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Sicherheit - Neue Technologien am Geldautomaten: Alternativen im Test

Fragen an Stefan Wahle

Anfang Februar gab es verschiedene Meldungen zu neuen Technologien am Geldautomaten: Die türkische Isbank rüstet ihre Geldautomaten landesweit mit Fingervenenscannern aus, La Caixa will zumindest in Barcelona in jeder Filiale einen Geldautomaten mit Kontaktlos-Leser ausstatten. Wie sehen Sie die Zukunft solcher Technologien in Deutschland?

In Deutschland nehmen wir einige Banken wahr, die sich perspektivisch damit beschäftigen, wie die Authentifizierung am Geldautomaten künftig aussehen könnte. Die Frage ist nur: Warum sollte man etwas verändern? Wir sollten nicht vergessen, dass die Skimming-Fälle im ersten Halbjahr 2011 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 60 Prozent zurückgegangen sind.

Das PIN-Verfahren mit einer vierstelligen Zahl ist natürlich im Vergleich zu biometrischen Verfahren weniger sicher. Der Vorteil des PIN-Verfahrens ist aber, dass es sich einfach einrichten lässt. Der Kunde muss dazu nicht in der Filiale erscheinen, um sich zu registrieren. Das aber ist bei biometrischen Verfahren unabdingbar - und führt sofort zu Datenschutzdiskussionen. Das heißt: Biometrische Verfahren sind vom Rollout her viel aufwendiger als das heutige PIN-Verfahren.

Mit einem biometrischen Verfahren gäbe es kein Skimming mehr. Der Skimming-Schaden in Deutschland lag 2010 laut BKA bei etwa 60 Millionen Euro, Tendenz stark sinkend. Dem muss man allerdings die Kosten für die Umrüstung von rund 60 000 Geldautomaten in Deutschland auf biometrische Authentifizierung gegenüberstellen. Dabei sind die Investitionen nicht die einzige Hürde. Darüber hinaus fällt ein hoher Aufwand für die Registrierung und Verwaltung der biometrischen Daten an.

Hinzu kommt: Es gibt keine Standardisierung. Bis jetzt hat die Deutsche Kreditwirtschaft nicht klar festgelegt, welches Verfahren der Standard sein soll: Fingerprint, Handvenenmuster oder ein anderes Verfahren.

Zusammenfassend würde ich sagen: Der Handlungsdruck ist noch nicht hoch genug, um den Aufwand für die Umsetzung eines neuen Verfahrens zu rechtfertigen. Das ist der Grund dafür, dass es sich noch nicht durchgesetzt hat.

Ein wichtiger Punkt bei biometrischen Verfahren ist ja auch die Zuverlässigkeit der Verfahren. Sind auch hohe Quoten von Falsch-Positiv- oder -Negativ-Meldungen ein Argument gegen Biometrie?

Das war früher ein echtes Problem. Die Geräte sind aber über die Jahre viel besser geworden. Wenn es nur daran läge, gäbe es zumindest Piloten, in denen die Banken die Leistungsfähigkeit der Technik testen würden. Das war aber nicht der Fall.

Bis jetzt gibt es nur einzelne Piloten. Der DSGV hatte im ersten Halbjahr 2011 ein Pilotprojekt mit einem einzelnen Automaten in der Sparkassenorganisation. Der Versuch mit Mitarbeitern wurde als erfolgreich bewertet, in dem Sinn, dass es eine hohe Akzeptanz gibt. Andere Banken beschäftigen sich auch damit. Aktuell gibt es ein Vorhaben einer deutschen Großbank, weitere Erkenntnisse hinsichtlich alternativer Authentifizierungslösungen (zum Beispiel auch über NFC mit dem Mobiltelefon) zu sammeln.

Gibt es auch Nachfrage zur kontaktlosen Technologie am Geldautomaten?

Der Markttreiber für NFC wird das kontaktlose Zahlen sein. In dem Moment, wo sich das durchsetzt, wird sich irgendwann automatisch die Frage stellen, warum die Technologie nicht auch am Geldautomaten zum Einsatz kommt.

Technisch ist das jederzeit machbar. Die Geräte in Deutschland werden nachrüstbar sein. Aufwand und Kosten würden sich in etwa auf dem gleichen Niveau wie für die Umstellung auf Biometrie bewegen.

Skimming allein ist sicher kein Treiber für die Umstellung auf NFC. Denn es wird künftig mit Sicherheit auch Angriffsszenarien auf NFC-Chips geben. Das Thema Sicherheit am Geldautomaten wird uns dauerhaft beschäftigen. Was wir allerdings auch sehen: Für die Manipulation von Geldautomaten müssen die Täter immer vor Ort sein. Perspektivisch sehe ich größere Gefahren im Internet-Zahlungsverkehr als an den Geräten.

Stefan Wahle ist Deutschland-Chef Banking und Sprecher der Geschäftsleitung bei der Wincor Nixdorf International GmbH, Neu-Isenburg.

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