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Neue Bewegung im Firmenkartengeschäft

sb - Bisher sind die Lufthansa und die Swiss die einzigen Fluggesellschaften, die Buchungen mit dem im November 2011 neu eingeführten Debit-Account der Lufthansa Airplus Servicekarten GmbH, Neu-Isenburg, vom Surcharging freistellt. Gespräche mit anderen Airlines laufen, allerdings offenbar eher zäh.

Dass die Bereitschaft, im Gegenzug für niedrigere Disagien auf Zusatzgebühren für Kartenzahlung zu verzichten, so gering ist, mag daran liegen, dass das Surcharging sich für den einen oder anderen Anbieter, der die Kreditkartenentgelte höher ansetzt als die zu zahlenden Disagien, zu einem lohnenden Geschäftsmodell entwickelt hat.

Solche Praktiken sind indessen nicht unbemerkt geblieben und könnten durch die Europäische Union bald unterbunden werden. Eine entsprechende Gesetzesvorlage wurde bereits erarbeitet und befindet sich im Abstimmungsprozess.

Regulierung absehbar

Gleichzeitig hat die EU-Kommission erstmals angekündigt, auch die Interchange für Corporate Cards unter die Lupe nehmen zu wollen. Bisher hatte man hier vor allem deshalb auf eine Regulierung verzichtet, weil American Express als Drei-Parteien-System bislang nicht als regulierungsbedürftig eingestuft wurde. Da das Unternehmen aber einer der wichtigsten Player im Firmenkartengeschäft ist, drohen Wettbewerbsverzerrungen, wenn American Express von der Regulierung ausgenommen würde.

Dem Grundsatz "alle oder keiner" hat sich die EU-Kommission bisher nicht verschlossen, zumal sie es sicher nicht als ihre Aufgabe sieht, einen US-amerikanischen Anbieter im Wettbewerb zu stärken. Tendierte sie bisher aber eher zu "keiner", neigt sich das Pendel nun zu "alle". Es wurde angekündigt, auch Drei-Parteien-Systeme kritisch unter die Lupe zu nehmen.

American Express überrumpelt?

Natürlich mahlen Europas Mühlen langsam. Es wird aber doch immer wahrscheinlicher, dass es über kurz oder lang zu einer Regulierung im Firmenkartengeschäft kommt. Wenn die bislang im Vergleich hohe Interchange spürbar sinkt, werden die Emittenten andere Ertragsquellen finden und ihre Geschäftsmodelle auf den Prüfstand stellen müssen.

Denkbar sind zum einen hohe Jahresgebühren, die die Firmenkarten für kleinere Unternehmen eher unattraktiv werden lassen könnten. Oder Karteninhaber und Akzeptanten teilen sich die Transaktionskosten, wie es Airplus mit dem Debit-Account vormacht. Die Entwicklungen auf europäischer Ebene sieht man in Neu-Isenburg deshalb gelassen - ist man doch mit dem neuen Konzept auf einen Umbau des Geschäftsmodells vorbereitet.

American Express dagegen scheint sich eher überrumpelt zu fühlen. Eine Stellungnahme zum "Green Book" der EU seitens Amex ist jedenfalls noch nicht zu erhalten. Man müsse einen Standpunkt erst erarbeiten, heißt es dazu.

Noch ist freilich alles beim Alten. Doch auch unter den bisherigen Rahmenbedingungen hat Airplus mit dem neuen Konzept offenbar den Nerv der Kunden getroffen. Drei Monate nach Markteinführung haben sich bereits über 1000 Kunden dafür entschieden. In der ersten Welle waren dies vor allem kleinere und mittelgroße Unternehmen. Ab dem zweiten Quartal rechnet Airplus jedoch mit einem zweiten Nachfrageschub, diesmal seitens großer Unternehmen, wenn deren bestehende Corporate Rates mit der Lufthansa oder Swiss auslaufen. Und sollte die EU das Surcharging auf die tatsächlich gezahlten Disagien begrenzen, bekäme das Konzept vermutlich noch einmal ganz neuen Schub.

Zukaufbare Zahlungsziele

40 Prozent der Unternehmen, die den Debit-Account nutzen, haben sich zugleich für ein unter den Namen "Speed of Pay" angebotenes Zahlungsziel entschieden, das für derzeit zwölf Cent pro Tag zugekauft werden kann. Bei den Kreditkarten bleibt es bisher beim festen Zahlungsziel. Geplant ist aber, Speed of Pay für alle Produkte anzubieten und den Unternehmen damit die Möglichkeit zu geben, selbst zu entscheiden, wie lange sie für interne Prozesse (zum Beispiel der Prüfung von Reisekostenabrechnung) brauchen beziehungsweise wie schnell sie ihre Rechnung bezahlen können und wollen. Auch dieses Beispiel zeigt: Es kommt deutlich mehr Flexibilität ins Geschäft mit Firmenkarten.

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