Pro und Kontra

Sind Ausschüttungen bei Geschlossenen Fonds sinnvoll?

Volker Arndt ist Geschäftsführer der US Treuhand Verwaltungsgesellschaft für US-Immobilienfonds mbH, Darmstadt.

PRO

Im Interesse der Anleger

Ein Immobilienfonds, der auf anfängliche und regelmäßige Ausschüttungen verzichtet und erst zum Ende der Fondslaufzeit Erträge ausschüttet, wird von der breiten Masse der Anleger nicht akzeptiert. Dafür gibt es mehrere Gründe.

Erstens: Wie die aktuelle Gesamtmarktstudie von Feri Euro-Rating Services zeigt, waren im Jahr 2009 rund 70 Prozent der Anleger, die einen Geschlossenen Immobilienfonds gezeichnet haben, über 50 Jahre alt. Für Anleger in dieser Altersklasse sind Fonds, die über einen längeren Zeitraum auf Ausschüttungen verzichten, selten attraktiv. Ältere Anleger bevorzugen vielmehr Anlageformen mit einem stetigen Cash-Flow. Die Erklärung liegt auf der Hand: Warum sollte im fortgeschrittenem Alter ein Investment getätigt werden, bei dem Ausschüttungen und Kapitalrückfluss unter Umständen weit in der Zukunft liegen?

Zweitens: Fonds, die in den ersten Jahren der Fondslaufzeit auf Ausschüttungen verzichten und stattdessen den Ertrag der Immobilie für die Tilgung des Fremdkapitals verwenden, generieren in der Regel für den Anleger trotzdem jährlich einen steuerlich wirksamen Gewinn. Das bedeutet, dass der Anleger zusätzlich Steuern auf den Ertrag seines Fondsanteils zahlen muss, auch wenn der Fonds keine Ausschüttungen vornimmt. Der Anleger hat also jedes Jahr einen negativen Cash-Flow aus seinem Investment. Die Zahlungen von Steuern für ein Investment, das Erträge nicht ausschüttet, lässt sich vielen Anlegern nur schwer vermitteln.

Drittens: Bei einer Aktie oder einer Anleihe hat der Anleger jeden Tag die Möglichkeit, den Kurs zu verfolgen und sich des Wertes seiner Anlage zu vergewissern. Werden solche Anlagen an einem geregelten Markt - in der Regel die Börse - gehandelt, ist zudem die tägliche Verfügbarkeit des Kapitals möglich. Bei einem Geschlossenen Fonds ist dies nicht der Fall. Umso wichtiger sind für viele Anleger daher die laufenden Ausschüttungen. Sie signalisieren, inwieweit das Investment den geplanten Ertrag abwirft. Auch wenn man die Vornahme von Ausschüttungen nicht zwingend mit wirtschaftlichem Erfolg gleichsetzen darf, so sind sie für den Anleger dennoch ein wichtiger Indikator für den Erfolg seiner Anlage. Geschlossene Fonds, die grundsätzlich nicht ausschütten, können dann gerade in Zeiten hoher Unsicherheit an den Finanzmärkten sehr schnell zu einem möglicherweise unbegründeten Vertrauensverlust der Anleger führen. Viertens: Viele Anleger investieren in Immobilien, weil sie Schutz vor Inflation suchen. Der Verzicht auf Ausschüttungen geht bei einem wirtschaftlich stabilen Immobilienfonds in der Regel mit einer erhöhten Tilgungsleistung auf das aufgenommene Fremdkapital einher. Der Vorteil für Anleger besteht bei einer hohen anfänglichen Tilgung darin, dass die Ausschüttungen in späteren Jahren umso höher ausfallen. Sinnvoll ist das aber nur, wenn die Inflation auf einem konstanten Niveau bleibt oder zurückgeht. Denn eine steigende Inflation führt dazu, dass die höheren Ausschüttungen zum Ende der Fondslaufzeit entwertet (inflationiert) werden.

Alle Argumente, die für die anfängliche und regelmäßige Ausschüttung der Erträge Geschlossener Immobilienfonds sprechen, gelten jedoch nur für den Fall, dass der Fonds die Ausschüttungen auch tatsächlich erwirtschaftet hat und sie nicht aus der Substanz finanziert. Ein Fonds, der Ausschüttungen aus der Substanz leisten müsste, sollte darauf verzichten. Aber auch an diesem Punkt haben ausschüttende Fonds einen Vorteil. Sie müssen im Falle wirtschaftlicher Schwierigkeiten ihre Anleger davon überzeugen, auf eine Ausschüttung zu verzichten. Das ist bei Fonds, die nicht von Beginn an ausschütten, anders. Da die Erträge dieser Fonds in die Tilgung fließen, können sie bei wirtschaftlichen Turbulenzen teilweise ihren Verpflichtungen aus bestehenden Darlehensverträgen nicht mehr nachkommen und müssen ihre Fremdkapitalgeber davon überzeugen, vorübergehend auf die Tilgung zu verzichten. Bei den derzeit schwierigen Kreditmarktbedingungen eine sicherlich kaum wünschenswerte Vorstellung für die Anleger.

Michael Ruhl ist Vorstand der Deutschen Fonds Holding AG, Stuttgart.

KONTRA

Weniger Zinsrisiken

Die Bedeutung von Ausschüttungen wird von Anlegern und Vertrieben häufig falsch eingeschätzt. Der Verzicht auf Ausschüttungen in den ersten Jahren erhöht die Sicherheit einer Investition und sorgt für umso höhere Ausschüttungen in späteren Jahren. Ausschüttungen aus der Substanz können einen Fonds schnell in eine Schieflage bringen.

Viele Anleger sind davon überzeugt, dass Ausschüttungen die Ertragssituation eines Fonds widerspiegeln. Dies ist jedoch häufig nicht der Fall. Grundsätzlich sind Ausschüttungen Kapitalrückflüsse vom Fonds an die Anleger. Ob dieses Geld mit dem Anlageobjekt erwirtschaftet oder ob es der Liquiditätsreserve des Fonds entnommen wurde, kann der Anleger nicht ohne weiteres erkennen. Anlageberater sind hier in der Verantwortung, Anlegern den Unterschied zwischen Ertrag und Ausschüttung zu vermitteln, um eine einseitige Fixierung der Anleger auf die Höhe der Ausschüttung zu vermeiden. Leider wird das noch nicht in ausreichendem Maß getan.

Im Gegenteil: Vertriebe fordern von Fondshäusern häufig eine Ausschüttung von mindestens sechs Prozent. Ansonsten - so die Begründung - würden sich Anleger für eine Investition in einen Geschlossenen Fonds überhaupt nicht interessieren. Manche Fondshäuser reagieren auf diese Anforderung derart, dass sie die Stellschrauben der Prognosenrechnung so lange verändern, bis sie zumindest auf dem Papier eine höhere Ausschüttung für den Anleger darstellen können. Die beliebtesten Wege, die prognostizierten Ausschüttungen zu erhöhen, bestehen darin, die Bewirtschaftungskosten der Immobilie zu reduzieren oder das kalkulierte Mietausfallrisiko zu verringern. Die jüngsten Platzierungserfolge einiger Fonds mit einer anfänglichen Ausschüttung von unter sechs Prozent zeigen, dass Anleger geringere Ausschüttungen akzeptieren, sofern sie auf der anderen Seite eine besonders sichere Anlage geboten bekommen - beispielsweise eine Core-Immobilie mit langem Mietvertrag und hoher Bonität des Mieters. Aber auch Fonds, die in den ersten Jahren der Laufzeit ganz auf Ausschüttungen verzichten, können für Anleger sinnvolle Investments sein. Gerade Anleger im Alter von 50 bis 60 Jahren könnten davon profitieren. Sie würden in den letzten einkommensstarken Jahren des aktiven Berufslebens auf Ausschüttungen verzichten und könnten dann parallel zum Eintritt ins Rentenalter von einer umso höheren Ausschüttung profitieren. Ein Hauptargument für den anfänglichen Verzicht auf Ausschüttungen besteht in der erhöhten Sicherheit eines Fondsinvestments. Werden die Erträge einer Investition für die Tilgung des Fremdkapitals verwendet und nicht an die Anleger ausgeschüttet, erhöht dies die Sicherheit enorm. Sollte beispielsweise der Hauptmieter einer Immobilieninvestition ausfallen, so kann die Zinslast, die eine Fremdfinanzierung mit sich bringt, die Liquidität eines Fonds schnell erschöpfen. Auch ein Auslaufen der Zinsbindung birgt Risiken. Das Zinsniveau könnte zum Zeitpunkt der Anschlussfinanzierung deutlich höher sein als zu Beginn der Fondslaufzeit. Um für diese und andere Risiken besser gewappnet zu sein, sollte der Fremdkapitalanteil zügig reduziert werden. Dies geht nur durch hohe Tilgungsleistungen - nicht durch hohe Ausschüttungen. Immer wieder ist das Argument zu hören, dass ein hoher Fremdkapitalanteil für den Anleger positiv sei, da die anfallenden Zinszahlungen als Werbungskosten unmittelbar die Steuerlast reduzieren. Es mache daher Sinn, die Tilgung niedrig und die Auszahlung hoch zu halten. Dieses Argument ist jedoch irreführend. Die größte Ersparnis sind nicht bezahlte Zinsen.

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