Factoring - coronabedingt schlechtere Aussichten

Dr. Alexander M. Moseschus, Geschäftsführer, Deutscher Factoring-Verband e.V., Berlin, Foto: DFV

2019 war ein gutes Jahr für die Factoring-Branche, der Umsatz stieg nochmals um 14 Prozent auf nunmehr 275,6 Milliarden Euro an. Ein bemerkenswertes Resultat, da das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Deutschland im Jahr 2019 insgesamt "nur" noch um 0,6 Prozent stieg. Die Factoring-Quote, die das Verhältnis zwischen dem angekauften Forderungsvolumen der deutschen Factoring-Institute und dem gesamten BIP misst, überstieg jedoch erstmalig die Acht-Prozent-Marke.

Die (Neu-)Gewinnung von Kunden verlief 2019 besonders dynamisch. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Verband im Berichtsjahr kundenstarke Neumitglieder in seinen Reihen begrüßen konnte: Factoring als moderne Finanzierungform wird nun von 90 300 Kunden genutzt. Dies entspricht einem Zuwachs um 106 Prozent (2018: 43 800 Kunden), also eine neue Höchstmarke.

Für die Branche und ihren Verband, der nach neutralen Untersuchungen einen Marktanteil von über 98 Prozent des Factoring-Umsatzes der verbandlich organisierten Factoring-Unternehmen in Deutschland vertritt, wird die Coronavirus-Pandemie indes eine Zäsur darstellen. Es wird sich 2020 pandemiebedingt eine gesamtwirtschaftliche Rezession in Deutschland nicht mehr vermeiden lassen. Die Mitglieder des Verbandes sehen die Aussichten so dramatisch schlecht wie bei keiner Erhebung zuvor: 40 Prozent erwarten eine nur "ausreichende" Perspektive für 2020, knapp 13 Prozent sogar eine nur "mangelhafte" oder gar "ungenügende" Aussicht. Nur 20 Prozent sehen "befriedigende" Aussichten und rund 27 Prozent "gute" oder "bessere" Möglichkeiten für Factoring im laufenden Jahr.

Etwas Hoffnung vermag vielleicht die Statistik nach der letzten Finanzkrise spenden: Krisenjahre sind bekanntlich grundsätzlich gute Jahre für Factoring. Viele in der Finanzkrise 2008/2009 neu gefundene Factoring-Kunden sind der Finanzierungsalternative auch in den folgenden wirtschaftlich guten Jahren treu geblieben. Mit etwas Glück besteht daher nach Überwindung der Pandemie für stabile Anbieter die Chance, in einem sicherlich auf Kundenseite perspektivisch wieder nachfragegesteigerten Factoring-Markt, weitere Marktanteile gegenüber klassischer Finanzierung gutmachen zu können. Die kürzlich bekanntgegebene staatliche Absicherung in einer Vereinbarung mit den Kreditversicherern über einen Schutzschirm in Höhe von 30 Milliarden Euro wird dabei Unternehmen und deren Lieferbeziehungen stützen. Dies wird sich auch im Factoring positiv auswirken, indem bestehende Limite seitens der Kreditversicherer trotz coronabedingten Problemen aufrechterhalten werden können. Ein wichtiger Beitrag, um die Lieferketten in Deutschland und weltweit aufrechtzuerhalten.

Dr. Alexander M. Moseschus , Geschäftsführer, Deutscher Factoring-Verband e.V., Berlin
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