euro Alliance miteinander? Das ergänzt sich. Uns geht es darum, über viele mögliche Wege die Akzeptanz für deutsche Karten im Ausland zu verbreitern. Die klare Priorität liegt jedoch auf der Euro Alliance. Der Export von electronic cash geht weiter, wird aber nicht mit großen Offensiven vorangetrieben. Vielfach geht die Initiative vom Händler aus. Vor einem halben Jahr hatten wir bereits etwa 5 000 electronic-cash-Terminals im Ausland, in Österreich, Mallorca und Ägypten - eben dort, wo viele deutsche Karten inhaber unterwegs sind.

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