Kapitalanlage

Renditeprognose - solide kalkuliert statt künstlich aufpoliert

Initiatoren Geschlossener Fonds haben derzeit die anspruchsvolle Aufgabe, sicherheitsorientierte Investments mit attraktiven Renditen zu verknüpfen. Ein Beleg für das aktuell hohe Sicherheitsbedürfnis der Anleger ist die starke Nachfrage nach sogenannten Core-Immobilien - also Objekten mit guter Lage und Mietern hoher Bonität sowie langen Mietvertragslaufzeiten. Da Immobilien, die diese Ansprüche erfüllen, jedoch begrenzt sind, führt die erhöhte Nachfrage zwangsläufig zu steigenden Kaufpreisen und dementsprechend zu tendenziell sinkenden Renditen.

Dennoch bleiben die Renditeanforderungen der Anleger und Vertriebe hoch. Das Argument, dass geringes Risiko in der Regel mit einer verminderten Rendite einhergeht, trifft bei ihnen nicht immer auf Verständnis. Das erklärt, dass auch in Zeiten, in denen Staatsanleihen nur Renditen zwischen zwei und drei Prozent erzielen, Beteiligungsmodelle mit Ausschüttungen unter sechs Prozent bei Anlegern einen schweren Stand haben.

Um die hohen Erwartungen der Anleger und Vertriebe zu erfüllen, gibt es mehrere Möglichkeiten: So kann die Suche nach lukrativen Immobilien intensiviert werden. Ein anderer Weg führt über die Kostenseite. Durch effiziente Prozesse können die Kosten für Konzeption und Verwaltung minimiert und die Rendite erhöht werden. Diese Möglichkeiten zur Steigerung der Rendite sind jedoch arbeitsintensiv. Manche Initiatoren schlagen daher einen anderen, vermeintlich leichteren Weg ein: Sie legen der Fondskalkulation unrealistische Annahmen zugrunde und rechnen sich die gewünschten Renditen und Ausschüttungen, zurecht.

Zurechtrechnen der Rendite

Die Möglichkeit dazu bietet ihnen die in jedem Verkaufsprospekt enthaltene Prognoserechnung. Grundsätzlich unternehmen Initiatoren damit den Versuch, die Erträge, Aufwendungen und vor allem die Ausschüttungen für die kommenden zehn bis 20 Jahre im Voraus zu planen beziehungsweise zu prognostizieren. Allerdings kann bei einem derart langen Prognosezeitraum bereits eine kleine Variation der Parameter das Resultat der Prognose immens beeinflussen. Manche Initiatoren machen sich diesen Effekt zunutze, um die von Anlegern und Vertrieben geforderte Verzinsung herbeizurechnen.

Eine der effektivsten Stellschrauben ist dabei die der Prognose unterstellte Entwicklung der Inflationsrate. Der Grund: Da ein Großteil der Mietverträge für Gewerbeimmobilien indexiert - also an die Inflationsrate gekoppelt - ist, bedeutet ein Anstieg der Inflation automatisch auch steigende Mieterträge. Hinzu kommt, dass Gewerbeimmobilien üblicherweise nach dem Ertragswertverfahren bewertet werden und steigende Mieten somit auch den Wert des Fondsobjekts erhöhen.

Auf diese Weise lässt sich ein doppelter Hebel generieren, mit dem Initiatoren durch eine geringfügig erhöhte Inflationserwartung bis zu einem halben Prozentpunkt höhere Ausschüttungen darstellen können. Bleibt die tatsächliche Inflationsrate dann jedoch hinter dem kalkulierten Wert zurück, steht die gesamte Prognoserechnung auf tönernen Füßen. Ein konservativ kalkuliertes Beteiligungsangebot sollte sich daher an die Zielvorgaben der Europäischen Zentralbank halten und somit derzeit keine Inflationsrate von durchschnittlich mehr als zwei Prozent unterstellen.

Ein weiterer beliebter Anknüpfungspunkt, um die Verzinsung des eingesetzten Kapitals in der Fondskalkulation zu erhöhen, sind die Instandhaltungskosten. Im Laufe der Fondslaufzeit werden fast zwangsläufig Investitionen notwendig, um das Objekt für Nachvermietungen anzupassen oder um das Gebäude auf den neusten Stand der Technik zu bringen. Diese Ausgaben müssen in der Fondskalkulation angemessen berücksichtigt sein. Bei Büroimmobilien zum Beispiel sollten für laufende Instandhaltungskosten je nach Objektzustand und Flächenart fünf bis acht Euro je Quadratmeter und Jahr eingeplant werden.

Instandhaltungskosten und Sicherheitspolster

Diese Kosten reduzieren jedoch die erwartete Rendite. Manche Anbieter setzen daher in der Prognoserechnung deutlich weniger Instandhaltungskosten an oder reduzieren sie sogar fast auf null. Der Effekt zeigt Wirkung: Durch eine Halbierung der Instandhaltungsrücklagen lassen sich mindestens 0,25 Prozentpunkte mehr Ausschüttungen errechnen.

Eine dritte Stellschraube bei der Fondskalkulation ist das sogenannte Sicherheitspolster. Konservative Fondskalkulationen sehen einen Puffer für unerwartete Mietausfälle vor. Diese Rücklagen können je nach Bonität des Mieters variieren. Bei staatlichen Mietern etwa tendiert das Mietausfallrisiko häufig gegen null.

Für Start-ups oder Unternehmen mit eingeschränkter Bonität gilt dies nicht. Folglich sollte hier ein Sicherheitspolster einkalkuliert werden, um unerwartete Mietausfälle abzufedern. Die Bildung dieser Rücklagen senkt jedoch die prognostizierten Ausschüttungen. Daher verzichten manche Initiatoren darauf. Die Folge: Sollten während der Fondslaufzeit unerwartete Mietausfälle eintreten, gibt es keine Rücklagen, die den Ausfall ausgleichen können. Der Fonds entwickelt sich zwangsläufig unter Plan und wird auf Anlegerseite für Enttäuschung sorgen.

Eine der beliebtesten Gestaltungsmöglichkeiten, derer sich Initiatoren bedienen, um die prognostizierten Ausschüttungen zu beeinflussen, ist die Höhe der Tilgung. Ist das Fondsobjekt fremdfinanziert, fallen neben Zinszahlungen auch laufende Tilgungsleistungen an. Diese schmälern allerdings die zur Verfügung stehende Liquidität und somit das Potenzial für Ausschüttungen an die Anleger - vor allem in den ersten Jahren der Fondslaufzeit.

Tilgung

Manche Initiatoren verzichten daher ganz auf Tilgungsleistungen und bieten Anlegern dafür hohe anfängliche Ausschüttungen. Diese Praxis ist allerdings nicht im Sinne der Anleger. Denn der Preis dafür ist ein deutlich gestiegenes Risiko. Der Grund: Kreditverträge sind üblicherweise mit einer festen Zinsbindungsfrist ausgestattet. Läuft diese aus, wird über die Höhe der Zinsen neu verhandelt. Aufgrund des allgemein niedrigen Zinsniveaus können Initiatoren derzeit Fremdkapital zu vergleichsweise günstigen Konditionen aufnehmen. Endet die Zinsbindung zum Beispiel in zehn Jahren, ist jedoch ungewiss auf welchem Niveau die Zinsen sein werden. Eine Finanzierung der noch verbleibenden Restdarlehen könnte teuer werden, wenn bis dahin nicht substanzielle Teile des Fremdkapitals zurückgeführt worden sind.

Es ist daher wichtig, auch zu Beginn der Fondslaufzeit Tilgungsleistungen zu erbringen und so das Risiko einer kostspieligen Anschlussfinanzierung zu vermeiden. Eine solide Fondskonzeption sollte daher als Minimum eine anfängliche jährliche Tilgungsleistung von einem Prozentpunkt vorsehen.

Anleger sollten auf die wesentlichen Stellschrauben jeder Fondskalkulation achten. Auf diese Weise können sie schnell erkennen, ob die angebotene Beteiligung hält was sie verspricht. Grundsätzlich gilt: Je optimistischer die Annahmen der Kalkulation, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Fonds seine Ziele erreichen und die prognostizierten Erträge liefern wird. Im dem Maß, in welchem die Gestaltungsmöglichkeiten der Fondskalkulation einseitig ausgereizt werden, steigt das Potenzial, Anlegervertrauen zu enttäuschen.

Gabriele Volz , Geschäftsführerin, Wealthcap Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH, Grünwald
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