Betrügerische Handlungen Unternehmensexterner im Leasing-Geschäft

Eine Analyse möglicher Betrugsformen

Maximilian Brög

Maximilian Brög, Prof. Dr. Friedrich R. Then Bergh - Bei Leasing-Verträgen wurden bislang vorrangig Betrugsformen durch die Beschäftigten von Leasing-Gesellschaften untersucht und möglichen betrügerischen Handlungen seitens Externer hingegen weniger Beachtung geschenkt. Betrügerische Handlungen des Leasing-Nehmers, gegebenenfalls in Kooperation mit dem Lieferanten, basieren oftmals auf einem Schneeballsystem. Es gibt aber darüber hinaus eine Vielzahl weiterer Betrugsformen, welche die Autoren in diesem Beitrag näher beleuchten.

Der Sachverhalt des Betrugs nach dem Strafgesetzbuch, § 263 StGB, setzt voraus, dass eine Person sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil verschafft oder zu verschaffen versucht. Bislang untersuchte die Fachliteratur insbesondere Betrugsfälle, die durch Mitarbeiter der Leasing-Gesellschaft ("Unternehmensinterne") begangen wurden,1) Betrugsfälle durch Unternehmensexterne fanden wenig Beachtung.2) Nachfolgend werden deshalb nach einer Begriffsabgrenzung mögliche Fälle "betrügerischer Handlungen" von Unternehmensexternen aufgezeigt und analysiert. Dazu zählen Unterschlagung, Mehrfachfinanzierung, Luftfinanzierung, Identitätsbetrug, Dokumentenbetrug, Stoßbetrug, Wertbetrug, Leistungsbetrug und Insolvenzbetrug.

§ 263 StGB beschränkt sich auf Handlungen, die strafrechtliche Folgen nach sich ziehen. Um die zivilrechtliche Komponente im Hinblick auf Finanzdienstleister und einer möglichen Schädigung des Unternehmens mit aufzunehmen, hat der Gesetzgeber im § 25 h Abs. 1 Kreditwesengesetz (KWG) den Begriff der betrügerischen Handlung durch "sonstige strafbare Handlungen" ersetzt. Dies deckt ein weites Spektrum an Tatbeständen und Delikten ab, so zum Beispiel auch den Reputationsschaden. Nachfolgend wird auf die Definition der betrügerischen Handlung nach Scherp zurückgegriffen:

- "Betrügerische Handlungen zulasten des Instituts sind alle intern oder extern begangenen Straftaten, Ordnungswidrigkeiten oder sonstigen vergleichbaren Verhaltensweisen (unerlaubte und sittenwidrige Handlungen im Sinne des Zivilrechts; dolose Handlungen), die geeignet sind, einen materiellen Schaden beim Institut herbeizuführen oder eine Schadenersatzpflicht des Instituts gegenüber Dritten auszulösen."3)

Unterschlagung und Veräußerung

Bei der Unterschlagung § 246 StGB, bei der eine "fremde bewegliche Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zueignet [wird]" entsteht dem Leasing-Geber unter Umständen ein erheblicher Schaden, sofern dieser den Verlust des Objektes bedeutet. § 246 StGB vereinigt hierbei die eigentliche Unterschlagung mit der Veräußerung des Leasing-Objektes durch den Leasing-Nehmer an einen Dritten.

Aus der Sicht des Leasing-Gebers ist es allerdings von größter Bedeutung, ob der Leasing-Nehmer das Leasing-Objekt für seine Zwecke unterschlägt oder ob er das Leasing-Gut an einen Dritten veräußert, wodurch sich zwei mögliche Tatbestände ergeben.

Herausgabe des Leasing-Objektes

Im Falle der Unterschlagung kann die Leasing-Gesellschaft die Herausgabe des Leasing-Objektes nach Ablauf des Vertrages oder nach erfolgter Kündigung verlangen. Die Leasing-Gesellschaft lässt sich gemäß ihrer Allgemeinen Gechäftsbedingungen (AGB) auch bei unkündbaren Verträgen das Recht einräumen, bei einer Vertragsverletzung oder bei besonderen Umständen eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund auszusprechen. Dazu zählen unter anderem ein Zahlungsrückstand in Höhe von zwei Leasing-Raten oder eine wesentliche Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Leasing-Nehmers.

Wurde im Zusammenhang mit der außerordentlichen Kündigung die Herausgabe des Leasing-Objektes verlangt, ist der Leasing-Nehmer verpflichtet, das Leasing-Gut fristgerecht zurückzugeben; in der Regel wird hierfür ein Zeitraum von zehn bis 14 Tagen festgesetzt. Verweigert der Leasing-Nehmer die Herausgabe des Leasing-Objektes oder lässt er die Frist verstreichen, handelt es sich um eine Unterschlagung. Kennzeichnend ist hierbei allerdings: Der Leasing-Nehmer besitzt die Sache, wonach infolgedessen eine Strafanzeige bei der zuständigen Staatsanwaltschaft erfolgt sowie eine zivilrechtliche Klage auf Herausgabe der Sache gemäß § 985 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) eingeleitet wird.

Bei der Veräußerung des Leasing-Objektes verkauft der Leasing-Nehmer das Leasing-Objekt an einen Dritten. Der Tatbestand der Unterschlagung gemäß § 246 StGB ist somit ebenso erfüllt. Der Verkauf des Objektes ist rechtswidrig, da der Leasing-Nehmer lediglich Besitzer, nicht aber Eigentümer der Sache ist. Er kann folglich keinem Dritten rechtswirksam Eigentum an der Sache verschaffen. Die Problematik für die Leasing-Gesellschaft entsteht, weil ein Dritter die Sache besitzt und dieser dem Herausgabeanspruch der Leasing-Gesellschaft gemäß § 985 BGB unter Umständen einen gutgläubigen Erwerb (§§ 929, 933 BGB) entgegenhalten kann. Um das Leasing-Objekt zu erhalten, muss die Leasing-Gesellschaft dem Erwerber die Kenntnis der Eigentumsverhältnisse oder eine grobe Fahrlässigkeit beim Kauf der Sache nachweisen (§ 932 Abs. 2 BGB). Dies bedeutet, der Käufer muss zumindest begründete Zweifel an der Eigentümerstellung des Verkäufers gehabt haben. Indizien können extreme Preisnachlässe, bei Kraftfahrzeugen die Zulassung auf die Leasing-Gesellschaft oder der fehlende Besitz der Zulassungsbescheinigung Teil II im Original, sein.4) Es muss differenziert werden, ob es sich um Leasing-Objekte ohne Dokumente oder um solche mit Dokumenten handelt.

Objekte ohne Dokumente

Objekte ohne Dokumente (Druckmaschinen, Fernseher, EDV-Anlagen) machen es für einen Käufer unmöglich zu erkennen, dass es sich bei dem Verkäufer, welcher im Besitz der Sache ist, nicht um den Eigentümer handelt. Zwar trägt eine Vielzahl von Objekten Seriennummern, jedoch existiert in Deutschland anders als zum Beispiel in Frankreich kein publizitätspflichtiges Register für Sachanlagen beziehungsweise bewegliche Güter, das die Eigentümer oder Sicherungseigentümer enthält und anhand der Seriennummer überprüft werden kann, ob es sich bei dem Verkäufer um den Eigentümer handelt und ob die Sache frei von Lasten Dritter ist.5)

In Deutschland hat die Seriennummer bei Objekten bislang lediglich einen Identifikationscharakter, um zum Beispiel in einem Insolvenzverfahren zweifelsfrei das Objekt dem Eigentümer zuordnen zu können. Besitzt das Objekt keine Dokumente und mangelt es darüber hinaus an einer Seriennummer (zum Beispiel bei Baugerüsten) hat die Leasing-Gesellschaft bereits in ihrer Legitimation als Eigentümer immense Schwierigkeiten. Dies führt zu einem hohen Risiko, ihr Aussonderungsrecht im Falle einer Insolvenz begründen zu können.

Objekte mit Dokumenten

Bei Objekten mit Dokumenten handelt es sich vorrangig um Pkw und Lkw. Erwirbt ein Inländer in Deutschland einen Neuwagen, so beinhaltet der Kauf die dazugehörigen Fahrzeugpapiere. Diese setzen sich aus der Zulassungsbescheinigung Teil II (vormals Kfz-Brief) und dem technischen Datenblatt, auch COC-Papier (Certificate of Conformity) zusammen.6) Bei Gebrauchtfahrzeugen muss zu den bereits aufgeführten Fahrzeugpapieren die Zulassungsbescheinigung Teil I (vormals Kfz-Schein), zugleich Abmeldebescheinigung, exis tieren. Fehlt eines der Papiere beim Kauf eines Fahrzeuges, so kann dies bereits als Indiz gelten, dass es sich beim Verkäufer nicht um den Eigentümer handelt. Darüber hinaus erhält der Käufer keine Straßenzulassung, sofern eines der Dokumente fehlt.

Eine Ausnahme stellt bei Gebrauchtfahrzeugen das COC-Papier dar, welches zur Wiederzulassung von gebrauchten Fahrzeugen nicht benötigt wird. Problematisch gestaltet sich der Kauf von EU-Importfahrzeugen, sogenannte Reimporte. Diese Fahrzeuge gelangen lediglich mit dem COC-Papier zum Verkauf, da der deutsche Hersteller nur für die Fahrzeuge des deutschen Marktes ab Werk eine deutsche Zulassungsbescheinigung Teil II erstellt. Der deutsche Händler kann sich mit dem COC-Papier eines EU-Importfahrzeuges auf dem für ihn zuständigen Landratsamt eine Zulassungsbescheinigung Teil II erstellen lassen.

Darüber hinaus kann das COC-Papier direkt beim Hersteller gegen ein Entgelt und ohne Eigentumsnachweis nachbestellt werden. Insofern besteht die Möglichkeit, anhand einer Zweitausfertigung des COC-Papiers und Besorgung, Fälschung oder Ausstellung der entsprechenden zusätzlichen Dokumente, beispielsweise einer Einkaufsrechnung, eine neue Zulassungsbescheinigung Teil I und Teil II ausgestellt zu bekommen und dann das Fahrzeug unter Vorlage aller Dokumente zu veräußern. Eine weitere Möglichkeit für den Leasing-Nehmer ein Fahrzeug zu veräußern, bietet die Verlusterklärung der Zulassungsbescheinigung Teil II. Der Betrüger erhält das Dokument bei der Zulassungsstelle unter Vorlage der Zulassungsbescheinigung Teil I und seines Personalausweises mit Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung.

Zusammenfassend lassen sich folgende Betrugsvorgehen bei der Veräußerung von Fahrzeugen festhalten:

- Veräußerung ohne Zulassungsbescheinigung Teil II oder COC-Papier,

- Veräußerung ohne Zulassungsbescheinigung Teil I und II, mit COC-Papier,

- Veräußerung mit Zulassungsbescheinigung Teil II in Zweitausfertigung und

- Veräußerung mit gefälschter Zulassungsbescheinigung Teil I und II.

Mehrfachfinanzierung

Bei der Mehrfachfinanzierung, auch Mehrfachübereignung genannt, wird ein Objekt mehrere Male über verschiedene Leasing-Gesellschaften oder Kreditinstitute geleast beziehungsweise finanziert.7) Diese Betrugsform kann entweder in Zusammenarbeit mit einem Lieferanten, welcher für ein und dasselbe Objekt verschiedene Rechnungen ausstellt und dieses offiziell beliebig oft liefert, oder im Zuge des Sale-and-Lease-Back-Verfahrens vollzogen werden.

Das klassische Leasing-Dreieck - Leasing-Geber, Leasing-Nehmer und Lieferant - definiert den Lieferanten aus Sicht der Leasing-Gesellschaft als neutralen Vertragspartner, der keinen Anreiz hat, eine Leasing-Gesellschaft zu schädigen. Allerdings können auch Lieferanten im Zusammenwirken mit dem Leasing-Nehmer betrügerische Handlungen ermöglichen. Im Falle des Sale-and-Lease-Back-Verfahrens sind Leasing-Nehmer und Lieferant identisch, was die Betrugsform der Mehrfachfinanzierung wesentlich erleichtert.

Da hohe Verbindlichkeiten aus einer Mehrfachfinanzierung resultieren, tritt diese Betrugsform häufig im Zusammenhang mit einem Schneeballsystem auf. Bekanntester Fall einer Mehrfachfinanzierung war der Fall des Bohrmaschinenherstellers Flowtex. Die Mehrfachübereignung ist prädestiniert für Objekte ohne Dokumente, da eine mehrfache Beschaffung von Zulassungsbescheinigungen Teil II bei der Zulassungsstelle auffallen würde beziehungsweise seit einiger Zeit digitale Plattformen wie "Datacollect"8) oder "DSPortal"9) einen anonymen Datenaustausch von finanzierten Objekten ermöglichen.

Kommt es zum Betrugsfall der Mehrfachfinanzierung, stehen unter Umständen viele Leasing-Gesellschaften und Banken vor ein und demselben Objekt, wobei sich jede Gesellschaft als Eigentümer der Sache sieht. Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) ist ein gutgläubiger Erwerb nach § 932 BGB nicht bei einem Besitzkonstitut nach § 930 BGB möglich, sondern nur bei einer direkten Übergabe. Dies bedeutet, im Falle der mehrfachen Übereignung beziehungsweise Sicherungsübereignung wird lediglich die erste Gesellschaft auch Eigentümer der Sache. Hierfür sind die Daten der Kaufverträge zwischen dem Täter und den verschiedenen Gesellschaften entscheidend.10)

Luftfinanzierung

Die Luftfinanzierung geht ebenso wie die Veräußerung an einen gutgläubigen Dritten oder der Mehrfachfinanzierung, sofern man nicht der erste Erwerber ist, mit einem Schaden in voller Höhe für die Gesellschaft einher und zählt zu den schwersten betrügerischen Handlungen. Eine Parallele zur Mehrfachfinanzierung ist dahingehend zu erkennen, dass für eine Luftfinanzierung eine Mitwirkung des Lieferanten erforderlich ist.11) Dieser stellt Kaufverträge und Rechnungen über nicht existente Objekte aus und liefert diese auf dem Papier an den Leasing-Nehmer.

Analog zur Mehrfachfinanzierung ist für die Luftfinanzierung ein Saleand-Lease-Back-Verfahren möglich, in dem der Täter Einkaufsrechnungen manipuliert und vortäuscht, Eigentümer von nicht existenten Objekten geworden zu sein, um diese in einem nächsten Schritt im Zuge des Saleand-Lease-Back an eine Leasing-Gesellschaft zu veräußern.12)

Identitätsbetrug

Der Identitätsbetrug (auch Identitätstäuschung) beinhaltet die Angabe falscher Informationen des Leasing-Nehmers, um sich dadurch wirtschaftliche Vorteile zu verschaffen. Unter Identitätsbetrug versteht man Formen von Identitätsfälschung, -diebstahl sowie -übertragung.13) Er tritt häufig durch sogenannte "Strohmann-Aktivitäten" ein, wobei ein nicht realer Leasing-Nehmer als Vertragspartner dient. Bei einem Strohmanngeschäft wird

- "das Rechtsverhältnis im Außenverhältnis von jemandem (dem "Strohmann") abgeschlossen ..., der die Rechtsfolgen im Innen verhältnis an einen anderen (den "Hintermann") weitergeben will".14)

Dokumentenbetrug

Nicht nur der Betrug gemäß § 263 StGB, sondern auch andere Straftaten, wie beispielsweise die Urkundenfälschung nach § 267 StGB oder die unrichtige Darstellung (Bilanzfälschung) nach § 331 HGB, können durch den Dokumentenbetrug erfüllt werden. Diese Betrugsform mündet nicht zwangsläufig in einen materiellen Schaden, allerdings bilden die bereits erwähnten Delikte auch ohne Verursachung eines materiellen Schadens eine Straftat, was den Dokumentenbetrug nicht minder schwer macht. Durch die Zugehörigkeit der Urkundenfälschung zum Dokumentenbetrug tritt dieser häufig in Zusammenhang mit der Luftfinanzierung auf.

Stoßbetrug

Grundsätzlich hat der Stoßbetrug seinen Ursprung mit dem Erwerb eines Firmenmantels, zum Beispiel einer GmbH, mit guter bis sehr guter Bonität, auf Basis der Bewertung eines Rating-Unternehmens. Beim Stoßbetrug wird nach Erwerb eines Firmenmantels mit guter Bonität die Geschäftsleitung ausgetauscht. Unter dem guten Mantel werden dann zahlreiche Leasing-Engagements angefragt und Leasing-Verträge für fungible Güter abgeschlossen.

Ein Gesellschafterwechsel beispielsweise bei einer GmbH und Neuinvestitionen im Zuge von Leasing-Verträgen müssen nicht zwangsläufig einen Stoßbetrug bedeuten und bilden ebenso wenig eine betrügerische Handlung ab, weshalb für die Leasing-Gesellschaften bis zu dieser Stelle auch keine Auffälligkeiten zu erkennen sind. Neue Informationen werden zeitverzögert bei den Auskunfteien abgebildet, was erschwerend hinzu kommt. Der eigentliche Betrug resultiert daraus, dass die anfänglich bedienten Leasing-Raten ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr geleistet werden. In diesem Kontext spricht man von "auf einen Stoß". Parallel werden die fungiblen Güter veräußert.

Der Abschluss zahlreicher Leasing-Verträge bringt ebenso zahlreiche Verbindlichkeiten in Form von monatlichen Leasing-Raten mit sich. Aus diesem Grund werden häufig bereits bestehende Objekte über das Sale-and-Lease-Back-Verfahren mittels neuer Leasing-Verträge bei anderen Gesellschaften abgeschlossen. Dies dient zur Liquiditätsbeschaffung, um den Leasing-Verbindlichkeiten nachzukommen und verkörpert somit ein Schneeballsystem. Die Liquiditätsbeschaffung ist ein notwendiges Mittel, da der Täter keine Aufmerksamkeit bei den Gesellschaften durch rückständige Leasing-Raten erregen darf. Folglich setzt sich der Stoßbetrug aus mehreren einzelnen Betrugsarten, zusammen, unter anderem der Veräußerung und der Mehrfachfinanzierung.15)

Wertbetrug

Beim Wertbetrug handelt es sich um eine mit der Luftfinanzierung verwandte Betrugsform, allerdings existiert das Objekt. Hierbei geht es um ein gebrauchtes Objekt, welches als neues oder zu einem überhöhten Marktwert zum Verkauf kommt. Dies setzt, wie bei der Luftfinanzierung, ein Mitwirken des Lieferanten oder ein Sale-and-Lease-Back-Verfahren voraus.16) Es muss sich dabei nicht zwangsläufig um ein wertloses Objekt handeln; es genügt, wenn man ein Fahrzeug mit deutlich weniger Kilometern als dem tatsächlichen Kilometerstand verkauft oder man eine neun Jahre alte Maschine als drei Jahre alte Maschine ausgibt. Bei Insolvenz des Leasing-Nehmers, steht die Leasing-Gesellschaft vor einem Objekt, das einen deutlich geringeren Wert aufweist als bislang angenommen.17)

Der Wertbetrug kann auch in der Form gestaltet werden, indem innerhalb der Branche ein hoher Rabatt auf den Neupreis des Objekts besteht, dieser aber nicht an die Leasing-Gesellschaft weitergegeben, sondern als separate Gutschrift an den Leasing-Nehmer ausgeschüttet wird. Die Problematik taucht auf, wenn es um die Verwertung des Objektes im Zuge einer Insolvenz oder nach Kündigung aus wichtigem Grund geht: das Objekt stellt für die Leasing-Gesellschaft einen höheren Wert im Vergleich zum tatsächlich erzielbaren Wert auf dem Sekundärmarkt dar.18)

Ebenso liegt ein Wertbetrug vor, wenn sogenannte weiche Kosten in den Verkaufspreis inkludiert werden. Weiche Kosten sind zum Beispiel Schulungen des Leasing-Nehmers durch den Lieferanten. Für eine Leasing-Gesellschaft ist, neben den Absicherungen wie Bürgschaft oder Garantie, die größte Sicherheit das Leasing-Objekt und dessen Verwertung im Falle einer vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses. Weiche Kosten in Höhe einiger Hundert Euro, können bereits einen Wertbetrug darstellen.

Zusammenfassend lässt sich festhalten: Der Wertbetrug geht oftmals mit zu hohen Anschaffungskosten im Verhältnis zum Marktwert des Objektes für eine Leasing-Gesellschaft einher.

Leistungsbetrug

Der Leistungsbetrug stellt im Hinblick auf die Veräußerung oder Mehrfachübereignung ein weniger schweres Betrugsdelikt dar. Er beschreibt eine höhere oder nicht vertraglich vereinbarte Nutzung des Leasing-Objektes, zum Beispiel bei Kilometer-Leasing-Verträgen im Fahrzeug-Leasing. Die Leasing-Rate sollte, sofern keine Sonderzahlung zu Beginn des Leasing-Vertrages vereinbart wurde, der monatlichen Abnutzung des Objektes entsprechen, damit in Folge bei Vertragsende das Objekt dem zu erzielenden Marktwert beziehungsweise dem kalkulierten Restwert entspricht. Weicht der tatsächliche Restwert vom kalkulierten Restwert des Objektes deutlich ab, verschlechtern sich dadurch die Nachvermarktungschancen des Objekts.19)

Der Täter möchte sich so einen wirtschaftlichen Vorteil durch eine günstigere Leasing-Rate verschaffen. Um am Ende der Vertragslaufzeit die mehr gefahrenen Kilometer nicht nachbezahlen zu müssen, geht der Leistungsbetrug häufig mit der Manipulation des Tachometers einher.20) Er tritt allerdings auch im klassischen Leasing auf, wobei dieser nicht von Anfang an vom Leasing-Nehmer geplant sein muss. Strukturelle Änderungen im Unternehmen, wie beispielsweise die Einführung einer zusätzlichen Schicht, können den Leistungsbetrug auslösen. Der Leasing-Nehmer wäre in diesem Fall dazu verpflichtet, seine bei Vertragsabschluss gemachten Nutzungsangaben zu korrigieren, was eine Anpassung der Leasing-Rate zur Konsequenz hätte. Unterlässt der Leasing-Nehmer die Benachrichtigung über die höhere Nutzung, handelt es sich um einen Leistungsbetrug. Nur bei einem insolventen Leasing-Nehmer geht der Leistungsbetrug für eine Leasing-Gesellschaft auch mit einem materiellen Schaden einher.

Insolvenzbetrug

Der Insolvenzbetrug tritt auf, wenn sich der Leasing-Nehmer in einer sehr angespannten wirtschaftlichen Situation befindet. Ein sogenannter Firmenbestatter kauft das vermeintlich zahlungsunfähige Unternehmen auf, der Sitz wird ins Ausland verlegt und das Insolvenzverfahren verschleppt. Über die Dauer der Insolvenzverschleppung werden die Anlagegüter veräußert, worunter sich auch die geleasten Anlagen befinden.

Die Sitzverlegung ins Ausland erleichert die Verschleppung des Insolvenzverfahrens sowie die Veräußerung von Vermögensgegenständen, wie unter anderem Leasing-Objekte. Das Leasing-Unternehmen kann sein Aussonderungsrecht nicht mehr geltend machen, wonach die Forderung letztlich in der Insolvenzmasse untergeht.21)

Folgen betrügerischer Handlungen

Um einen Betrug zu ermöglichen, müssen drei Voraussetzungen erfüllt sein:

- es muss eine Gelegenheit zum Betrug gegeben sein,

- der Leasing-Nehmer und/oder Lieferant hat einen Anreiz zu betrügen, und

- ausreichende Kontrollen seitens der Leasing-Gesellschaft fehlen.22)

Eine laufende Prüfung des Leasing-Nehmers und des Leasing-Objekts sind deshalb unerlässlich.23)

Jeder eingetretene Schadensfall mindert die Ertragskraft der Firma und führt gegebenenfalls zu einem Verlust der Reputation des Unternehmens. Da sich der Reputationsschaden schwer messen lässt, wird die Analyse auf den materiellen Schaden beschränkt. Hat ein insolventer Leasing-Nehmer ein Leasing-Objekt an einen Dritten veräußert, so entsteht der Leasing-Gesellschaft bei einem Teilamortisationsvertrag folgender Schaden:

Es besteht eine Forderung der Leasing-Gesellschaft gegenüber dem Leasing-Nehmer in Höhe der abgezinsten noch offenen Leasing-Raten sowie des abgezinsten Restwertes, welche eine Vorfälligkeitsentschädigung des Refinanzierers einschließt.24) Berücksichtigt man die Befriedigung aus dem Regelinsolvenzverfahren in Höhe von 3,6 Prozent der Forderung, 25) so verbleibt ein tatsächlicher Schaden in Höhe von 96,4 Prozent der ausstehenden Forderung.

Angenommen, es läge ein Leasing-Vertrag eines Pkw mit einem Einkaufspreis von 50 000 Euro ohne Sonderzahlung vor: Der Restwert wurde aufgrund der bisherigen Marktbeobachtungen und der Aussagen des Kunden bezüglich der Nutzung mit 48 Prozent der Anschaffungskosten berechnet; dies entspricht 24 000 Euro. Die Laufzeit des Leasing-Vertrages beträgt 36 Monate. Annahmegemäß sei für diesen Leasing-Vertrag ein Deckungsbeitrag in Höhe von 1 590 Euro kalkuliert worden. Das Leasing-Objekt wurde nach Lieferung vom Leasing-Nehmer an einen Dritten veräußert. Der Leasing-Nehmer bedient den Vertrag sechs Monate.

Berücksichtigt man den Zahlungsrückstand, die abgezinsten ausbleibenden Raten und mögliche Gerichtskosten, Verzugszinsen und Mahngebühren, so ergäbe sich ein Schaden von 47 150,00 Euro. Nach Abzug einer Befriedigung in Höhe von 3,6 Prozent der Forderung, somit 1 697,40 Euro, aus dem Regelinsolvenzverfahren, verbleibt ein tatsächlicher Schaden - ohne Berücksichtigung des Arbeitsaufwandes zur Überwachung des Insolvenzverfahrens durch einen Mitarbeiter - in Höhe von 45 452,60 Euro.

Tatsächlicher Schaden ./. Deckungsbeitrag = Anzahl Neuverträge

Setzt man diesen Schaden in Höhe von 45 452,60 Euro ins Verhältnis zum erzielbaren positiven Deckungsbeitrag von 1 590 Euro, so errechnet sich eine Anzahl von 29 Neuverträgen, die unter den gleichen Bedingungen und unter dem identischen Deckungsbeitrag benötigt würden, um den Schaden zu kompensieren, was wiederum einem Umsatz von 29 × 50 000 Euro = 1 450 000 Euro erfordert,

Kompensatorischer Umsatz = Anschaffungskosten × Anzahl der Neuverträge

um den entstandenen Schaden auszugleichen - sofern die neu abgeschlossenen Leasing-Verträge vollkommen störungsfrei verlaufen. Der Einfachheit halber wurden angesichts des aktuell sehr niedrigen Zinsniveaus auf die Berücksichtigung von Zinsen verzichtet; eine Zinslast würde den tatsächlichen Schaden zusätzlich erhöhen.

1) Vgl. Fleming, Ration Analysis Uncovers Fraud; in: Internal Auditor, February 2011, S. 67 - 69; Michelman/Gorman/Trompeter, Accounting Fraud at CIT Computer Leasing Group, Inc. in: Issues in Accounting Education, vol. 26, No. 3, 2011 S. 569 - 591.

2) Vgl. Schröder, Entwicklungen eines Betrugspräventionssystems im Leasingbereich. In: Nemet (Hrsg.) Risikomanagement für Leasinggesellschaften, München 2010, S. 246.

3) Scherp, Fraud Management, Köln 2011, S. 17.

4) Vgl. LG Tübingen, ECP GmbH ./. Anneliese Junger, 7 O 312/08, Tübingen 2009, S. 6.

5) Vgl. Krimphove, Das europäische Sachenrecht - Eine rechtsvergleichende Analyse nach der Komparativen Institutionenökonomik, Lohmar 2006, S. 356 - 358.

6) Vgl. Straßenverkehrsamt: Zulassung eines Gebrauchtwagens, abgerufen am 18. 8. 2015 http://www.strassenverkehrsamt.de/artikel/zulassung-eines-gebrauchtwagens

7) Vgl. Glaser, Erfahrungsbericht einer Leasinggesellschaft (Teil I) Die Gefährdungsanalyse gemäß 25 c KWG Literatur, In: Risiko Manager, Heft Nr. 6 vom 15. 3. 2012, S. 10.

8) Vgl. Schau, Risiko: Mehrfachfinanzierung von Fahrzeugen und Maschinen - Schutzgemeinschaft gleicht Daten über Plattform ab. In: FLF Finanzierung Leasing Factoring, Heft 5/2013, S. 219.

9) Vgl. Mayer, Datenaustausch zur Betrugsprävention - Anforderungen und Lösungen. In: FLF Finanzierung Leasing Factoring, Heft 5/2015, S. 223.

10) Vgl. Müssig, Wirtschaftsprivatrecht: Rechtliche Grundlagen wirtschaftlichen Handelns, 14. Aufl., Heidelberg u. a. 2014, S. 333 - 343.

11) Vgl. Glaser, Erfahrungsbericht einer Leasinggesellschaft (Teil I) Die Gefährdungsanalyse gemäß 25c KWG Literatur, In: Risiko Manager, Heft Nr. 6 vom 15. 3. 2012, S. 10.

12) Vgl. von Westphalen u. a., Der Leasingvertrag, 7. Aufl., Köln 2015, S. 874.

13) Vgl. Glaser, Erfahrungsbericht einer Leasinggesellschaft (Teil I) Die Gefährdungsanalyse gemäß 25 c KWG Literatur, In: Risiko Manager, Heft-Nr. 6 vom 15. 3. 2012, S. 10.

14) Bork, Allgemeiner Teil des BGB, 2. Aufl., Tübingen 2006, S. 303.

15) Vgl. Glaser, Erfahrungsbericht einer Leasinggesellschaft (Teil I) Die Gefährdungsanalyse gemäß 25c KWG Literatur, In: Risiko Manager, Heft Nr. 6 vom 15.3.2012, S.10.

16) Vgl. von Westphalen u. a., Der Leasingvertrag, 7. Aufl., Köln 2015, S. 875.

17) Zu den Grundsätzen eines effektiven Restwertmanagements vgl. Mehrgott, Strategische Ansätze des Restwertmanagements. In: Nemet (Hrsg.), Risikomanagement für Leasing-Gesellschaften, München 2010, S. 120 - 134.

18) Vgl. Fittler, Grundlagen der Steuerung von Bonitäts- und Objektrisiken. Darstellung der aufbau- und ablauforganisatorischen Grundlagen. In: Nemet (Hrsg.), Risikomanagement für Leasinggesellschaften, München 2010, S. 56 - 60.

19) Vgl. Schmid, Besonderheiten und Anforderungen an die Umsetzung eines Risikomanagementsystems bei mittelständischen Leasinggesellschaften am Beispiel der CHG-Meridian Deutsche Computer Leasing AG, Weingarten. In: Nemet (Hrsg.), Risikomanagement für Leasing-Gesellschaften, München 2010, S. 313 - 314.

20) Vgl. Glaser, Erfahrungsbericht einer Leasinggesellschaft (Teil I) Die Gefährdungsanalyse gemäß 25 c KWG Literatur, In: Risiko Manager, Heft Nr. 6 vom 15. 3. 2012, S. 10.

21) Vgl. Glaser, Erfahrungsbericht einer Leasinggesellschaft (Teil I) Die Gefährdungsanalyse gemäß 25c KWG Literatur, In: Risiko Manager, Heft Nr. 6 vom 15. 3. 2012, S. 10.

22) Vgl. Morales/Gendron/Guénin-Paracini, The construction of the risky individual and vigilant organization: A genealogy of the fraud triangle, In: Accounting, Organizations and Society, vol. 39, 2014 S. 170.

23) Vgl. Riess, Die Notwendigkeit von Objektprüfungen bei Leasing-Gesellschaften, In: FLF Finanzierung Leasing Factoring 4/2014, S. 145 - 147.

24) Vgl. von Westphalen u. a., Der Leasingvertrag, 7. Aufl., Köln 2015, S. 660 - 665.

25) Vgl. Kranzusch, Die Quoten der Insolvenzgläubiger in Regel- und Insolvenzplanverfahren, Institut für Mittelstandsforschung, Bonn 2009, S. 36.

DIE AUTOREN: Maximilian Brög, B.A., Balingen, ist Prokurist und Bereichsleiter Verwaltung, Verwertung Kfz bei der BLG Bizerba Leasing GmbH.E-Mail: maximilian.broeg[at]bizerba.comProf[dot] Dr. Friedrich R. Then Bergh, Ravensburg, leitet den Studiengang BWL-Finanzdienstleistungen an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Ravensburg.E-Mail: thenbergh[at]dhbw-ravensburg[dot]de

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