Schwerpunkt: Revitalisierung von Einzelhandelsimmobilien

Fallstudie Pasing Arcaden - vom Stadtumbau zur Rendite

"Münchens schönstes Einkaufscenter", titelte die Bild-Zeitung, als die Pasing Arcaden eröffnet wurden. Am 15. März 2011 konnten die ersten Besucher den neuen Einkaufstempel im Münchener Westen betreten. 80000 Menschen strömten allein an diesem Tag in die Läden. Auf drei Ebenen präsentieren sich zirka 90 Shops auf einer Mietfläche von etwa 22000 Quadratmetern, ein moderner internationaler Mix mit einem deutlichen Schwerpunkt auf Bekleidung. Das enorme Interesse der Besucher hält an. Weit über 20000 Kunden finden täglich ihren Weg in die Arcaden, sodass bereits acht Monate nach Eröffnung ein klares Resümee gezogen werden kann: Die Pasing Arcaden sind ein sehr erfolgreiches Einkaufscenter. Worauf ist dieser Erfolg im Wesentlichen zurückzuführen?

Das städtebauliche Konzept

Pasing ist ein tradierter Einzelhandelsstandort für den Münchener Westen und das angrenzende Umland. Bis weit in die 1980er Jahre hinein fanden sich hier alle notwendigen Branchen mit guten Konzepten vertreten, sodass dieser Stadtbezirk seiner besonderen Funktion im Zentrenkonzept der Landeshauptstadt München gerecht werden konnte.

Nach und nach ging in Pasing jedoch mit einer jeden Geschäftsaufgabe, einem jeden Umzug die gewohnte Kompetenz verloren, sodass im Jahre 2000 nur noch zirka sechs Prozent der einzelhandelsrelevanten Kaufkraft im Bezirk gebunden werden konnte. Das ist ein ausgesprochen niedriger Wert, der als Warnsignal zu verstehen war und seitens der Politik auch als ein solches aufgenommen wurde. Schnell waren einige der Hauptursachen für diese Abwärtsentwicklung des Einzelhandels und damit verbunden der Attraktivität Pasings ausgemacht: Mit über 40000 Kraftfahrzeugen täglich durchschneidet die Landsberger Straße den Bezirk, es gibt keine Plätze mit Aufenthaltsqualität, der Einzelhandel ist auf den kurzfristigen Bedarf hin orientiert.

Also entwarf die Landeshauptstadt München ein städtebauliches Konzept mit zwei Kernelementen: Zum einen sollte der Verkehr von der Landsberger Straße auf eine neue Umgehungsstraße entlang der Bahntrasse verlagert werden, um das Pasinger Zentrum zu entlasten und einladende Plätze zu schaffen. Zum anderen war es das Ziel, den Einzelhandel vor Ort durch die Ausweisung neuer Fläche zu stärken. Um die für Pasing so wichtigen Rundläufe durch das Zentrum zu erhalten, war neben einem Magneten am Marienplatz mit zirka 3000 Quadratmetern Verkaufsfläche ein Einkaufszentrum am Bahnhof mit 20000 Quadratmetern vorgesehen. Zwischen diesen beiden Einzelhandelsschwerpunkten konnte sich der wertige Pasinger Einzelhandel wieder entwickeln. Mit 20000 Quadratmetern Verkaufsfläche sollte ein Einkaufscenter entstehen, das nicht nur als Nahversorgungszentrum funktioniert, sondern auch mit einer hohen Kompetenz gerade im mittleren/gehobenen Modebereich Kunden aus dem westlichen Umland an den Bezirk bindet.

Die passende Lage

München ist als Headquarter von zahlreichen Dax-Konzernen einer der entscheidenden Wirtschaftsstandorte in Deutschland. Die außergewöhnlich hohe einzelhandelsrelevante Kaufkraft in Pasing von 130,6, das heißt 30,6 Prozent über dem Bundesdurchschnitt trägt auch diesem Umstand Rechnung. Da München im Gegensatz zu manch anderer Metropole in Deutschland in den letzten Jahren eine eher restriktive Politik gegenüber neuen Einkaufscentern verfolgt hat, stellt sich die Konkurrenzsituation äußerst positiv dar: Neben der extrem starken Innenstadt gibt es im Norden (Olympia Einkaufszentrum), im Osten (Riem Arcaden) und im Süden (Perlacher Einkaufs Passagen) der Stadt jeweils ein großes Einkaufscenter. Im Westen stehen die Pasing Arcaden nicht im Wettbewerb mit anderen Centern. Das Einzugsgebiet der Pasing Arcaden erstreckt sich bis weit in die westlichen und südwestlichen Vorortgemeinden und umfasst mit nahezu 500000 potenziellen Kunden ein großes, kaufkraftstarkes Publikum.

Die Lage dieses neuen Centers im Bezirk ist perfekt gewählt: Unmittelbar schließen die Pasing Arcaden an den Bahnhof Pasing an, der als ICE-Halt mit zirka 85000 Ein- und Aussteigern jeden Tag der viertstärkste bayerische Bahnhof ist. Etliche Buslinien und eine Tram-Endhaltestelle direkt vor dem Center komplettieren die ausgesprochen gute Anbindung an den ÖPNV. Mit einer direkten Zufahrt auf die Nordumfahrung Pasing und die Offenbachstraße sind die Pasing Arcaden optimal mit dem regionalen und mit dem lokalen Straßennetz verbunden. Zur nächsten Autobahn ist man mit dem Auto keine fünf Minuten unterwegs. Viele Fahrradstellplätze im Umfeld der Arcaden tragen zudem dem Lieblingstransportmittel der Münchner Rechnung.

Die Architektur

Aus einem internationalen Architektenwettbewerb im Jahr 2007 ging das Münchener Architekturbüro Allmann, Sattler, Wappner als Gewinner hervor. Im Siegerentwurf überzeugte gerade die außergewöhnliche, multifunktionale und präzise durchdachte Fassade aus Hunderten von weißen Metallrauten, unterbrochen durch semitransparente Felder, Glaselemente oder Leuchtrauten, die dem Gebäudekomplex sein ganz prägnantes Äußeres verleihen. Diese ungewöhnliche, ästhetisch anmutende Fassade ist schon nach wenigen Monaten untrennbar mit den Pasing Arcaden verbunden.

Neben zirka 90 Shops umfassen die Pasing Arcaden auch 45 Wohnungen, die oberhalb des Einkaufscenters platziert sind. Auf vier Einzelgebäude aufgeteilt öffnen sich diese Baukörper nach Süden und bieten so ungewöhnlich lichte und interessant geschnittene Räume. Ein Wechsel zwischen bewusst neutral gehaltenen Erschließungshöfen und einladend geplanten privaten Wohnhöfen unterstreicht dieses neue hochwertige Wohnkonzept.

Zum Gesamtkomplex der Pasing Arcaden gehört auch das erste Pasinger Bahnhofsgebäude aus dem Jahr 1848, das als frühes Werk des bedeutenden Baumeisters Bürklein der älteste noch erhaltene bayerische Bahnhof überhaupt ist. In vielen Gesprächen mit dem Landesamt für Denkmalschutz ist ein Planungskonzept für dieses Kleinod entwickelt worden, das nicht nur die Interessen des Denkmalschutzes berücksichtigt, sondern durch viele gute Ideen erst eine wirtschaftlich sinnvolle gastronomische Nutzung dieses einzigartigen Gebäudes ermöglicht hat.

Neben der Gestaltung der Hülle und des Baukörpers stand die Entwicklung und Umsetzung eines modernen und doch authentischen, das heißt diesem Ort gerecht werdenden Innenraumkonzeptes im Vordergrund. Im Ergebnis entstand ein vollkommen neuartiges Einkaufserlebnis, das durch seitliche Öffnungen Tageslicht in die Ladenstraße bringt, mit drei Eingängen und mehreren Shopzugängen von der Promenade aus das Gebäude mit dem Bezirk verwebt und damit bewusst die alten Wegebeziehungen aufnimmt und umsetzt.

Bei der Gestaltung des Innenraums ist die MfI in Pasing ganz neue Wege gegangen. Das Ziel war es, eine emotionale Gestaltungssprache zu entwickeln, die es den einzelnen Shops noch besser ermöglicht, ihre jeweilige Marke im öffentlichen Raum zu präsentieren. Mit einem bunten, detailliert geplanten Mix aus offenen, geschlossenen, zurückgesetzt angeordneten oder nach vorne springenden Fassaden konnte in den Pasing Arcaden ein Stück lebendigen Innenstadtlebens nachgebildet werden, wie es in keinem anderen Einkaufscenter in Deutschland derzeit zu sehen ist. Alle Mieter wurden bei ihrer Shop- und Fassadenplanung vom Büro Schwitzke und Partner beraten, das für verschiedenste Labels weltweit planend und beratend tätig ist. Im Ergebnis ist auf den drei Mall-Ebenen ein sehr abwechslungsreicher Raum geschaffen worden, der immer wieder spannende, auch ungewöhnliche Blickbeziehungen ermöglicht.

Der richtige Mietermix

In den Pasing Arcaden sind Geschäfte aus 13 verschiedenen Ländern zu finden, von denen einige zum ersten Mal in einem deutschen Shoppingcenter vertreten sind. Der Schwerpunkt des Angebots liegt bei Textilien im mittleren und gehobenen Preissegment, den markenorientierten Konzepten also, die bislang in Pasing kaum vertreten waren. Ergänzt wird dieses Sortiment durch Lederwaren, verschiedene Hartwaren aber auch die üblichen Vertreter im periodischen Bereich, Lebensmittelgeschäfte und eine Drogerie. Das sehr vielfältige gastronomische Angebot zum Teil mit Außenflächen auf der neuen Promenade rundet zusammen mit einer Ballettschule das Angebot ab.

Im Frühjahr 2013 eröffnet der zweite Bauabschnitt der Pasing Arcaden. Auf zirka 16000 Quadratmetern zusätzlicher Mietfläche wird das Angebot um rund 50weitere Shops und etwa 320 PKW-Stellplätze erweitert. Neben einem Vollsortimenter, der viele Jahre schon in Pasing ansässig ist und nun eine neue Plattform für seine Präsentation erhält, wird auch ein großer Unterhaltungselektroniker in die Arcaden einziehen und damit diese bestehende Angebotslücke im Münchener Westen schließen. Ein großer Foodcourt mit zirka zehn verschiedenen Einheiten wird die Gastronomie deutlich stärken und zur Aufenthaltsqualität in dem Center und dessen Umfeld beitragen.

Dieser Mietermix wird durch die Konzepte ergänzt, die die Pasinger Innenstadt beispielsweise mit dem Viktualienmarkt oder den hochwertigen Fachgeschäften in der Spiegelstraße bereits heute schon aufweist. Erste Einschätzungen acht Monate nach Eröffnung bestätigen die gegenseitig positive Beeinflussung zwischen der Pasinger Innenstadt und den Pasing Arcaden.

In Pasing ist es der Landeshauptstadt München gelungen, eine erfolgreiche Stadtentwicklung umzusetzen. Als elementarer Bestandteil tragen die Pasing Arcaden zu diesem großen Erfolg mit bei. Indem bei Architektur, Emotionalität der Innenraumgestaltung und der Mieterauswahl von MfI bewusst neue Wege gegangen wurden, stellt sich bereits heute der nachhaltige Erfolg dieses neuen Centers dar.

Der Beitrag basiert auf einem Vortrag des Autors auf dem 2. CoRE Handelsimmobilientag in München.

Lars Jähnichen , Geschäftsführer , IPH Handelsimmobilien GmbH, München
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