Im Blickfeld

Essen Hyp: stiller Abgang

Das Orakeln hat ein Ende. Die Hypothekenbank in Essen AG ist Vergangenheit. Kurz und ohne die sonst übliche öffentliche Fragestunde verkündete die Commerzbank AG, dass die Spezialbank rückwirkend zum 1. Januar 2008 aufgelöst und die Vermögenswerte sowie einige der Mitarbeiter in die Eurohypo übergehen. Damit findet sich binnen Jahresfrist nach der Depfa, die von der Hypo Real Estate übernommen wurde, nunmehr ein weiterer bedeutender Staatsfinanzierer in einer großen Immobilienbank wieder.

Mit der Essen Hyp verschwindet eine der erfolgreichsten Banken dieses Landes. Mit viel Instinkt hatte der ehemalige Vorstandsvorsitzende Hubert Schulte-Kemper es verstanden, die schmale Spanne zwischen der Anlage in Staatspapieren und deren Refinanzierung mit Kommunalschuldverschreibungen zu nutzen. Dafür brauchte es freilich nicht mehr als einen Handelsraum und das Emissionsprivileg für Pfandbriefe, was sich kostenseitig äußerst günstig gestaltete. Entsprechend glänzte das Haus, das zuweilen halb abfällig, halb neidvoll als "Zockerbude" bezeichnet wurde, mit einer Cost-Income-Ratio von regelmäßig um die 15 Prozent. Und mit einem Jahresüberschuss von regelmäßig rund 100 Millionen Euro schafften die Essener zur Freude des Mutterkonzerns auch ebenso kontinuierlich eine Eigenkapitalverzinsung von um die zwölf Prozent - mitunter sogar mehr.

Man mag den Verlust eines solchen Juwels bedauern, doch stand die Frage, wie lange noch sich die Commerzbank drei Einheiten für das Staatsfinanzierungsgeschäft leisten wolle, schon länger im Raum. Denn neben der Essen Hyp war vor allem die Eurohypo, aber auch die Muttergesellschaft selbst im Kommunalkredit aktiv. Drei Optionen hatte der Konzern: Erstens Zusammenführung des Geschäfts mit der öffentlichen Hand in der Commerzbank, zweitens Bündelung des gesamten Staatsfinanzierungsgeschäfts in der Essen Hyp und drittens Übertragung der Assets auf die Eurohypo.

Die jetzt getroffene Entscheidung war die richtige und beste der Wahlmöglichkeiten, wenn die Eurohypo nicht zum reinen Immobilienfinanzierer degradiert werden sollte. Die wahren Vorteile der jetzt gewählten Konstellation werden sich aber wohl nicht erst in einigen Jahren, sondern schon bald zeigen: Aufgrund der anhaltenden Flaute an den CMBS-Märkten geriet zuletzt auch der hochtourig laufende Akquisitionsapparat der Eurohypo ins Stottern, weil die Refinanzierung schwierig war. Was derzeit nicht verbrieft werden kann, muss - vorerst - auf die eigene Bilanz genommen werden. Eine große Bilanzsumme ist demnach durchaus von Vorteil. Ein Essener Mitbringsel von rund 100 Milliarden Euro ist daher hoch willkommen.

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