Bonitätsmanagement

Abtretung von Entgeltforderungen aus Dauernutzungsverhältnissen

Mit der Verbriefung von Immobilienforderungen, hauptsächlich Mietforderungen (Real Estate Securitisation), können die Inhaber größerer Immobilienportfolios Kapital aufnehmen. Den hierfür zur Verfügung stehenden Modellen ist gemeinsam, dass zur Erhaltung eines regelmäßigen Cash-Flows eine Übertragung (üblicherweise auf eine Zweckgesellschaft) der Mietforderungen (in der Regel mittels einer Abtretung gemäß §§ 398 ff. BGB) stattfinden soll.1) Diese Zweckgesellschaft finanziert die Übertragung über die Platzierung von Wertpapieren an den Kapitalmärkten und reicht die Finanzierungsmittel an den Immobilienportfolio-Inhaber (im Folgenden auch als Originator bezeichnet) weiter.2)

Bei Insolvenz des Originators würde eine Abtretung von Miet- oder Pachtforderungen gemäß § 110 Abs. 1 InsO nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens spätestens in dem auf die Verfahrenseröffnung folgenden Monat für die Zukunft unwirksam. Um diese Wirkung auszuschalten, könnte überlegt werden, das Mietverhältnis des Portfolio-Inhabers zum Endnutzer so umzugestalten, dass eine zusätzliche Gesellschaft zwischengeschaltet wird, zu deren Gunsten der Portfolio-Inhaber als Grundstückseigentümer ein Dauernutzungsrecht gemäß § 31 Abs. 2 WEG einräumt. Aus Sicht des Portfolio-Inhabers würden dann anstelle von Miet- oder Pachtforderungen vielmehr Entgeltforderungen aus der Dauernutzungsvereinbarung mit der neuen Grundstücksgesellschaft übertragen.

Nach Eintragung des Dauernutzungsrechts würde die neue Grundstücksgesellschaft als neue Vermieterin kraft Gesetzes in das ursprüngliche Mietverhältnis eintreten (§ 567 Satz 1 BGB). Nach Ablauf des Dauernutzungsrechts oder nach Heimfall würde das Mietverhältnis wieder an den Portfolio-Inhaber zurückfallen. Es stellt sich die Frage, ob § 110 Abs. 1 InsO auch dann Anwendung findet, wenn der Gemeinschuldner Forderungen auf Zahlung von Entgelt für die Gewährung eines Dauernutzungsrechts abgetreten hat.

Dogmatische Einordnung des Dauernutzungsrechts

Das Dauernutzungsrecht nach § 31 Abs. 2 WEG wird als übertragbare und vererbliche beschränkte persönliche Dienstbarkeit aufgefasst.3) Es entsteht mit der Eintragung in Abteilung II des Grundbuchs. Das zugrunde liegende schuldrechtliche Rechtsverhältnis ist entweder Rechtskauf, kaufähnlicher Vertrag, Tausch oder Schenkung.4)

Ein Mietverhältnis kann als schuldrechtliches Grundgeschäft für die Bestellung des Dauernutzungsrechts nicht vereinbart werden, da sich beide Rechtsverhältnisse gegenseitig ausschließen.5) Das Dauernutzungsrecht hat zum Mietvertrag keine rechtliche Verwandtschaft, beide verfolgen nur ähnliche wirtschaftliche Zwecke.6) Eine Kündigung des Dauernutzungsrechts ist unzulässig.7) Der früher überwiegenden Meinung der Literatur, wonach zwischen einem mietähnlichen und einem eigentumsähnlichen (eigentumsvertretenden) Dauerwohnrecht zu unterscheiden sei, ist der Bundesgerichtshof (BGH) in seiner Entscheidung vom 9. Juli 19698) ausdrücklich nicht gefolgt und hat klargestellt, dass das Dauerwohnrecht (dem folgend also auch das Dauernutzungsrecht) niemals mietähnlich ist, auch wenn das Dauerwohnrecht wirtschaftlich verschiedene Aufgaben haben kann. Eine rechtliche Aufspaltung der Dauerwohnrechte komme wegen der damit verbundenen erheblichen Rechtsunsicherheit nicht in Frage.

Bedeutung der dogmatischen Einordnung für die Entgeltforderung

Das vereinbarte Nutzungsentgelt ist daher Kaufpreis und nicht Mietzins.9) § 40 Abs. 1 Satz 2 WEG stellt als Grundsatzregelung klar, dass die für Mietzinsforderung geltenden Vorschriften für den Entgeltanspruch nicht entsprechend anwendbar sind.10) Eine Ausnahme gilt zugunsten von Grundpfandrechts-Gläubigern nur in den Fällen des § 40 Abs. 1 Satz 1 WEG; alle übrigen mietrechtlichen Bestimmungen, auch § 110 Abs. 1 InsO, sind nicht anwendbar.11)

Zur Erklärung wird auf die amtliche Begründung zu § 40 WEG verwiesen. Demzufolge ist durch § 40 Abs. 1 WEG die Anwendung von § 110 InsO auf den Anspruch auf das Entgelt für das Dauer-wohn-/Nutzungsrecht ausgeschlossen, um die Rechtsstellung des Dauerwohn-/Nutzungsberechtigten in dieser Hinsicht zu stärken.12) Der Dauernutzungsberechtigte liefe sonst Gefahr, nach Eröffnung des Verfahrens durch eine Zahlung an den Abtretungsgläubiger nicht von der Verpflichtung frei zu werden und doppelt zahlen zu müssen.13) Außerdem würde dem Dauernutzungsberechtigten die Aufrechnungsmöglichkeit nach § 110 Abs. 3 InsO genommen. Diese Intention des Gesetzgebers hat ihren Ausdruck in § 40 Abs. 1 Satz 2 WEG gefunden.

Nach § 119 InsO sind Vereinbarungen, durch die im Voraus die Anwendung der §§ 103 bis 118 InsO ausgeschlossen oder beschränkt wird, unwirksam. Die Vorschrift erfasst angesichts der unterschiedlichen Zwecke, die mit den Regelungen der §§ 103 bis 118 InsO verfolgt werden, und der Bedeutung der Aktivwie Passivseite für den Haftungswert des Schuldnervermögens eine große Bandbreite von Vereinbarungen.14) So sind zum Beispiel Vereinbarungen, durch die im Voraus die Anwendung des § 113 InsO ausgeschlossen, beschränkt oder erschwert wird, gemäß § 119 InsO unwirksam.15) Aus dieser Überlegung könnte man folgern, dass, sofern das Dauernutzungsrecht wirtschaftlich als Mietverhältnis bewertet werden kann, damit gleichzeitig ein konkludenter Ausschluss und Umgehung der §§ 103 bis 118 InsO vorliegt, da die Parteien wirtschaftlich ein Mietverhältnis vereinbaren wollten, dieses jedoch lediglich mit Blick auf § 110 InsO als Dauernutzungsrecht ausgestaltet haben. Im Hinblick auf die Vorschrift des § 119 InsO könnte damit die Unterscheidung zwischen "mietähnlichem" und "eigentumsähnlichem" Dauernutzungsrecht relevant werden.

a) Die Rechtsprechung des BGH lehnt eine Unterscheidung zwischen eigentumsähnlichen beziehungsweise mietähnlichen Dauernutzungsrechten im Hinblick auf die Anwendung von Mieterhöhungsvorschriften ab.16) Das WEG selbst enthält besondere Vorschriften für langfristige Dauerwohnrechte in § 41 Abs. 2 und 3 WEG.

b) Das Steuerrecht kennt die Figur des "eigentumsähnlichen Dauerwohnrechts". Dies entsteht in einkommensteuerrechtlicher Hinsicht dann, wenn das Recht mit dem Inhalt des § 18 des Musters eines Vertrages über die Bestellung eines eigentumsähnlichen Dauerwohnrechts nach §§ 31 ff. WEG des Bundesministers für Wohnungsbau17) (Muster) vereinbart und im Grundbuch eingetragen ist.18) Das Muster beabsichtigt die Gleichstellung des Dauerwohnberechtigten mit einem Wohnungseigentümer, und soll in der Praxis die Anwendung der Rechtseinrichtung des Dauerwohnrechts erleichtern.19) Das Muster nimmt die Eigentumsähnlichkeit bei hinreichender Laufzeit des Dauerwohnrechts an und sieht daher eine zeitlich unbegrenzte Dauer vor.20) Soweit ersichtlich, wird für das Insolvenzrecht die steuerrechtliche Unterscheidung nicht vorgenommen. Insoweit verbleibt es in der Kommentarliteratur bei der Anordnung des § 40 Abs. 1 Satz 2 WEG.

c) Das Dauernutzungsrecht kann zu dem Zweck bestellt werden, seinem Inhaber ein dinglich gesichertes Recht zur Nutzung eines Gebäudes auf Zeit zu verschaffen. Damit wäre es wirtschaftlich der Miete oder Pacht verwandt. In diesen Fällen wird sich das Entgelt nach den Grundsätzen der Miete ergeben.21) Das Dauernutzungsrecht kann aber auch zu einer Art das Eigentum vertretenden Recht ausgestaltet werden. Dem Dauernutzungsberechtigten wird hierfür die zeitlich unbeschränkte oder wenigstens auf lange Zeit vorgesehene Nutzung überlassen.22) Die Unterscheidung zwischen "mietähnlichem" und "eigentumsähnlichem" Dauernutzungsrecht ist zum Beispiel hinsichtlich der Förderung des sozialen Wohnungsbaus, der Anwendbarkeit des § 5 ErbbVO und aus steuerrechtlicher Sicht von Bedeutung.23) Das Ministerium für Arbeit, Soziales und Wiederaufbau von Nordrhein-Westfalen hat folgende Voraussetzungen für ein eigentumsähnliches Dauerwohnrecht im Zusammenhang mit der Gewährung von Landesdarlehen aufgestellt24):

- Das laufende Entgelt für die Nutzung darf nicht als Miete im üblichen Sinne erhoben werden, sondern muss den tatsächlichen Aufwendungen entsprechen. Der Dauerwohnungsberechtigte muss anteilig die gesamten Lasten sowie das volle Bewirtschaftungsrisiko tragen; Verringerungen der Belastungen, die durch Tilgung von Fremddarlehen usw. eintreten, müssen ihm zugute kommen.

- Das Dauerwohnrecht muss den besonderen Vorschriften für langfristige Dauerwohnrechte (§ 41 WEG) entsprechen. Es muss für 99 Jahre, mindestens aber für 75 Jahre bestellt werden; ganz ausnahmsweise kann die Laufzeit bis auf 50 Jahre herabgesetzt werden.

- Für den Fall der Zwangsversteigerung muss das Bestehenbleiben des Dauerwohnrechts vereinbart sein. Für das Landesdarlehen ist dann die in § 39 WEG vorgesehen Zustimmung zum Bestehenbleiben des Dauerwohnrechts in der Zwangsversteigerung zu erteilen.

Diese Voraussetzungen können insoweit Anhaltspunkte für die Vertragsgestaltung eines eigentumsähnlichen Dauernutzungsrechts dergestalt geben, dass keine Umgehung im Sinne des § 119 InsO gegeben ist. In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass bei der schuldrechtlichen Ausgestaltung des Grundgeschäfts außer der Pflicht zur Bestellung des Dauernutzungsrechts keine weiteren Pflichten des Eigentümers begründet werden, um die Rechtsfolgen des § 103 InsO zu vermeiden.

Keine Miet-, sondern Kaufpreiszahlungen

Eine entsprechende Vertragsgestaltung vorausgesetzt, würde auf vorgenannter Grundlage die Zahlung des Nutzungsentgelts keine Miet-, sondern eine Kaufpreiszahlung darstellen, sodass § 110 InsO für diese Art der Transaktionsgestaltung wohl keine, auch keine analoge, Anwendung finden dürfte. Jedoch ist aufgrund des Wahlrechts des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO bei gegenseitigen, jedoch von beiden Seiten nicht oder nicht vollständig erfüllten Verträgen bei der schuldrechtlichen Ausgestaltung des Grundgeschäfts darauf zu achten, dass keine weiteren Pflichten des Originators über die Bestellung des Dauernutzungsrechts hinaus begründet werden.

Sonstige Fallstricke wie zum Beispiel das Umgehungsverbot aus § 119 InsO sowie die Anfechtungsregeln aus §§ 130 ff. InsO dürften dann keine Probleme bereiten, wenn der Originator für die Verfügung über das Dauernutzungsrecht einen angemessenen Gegenwert erhält und Leistung und Gegenleistung aufgrund der Parteivereinbarung in engem zeitlichen Zusammenhang stehen (Bargeschäft).

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