Zinskommentar

Euro-Kurs und EU-Etat als Konjunkturdämpfer

Laut EZB-Präsident Mario Draghi ist die Gefahr einer zu hohen Inflationsrate in Europa deutlich zurückgegangen. Der Verbraucherpreisindex ist im Januar weiter gesunken und liegt aktuell unter der Preisstabilitätsgrenze von zwei Prozent. Die EZB entschied sich aber auch gegen eine Senkung des aktuell 0,75 Prozent betragenden Leitzinses, da für die nachhaltige Ankurbelung der Wirtschaft in der Eurozone strukturelle Anpassungen im privaten und öffentlichen Sektor erforderlich sind.

Weil die Reformen mit einer schwachen Nachfrage in- und ausländischer Konsumenten und Investoren einhergehen, hat sich Anfang 2013 das aktuelle Wachstum gedämpft. Draghi nimmt an, dass sich die Wirtschaft im Laufe des Jahres schrittweise erholen wird, da das Vertrauen der Finanzmärkte in die Gemeinschaftswährung wieder gestiegen ist. Erste Anzeichen dafür sind die der Konjunktur vorauseilenden Stimmungsindikatoren der Unternehmer und Konsumenten, die sich zum Jahresbeginn leicht aufhellten.

Damit die Eurozone aber dauerhaft prosperieren kann, müssen die Euroländer wirtschaftlich stärker zusammenwachsen und sich die Produktivitätsungleichgewichte zwischen den einzelnen Staaten verringern. Darin liegt auch das größte Risiko, denn steigen Binnennachfrage und Exporte nicht wie erhofft oder wird für die Umsetzung der strukturellen Reformen mehr Zeit benötigt, geht die Rechnung der EZB nicht auf. Aktuell erhält die Eurozone sowohl internationalen Gegenwind als auch Widerstand einzelner Euroländer, die den Aufschwung erschweren könnten.

Seit Jahrzehnten beeinflusst die US-Notenbank über eine aktive Steuerung der umlaufenden Dollar-Geldmenge den eigenen Wechselkurs. Ein günstiger Dollar macht US-Waren für ausländische Käufer attraktiv und fördert somit die Exportwirtschaft. Nun ist Japan auf diesen Zug aufgesprungen. Im Wettstreit um die günstigere Währung findet derzeit ein Unterbietungskampf statt. Der Euro, dessen Wert die EZB bisher nicht direkt beeinflusst hat, wertete gegenüber den anderen Währungen auf. Im Juni 2012 kostete ein Euro noch rund 1,20 US-Dollar. Zwischenzeitlich stieg der Kurs bis auf 1,36 US-Dollar.

Draghi interpretiert die Aufwertung in erster Linie als Vertrauensbeweis gegenüber dem Euro. Zudem läge der aktuelle Wert im historischen Mittel. Gleichzeitig kündigte er an, die Entwicklungen auf dem Geldmarkt und deren Einfluss auf die Preisstabilität genau zu beobachten. Ob sich Europa, um die globale Nachfrage zu stützen, an dem Abwertungswettstreit beteiligen würde, ließ er vorerst offen. Sollte es zu einer Aufwertung des Euros kommen, so könnte die ausbleibende Nachfrage das Wachstum hemmen.

In der vergangenen Woche wurde über den EU-Haushalt, den neuen Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR), für die kommenden sieben Jahre verhandelt. Die Mitgliedstaaten einigten sich auf eine Kürzung von zwölf Milliarden Euro und eine Obergrenze für den Etat von 960 Milliarden Euro. Die Möglichkeit, dass die Kürzung der benötigten wirtschaftlichen Angleichung der Euro-Länder entgegen wirkt, besteht aus Sicht der Kritiker durchaus.

Die dritte Gefahr besteht im mangelnden Reformwillen der kriselnden Eurostaaten. Berlusconi erhält starken Zuspruch in Italien und verspricht Steuererleichterung - das Gegenteil einer Fiskalreform im Sinne der EU. Spaniens Premier ist in eine Korruptionsaffäre verwickelt, deren Ausgang für ihn und deren Auswirkungen auf Spaniens Regierung und deren Reform anstrengungen ungewiss sind. Zypern droht die Insolvenz, sollten die Euro-Staaten der Insel nicht mit 17,5 Milliarden Euro unter die Arme zu greifen.

Die verschiedenen Entwicklungen innerhalb Europas und weltweit sind schwer prognostizierbar. In diesem volatilen Umfeld sind sichere deutsche Staatsanleihen weiterhin sehr gefragt, sodass ihre Rendite niedrig ist. Dies wirkt sich auch auf die Baufinanzierungszinsen aus, die noch immer höchst attraktiv sind. Deshalb ist es ratsam, sich das weit unter dem historischen Mittel liegende Zinsniveau möglichst langfristig zu sichern.

(Dr. Klein & Co. AG)

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