Factoring-Branche mit Rückenwind

MICHAEL PRÜFER, GESCHÄFTSFÜHRER, BUNDESVERBAND FACTORING FÜR DEN MITTELSTAND E. V. (BFM), BERLIN,
Foto: BFM

Wie das Statistische Bundesamt im Januar 2022 mitteilte, hatten die deutschen Amtsgerichte im Oktober 2021 etwas mehr als 1 000 beantragte Unternehmensinsolvenzen gemeldet. Im Vergleich zum Oktober 2019, also vor der Coronakrise, war die Zahl der Unternehmensinsolvenzen damit um mehr als 33 Prozent niedriger.

Diese historisch-niedrigen Insolvenzzahlen haben auch der Factoring-Branche ein gutes und stabiles Jahr beschert: Das 2021 erzielte Umsatzwachstum konnte die Entwicklungen des Vorjahres ausgleichen und den Wachstumspfad der vergangenen Jahre wieder aufnehmen. Noch im Frühjahr 2021 gingen die Mitglieder des Bundesverbands Factoring für den Mittelstand (BFM) in der traditionellen Umfrage zu Umsatz und Geschäftserwartungen davon aus, dass das Jahr 2021 mit steigenden Insolvenzzahlen verbunden sein würde. Dies hat sich aufgrund zahlreicher staatlicher Maßnahmen zur Liquiditätsunterstützung, zur Kreditversicherungsstabilisierung und zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht zum Glück nicht bestätigt.

Für das aktuelle Jahr erwarten über drei Viertel der für 2022 zu Umsatz- und Geschäftserwartungen befragten Mitglieder, dass die Unternehmensinsolvenzen nicht signifikant steigen werden. Die gesamtwirtschaftliche Situation wird offensichtlich als stabil eingeschätzt - trotz der Tatsache, dass die tragenden Stabilisierungsmaßnahmen der Jahre 2020/2021 größtenteils nicht mehr greifen. Die Factoring-Branche erwartet ein gutes 2022: Über 90 Prozent der befragten Mitglieder unserer BFM-Umfrage sind überzeugt, dass das Geschäftsjahr 2022 nicht hinter dem letzten zurückbleiben wird. Ausnahmslos alle Factoring-Gesellschaften erwarten den Abschluss neuer Verträge, zumindest auf dem Niveau des Vorjahres. Weit mehr als die Hälfte der Befragten geht sogar von einem stärkeren Abschluss von Neuverträgen aus.

Die Herausforderungen für das Jahr 2022 sehen die Umfrageteilnehmer eher im Bereich der Digitalisierung und in der Umsetzung künftiger aufsichtsrechtlicher Anforderungen. Die Digitalisierung liegt bereits seit geraumer Zeit im Fokus der Branche. Ausnahmslos alle Marktteilnehmer stellen sich dieser Herausforderung. Die Wege, die dabei beschritten werden, sind jedoch höchst unterschiedlich und werden mit verschiedenen Geschwindigkeiten gegangen. Das Empfinden, wie viel der Strecke bereits zurückgelegt ist, variiert sehr stark und ist immer auch von den unternehmensindividuellen Zielen geprägt. Leitplanken sind jedoch in allen Fällen die Markterwartungen, die Anforderungen des Tagesgeschäfts, die Verfügbarkeit von Mitarbeitern und qualifizierten Servicepartnern sowie die Endlichkeit des Budgets.

Dass aufsichtsrechtliche Anforderungen zu erfüllen sind, versteht sich von selbst. Die Herausforderungen sieht die Branche eher in der effektiven Bewältigung eines stetig steigenden Verwaltungsaufwands. Vielleicht hilft hier, die Leitmotive der Digitalisierung zu berücksichtigen. Schließlich ist damit stets der Wunsch nach Vereinfachung von Prozessabläufen und noch mehr Anwendungsfreundlichkeit verbunden. Weshalb sollten dies nicht auch die Ziele bei der Umsetzung aufsichtsrechtlicher Vorgaben sein? Könnte dies erreicht werden, wäre der Rückenwind für die Branche spürbar und nachhaltig.

Michael Prüfer , Geschäftsführer , Bundesverband Factoring für den Mittelstand e. V. (BFM), Berlin
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