Leitartikel

Wo bleiben die REITs?

Seit 1. Juni dieses Jahres hat Deutschland ein Gesetz zur Schaffung von Real Estate Investment Trusts (REITs), doch genutzt wird es kaum. Erst fünf Immobilienunternehmen haben die Vorstufe erreicht, aber nur eines von ihnen erlangte bis Ende Oktober 2007 den REIT-Status. Eigentlich hätte dies ein Signal für weitere Börsennotierungen von steuerbegünstigten Immo-bilien-Aktiengesellschaften sein können, doch nach der REIT-Euphorie des vergangenen Jahres herrscht seit ein paar Monaten REIT-Pessimismus. Diese Skepsis ist neben einem ungünstigen Börsenumfeld und zurückhaltenden Kapitalmärkten in der Hauptsache mit Mängeln des Gesetzes zu erklären. Doch gerade darin zeigt sich, dass es dem neuen Anlagevehikel trotz jahrelanger intensiver Diskussion offensichtlich an Unterstützung aus einigen wesentlichen Wirtschaftsbereichen fehlte - und zwar vor allem aus dem Kreis der Immobilien-Aktiengesellschaften. Diese klagen derzeit entsprechend laut, doch haben sich für die Einführung der neuen Anlageklasse seinerzeit vor allem die großen, in der Initiative Finanzstandort Deutschland organisierten Banken stark gemacht. Deren Engagement für die international bereits verbreitete Immobilienanlageform ist nicht hoch genug einzuschätzen. Aus den Reihen der Immobilien-Aktiengesellschaften meldeten sich allenfalls Einzelne zu Wort, was nicht zuletzt an einer unzureichenden politischen Interessenvertretung lag.

Die verhaltene Leidenschaft, mit der sich die Immobilien-Aktiengesellschaften an der Erstellung eines REIT-Gesetzes beteiligten, setzt sich jetzt bei der praktischen Etablierung von REIT-Strukturen fort. Statt zu klotzen, statt anzupacken, wird gezögert, gekleckert, gewartet. Das allerdings zu Recht, denn das Gesetz in seiner aktuellen Fassung weist in der Tat gefährliche Lücken auf, die zu entdecken und zu verhindern, aber vor allem Aufgabe und Anliegen der Immobilien-Aktiengesellschaften hätte sein müssen. So ist es ein zentrales Argument der REIT-Befürworter gewesen, dass sich mit dem neuen Anlagevehikel die in Liegenschaften gebundenen stillen Reserven in Milliardenhöhe heben ließen. Dem Staat ist dieses Anliegen immerhin einen Steuerabschlag (sogenannte Exit Tax) von 50 Prozent als Starthilfe wert. Tatsächlich dürfte dies allerdings dazu geführt haben, dass nicht wenige Immobilien-Bestandshalter ihre REIT-Pläne fallen ließen, denn die Aufdeckung ihrer stillen Reserven hätte - trotz des "Vorteils" erhebliche Steuerausgaben ausgelöst.

Hinzu kommt, dass dieser Steuer-Discount nachträglich verloren geht, wenn der REIT innerhalb der ersten vier Jahre nach Erlangung seines Status gegen die gesetzlichen Mindestanforderungen verstößt. Das größte Problem sieht beispielsweise der Vorstandssprecher der Polis Immobilien AG, Alan Cadmus, nicht bei der Gesellschaft und ihren operativen Tätigkeiten, sondern bei den Anteilseignern, deren Verhalten durch das REIT-Management kaum steuerbar und oft noch nicht einmal kontrollierbar sei. So schreibt der Gesetzgeber zwar vor, dass ein Anleger direkt nicht mehr als zehn Prozent der Anteile des REITs halten darf und dass der Anteil der Aktien, deren Inhaber mit weniger als drei Prozent an einer REIT-AG beteiligt sind, nicht unter 25 Prozent (bei Börseneinführung beziehungsweise danach 15 Prozent) unterschreiten darf, doch ist dies im Zweifelsfalle kaum zu verhindern.

Selbst vinkulierte Namensaktien, bei denen offen gelegt wird, wer welchen Anteil am Unternehmen besitzt, schützen den REIT kaum, denn sie erfassen nicht, wenn Aktien über einen Dritten auf Rechnung des Aktionärs gehalten werden. Dass der organisatorische Aufwand für ein Aktionärsverzeichnis erheblich ist und nicht jeder Aktionär die Publizität schätzt, kommt als Hemmnis hinzu. Untauglich scheint auch eine Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss für Aktionäre, deren REIT-Anteil die zulässigen Limite übersteigt. Denn es ist fraglich, ob eine Aktiengesellschaft, der die Aberkennung des REIT-Status droht, noch genügend Kapital mobilisieren kann. Hat ein Aktionär sogar bewusst mehr als zehn Prozent an einem REIT erworben, wird er auch einem (freiwilligen) Aktienrückkauf durch den REIT kaum ohne Aufschlag zustimmen. Der REIT ist also erpressbar.

Als ebenfalls unbrauchbar dürfte sich die Zwangseinziehung von Aktien erweisen, sollten Aktionäre die Höchstbeteiligungsgrenzen überschreiten. Um die dazu nötige Liquidität für die Auszahlung des anteiligen Grundkapitals zu beschaffen, müssten möglicherweise Liegenschaften verkauft werden, was erfahrungsgemäß einige Zeit dauert. Ein neuerliches Überschreiten beispielsweise der Zehn-Prozent-Schwelle durch einen Aktionär oder das Unterschreiten der Streubesitzgrenze kann auch letztlich nicht verhindert werden. Cadmus schlägt vor, gesetzlich festzulegen, die Stimmrechte und Dividenden einer Beteiligung, die zehn Prozent an einem REIT übersteigen, ruhen zu lassen. Die REIT-Beteiligung würde dann entweder auf unter zehn Prozent reduziert oder müsste auf mehrere Rechtsträger verteilt werden. Dass er gleichzeitig anregt, im Falle eines Mehrheitserwerbs durch einen oder mehrere zusammenwirkende Aktionäre den REIT-Status abzuerkennen, widerspricht jedoch einer seiner anderen Forderung, demnach er REIT-Gesellschaften gestatten will, mehr als zehn Prozent an einem REIT zu erwerben oder sogar ganz zu übernehmen.

Aus Aktionärssicht ungünstig und möglicherweise sogar nachteilig ist, dass das aktuelle REIT-Gesetz völlig offen lässt, wie eine Entschädigung für Eigentümer von REIT-Anteilen aussieht, falls die Gesellschaft den REIT-Status durch eigenes oder "fremdes" Verschulden verliert. Angesichts der Unwägbarkeiten, wie das Anlageverhalten der Aktionäre überwacht und beeinflusst werden könnte, schrecken Immobiliengesellschaften verständlicherweise vor einer Firmierung als REIT zurück. Und das Gesetz hat weitere Webfehler. Manche sind so gravierend, dass die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte bereits ein "Reparaturgesetz" für den REIT fordert. Dessen Notwendigkeit ist angesichts der mangelnden REIT-Initiativen seitens der Immobilien-anlage-Industrie offensichtlich. Schade, dass die Immobilien-Aktiengesellschaften erst jetzt in der öffentlichen und politischen Diskussion vernehmbar sind. Hoffentlich ist es noch nicht zu spät, denn der Finanzplatz und der Immobilienmarkt haben ein besseres REIT-Gesetz verdient. L. H.

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