Nachhaltige Immobilien

Bewertung von "Green Buildings" - Versuch einer Zusammenfassung

Das Thema "Green Building" beschäftigt die Immobilienbranche bereits seit einiger Zeit. In der Vergangenheit ist vieles gesagt und geschrieben worden, Arbeitsgruppen haben sich gebildet, Untersuchungen wurden angestellt, Studien ausgearbeitet. Eine einheitliche Sichtweise oder quasi "genormte Herangehensweise" ist nicht erkennbar. Zu unterschiedlich sind die Meinungen und zu gering ist die bisherige Datenbasis. Dieser Artikel versucht, sich dem Thema von unterschiedlichen Seiten aus zu nähern:

- Was ist ein "Green Building"?

- Welchen Nutzen kann ein "Green Building" haben?

- Wie sind die aktuellen Erfahrungen, wie entwickelt sich die Anzahl der Objekte, welche Marktanteile haben sie?

- Welche (möglichen) Auswirkungen hat das "Green Building" auf den Wert der Immobilie (jetzt und zukünftig)?

Definitionsversuche und Zertifizierungen

Eine verbindliche Definition für "Green Buildings" gibt es nicht. Grundsätzlich kann gesagt werden, dass es sich bei einem Green Building um ein Gebäude handelt, dessen Ressourceneffizienz in den Bereichen Energie, Wasser und Material erhöht ist, während gleichzeitig die schädlichen Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt reduziert sind, indem bei der Planung und Sanierung von entsprechenden Konstruktionen auf besonders ressourcenschonendes Bauen Wert gelegt wird. Dies betrifft den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes.

In den letzten Jahren wurden verschiedene Zertifizierungen entwickelt, die den ganzheitlichen Umwelteinfluss von Immobilien bewerten. Neben dem US LEED Green Building Standard (Leadership in Energy and Environmental Design) und dem britischen Green-Building-Standard BREEAM (BRE Environmental Assessment Method) gibt es auch das deutsche Label der DGNB (Deutsche Gesellschaft für nachhaltiges Bauen) sowie einige andere mehr oder weniger verbreitete Zertifizierungen und Label.

Neben der Frage, welches Label für das jeweilige Gebäude das passende ist, spielen auch die Kosten der Zertifizierung eine nicht unwesentliche Rolle. Es ist zu betrachten, welches bautechnische und energetische Niveau für eine Zertifizierung erforderlich ist, und wie stark dieses von den ohnehin vorhandenen Standards abweicht.

In Deutschland sind beispielsweise durch die Einführung der EnEV (Energieeinsparverordnung) bereits hohe Ansprüche an die Energiebilanz von Gebäuden gestellt. Je nach gewähltem Zertifizierungslabel halten sich die zusätzlich erforderlichen Maßnahmen in Grenzen. Der mit der Zertifizierung an sich einhergehende Aufwand sowie der noch nicht messbare wirtschaftliche Nutzen führen aber derzeit dazu, dass die Anzahl der Zertifizierungen noch nicht das Maß des Möglichen erreicht hat.

Nutzen eines "Green Building"

Die Worte "Klimawandel", "Energieverbrauch" und "Kohlendioxidausstoß" sind nahezu täglich in den Medien. Der Zusammenhang zwischen einem hohen Energieverbrauch, dem damit entstehenden Kohlendioxidausstoß und im Ergebnis dem stattfindenden Klimawandel ist unstrittig, auch wenn das Maß der Auswirkungen von verschiedenen Experten unterschiedlich gesehen wird. Da ein großer Teil der verbrauchten Energie in die Errichtung und den Betrieb von Gebäuden fließt, ist darüber nachzudenken, wie hier Einsparungen zu erzielen sind. Es ist unstrittig, dass eine Verringerung des Energieverbrauchs mit der damit einhergehenden Reduzierung des Kohlendioxidausstoßes einen positiven Effekt auf den stattfindenden Klimawandel hat.

Doch wie groß ist dieser Nutzen? Die Beantwortung dieser Frage ist letztlich davon abhängig, wie groß die Verbesserungen der "Umwelt-Bilanz" eines Gebäudes über den gesamten Lebenszyklus sind und wie stark die finanziellen Aufwendungen für den Eigentümer und den Nutzer. In dieser Antwort sind die wesentlichen Aspekte enthalten: die Verbesserung der "Umwelt-Bilanz", der "Lebenszyklus" und die Kosten-/Nutzen-Relation. Bei einem langen Lebenszyklus wirken sich Reduzierungen der Umweltbelastungen während des Betriebes wesentlich stärker aus als die Umweltbelastungen bei der Errichtung. Sinnvoll ist es demnach, das Hauptaugenmerk jeweils auf den Bereich zu richten, der den größten Nachhaltigkeitseffekt mit sich bringt.

Der überwiegende Teil der derzeit als "Green Buildings" errichteten oder in Planung befindlichen Gebäude sind Bürogebäude. Hier unterstellt man eine längere Nutzungsdauer. Neben der Schonung der Umwelt sind die Bereiche "Reduzierung der Betriebskosten" und "Steigerung der Nutzerzufriedenheit" beachtenswert. Angesichts der wohl auch in Zukunft weiter steigenden Energiekosten wirkt sich die Energieeffizienz des Betriebs eines Gebäudes unmittelbar auf die vom Nutzer (in der Regel Mieter) zu zahlenden Aufwendungen aus. Eine Senkung der Betriebskosten schafft

Spielräume für eine mögliche Erhöhung der Miete - wenngleich bei einem Mietermarkt eher damit zu rechnen ist, dass die Mieter diesen Kostenvorteil einstreichen.

Eine Steigerung dieser Kosten wird jedoch Druck auf die Miethöhe im Rahmen der Gesamtbelastung ausüben. Und wenn durch ein besseres und gesünderes Raumklima die Zufriedenheit der Nutzer steigt, so hat das einen positiven Einfluss auf weiche Standortfaktoren. Nicht zu vergessen sind die Auswirkungen auf das Image. Sowohl Eigentümer als auch Nutzer können das positive Image eines "Green Building" für eigene Marketingzwecke nutzen und so einen Imagegewinn erzielen. Angesichts des weltweit steigenden Stellenwerts der "Nachhaltigkeit" kann sich dadurch ein positiver Nebeneffekt für das jeweilige Unternehmen ergeben.

Aktuelle Erfahrungen

In der Vergangenheit war es bei der Frage nach der Nachfrage und dem Angebot von "Green Buildings" häufig so, dass

- Investoren gesagt haben: "Wir würden ja gerne kaufen, aber das Angebot ist zu gering."

- Nutzer gesagt haben: "Wir würden ja gerne mieten, aber das Angebot ist zu gering."

- Bauunternehmen gesagt haben: "Wir würden ja gerne bauen, aber die Nachfrage ist zu gering."

- Projektentwickler gesagt haben: "Wir würden ja gerne entwickeln, aber die Nachfrage ist zu gering."

Mittlerweile ist hier ein Umdenkungsprozess im Gange. Heute hört man häufiger

- von Investoren: "Wir investieren in nachhaltige Gebäude, weil das von den Nutzern nachgefragt wird."

- von Nutzern: "Wir möchten nachhaltige Gebäude anmieten, weil dort die Betriebskosten geringer sind, das Wohlbefinden steigt und unser Image profitiert."

- von Bauunternehmen: "Wir entwerfen und bauen nachhaltige Gebäude, weil das unsere Kunden wünschen und die Gesellschaft erwartet."

- von Projektentwicklern: "Wir entwickeln nachhaltige Gebäude, weil diese leichter zu vermarkten sind."

Die Aussage "Wir entwickeln/errichten/mieten/kaufen ein Green Building" für sich alleine betrachtet ist jedoch nur ein Teil des Gesamtbildes. Aufgrund der unterschiedlichen Zertifizierungen und Zertifizierungsstufen ist "Green" nicht gleich "Green". Dementsprechend werden die zusätzlichen Kosten, aber auch der entstehende Vorteil für die Umweltbilanz unterschiedlich bewertet.

Bisher durchgeführte Untersuchungen weisen - für Gebäude in Deutschland und weiten Teilen Europas - Mehrkosten zwischen zwei und 11,5 Prozent aus. Dem stehen Einsparungen von bis zu 30 Prozent beim Wasser- und 30 bis 50 Prozent beim Energieverbrauch gegenüber (bezogen auf die LEED-Zertifizierung, Quellen: Morrison Hershfield, RREEF Reserach, Broughton).

Es gibt Studien, welche aufzeigen, dass "Green Buildings" im Vergleich zum Durchschnitt aller vergleichbaren Gebäude geringere Leerstände und höhere Durchschnittsmieten aufweisen (die Unterschiede schwanken hier je nach Gebäudetyp). Da derzeit "Green Buildings" allerdings bevorzugt an Top-Standorten entwickelt und errichtet werden, sind diese Aussagen zumindest auf weitere Einflussgrößen kritisch zu hinterfragen.

Angesichts der zukünftigen Erwartun:gen hinsichtlich der Kostensteigerungen im Energiebereich und der steigenden Akzeptanz kann man aber davon ausgehen, dass zukünftig Nutzer verstärkt darauf achten, welche Flächen angemietet werden. Favorisiert werden zukünftig Flächen, die nachhaltig eine höhere Energie- und Ressourceneffizienz aufweisen. Daraus folgt unweigerlich, dass Gebäude, welche diese hohen Standards nicht erfüllen, in der Gunst der Nutzer zurückfallen werden.

Auswirkungen auf den Immobilienwert

Welche (möglichen) Auswirkungen hat das "Green Building" auf den Wert der Immobilie (jetzt und zukünftig)? Diese Frage lässt sich derzeit noch nicht in konkreten Zahlen beantworten. Zu Zeiten des Investment-Hypes haben zahlreiche Investoren mitgeteilt, dass sie verstärkt in "Green Buildings" investieren werden. Angesichts der aktuellen Finanzmarktkrise sind diese angekündigten Investitionen (zunächst?) deutlich eingeschränkt worden. Es ist aber sehr wohl zu erwarten, dass mit dem Ende der Wirtschaftskrise die Bereitschaft der Nutzer, neue und "green" errichtete Gebäude zu beziehen, steigen wird. Dies wird dann wiederum einen Nachfrageschub auf der Investoren- und Angebotsschub auf der Entwicklerseite auslösen. Bereits jetzt entstehen bei der Bewertung Vorteile für "Green Buildings" dadurch, dass Bewirtschaftungskosten niedriger angesetzt werden können.

Jedoch nur wenn hierfür eine gesicherte Datenbasis besteht - und diese Kosten nicht vollständig von den Mietern getragen werden, was aber besonders bei den derzeitigen Bürogebäuden fast immer der Fall ist.

Nachhaltigkeit als Standard

Es ist davon auszugehen, dass langfristig das sich ändernde Nutzerverhalten zu Unterschieden in der Miethöhe zwischen einfachen Gebäuden und "Green Buildings" führen kann und wird. Das "Green Building" wird langfristig zum Standard. Und Gebäude, welche diesen Standard nicht erfüllen, werden zu "Grey Buildings". Und diese werden schlechter und/oder zu schlechteren Konditionen zu vermieten sein. Damit werden "Green Buildings" zumindest langfristig nicht einen zusätzlichen Wert erzielen, sondern die bislang normalen Gebäude an Wert verlieren.

Wie hoch nun die Auswirkungen auf die Wertentwicklung sein werden, bestimmt letztlich der Markt. Derzeit lässt sich aufgrund der zu geringen Datenbasis noch nicht gesichert berechnen, ob und wenn ja wie groß die Unterschiede sowohl der Miethöhe als auch des Marktwertes zwischen einem "normalen Gebäude" und einem "Green Building" sind. Mit einer Zunahme von "Green Buildings", und zwar nicht nur an Top Standorten, wird sich aber zeigen, wie hoch der Aufschlag zu Gunsten eines "Green Buildings" - oder eben der Abschlag zu Lasten eines "Grey Buildings" sein werden. Wahrscheinlich ist, dass dieser Abschlag an 2b-Standorten geringer ausfallen wird als in den 1a-Lagen der Top 5-Standorte.

Die dann ermittelten Daten werden nicht nur von den Sachverständigen für die Erstellung von Wertermittlungen herangezogen. Vielmehr werden Investoren und Banken genau prüfen, welche Investments unter diesen Umständen eine "nachhaltige" Chance bieten und somit lohnenswerte Objekte zum Ankauf und zur Finanzierung sind.

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