Schwerpunkt: Bilanz und Bewertung

Externes und internes Rechnungswesen - Pflicht und Kür?

In vielen Immobilienunternehmen fristet das externe Rechnungswesen nur ein Schattendasein und Bilanzabteilungen erfüllen häufig lediglich die lästige gesetzliche Pflicht. Nur selten besteht echte Bereitschaft auf Unternehmensseite entscheidungsrelevante Informationen nach außen zu geben. Zwar beginnt, die neue "Veröffentlichungspraxis" dies zu verbessern, dennoch ist dem Handelsrecht nach wie vor die Informationsfunktion des Jahresabschlusses eher fremd. Das im Mai 2009 verabschiedete Bilanzmodernisierungsgesetz (BilMoG) soll dies ändern.

Zwang zum Umdenken

Restriktive Kreditvergabepolitik und Marktglobalisierung zwingen Unternehmen zum Umdenken. Investoren verlangen immer häufiger umfangreiche Auskünfte zur Geschäftsentwicklung. Allen voran Banken, die seit "Basel II" ganzheitliche Methoden für das Kreditrating entwickelten - und so zusätzlich Druck ausüben. Bedingt durch die unterschiedlichen Anforderungen an das Rechnungswesen - das "interne" liefert steuerungsrelevante Informationen, wohingegen das "externe" Rechnungswesen gesetzlich geforderte Informationen zusammenträgt - entwickelten sich diese immer weiter auseinander.

Ein modernisiertes Handelsrecht soll eine eigenständige Bilanzierung neben der IFRS-Bilanzierung schaffen, die kostengünstiger umzusetzen ist, gleichzeitig aber entscheidungsrelevante Informationen aus dem internen Rechnungswesen liefert und das Gläubigerschutzprinzip nicht aufgibt. Dem Transparenzanspruch und damit auch die Annäherung des internen an das externe Rechnungswesen wollte das BilMoG durch die Annäherung der Bilanzierung an internationale Bilanzierungsregelungen gerecht werden. So ist die Abschaffung von Wahlrechten positiv, da diese vorher zur Gewinnglättung genutzt wurden und den Einblick in die tatsächlichen Gesellschaftsverhältnisse für Dritte erschwerten. Die Abschaffung der formellen und umgekehrten Maßgeblichkeit stärkt die Informationsfunktion, da der Jahresabschluss von Immobilienunternehmen stark durch steuerliche Regelungen verzerrt war.

Aufgrund der Abkoppelung der Handelsvon der Steuerbilanz gewinnen latente Steuern zunehmend an Bedeutung. Hinsichtlich ihrer Bilanzierung ist das BilMoG nahe an die IFRS herangerückt. Darüber hinaus können zukünftig für steuerliche Verlustvorträge aktive latente Steuern bilanziert werden. Voraussetzung ist, dass entsprechende Planungsrechnungen des internen Rechnungswesens vorliegen, die eine Nutzung dieser Vorträge belegen. Diese konzeptionellen Änderungen werden zu einem erheblichen zusätzlichen Aufwand führen, aber das Zusammenwachsen von internem und externem Rechnungswesen fördern.

Bei bestandshaltenden Immobilienunternehmen steht aus Steuerungssicht die Wertentwicklung des Portfolios im Fokus. Schon heute ermitteln viele Immobilienunternehmen zur regelmäßigen Perfor-mance-Messung die Immobilienwerte ihres Bestandes. Die IFRS griffen diesen Gedanken auf und schufen einen eigenen Standard für die Bilanzierung langfristig vermieteten Vermögens. Nach IAS 40 wird regelmäßig ein Fair Value (Marktwert) der Immobilien erfasst und entweder bilanziert oder in den Notes ausgewiesen. Gleichzeitig muss das Unternehmen umfangreiche Informationen zur Immobilienbewertung für den Bilanzleser in den Notes angeben. Bei Bauunternehmen stehen die erwirtschafteten Abrechnungsreserven im Vordergrund. Entscheidungsrelevantes Kriterium für die Führungsetage ist das tatsächliche Betriebsergebnis. Die IFRS setzten bei langfristigen Auftragsfertigungen die Percentage of Completion Method in IAS 11 um, nach der anteilig erwirtschaftet Gewinne bereits berücksichtigt werden.

Vertane Chancen

Die aufgeführten Vorschriften haben bei den betroffenen Immobilienunternehmen zu einer engen Verzahnung zwischen externem und internem Rechnungswesen geführt; für die jeweiligen Prozessabläufe hatten sie große Auswirkungen. Das BilMoG hat diese Bilanzierungsvorschriften nicht umgesetzt und damit dem Rechnungswesen diesen Anpassungsaufwand zwar erspart, aber eine Chance vertan, die Transparenz bei Immobilienunternehmen und damit das Zusammenwachsen von externem und internem Rechnungswesen zu fördern.

Als Fazit bleibt festzustellen, dass das BilMoG die größte Reform der Rechnungslegung seit dem BiRiLig von 1985 ist und einen Kompromiss divergierender Interessen darstellt. Für Immobilienunternehmen ist es nur eingeschränkt gelungen, die Informationsfunktion des Jahresabschlusses signifikant zu verbessern. Aus organisatorischer Sicht führt das BilMoG nicht zu einem Zusammenwachsen von internem und externem Rechnungswesen. Kritisch ist aber, dass bei der Bewertung von Rückstellungen neben dem Steuerrecht und den IFRS jetzt noch ein dritter Bewertungskreis durch das BilMoG geschaffen wurde; letzteres enthält für den Bilanzleser nicht unbedingt aussagekräftigere Informationen, macht aber das Rechnungswesen noch komplexer.

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