LEASING

Voraussetzung ist immer gegenseitiges Vertrauen

Wie die Nürnberger Leasing jährlich ein bis zwei Mitbewerber übernimmt

Ferdinand Dorn, Foto: Nürnberger Leasing

In der Leasing-Branche läuft seit Jahren eine Konzentrationswelle, wie sie noch nie da war. Von rund 2 000 inhabergeführten Playern vor zehn Jahren blieben allenfalls 300 übrig. Die Gründe dafür sind bekannt: Nullzinsen, hohe Regulatorik durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Digitalisierung und damit neue Vertriebs- und Finanzierungswege. Weil sie sich für das Bleiben entschieden hat, kauft die Nürnberger Leasing mittlerweile einen bis zwei Mitbewerber pro Jahr. Worauf es bei Übernahmen ankommt, beschreibt der Autor. (Red.)

Jeder Player, wenn er nur lange genug am Markt und groß genug ist, ist bekannt. Da weiß man, wer fleißig, kompetent, verlässlich und kundenorientiert ist. Aber auch, wer den schnellen Umsatz sucht oder mehr vorgibt zu sein, als er tatsächlich ist. Denn Indikatoren gibt es genug. Die Branche schaut genau hin: Wer hat welche Firma gekauft oder mit wem verhandelt? Wer hat welches Geschäft gemacht oder wo ein Angebot abgegeben?

Schließlich machen sich Anbieter in der Branche einen Namen, wenn sie sich bei Verbänden engagieren, bei Veranstaltungen mitdiskutieren oder eben dadurch Mitbewerbern auffallen, dass nicht sie den Zuschlag bei einem Mandat bekamen, sondern der andere, den man zuvor eventuell noch nicht auf dem Schirm hatte. Deshalb können auch kleine Player kaum mehr diskret in der Branche vorgehen, und größere Transaktionen lassen sich in der übersichtlicher werdenden Branche ohnehin nicht geheim halten: Mal wird eine komplette Firma übernommen, deren Inhaber altershalber aufgibt und keinen Nachfolger hat oder findet, mal übernimmt ein Anbieter nur die Bestände und die Option auf das Neugeschäft mit Bestandskunden oder auch nur Letzteres.

Zehn Gespräche - eine Übernahme

In jüngster Zeit hat sich die Wachstumsdynamik beschleunigt. Jährlich führen deshalb größere Player vor dem Hintergrund der Konzentrationswelle in der Branche sicher zehn Gespräche, bei denen Eigentümer vorfühlen, ob ein potenzieller Übernehmer grundsätzlich Kaufinteresse hätte. Etwa die Hälfte solcher Kontakte wird üblicherweise vertieft sondiert und in ein bis zwei Fällen kommt es dann aktuell pro Jahr zu einer Übernahme.

Und wo Übernahmen scheitern, bekommt oft ein Mitbewerber den Vorzug, weil auch andere inhabergeführte Leasing-Gesellschaften Wachstumsstrategien verfolgen. Der häufigere Fall ist aber, dass die Alteigentümer dann weitermachen, den Vertrieb aber einstellen und zum Beispiel nur noch ihren Bestand abwickeln, was nach drei oder fünf Jahren endet. All diese Sonderungsgespräche liefern selbstverständlich kontinuierlich Stoff für Branchengeflüster. Auch das muss man sehen.

Voraussetzungen für Übernahmen sind immer gegenseitiges Vertrauen, die Reputation der Beteiligten in der Leasing-Branche und idealerweise in den betroffenen Märkten, in denen Wirtschaftsgüter finanziert werden sollen. Eine hohe Bekanntheit, um identifiziert und angesprochen zu werden, gehört außerdem dazu. Deshalb gehen Anbieter vermehrt dazu über, ihrerseits etwa aktiv Pressearbeit zu betreiben, Newsletter herauszugeben oder Events zu veranstalten. Das sorgt für ein Grundrauschen in der Branche und beugt Gerüchten vor. Denn gesprochen wird über nahezu jedes halbwegs bekannte Unternehmen - auch wenn es selbst schweigt.

Motive für einen Verkauf

Am Beginn einer Übernahme steht sinnvollerweise, dass sich der potenzielle Verkäufer über seine Motive bewusst sein muss: Warum will er jetzt verkaufen? Muss er oder will er? Wie verändert sich seine Verhandlungsposition mit der Zeit? Was sind seine Alternativen zum Verkauf? An wen will er verkaufen? Und was? Zu welchem Preis? Welche Erwartungen hat er bezüglich seiner Mitarbeiter und seiner Kunden? Was geschieht mit den Herstellern, deren Wirtschaftsgüter er vermarktet? Will er nach der Übernahme als Angestellter oder Berater noch befristet - und wenn ja, wie lange - im neuen Unternehmen bleiben? Und wenn ja, zu welchen Konditionen und mit welchen Aufgaben, Zuständigkeiten, Befugnissen und welchem Mitspracherecht?

Diese Vorarbeit des potenziellen Verkäufers ist entscheidend für den Er - folg des gesamten Verkaufsprozesses. Denn je klarer und realistischer die Selbsteinschätzung ist, desto konstruktiver und zielorientierter verlaufen die folgenden Sondierungen. Oft macht man sich sozusagen in der Rolle von Kollegen gemeinsam auf den Weg, diese Fragen zu beantworten. Während dieses Prozesses werden häufig Profiberater wie Wirtschaftsprüfer, Steuerberater oder Anwälte eingeschaltet.

Schwachpunkte frühzeitig offenlegen

Der potenzielle Käufer sollte sämtliche oben erwähnten Motive des potenziellen Übergebers kennen, abfragen, einfordern - und mit seinen eigenen Strategien, Überlegungen und Motiven abgleichen. Deshalb können auch im Prozess eines wertschätzenden Dialogs hier nochmals viele Motive und Aspekte teils erstmals bewusstwerden und klar hervortreten. Allein schon an der Atmosphäre und Qualität des Gesprächs erkennen demnach beide Seiten, ob der Dialog von Vertrauen oder Misstrauen geprägt ist, ob der andere zu Kompromissen und Lösungen bereit ist oder eher auf Probleme fixiert ist und das Grundgefühl hat, übervorteilt zu werden.

Vertrauensstiftend wirkt, wenn jede Partei von sich aus auf Schwachpunkte in ihren Überlegungen zu sprechen kommt, statt alles aus einer Hochglanzperspektive zu beleuchten. Deshalb ist es wichtig, die "Dealbreaker" zu Beginn der Gespräche zu klären. Das ergibt eine gute Grundlage für weiteres Abklären.

Umgang mit Kunden

Der Kaufpreis ist in der Regel nicht das schwierigste Thema. Dieser ergibt sich aus objektiven Fakten wie Substanzwertberechnung, Risikobewertungen und Bestandsstrukur wie durchschnittliche Vertragsgröße oder Laufzeit. Die Würdigung der Vielzahl von Details, die einen hohen menschlichen Anteil haben, weil Veränderung immer auf Widerstand trifft, macht den Unterschied aus, ob Gespräche zum Erfolg führen.

Zentral für gelingende Übernahmegespräche ist immer, wie hinterher mit den Kunden umgegangen wird. Idealerweise verändert sich für sie nichts oder es kommt zu einer Verbesserung, die wiederum viele Facetten haben kann: schnellere Abwicklung, flexiblere Verträge, transparentere Prozesse, mehr Service aus einer Hand, bessere Konditionen. Die Kunden müssen proaktiv mitgenommen werden, weshalb man ihnen sehr frühzeitig erklären sollte, was passiert und warum.

Dazu dienen Vertrieb und Außendienst aber auch jeder andere Kundenkontakt, bei dem es um Nachfragen geht oder Abweichungen vom Standard. Auch die neuen Kunden müssen einen Übernehmer als Einheit erleben, in der jedes Glied in der Kette gleichermaßen kompetent und informiert ist über die Prozesse des Kunden.

Erst danach geht es bei Übernahmen darum, dass sie strategisch Nutzen stiften und den Ertrag verbessern. Größe an sich ist kein Wert. Entsprechend gleichen versierte Übernehmer in Sondierungsgesprächen ab, ob der Zukauf den Eintritt in neue Märkte ermöglicht und idealerweise Nischen besetzt oder ausbaut. Das kann die Gesundheitsbranche sein, in die ein Leasing-Unternehmen über Fitnessgeräte einsteigt, mit Physiotherapeuten und Orthopäden in Kontakt kommt und schließlich in der Medizintechnik in alle Fachdisziplinen und Rechtsformen von der Einzelpraxis bis zur Klinik vordringt, präsent ist und adäquate Finanzierungsmodelle liefert. Oder sich vom klassischen Pkw-Leasing zur Elektromobilität vorarbeitet und hier von der E-Bike-Flotte für Mitarbeiter über die Teslas für die Chefs bis hin zu E-Lokomotiven und-Bussen und deren Umrüstung von Diesel auf Strom im Umfeld des Öffentlichen Personennahverkehrs Finanzierungen kreiert.

Zugewinn von Know-how

Erfolgreiche Übernehmer achten aber nicht nur auf Produkt und Volumen, sondern auch darauf, exzellente Mitarbeiter und exklusives Knowhow - etwa im Vertrieb oder in der Verwertungskompetenz - zuzukaufen, das wiederum deren Gesamtorganisation stärkt. Diese kann im Gegenzug etwa mit einem internationalen Verwertungsnetzwerk der neuen Teilfirma auf Anhieb Nutzen stiften, sodass alle voneinander profitieren.

Vom Besonderen zum Allgemeinen wird also auf allen Ebenen sondiert, wie sich potenzieller Verkäufer und Käufer in einer späteren Verschmelzung befruchten und als Summe mehr sind als zuvor die Addition der Teile. Diese Synergien lassen sich entlang der gesamten Prozess- und Wertschöpfungskette erreichen, also in der Verwaltung, im Vertrieb und in den digitalen Strukturen. Nicht umsonst steigt im Idealfall in allen Bereichen die Pro-Kopf-Produktivität, was aber wiederum ein effizientes Controlling mit einer Vielzahl von Kennziffern und eine gelebte Kultur der (Fehler-)Kommunikation erfordert.

Erst jetzt, wenn all diese Vorüberlegungen zum Verkauf beziehungsweise Kauf abgeschlossen sind, beginnt bei strategischen Übernahmeprozessen die betriebswirtschaftliche Betrachtung und Bewertung der Risiken und Ertragschancen. Der Kaufpreis errechnet sich aus der Substanz abzüglich der Risiken. Besteht darüber beiderseits Einvernehmen, werden die Steuerberater und Wirtschaftsprüfer beauftragt, den Deal und seine Konditionen steuerlich und rechtlich zu prüfen und damit die Voraussetzungen zu schaffen, dass die Vereinbarung in einen Vertrag mündet, den am Ende beide Seiten unterschreiben und die BaFin als Aufsichtsbehörde akzeptiert.

In der Praxis zeigt sich häufig, dass eine zweijährige Übergangsphase mit abnehmender Intensität des Alteigentümers, der als Angestellter oder Berater seine Erfahrung und Kontakte in das neue Unternehmen einbringt und Rückfragen beantworten kann, für die Integration des neuen Firmenteils günstig ist. Für den Alteigentümer kommt dies psychologisch aber einer Entmachtung und Degradierung gleich, derer er sich bewusst sein muss. Dieser Weg ist allerdings günstiger für die meisten Eigentümer, als von heute auf morgen abrupt aufzuhören.

Zweijährige Übergangsphase

Trotzdem werden viele nach der Hälfte der Zeit die Intensität der Tätigkeit reduzieren, weil viele Ziele zu diesem Zeitpunkt schon erreicht sind. Auch erhalten die Veränderungsprozesse häufig eine Dynamik, die für den Alteigentümer überraschend und zum Teil befremdlich ist. Das Verhalten der Mitarbeiter verändert sich, die im schlimmsten Fall in einen Loyalitätskonflikt kommen. Für einen Übergeber sind das große Veränderungen, sodass machmal der Weggang wie eine Befreiung wirkt.

Nur selten es kommt vor, dass intensive Übernahmegespräche mit zwei oder mehr Bietern erfolgen. Dann verliert das wirtschaftliche Ergebnis der Due Dilligence einen Teil seiner Bedeutung, weil der höchstgebotene Kaufpreis über den Zuschlag entscheidet. An solchen Vergaben beteiligt sich nicht jeder, wie sich aus dem geschilderten Prozedere leicht verstehen lässt: Eine Übernahme und Bewertung ist so individuell, wie Profile und Motive der Beteiligten verschieden sind. Und weil etliche Übernehmer mit klarem Profil unterwegs sind, klären sich Sondierungsgespräche wie eingangs erwähnt oft von zehn Kontakten pro Jahr auf ein bis zwei Übernahmen, deren Finanzierung in der Regel kein Problem darstellt, weil sämtliche Parameter und Potenziale dann transparent vorliegen.

FERDINAND DORN ist Gründer und Geschäftsführer der Nürnberger Leasing GmbH, Schwaig bei Nürnberg. Zudem ist Dorn im Finanzausschuss des Bundesverbands Deutscher Leasing-Unternehmen e.V., Berlin, (BDL) aktiv und Vorsitzender des Bundesverbands Finanzierung und Leasing e.V. (BVFL).
Ferdinand Dorn , Sprecher der Geschäftsführung, Nürnberger Leasing GmbH, Schwaig, und Vorsitzender des Vorstands, Bundesverband Finanzierung und Leasing e. V. (BVFL), Freiburg
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