Schwerpunkt: Grüne Immobilien

Erfolgskriterien nachhaltiger Immobilien

In der Immobilienwirtschaft hat das Thema Nachhaltigkeit während der letzten Jahre einen wahren Boom erlebt. Auch in Deutschland wächst das Interesse an den sogenannten Green Buildings, unter anderem da die Energieeffizienz von Gebäuden zunehmend wichtiger wird. Steigende Energie- und Rohstoffpreise, klimapolitische Vorgaben der Bundesregierung, um den CO2-Ausstoß zu reduzieren, sowie die zunehmende Sensibilisierung der Öffentlichkeit sind maßgeblich für das wachsende Interesse verantwortlich. Zertifikate, die die ökologische Nachhaltigkeit von Immobilien belegen, werden daher auch in Deutschland immer gefragter.

Deutsche Immobilien mit hohem energetischen Sanierungsbedarf

Wie Untersuchungen in den USA zeigen, können Eigentümer von den Zertifikaten bisweilen deutlich profitieren. So liegen beispielsweise in den USA die Mieten für Gewerbegebäude, die nach dem Leadership in Energy and Environmental Design Standard, kurz Leed, des US Green Building Council zertifiziert sind, um durchschnittlich 11,8 Prozent über den Mieten nicht zertifizierter Objekte. Für Objekte, die den höchsten Zertifizierungsstandard erfüllen, liegen die Mieten sogar bis zu 31 Prozent über denen nicht-geprüfter Gebäude.

Dieser enorme Unterschied ist dabei tatsächlich auf das Zertifikat zurückzuführen. Denn für Immobilien, die als "Green Building" zwar nach energiesparenden, umweltfreundlichen und gesundheitsgerechten Aspekten gebaut, aber nicht zertifiziert wurden, liegen die Mieten laut Untersuchungen lediglich rund sechs Prozent über den Mieten vergleichbarer Gebäude in konventioneller Bauweise.

Ähnliche Entwicklungen sind auch für Deutschland zu erwarten. Allerdings ist hierzulande mit derart deutlich messbaren Effekten wie jenen in den USA erst in einigen Jahren zu rechnen. Denn im Vergleich zu den USA, wo bereits im Jahr 1998 das Leed-Zertifikat eingeführt wurde, erschließen Zertifikate den deutschen Immobilienmarkt erst seit wenigen Jahren und Green Buildings sind bislang in Deutschland eher die Ausnahme denn die Regel. Tatsächlich sind etwa 60 Prozent der Gebäude in Deutschland älter als 25 Jahre und sind neben einem vielfach bestehenden generellen Sanierungsstau in energetischer Hinsicht dringend sanierungsbedürftig. Allerdings werden derzeit nur etwa zwei bis drei Prozent des Gebäudebestandes jährlich renoviert oder erneuert.

Nichtsdestotrotz wächst in Deutschland die Nachfrage nach Green Buildings sowie nach zertifizierten Gebäuden. Höhere Mieterträge lassen sich zwar nicht allein durch das Nachhaltigkeitszertifikat durchsetzen. Allerdings lohnt sich aufgrund der energetischen Sanierung eine Vorher-Nachher-Rechnung, um die Entwicklung der Verbrauchskosten beispielsweise für Wasser, Heizung und Kühlung aufzuzeigen. Kann der Vermieter darstellen, dass er definitiv Einsparpotenziale realisiert hat, dann sind bei Neuvermietung auch weit höhere Kaltmieten möglich. Neben langfristig höheren Mieteinnahmen und dementsprechend höheren Wiederverkaufspreisen heben sich nachhaltig gebaute Gebäude durch weitere Faktoren von Gebäuden konventioneller Bauweise ab. So zeichnen sie sich durch eine größere Wertstabilität aus, da die wirtschaftliche Lebensdauer des Gebäudes durch den Einsatz hochwertiger Materialien verlängert wird und künftige Instandhaltungsaufwendungen in der Regel verringert werden können. Zudem sinken die objektspezifischen Risiken, da die wachsende Nachfrage nach entsprechenden Gebäuden die Leerstandswahrscheinlichkeit verringert.

Vereinfachte Portfolio-Deals durch Zertifikate

Insbesondere bei dem Verkauf größerer Portfolios werden Zertifikate künftig relevant, um Preisabschläge zu vermeiden - oder eventuell sogar, um überhaupt einen Käufer zu finden. Denn die Zertifizierung bietet einem Investor eine deutlich erhöhte Investitionssicherheit. Liegt ein Zertifikat vor, ist sichergestellt, dass eine sehr genaue Betrachtung des Gebäudes stattgefunden hat. Häufig kann eine Zertifizierung auch parallel zu einer Environmental sowie einer Technical Due Dilligence erfolgen. Die Risiken baulicher Mängel oder beispielsweise von Bodenverschmutzungen, die der Erwerber mit dem Kauf übernimmt, reduzieren sich so massiv. Im Gegenzug sind Käufer zunehmend bereit, das geringere Risiko durch höhere Kaufpreise zu honorieren.

Doch auch für Besitzer kleinerer Immobilienbestände werden Nachhaltigkeitszertifikate zumindest bei Objektverkauf oder großflächigem Mieterwechsel künftig deutlich an Bedeutung gewinnen. Ein rund 30 Jahre alter Gewerbeimmobilienkomplex beispielsweise wird im Zuge eines Verkaufs in der Regel verhältnismäßig umfangreich saniert und den Käuferwünschen angepasst werden. Hier sollte eine Zertifizierung zur weiteren Aufwertung der Immobilie in Betracht gezogen werden. So lässt sich häufig vorab durch Experten prüfen, ob eine Zertifizierung im Rahmen der Sanierung mit einem verhältnismäßig kleinen zusätzlichen Aufwand zu realisieren ist, oder ob die notwendigen Maßnahmen über die wirtschaftliche Verhältnismäßigkeit hinausgehen würden.

Vielfach steigen die Sanierungskosten, die bei einer Instandsetzung des Gebäudes ohnehin auf den Besitzer zukommen, nur unbedeutend, wenn die Standards eines Zertifikats erfüllt werden sollen. Die anfallenden Mehrkosten liegen schätzungsweise zwischen zwei und zehn Prozent, abhängig von der Klasse der Zertifizierung. Soll beispielsweise nach dem britischen Building Research Establishment's Environmental Assessment Method, kurz BREEAM, zertifiziert werden, kann zwischen vier Stufen gewählt werden, die von "pass" (bestanden) bis "excellent" (herausragend) reichen. Entsprechend der Abstufung steigen die Anforderungen, die das British Building Establishment an das Gebäude stellt.

Während Neubauten üblicherweise entsprechend dem jeweiligen Stand der Technik gebaut werden und den aktuellen Anforderungen entsprechen, sind Bestandsgebäude häufig nach bereits veralteten Standards gebaut, die auch bei einer umfangreichen Sanierung nur bedingt zu verändern sind. Ziel der Zertifikate ist aber nicht, Bestandsimmobilien dafür "abzustrafen", dass sie alt und damit häufig nach älteren Baustandards errichtet wurden. Stattdessen geht es um die Verbesserung der Ist-Situation beispielsweise durch das Senken der Betriebskosten, die vielfach zur "zweiten Miete" geworden sind, sowie natürlich um das Verwenden ökologisch und gesundheitlich unbedenklicher Materialien. Obwohl ein Nachhaltigkeitszertifikat in der Regel eine reale als auch eine finanzielle Aufwertung für ein Objekt bedeutet, können nicht alle Aspekte durch ein Zertifikat aufgewogen werden. Liegt beispielsweise eine Gewerbeimmobilie weit entfernt vom Zentrum und ist zudem mangelhaft an den öffentlichen Personennahverkehr sowie an größere Verkehrsstraßen angeschlossen oder befindet sich ein Mehrfamilienwohnhaus in einer Gegend mit einer hohen Kriminalitätsrate, wird sich die Attraktivität des Objektes nicht massiv erhöhen - ein nicht zertifiziertes Objekt in guter Lage wird größere Nachfrage erfahren. Stehen allerdings zwei vergleichbare Objekte in Konkurrenz, wird das zertifizierte in der Regel bevorzugt werden.

Kein Allheilmittel Für die Besitzer von Ein- oder Zweifamilienhäusern oder auch für verschiedene Gewerbeobjekte greifen Zertifikate wie BREEAM, Leed oder das ab 2009 in Deutschland eingeführte Deutsche Gütesiegel Nachhaltiges Bauen (DGNB) aufgrund ihrer enormen Detailtiefe in der Regel zu hoch. Stattdessen sind, zumindest heute noch, weniger komplexe Lösungen gefragt, die dem Endverbraucher gerecht werden. An dieser Stelle setzt das Dekra Nachhaltigkeitszertifikat an, ohne in Konkurrenz zu den großen Zertifikaten zu treten. Analog zu diesen Zertifikaten werden ökonomische, ökologische und soziale Merkmale berücksichtigt - hierzu zählen sowohl die Qualität der verwendeten Materialien sowie der Raumluft, der Belichtung und der Wärmedämmung als auch die Anbindung an den Nahverkehr und die Erreichbarkeit öffentlicher Einrichtungen.

Das Thema Nachhaltigkeit wird seinen Boom, den es in den vergangenen Jahren in der Immobilienbranche erlebt hat, in den kommenden Jahren noch deutlich stärker fortsetzen. Entgegen der Kurzlebigkeit vieler Trends sind Zertifikate mit Sicherheit keine Modeerscheinung, sondern werden die Immobilienbranche nachhaltig verändern. Bereits heute haben sich zahlreiche Konzerne öffentlich festgelegt, nur noch nachgewiesenermaßen umweltfreundliche Gebäude nutzen zu wollen. Die Deutsche Bank lässt beispielsweise ihre Konzernzentrale zu einem der umweltfreundlichsten Hochhäuser der Welt umbauen.

Steigende Energiepreise sowie die zunehmende Sensibilisierung der Öffentlichkeit für Nachhaltigkeit und Klimaschutz werden die Zertifizierung von Neubauten und in zunehmendem Maße auch von Bestandsbauten in Deutschland deutlich vorantreiben. Die Frage, ob eine Immobilie ein entsprechendes Zertifikat vorweisen kann, wird sich zunehmend auf die Entscheidung von Nutzern und von Investoren auswirken. Schließlich wird der, der sich für nicht-umweltfreundliche Gebäude entscheidet, künftig nicht nur Wert- und Performanceverluste hinnehmen müssen, sondern vielfach auch mit Imageverlusten zu kämpfen haben.

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