Einzelhandelsimmobilien

Nachhaltigkeit von Shoppingcentern

Häufig beschränkt sich die Nachhaltigkeitsdiskussion in der Immobilienbranche allein darauf, wie Energie eingespart werden kann. Energieeffizienz ist dabei ein wichtiger Aspekt, jedoch nicht die einzige Säule: Nachhaltigkeit umfasst neben der ökologischen Komponente auch eine soziokulturelle und eine ökonomische. Wie andere Segmente im gewerblichen Bereich stehen auch Einzelhandelsimmobilien aktuell vor der Herausforderung, diese drei Aspekte zu vereinen, wenn sie langfristig erfolgreich sein wollen. Shoppingcenter bieten eine Reihe von Ansatzpunkten, die Nachhaltigkeitsanforderungen zu erfüllen.

Bereits mit der Standortentscheidung können die Voraussetzungen für eine ökologisch verträgliche Entwicklung geschaffen werden. In den neunziger Jahren entstanden Shoppingcenter überwiegend auf der "grünen Wiese" außerhalb der Städte - häufig haben sie bei der Errichtung zuvor unbebaute Freiflächen in Anspruch genommen, außerdem haben sie durch die dezentrale Lage Pendlerströme und damit CO2-Emissionen induziert. Heute entstehen Shoppingcenter fast nur noch in den Innenstädten.

Ökologische ...

Untersuchungen des EHI Retail Institute zufolge befinden sich von den rund 50 Centern, die in den nächsten drei bis vier Jahren in Deutschland gebaut werden, nur zwei jenseits des Stadtrands. Dabei können Brachflächen oder Baulücken genutzt werden - der Eingriff in den Naturhaushalt kann so reduziert werden. Durch kürzere Wege zu den Wohnschwerpunkten wird das Verkehrsaufkommen im Vergleich gemindert. Neben der Standortwahl bietet die funktionelle und architektonische Konzeption des Gebäudes zahlreiche Möglichkeiten, einen ökologisch nachhaltigen Betrieb zu gewährleisten. Zunehmend nutzen Entwickler erneuerbare Energiequellen wie Solarenergie, Grundwasser, Luft oder Erdwärme zum Heizen und Kühlen der Gebäude. Große Chancen für Shoppingcenter bietet auch Ferndampf zum Kühlen - der Stromverbrauch für die Kälteerzeugung lässt sich so um bis zu 90 Prozent reduzieren. Dies hat großen Einfluss auf die Energiebilanz, da die Gebäudekühlung zu den großen Energieverbrauchern bei Shoppingcentern zählt.

... soziokulturelle ...

Zentrumsnahe Standorte und architektonische Konzepte bieten nicht nur ökologische Chancen - es können auch stadtsoziologisch wünschenswerte Nutzungsmischungen realisiert werden.

Shoppingcenter in Innenstadtlagen können mehr als reine Konsumtempel sein, sie können zentrumsrelevante Nutzungen wie kulturelle Einrichtungen oder auch Wohnungen integrieren. Durch die Abkehr vom monofunktionalen, allein auf den Einzelhandel konzentrierten Shoppingcenter lassen sich Projekte besser in die Umgebung integrieren. Wohnungen beispielsweise werden auch in den Abendstunden genutzt und tragen so dazu bei, dass der Gebäudekomplex auch nach dem Ladenschluss belebt ist und nicht zu einem ungenutzten Fremdkörper in der Stadt wird. Auch eine offene und transparente Architektur bietet Anhaltspunkte, die Gebäude besser in das Stadtbild zu integrieren.

Zudem können beispielsweise bei der Planung der Ein- und Ausgänge Wegebeziehungen der Umgebung berücksichtigt und fortgeführt werden. Weitere soziokulturelle Kriterien, durch die das Gebäude städtebaulich oder architektonisch in die Umgebung eingepasst werden kann, umfassen eine barrierefreie Gestaltung oder auch die Anbindung an den Öffentlichen Personennahverkehr.

Eine derartige städtebaulich-architektonische Integration des Gebäudes sowie die Aufnahme neuer, auch nicht-kommerzieller Nutzungen sind wesentliche Aspekte soziokulturell nachhaltiger Shoppingcenter. Zugleich erhöhen sie die Wahrscheinlichkeit, dass die Gebäude auch dauerhaft von allen Bürgern angenommen werden. Solche Immobilien werden daher auch langfristig ökonomisch erfolgreich sein - und damit der dritten Säule von Nachhaltigkeit entsprechen.

Die ökonomische Komponente von Nachhaltigkeit umfasst zum einen die Kosten für Errichtung und Betrieb des Shoppingcenters, aber auch dessen Wertentwicklung. Insbesondere die Kosten für den Betrieb hängen wiederum damit zusammen, inwiefern die laufende finanzielle Belastung beispielsweise über regenerative Energien reduziert werden kann. Auch für die Wertentwicklung spielen Aspekte eine Rolle, die bereits für die ökologische und soziokulturelle Ebene von Bedeutung sind - beispielsweise die Standortwahl und die Mikrolage, außerdem die Größe und das architektonische Konzept.

... und ökonomische Komponente

Ökonomisch nicht nachhaltig sind beispielsweise schlecht konzipierte oder zu kleine Shoppingcenter am falschen Standort. Ihnen droht schnell Leerstand. Ein bedeutender Faktor ist auch die Kompetenz des jeweiligen Centermanagements - es ist dafür verantwortlich, die Attraktivität des Gebäudes für Mieter und Nutzer permanent zu optimieren und trägt damit dazu bei, dass Einkaufszentren dauerhaft angenommen werden.

Wichtige Aspekte sind hierbei der richtige Mietermix - dieser ist für eine hohe Grundfrequenz ausschlaggebend - oder gemeinsame Werbekampagnen der Einzelhändler und eine erfolgreiche Positionierung im Sinne des Erlebniseinkaufs.

Gelingt dies, rückt die ökonomische Komponente von Nachhaltigkeit auch in den Blickpunkt von Investoren. Gegenwärtig sind sie im Shoppingcenter-Bereich noch massiv unterallokiert. Die Wertentwicklungspotenziale liegen unter anderem darin, dass gut geführte Center eine eigene Einzelhandelszentralität entwickeln und damit relativ unabhängig von Konjunktureinbrüchen sind. Außerdem sind die Sanierungszyklen kürzer als beispielsweise bei Büroimmobilien, da in der Regel die Mieter von Shoppingcentern ihre Flächen selbst sanieren. Zudem bieten die Objekte größtenteils Inflationsschutz, da die Mietverträge indexiert sind.

Praxisbeispiele

In der Praxis gibt es zunehmend Beispiele für neue Center, die so konzipiert sind, dass sie die Nachhaltigkeitsaspekte auf allen drei Ebenen berücksichtigen. Beispielsweise werden die Pasing Arcaden, die gegenwärtig auf einem ehemaligen Bahnhofsgelände im gleichnamigen Münchener Stadtteil entstehen, als erstes deutsches Shoppingcenter eine Geother-mie-Anlage aufweisen. Die Umwelt wird dadurch mit 237 Tonnen CO2 pro Jahr weniger belastet als bei einer herkömmlich optimierten Konzeption. Begünstigt wird dies durch die geeignete geologische Beschaffenheit des Bodens - er ist wasserdurchlässig, außerdem gibt es ein Wassergefälle, das für die Geothermie-Nutzung vorteilhaft ist. Fotovoltaik wird bei den Erlangen Arcaden (siehe Abbildung) genutzt, außerdem wird dort im Sommer Ferndampf aus dem Blockheiz-kraft-Werk der Stadt zur Kühlung eingesetzt.

Viele Center verfolgen zudem den multifunktionalen Ansatz: Im Düsseldorfer Stadtteil Bilk ist ein Center eröffnet worden, das neben etwa 120 Läden und Gastronomiebetrieben ein Stadtteilzentrum, ein Schwimmbad, Wohnungen und kommunale Behörden wie das Einwohnermeldeamt und einen Bürgersaal enthält. Auch die Höfe am Brühl in Leipzig oder die Pasing Arcaden in München integrieren in erheblichem Maße Wohnungen sowie weitere Nutzungsarten abseits des Einzelhandels. Bei den Pasing Arcaden entstehen rund 80 Apartments verschiedenen Zuschnitts, davon sind 30 öffentlich gefördert dies eröffnet auch finanziell schwächeren Familien die Möglichkeit, attraktive Wohnungen zu mieten.

Um eine hochwertige, auf die Umgebung abgestimmte Architektur zu gewährleisten, werden Shoppingcenter immer häufiger frühzeitig mit allen Beteiligten diskutiert und die Konzepte umfassend abgestimmt. Beispielsweise ist das Konzept der Düsseldorf Arcaden das Ergebnis intensiver Abstimmungsprozesse. Bereits in einem sehr frühen Projektstadium wurden in einem Werkstattverfahren die Interessen von Stadt und Investor zusammengeführt und Lösungen erarbeitet.

Investor-Nutzer-Dilemma

Noch werden nachhaltige Konzepte primär bei Neubauten entwickelt und umgesetzt. Bestehende Gebäude hingegen werden nur selten nach Nachhaltigkeitsgesichtspunkten saniert oder umgebaut. Der Grund hierfür ist häufig ein Investor-Nutzer-Dilemma: Die Kosten trägt der Eigentümer, den Nutzen haben fast ausschließlich die Mieter. Die Investitionskosten zum Beispiel für energetische Baumaßnahmen lassen sich in der Regel nicht auf die Mieter umlegen, und bei neuen Mietvertragsverhandlungen spielt eine künftige finanzielle Ersparnis durch geringere Energiekosten bisher noch eine untergeordnete Rolle. Einer Umfrage von Ernst & Young Real Estate zufolge nutzen rund 40 Prozent der Einzelhandelsmieter zwar bereits Flächen, bei denen regenerative Energien eingesetzt werden. Jedoch ist die Bereitschaft, eine moderat erhöhte Miete für nachhaltige Gebäude zu zahlen, derzeit noch äußerst gering.

Bei Neubauten zeigt sich ein ähnliches Problem. So umfassen die Mehrkosten für die Geothermie-Anlage in Pasing etwa 1,3 Millionen Euro, das entspricht 1,5 Prozent der Bausumme. Auch hier hat der Investor kaum Möglichkeiten, die Kosten auf die Nutzer umzulegen. Anders als in Pasing, wo der Einbau freiwillig erfolgt ist, wird sich jedoch für künftige Neubauten diese Frage zunächst nicht mehr stellen. Denn durch das Er-neuerbare-Energien-Wärmegesetz wird es für Neubauten ab 2009 Pflicht, einen Teil des Energiebedarfs aus regenerativen Quellen zu decken.

Keine Modeerscheinung

Um das Investor-Nutzer-Dilemma für bestehende Gebäude abzubauen und entsprechende energetische Investitionen attraktiver zu machen, hat der ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e. V. Steuervergünstigungen vorgeschlagen. Dies wird gegenwärtig auf politischer Ebene diskutiert.

Ob sich dieser Vorschlag durchsetzen wird, ist von großer Bedeutung - denn viele großflächige Einzelhandelsimmobilien sind mittlerweile mehr als 40 Jahre alt und müssten dringend energetisch saniert werden. Eine entsprechende energetische Sanierung könnte mit weiteren strukturellen Umbaumaßnahmen kombiniert werden, um beispielsweise über ein neues architektonisches Konzept oder neue Nutzungen eine bessere Integration ins Stadtgefüge zu erreichen.

Nachhaltigkeit ist mehr als eine vorübergehende Modeerscheinung - zum einen ist das Bewusstsein für die gesamtgesellschaftliche Verantwortung der Immobilienbranche gestiegen, zum anderen rückt Nachhaltigkeit durch verschärfte gesetzliche Regelungen zunehmend in den Blickpunkt der Investoren. Daher werden auch die sozialen, ökonomischen und ökologischen Aspekte nachhaltigen Bauens bei innerstädtischen Shoppingcentern künftig ein noch größeres Gewicht haben. Sie werden maßgeblich den Erfolg oder Misserfolg eines Projekts mitbestimmen. Die städtebauliche Integration wird die Genehmigungsfähigkeit beeinflussen, die ökologische Ausrichtung wird von globaler Bedeutung für den Klimaschutz sein und sich - bei weiter steigenden Energiepreisen - zudem langfristig zu einem ökonomischem Faktor bei der Mietersuche entwickeln.

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