Risikomanagement

Business Planning und DCF-Modeling als Grundlage der Transaktionsberatung

"When any one asks me how I can describe my experience of nearly forty years at sea, I merely say uneventful. But in all my experience, I have never been in an accident of any sort worth speaking about." Fünf Jahre nachdem E. J. Smith diesen Ausspruch tat, versank er als Kapitän mitsamt der Titanic im Atlantik. Dies zeigt, dass nicht allein die Erfahrung, sondern auch die Kenntnis des Umfelds und der spezifischen Risiken sowie alternativer Routen über den Erfolg oder Misserfolg eines Vorhabens entscheiden.

Der Businessplan verstanden als Ergebnis der eingehenden Analyse des Bestands und der relevanten Märkte, der Ziele und Handlungsalternativen sowie einer oder mehrerer Exit-Strategien liefert das Instrumentarium zur Beurteilung des besten, respektive passenden Wegs zum Ziel.1) Der Businessplan ist also nicht die bloße Aneinanderreihung von Zahlenkolonnen, sondern vielmehr müssen die Zahlungsstrecken Ausdruck der monetären Komponenten und strategischen wie operativen Ziele eines Investors sein. Die Ermittlung und Abstimmung dieser Ziele und damit die Festlegung der strategischen und wirtschaftlichen Leitplanken mit dem Investor stellen eine kritische Erfolgsgröße gleich zu Beginn einer Transaktionsberatung durch den Asset Manager dar.

Wichtig bei Erstellung eines Ankauf-Businessplans ist unter anderem, ein gemeinsames und einheitliches Verständnis der verwendeten Begriffe zu erreichen. So ist es beispielsweise notwendig, Repairs & Maintenance (laufende Instandhaltung), Tenant Improvements (Mietflächenausbaukosten) und Capex (Investitionskosten/Instandsetzung) klar voneinander abzugrenzen, um so die gemeinsame Erörterung und Bewertung der Planungsparameter zielgerichtet fokussieren zu können. Unabdingbar ist hierzu ein klar strukturierter Business-Planning-Prozess, der neben den Beteiligten eben auch solche Definitionen enthält.

Das bedeutet auch, dass bei der erstmaligen Aufstellung und den darauf folgenden Updates die spezialisierten Fachabteilungen des Asset Managers mit klar definierten Schnittstellen frühzeitig in den Planungsprozess eingebunden werden. Dazu gehören zum Beispiel die Bereiche Acquisition & Sales, Letting oder Baumanagement. Nur so können Bottom-Up die spezifischen Marktkenntnisse und Bedingungen objektindividuell abgestimmt einfließen. Die Beteiligung der Fachabteilungen führt dazu, dass nicht bloß allgemeine Kostenkennziffern oder unspezifische volkswirtschaftliche Kenndaten berücksichtigt werden. Durch die Beteiligung der Fachleute entstehen Objekt-Business-Pläne unter Berücksichtigung des tatsächlichen baulichen Zustands oder mikromarkt-individuelle Annahmen zu Marktmietwachstum oder Verkaufs-Multiplikatoren.

Top-Down versus Bottom-Up

Gleichwohl ist es wichtig, sich die möglichen Spannungsfelder zwischen Bottom-Up- und Top-Down-Mechanismen bewusst zu machen und auszupendeln. Beispiele:

1. Einheitliche Planungsparameter zum Beispiel zu Leerstandszeiten oder Verlängerungswahrscheinlichkeiten sorgen auf Objekt- oder Portfolioebene für eine höhere Transparenz und bessere Verständlichkeit. Auf Ebene der Mieteinheiten müssen jedoch zur Vermeidung von Sprung- oder Stufen-Cash-Flows individuelle Anpassungen vorgenommen werden.

2. Dementgegen führt die aus Bottom-Up-Perspektive notwendige und sinnvolle Individualisierung möglichst vieler Parameter in der Summe jedoch zu Planungsergebnissen, die in keinem erkennbaren Zusammenhang mehr mit den Top-Down-Vorgaben stehen und insoweit schwer erklärbar sind.

3. Wünscht der Investor einen schnellen Abverkauf der Objekte und möchte zusätzliche Capex-Maßnahmen vermeiden, so wird bei ihm der langfristige Substanzerhalt oder die langfristige Mieterzufriedenheit weniger im Fokus stehen, als die Objektperspektive impliziert.

Als Zwischenergebnis kann also festgehalten werden, dass viele gute und auf Objektebene sinnvolle Planungen in der Summe nicht notwendigerweise einen guten Portfolio-Businessplan ergeben.

Strategische Konsistenz

Notwendig ist daher ein Auspendeln der Spannungsfelder und eine Konsistenz - im Sinne einer Widerspruchslosigkeit - des Portfolio-Businessplans. Dies führt zu der Frage, welche strategischen Komponenten vorstellbar sind, durch welche Aspekte diese gekennzeichnet werden und wie sie sich gegenseitig beeinflussen. Definitionen und Abgrenzungen:

- Objektstrategie:

- verkaufsfertig/"sale",

- "lease up and sale" oder "value add",

- "shut down"/"clean up",

- "financing" oder "hold" für Objekte mit stabilem positiven Cash-Flow,

- "develop" für Objekte am Ende der wirtschaftlichen Nutzungsdauer.

- Portfoliostrategie:

- Diversifikation (nach Nutzungsarten bzw. Nutzertypen, Mietern oder Standorten),

- Kosten- beziehungsweise Komplexitätsreduktion zum Beispiel aufgrund verschachtelter Gesellschaftsstrukturen,

- Restrukturierung /Bereinigung beispielsweise aufgrund von "Beipack-Objekten",

- Aufbau, Halten, Verkaufen.

- Vermietungsstrategie:

- Zielgruppendefinition (Eignet sich das Objekt aufgrund seiner Infrastruktur oder Lage für nach Branchen abgrenzbare Zielgruppen?),

- Single- versus Multi-Tenant,

- Vollvermietung versus Entmietung,

- Marketing Suite/Musterbüro (Kann eine Mustermietfläche die Vermietungserfolge befördern?),

- Mieterausbaukosten/Tenant Improvments als Vermietungsargument,

- Makler-Beauftragung und -Monitoring (Exklusivität versus breiter Marktangang).

- Verkaufsstrategie:

- Share- versus Asset Deal,

- Sale-and-Lease-Back,

- Einzel- versus Paketverkäufe,

- Kapitalmarktplatzierung (Börsengang, Verbriefung, Fondseinführung).

Darüber hinaus sind insbesondere baurechtliche Erfordernisse, Risikooptimierung, Steueroptimierung, Liquiditätserfordernisse und Finanzierungsstruktur zu berücksichtigen. Die Summe aller Teilstrategien ergibt die Portfoliostrategie, die wiederum die Teilstrategien beeinflusst. Beispiele für diametrale oder inkonsistente strategische Ansätze sind in Abbildung 1 aufgeführt. Die Beispiele sollen aufzeigen, wie wichtig es für eine konsistente Planung ist, dass alle Teilaspekte in einem quasi iterativen Prozess aufeinander abgestimmt werden. Nur so kann auch eine stimmige Story rund um die Strecken des Discounted-Cash-Flow-Modells (DCF-Modell) entstehen (siehe Abbildung 2).

DCF-Modell als Grundlage der Investitionsentscheidung

Im Rahmen der Transaktionsberatung bedarf es quantifizierender Methoden, um die qualitative Vorarbeit des Business Plannings zu einer klaren und überschaubaren investmenttauglichen Empfehlung zu führen. Eine dieser Methoden zur Wertermittlung ist das Discounted-Cash-Flow-Verfahren (DCF), das Ende der neunziger Jahre aus dem angelsächsischen Raum nach Deutschland kam. Anfänglich konnten nur versierte Bewertungsspezialisten damit etwas anfangen. Mit den Non-Performing-Loan-Transaktionen in den Jahren 2004 und 2005 und mit den großen Portfolio-Transaktionen 2006 und 2007 erlebte das Verfahren hierzulande seinen Höhepunkt und es schien, dass sich die ganze Branche auf DCF fokussierte.

Die Vorteile liegen auf der Hand: Mit dem Verfahren kann ein Investor zum einen die vollumfängliche Bewertung der betrachteten Immobilien vornehmen und zum anderen erhält er die für sein eigenes Reporting und Underwriting so relevanten Cash-Flows und Investment-Kennzahlen. Durch geschicktes Modellieren lässt sich aber noch viel mehr aus dieser Methode herausholen: Risiko-Simulationen, Vermietungsverläufe, Hold-/Sell-Analysen, Finanzierungs- und Steuer-Forecasts und so weiter. Man schlägt sprichwörtlich mehrere Fliegen mit einer Klappe.

Das DCF-Verfahren besteht im Kern aus vier Elementen: Akquisition, laufender Cash-Flow, Verkauf und Rendite. Dieses Quartett bildet ein immobilienwirtschaftliches und finanzmathematisches Zusammenspiel, das in beliebiger Detailtiefe angewandt werden kann und positionsgerecht im Investment-Cash-Flow Anwendung findet (vergleiche Abbildung 3).

Detailtiefe entscheidend für Bewertungsqualität

Dabei gilt: Je detaillierter Businessplan und DCF-Modell aufgesetzt werden, desto größer sind Bewertungstransparenz und -sicherheit des untersuchten Investitionsobjekts. Dies bedeutet, dass sich der Asset Manager im Rahmen der modernen Transaktionsberatung zu einer Vielzahl von Annahmen Gedanken machen muss. Darüber hinaus hat ein detaillierter Businessplan auch den positiven Nebeneffekt für den Investor, dass für das Asset Management der Immobilie direkte Handlungsanweisungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette abgeleitet werden können.

Die DCF-Methode beinhaltet ein mathematischen Regeln folgendes Zusammenspiel der vier genannten Elemente. Drei dieser vier Elemente sind quasi fix, das vierte Element bleibt variabel und dient als Kenngröße für den Investor. "Quasi fix" bedeutet in diesem Zusammenhang, dass eine Vielzahl von Annahmen gesetzt wurden, die qua definitione variabel sind, aber im Rahmen des Business Plannings im DCF-Modell fixiert wurden. "Variabel" sind im Schlussspurt der DCF-Methode lediglich die Akquisition und die Rendite.

Unter dem Strich muss ein Investor demnach die Entscheidung treffen, ob er eine Immobilienbewertung oder eine Renditeüberprüfung anstrebt. Praktisch übersetzt heißt das, dass die Akquisition beziehungsweise der Nettoankaufspreis (Element 1) auch als derjenige Betrag ausgedrückt werden kann, den ein Investor unter gegebener Renditeanforderung (Element 4) bereit ist, für die zukünftigen Cash-Flows (Elemente 2 und 3) zu zahlen. Element 2, 3 und 4 sind fix, Element 1 ist die Variable und muss errechnet werden. Dieser Nettobarwert als Ergebnis des diskontierten Cash-Flows mündet in der Bewertung der Immobilie.

Die Rolle der Variablen kann auch die Rendite (Element 4) übernehmen: Sämtliche Cash-Flows werden hierbei im Rechenmodell projiziert, das heißt Akquisitionskosten (Element 1), laufender Cash-Flow (Element 2) und Verkaufserlöse (Element 3) werden fixiert, und die Rendite wird auf dieser Grundlage finanzmathematisch kalkuliert. Hiernach kann der Investor das Ergebnis mit seinen Rendite-Anforderungen spiegeln und sich für oder gegen die Investition entscheiden.

Stellschrauben und Fehlerquellen

Eine gewisse Realitätsferne schreibt man mittlerweile den Portfoliotransaktionen der Jahre 2006 und 2007 zu. Die positive Grundstimmung im Investment-Bereich wurde durch geschicktes Modellieren und Drehen an den geeigneten Stellschrauben über die im Einsatz befindlichen DCF-Modelle quantifiziert. Die Preise erschienen gerechtfertigt und wurden mit vermeintlich methodischer Korrektheit unterfüttert.

Nachdem viele Investoren und Banken nunmehr ihre Abschreibungen auf die damals getätigten, offensichtlich überteuerten Investitionen vorgenommen haben, ist es ruhiger um das DCF-Verfahren geworden. Jeder Beteiligte hat nun dessen gefährliche Seite kennen und fürchten gelernt. Dennoch liegen die Vorteile weiterhin auf der Hand. Es bleibt also die Frage nach den Fehlerquellen und den "lessons learned" aus der heißen Transaktionsphase.

Im Rahmen der Transaktionsberatung ist es beim DCF-Modeling unerlässlich, die einzelnen Bewertungsparameter zu einem in sich schlüssigen Gesamtpaket zu schnüren. Ein wesentlicher Aspekt für erfolgreiches DCF-Modeling ist die dargestellte Stringenz der im Business Planning behandelten Strategien. Hieraus ergibt sich der zweite wesentliche Aspekt: das richtige Setzen der Annahmen. "Richtig" kann in diesem Zusammenhang eine große Bandbreite beinhalten und ist insbesondere abhängig vom präferierten Investmentstil und dem herrschenden Marktumfeld. Letztlich geht es darum, sämtliche Businessplan-Parameter realistisch zu wählen.2)

Aus der Vielzahl von Annahmen lassen sich im Risikomanagement wenige wesentliche Stellschrauben identifizieren, die in besonderem Maße das DCF-Bewertungsergebnis treiben. Zur Identifikation der Stellschrauben können Risiko-Simulationen beitragen, beispielsweise über ein Tornado-Diagramm (siehe Abbildung 4). Hier werden Parameter ausgewählt und deren Höhe innerhalb einer Worst-Case-/Best-Case-Bandbreite variiert. Festgehalten wird der jeweilige Effekt auf das ursprüngliche "Base Case"-Bewertungsergebnis.

Neben den einzelnen für sich gesetzten und wirkenden Annahmen spielt auch die Kombination von Komplementärannahmen eine gewichtige Rolle: Wird beispielsweise eine ambitionierte Marktmiete zusätzlich mit einer aggressiven Marktmietsteigerung verknüpft, hat das Auswirkungen auf die Businessplan-Miete und den prognostizierten Verkaufserlös. Die tatsächliche Umsetzbarkeit kann allerdings infrage gestellt werden.

Ergebnisse und Kennzahlen

Zur Plausibilisierung des DCF-Modells können - neben der Validierung der Annahmen - selbstverständlich auch die Ergebnisse herangezogen werden. Es ist empfehlenswert, wichtige Kennzahlen mit Benchmarks zu vergleichen. Das Bewertungsergebnis lässt sich im DCF-Modell beispielsweise leicht in eine Netto-Anfangsrendite oder in Euro-/Quadratmeter-Werte umrechnen, die mit den eigenen Erwartungswerten abgeglichen werden. Angelsächsisch geprägte Investoren fokussieren sich auf die Cash-on-Cash Yield oder die Internal Rate of Return (IRR). Das sind Kennzahlen, die entweder periodengenau kalkuliert werden oder die gesamte Businessplan-Laufzeit als Rendite zusammenfassen.

Im Zuge der Finanzkrise sowie einschlägiger Investitionserfahrungen der letzten Jahre ist zudem die Sensibilität gegenüber Finanzierungskennzahlen weiter gestiegen. Interest-Coverage-Ratio (ICR) und Debt-Service-Coverage-Ratio (DSCR) beschreiben das Verhältnis von Zins respektive Kapitaldienst und dem Betriebsergebnis der Immobilie und werden in jedem gewerblichen Kreditvertrag verankert. Die Liquiditätsengpässe von Non- bis Sub-Performing Investments sind häufig auf zu hohe Zinslasten zurückzuführen, die sich über hohe LTV (Loan-To-Values) ergeben haben. Dies treibt wiederum ICR und DSCR nach unten - sofern es keinen spürbaren Zuwachs auf der Einnahmen-Seite zu verzeichnen gibt.

Der Asset Manager als Transaktionsberater erhält nach vollzogener Investment-Prüfung letztendlich den umfassenden Überblick über die Immobilie beziehungsweise das Immobilienportfolio. Diesen Erkenntnisgewinn gilt es im Rahmen von "Roll Ups", das heißt Besprechung des Investments, an den Investor und Auftraggeber weiterzugeben. Die Grundlage für dieses Reporting können sogenannte "I-Charts" bilden. Das sind thematisch strukturierte Übersichten über alle zentralen Annahmen, Ergebnisse und Kennzahlen des DCF-Modells. Ein qualitatives Reporting wird komplettiert durch den Cash-Flow, die Rent Roll sowie textliche Objekt- und Marktbeschreibungen. Optional tragen Risikosimulationen (beispielsweise Monte-Carlo-Simulation), Lease Up Schedules (Vermietungsverläufe) und Hold-/Sell-Analysen zur umfassenden Transaktionsberatung bei.

Diese Art von vollumfänglicher Transaktionsberatung führt zur höherer Transparenz und belastbaren Einschätzungen der einzelnen Mieteinheiten, der Immobilie und des Portfolios. Sämtliche investmentrelevanten Faktoren werden untersucht und dienen daher als Grundlage professioneller und wertstabiler Investitionsentscheidungen.

Fußnoten

1) vergleiche Gondring, Wagner: Real Estate Asset Management, München 2010, S.431.

2) Weitere Stellschrauben und Fehlerquellen bei der Anwendung des DCF-Verfahrens finden sich in Kapitel 10 von Geltner D./ Miller N./ Clayton J./ Eichholtz P. (2007): Commercial Real Estate Analysis & Investment, Cengage Learning, Mason, 2007.

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