Payment und IoT: Aus Science Fiction wird Realität

Swantje Benkelberg

sb - Über eine geraume Zeit hinweg hatte das, was Mastercard und Visa in ihren Innovationslaboren präsentierten, ein Stück weit den Charakter von Science Fiction. Die neuen Bezahlszenarien, oftmals dem Bereich des "Internet der Dinge" (Internet of Things, daher kurz IoT) zuzuordnen, wirkten durchaus charmant. Es war vorstellbar, dass vieles davon irgendwann Realität wird, aber eher nicht in der allernächsten Zukunft.

Das ist mit der IAA 2017 anders geworden. Denn hier konzentrierten sich die Hersteller neben dem Dieselskandal und der Elektromobilität auch auf die Zukunft der Automobilität. Und dabei spielen IoT-Anwendungen eine ganz wesentliche Rolle - ob es nun um das autonome Fahren geht, um Carsharing-Services, neue Versicherungsprodukte aus dem Bereich Telematik oder auch um Services, die künftig über das Auto gebucht werden können. "Autos lassen sich schon heute nicht mehr ohne Vernetzung denken", stellte Matthias Wissmann, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), deshalb in seiner Rede zur Eröffnung der Messe fest.

Vorreiter Volkswagen

Mit diesen neuen Anwendungen rückt auch das Thema Payment in den Fokus. Am weitesten geht dabei der Volkswagen-Konzern, der für die Payment-Aktivitäten gleich eine eigenständige Gesellschaft unter dem Dach der Volkswagen Financial Services gegründet und zusätzlich das in München ansässige Start-up Contoworks GmbH gekauft hat. Das Unternehmen bietet eine integrierte Plattform (E-Wallet) für Zahlungsdienste an.

Dem Konzern geht es um die einfache, sichere und schnelle Abwicklung der Zahlungen für seine Dienstleistungen und digitalen Produkte - schließlich sollen bis 2020 alle Produkte digitalisiert und online abschlussfähig werden. Dabei geht es längst nicht mehr nur um Finanzierung und Versicherung. Sondern zunehmend spielt auch das Online-Shopping auf Portalen der Marken des Volkswagen-Konzerns eine Rolle, auf denen jetzt auch Gebrauchtwagen vermarktet werden. Nicht zuletzt stehen Mobile-Payment-Applikationen zur Zahlung von Parktickets, Carsharing, Strom, Kraftstoff oder Maut im Fokus sowie die schnelle Bezahlung von Dienstleistungen und Upgrades ("Functions on Demand"), die zukünftig in den neuen Fahrzeuggenerationen des Konzerns freigeschaltet werden können.

All diese Produkte und Dienstleistungen sollen über ein "einheitliches, digitales Ökosystem für Bezahlvorgänge" laufen. Es soll einen Großteil der lokalen und globalen Bezahlmöglichkeiten (wie Kredit- und Debitkarten oder auch Paypal) abdecken und plattformübergreifend (Browser, App, In-Car-Technologie) zur Verfügung stehen. Das "Zubuchen" einer bereits eingebauten, aber nicht miterworbenen Sitzheizung nur bei Bedarf oder das Reservieren und Bezahlen von Parkplätzen über den Bordcomputer, wie es die Kartenorganisationen im Visier haben, wird damit natürlich noch lange nicht zum Alltag gehören. Schließlich sind es erfahrungsgemäß zunächst die hochpreisigen Fahrzeuge, die mit solchen Neuerungen ausgestattet werden. Die neuen Bezahlszenarien rücken aber doch sehr viel näher an die Realität heran. Aus Science Fiction wird Wirklichkeit.

Schwung für das Mobile Payment

Für die Payment-Branche ist das alles deshalb von Bedeutung, weil die Digitalisierungs-Aktivitäten der Automobilhersteller das Zeug dazu haben, die Zahlungsgewohnheiten der Verbraucher zu verändern und dem mobilen Bezahlen (und mit ihm auch neuen Technologien wie der Tokenisierung) Schwung zu verleihen.

Bisher, so zeigt sich immer wieder, sehen zumindest deutsche Verbraucher wenig Nutzen darin, ihr Mobiltelefon für das Bezahlen zu verwenden. Für viele macht es einfach zu wenig Unterschied, ob sie nun ihre Karte oder das Mobiltelefon an das Terminal halten.

Mehrwerte in Sicht

"Functions on Demand" oder neue Services, die die Automobilindustrie in Kooperation etwa mit Tankstellen oder Parkhausbetreibern anbieten könnten, würden die bislang noch fehlenden Mehrwerte bieten. Nicht von ungefähr gehört das Shell-Tankstellennetz zu den ersten Anbietern, die Paypal im stationären Geschäft an die "Kasse" bringen, indem es Kunden ermöglicht wird, direkt an der Zapfsäule per Smartphone zu bezahlen, ohne sich im Shop an der Kasse anstellen zu müssen. Mit solchen Mehrwerten wird das mobile Bezahlen attraktiv. Und die Erfahrung zeigt, dass Kunden, die ein neues Bezahlverfahren erst einmal ausprobiert haben, es auch häufiger verwenden. Vom Auto und der Tankstelle könnte das mobile Bezahlen dann tatsächlich auch an die Ladenkasse vorstoßen.

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