Was Autokäufer wirklich wollen: Ergebnisse einer bundesweiten Studie

Mobilität versus Statussymbol

Abbildung 1: Stellenwert des eigenen Autos Quelle: Leasetrend AG

Gerhard Fischer - Woran liegt es eigentlich, dass immer weniger Menschen in Deutschland einen Neuwagen kaufen? Sind die Budgets der Konsumenten einfach geschrumpft, oder geben sie ihr Geld womöglich für andere Dinge aus, die in ihren Augen besser zur Statusinszenierung taugen? Dieser Frage ist eine aktuelle Trendstudie der Marktforschung Puls unter 1 000 deutschen Autokäufern nachgegangen. Die Studienergebnisse1) stellt der Autor in diesem Beitrag vor.

Nachdem das Autojahr 2015 insgesamt mit einem positiven Ergebnis abschloss, scheint sich in diesem Jahr der leichte Aufwärtstrend auf dem deutschen Pkw-Markt fortzusetzen:

Immerhin endete das erste Quartal 2016 nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamts mit einem Plus von 4,5 Prozent. Tendenz steigend, denn im Mai setzte der Automarkt mit rund 287 000 neu zugelassenen Fahrzeugen zu einem neuen Höhenflug an, was im bisherigen Jahresverlauf ein stabiles Plus von 6,8 Prozent bedeutet.

Nachdem bislang vor allem die Gewerbekunden an der Zulassungsschraube gedreht haben, sind im Mai auch wieder mehr Privatkäufer in die Schauräume der Autohändler gegangen. So wuchsen die privaten Zulassungen dank niedriger Zinsen und steigender Beschäftigungszahlen um 12,9 Prozent und damit stärker als der Gesamtmarkt. Allerdings könnten sich die positiven Rahmenbedingungen durch aktuelle Entwicklungen wie dem drohenden Brexit Großbritanniens, die Streikwelle in Frankreich oder die andauernde Flüchtlingskrise im weiteren Jahresverlauf wieder deutlich eintrüben. Insbesondere die andauernde Flüchtlingsdiskussion verunsichert einen Großteil der Bevölkerung, was sich auch auf das Kaufverhalten auswirken könnte.

Doch warum tun sich die Deutschen beim Kauf eines Neuwagens eigentlich so schwer? Haben sie einfach kein Geld, oder wurde das Fahrzeug womöglich als wichtigstes Konsumgut abgelöst? Vielleicht mangelt es ja auch einfach an Fahrzeugmodellen, die den Autokäufer von heute an sprechen und seine individuellen Bedürfnisse erfüllen. Denn trotz der angebotenen Modellvielfalt mit all ihren Individualisierungsmöglichkeiten gibt es hier in puncto Fahrzeugtechnik noch Luft nach oben.

Dabei könnten vernetzte Technologien schon bald wichtiger als die Motorleistung oder die Antriebsvariante sein. Schließlich wandelt sich das Auto gerade vom bloßen Fortbewegungsmittel zum digitalen Partner auf vier Rädern, der optimal mit seinem Besitzer interagiert. Und spätestens wenn das Auto die Musik passend zur Stimmungslage des Fahrers auswählt und Restaurants entsprechend des Geschmacks empfiehlt, bekommt es wieder Charakter und wird zu dem, was es früher einmal war - zu einem Statussymbol.

Mobilität ist Trumpf

Das Auto galt jahrzehntelang als das Statussymbol schlechthin. Doch die Zeiten haben sich geändert: Anscheinend werden heute eher Küchen, Smartphones oder das eigene Haus für die Stilisierung der eigenen Person eingesetzt. Doch auch wenn der Liebling der Deutschen anscheinend ein wenig an Glanz verloren hat, definiert sich fast jeder Zweite nach wie vor über sein Fahrzeug.

Immerhin gaben 44 Prozent der 1 000 Befragten an, dass ihr Auto für Mobilität und Unabhängigkeit steht (Abbildung 1, Seite 147). Dieser Gesichtspunkt ist Frauen sogar wichtiger als den Männern. Nur drei Prozent der Befragungsteilnehmer sehen ihr Auto dagegen als Prestigeobjekt und stufen es für sich als Statussymbol ein.

Im Gegensatz dazu bezeichnet knapp jeder fünfte Autokäufer sein Auto als reinen Gebrauchsgegenstand. Erstaunlich ist daran, dass die Zuneigung mit zunehmendem Alter zu schwinden scheint: Im Gegensatz zur jungen Zielgruppe unter 30 Jahre (12 Prozent) sieht fast jeder Vierte über 50-Jährige (23 Prozent) in seinem Fahrzeug lediglich ein Mittel zum Zweck. Gleiches gilt für die Befragten, deren Gehalt unter 2 000 Euro im Monat liegt (20 Prozent). Für 14 Prozent der Befragten bedeutet das eigene Auto wiederum in erster Linie Spaß, während es für 13 Prozent eine familiäre Notwendigkeit ist. Der finanzielle Aspekt spielt dagegen nur eine untergeordnete Rolle: Nur drei Prozent der Autokäufer sehen ihr Fahrzeug als Kostenfaktor oder würden es als günstigstes Fortbewegungsmittel bezeichnen.

Der Preis entscheidet

Ob Neu- oder Gebrauchtwagen - die Deutschen lassen sich beim Autokauf kaum von emotionalen Gründen leiten. Ihre Kaufentscheidung wird überwiegend von pragmatischen und wirtschaftlichen Aspekten bestimmt: Immerhin ist für 60 Prozent der Befragten der Preis des Fahrzeugs der entscheidende Faktor beim Kauf. Auf dem zweiten Rang landen Verbrauch und Unterhaltungskosten, die vor allem Frauen, der Zielgruppe 50+ und Geringverdienern mit weniger als 2 000 Euro Monatsgehalt sehr wichtig sind. Den dritten Platz teilen sich die Aspekte Sicherheit, Ausstattung und Komfort, die für 37 Prozent der Autokäufer relevant sind.

Auch wenn klassische Antriebe zunehmend kritisch gesehen werden, spielt der Umweltaspekt bislang nur eine untergeordnete Rolle: Während bei mehr als einem Drittel der Autokäufer Leistung und Fahrverhalten ganz oben auf der Prioritätenliste stehen, legen nur sechs Prozent der Befragten auf einen alternativen, umweltfreundlichen Antrieb Wert. Gleiches gilt für den Wiederverkaufswert, Finanzierungsangebote sowie die Konnektivität und Fahrerassistenzsysteme, die für die Wenigsten ein Kaufgrund sind.

Allerdings werden sich die Präferenzen in den kommenden Jahren deutlich verschieben. Im Gegensatz zu heute werden im Jahr 2030 die alternativen Antriebssysteme für nahezu jeden zweiten Autokäufer das entscheidende Kaufkriterium sein (Abbildung 2, Seite 147) - dies gilt vor allem für Frauen, Verdiener, deren monatliches Einkommen zwischen 3 000 und 4 000 Euro liegt und Befragte, die älter als 50 Jahre sind. Auf Platz zwei und drei der Prioritätenliste werden, wie heute auch schon genannt, der Kraftstoffverbrauch und die Sicherheit rangieren. Auch die Konnektivität wird bis dahin stärker gefragt sein:

Bis 2030 steigt die Bedeutung von Vernetzung und autonomem Fahren von vier auf 29 Prozent und schafft es damit in die Top 5 der relevanten Faktoren beim Autokauf. Die Kriterien Preis, Leistung und Fahrverhalten, Marke und Modell sowie Ausstattung und Komfort werden dagegen deutlich an Relevanz verlieren.

Selbst fahrende Autos

In den zukünftigen Fahrzeug-Generationen übernimmt das Auto mehr und mehr Aufgaben des Fahrers, der sich während der Fahrt dann stärker anderen Dingen widmen kann als bisher. Trotz aller Vorteile, die automatische Funktionen und die Vernetzung mit der Umgebung bieten, stellt sich allerdings die Frage, ob der deutsche Verbraucher sich überhaupt ein Roboter-Auto anschaffen würde. Und was ihm die Technologie letztendlich Wert wäre - schließlich liegt der geschätzte Aufpreis für ein derartiges Fahrzeug zwischen 5 000 und 10 000 Euro.

Obwohl dieser Trend für den Verbraucher mehr Komfort und Sicherheit verspricht, würde sich momentan nur ein knappes Drittel der Befragten ein autonomes Fahrzeug kaufen (Abbildung 3).

Besonders aufgeschlossen sind dabei Männer, Autokäufer zwischen 31 und 50 Jahren und Top-Verdiener mit einem monatlichen Einkommen von mehr als 4 000 Euro. Nahezu die Hälfte der Autokäufer ist dagegen nicht vom selbst fahrenden Auto überzeugt, während knapp ein Viertel der Befragten in dieser Hinsicht noch unsicher ist.

Hauptgrund für ihre Skepsis ist der Kontrollverlust über das eigene Auto (Abbildung 4, Seite 148). Mehr als jeder zweite Käufer fürchtet die Angriffe von Hackern und dass der Spaß am Fahren auf der Strecke bleibt. Darüber hinaus zählen der Datenmissbrauch und der Entzug der persönlichen Freiheit zu den negativen Aspekten der Roboter-Fahrzeuge.

Wenn die Hersteller selbst fahrende Autos bis 2020 zur Serienreife bringen wollen, gilt es, den Verbrauchern in den kommenden Jahren die Ängste zu nehmen. Denn wenn die Kunden bis dahin nicht auf die Daten- und Betriebssicherheit der Autos vertrauen, könnte der bevorstehende Mobilitätswandel auf der Strecke bleiben. Dabei wird es sicherlich schwer, die Spaßfahrer von den Vorteilen dieser Technologie zu überzeugen. Diese liegen für mehr als jeden zweiten Befragungsteilnehmer vor allem in der Vermeidung von Verkehrsunfällen - immerhin sind den Ergebnissen der Verkehrsunfallforschung zufolge über 90 Prozent aller Verkehrsunfälle auf menschliches Versagen zurückzuführen. Weitere Pluspunkte sehen die Autokäufer im Komfortgewinn, Kraftstoffeinsparungen und der gewonnenen Zeit, in der sie Zeitung lesen, Filme schauen oder Musik hören können.

Alles eine Frage des Geldes

Doch bis sich autonome Fahrzeuge tatsächlich etabliert haben, müssen die Hersteller noch einige Hürden überwinden - auch finanzielle. Schließlich hängt der Erfolg nicht nur von der Technik, sondern vor allem vom Preis der Fahrzeuge ab. Immerhin belaufen sich die geschätzten Mehrkosten momentan auf 5 000 bis 10 000 Euro gegenüber einem herkömmlichen Pkw. Selbst wenn diese in den ersten zehn Jahren nach Markteinführung durchschnittlich um vier bis zehn Prozent sinken, sind drei Viertel der befragten Autokäufer nicht bereit, einen Aufpreis für die entsprechenden Features zu zahlen. Ein knappes Viertel der Befragungsteilnehmer zeigt sich dagegen zahlungsbereit und würde im Durchschnitt einen Aufpreis von 1 348 Euro akzeptieren.

Während die autonomen Fahrfunktionen den Autokäufern bis 30 Jahre 1 597 Euro wert sind, würden die Befragten in der Gehaltsklasse 3 000 bis 4 000 Euro sogar 1 625 Euro mehr ausgeben. Bis die ersten automatisierten Fahrzeuge tatsächlich auf die Straße kommen, könnte diese Preisgrenze tatsächlich erreicht sein.

1) Die kompletten Ergebnisse der Studie im Auftrag der Leasetrend AG stehen zum Download bereit unter: www.autoleasing.de

DER AUTOR: Gerhard Fischer, Oberhaching, ist Geschäftsführer der 1998 gegründeten Leasetrend AG und seitdem für den Ausbau des Leasing-Geschäftes und die damit verbundenen Vertriebsaktivitäten verantwortlich. Darüber hinaus ist er Vorstand der Wiener Autobank AG.E-Mail: info[at]leasetrend[dot]de

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