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Wandel als Teil der DNA: Als flexible Immobilien sind Shoppingcenter anpassungsfähig und damit erfolgreich

Der Food Court mit lässiger Lounge-Atmosphäre im coolen Vintage-Design in Singen

Der Mietermix, die angebotenen Kundenservices, die bauliche Ausstattung oder das Designkonzept - das alles befindet sich laut Autor bei Shoppingcentern im stetigen Wandel. Der Fokus bei diesen Immobilien habe sich in den letzten Jahren weg von Neuentwicklungen und hin zu Weiterentwicklungen verschoben. Umfangreiche Refurbishments dominieren das Geschäft zusehends. Bei der Weiterentwicklung des Konzepts müsse man an viele Faktoren wie beispielsweise Kundenstruktur und Positionierung des Centers, gebäudetechnische, bau- und genehmigungsrechtliche Parameter oder die finanziellen Rahmenbedingungen und das Wettbewerbsumfeld denken. Sein Fazit: Shoppingcenter sind eine managementintensive Anlageklasse, die gerade dadurch wiederum sehr schockresistent ist. Red.

Betrachtet man Shoppingcenter als Immobilienklasse, so ist genau genommen schon der Begriff "Immobilie" eher irreführend. Denn Shoppingcenter sind alles andere als "immobil" - sie verändern sich vielmehr ständig und erfinden sich immer wieder neu. Das müssen sie auch, um mit der Dynamik in der Welt des Einzelhandels mitzuhalten, die den steten Wandel geradezu als Wesensmerkmal trägt: Handel ist Wandel - und die Shoppingcenter wandeln sich mit, wenn sie gut gemanagt sind und weiter erfolgreich sein wollen.

Aber nicht nur auf Seiten der Mieter, auch bei den Center-Besuchern und den Eigentümern der Center verändern sich die Ansprüche, und das wirkt sich auf die Anforderungen an die Immobilie und ihr Management aus. Betreiber wie die ECE müssen daher schnell und flexibel auf die verschiedenen Trends reagieren und die Center in ihrem Portfolio ständig weiterentwickeln, um sie am Puls der Zeit zu halten. Das gilt für den Mietermix genauso wie für die angebotenen Kundenservices, die bauliche Ausstattung oder das Designkonzept.

Flexibilität als Erfolg der Assetklasse

Dieser kontinuierliche Wandel ist einerseits eine ständige Herausforderung, der sich Eigentümer und Betreiber gegenüber sehen - denn wird lange Zeit nicht in ein Shoppingcenter investiert und werden Anpassungen bei der Markenauswahl, dem optischen Auftritt oder dem Serviceangebot nicht konsequent umgesetzt, dann drohen dem Shoppingcenter als Handelsstandort und Immobilie langfristig der Verlust von Attraktivität, Bedeutung und Werthaltigkeit. Gleichzeitig aber ist die Fähigkeit von Shoppingcentern, sich anzupassen und zu wandeln, eine ihrer ganz großen Stärken: Gerade weil Shoppingcenter als Immobilien so flexibel sind, haben sie so großen und anhaltenden Erfolg - und zwar sowohl bei den Center-Kunden, aufseiten der Mieter wie auch bei Investoren am Kapitalmarkt, bei denen Shoppingcenter zu Recht als besonders sichere und attraktive Assetklasse gelten.

Infolge der veränderten Anforderungen haben sich große Betreiber wie die ECE inzwischen vom reinen Projektentwickler zu breit aufgestellten Asset-Management-Gesellschaften entwickelt. Der Fokus bei den Shopping-Immobilien hat sich in den letzten Jahren weg von Neuentwicklungen und hin zu Weiterentwicklungen verschoben. Umfangreiche Refurbishments dominieren das Geschäft zusehends, auch wenn an interessanten Standorten mit Potential nach wie vor gute Chancen für neue Center bestehen und auch realisiert werden. Gerade in Deutschland jedoch ist der Markt in vielen Regionen bereits saturiert, während an spannenden Standorten dagegen oft geeignete Flächen, politische Beschlüsse oder beides fehlen. Aus diesem Grund hat sich in den letzten Jahren ein klarer Trend zu Modernisierungen älterer Center herauskristallisiert, der in den nächsten Jahren unvermindert oder sogar verstärkt weitergehen wird.

Diese Modernisierungen und Umstrukturierungen unterscheiden sich in ihrem Ausmaß und Aufwand deutlich voneinander, können aber teilweise so umfangreich sein, dass sie einer Neuentwicklung nahe kommen. Das Spektrum reicht dabei vom Austausch einzelner Mieter, der Umnutzung von Flächen oder weiterreichenden Umstrukturierungen über umfangreiche Modernisierungen, die auch signifikante bauliche Maßnahmen und ein Re-Design beinhalten können, bis hin zu komplexen Refurbishments, bei denen alles zusammen kommt und die Immobilie von Grund auf entkernt und runderneuert wird. Ziel ist es in jedem Fall das Shoppingcenter attraktiv und erfolgreich zu halten oder - im schlechteren Falle - wieder fit für die Zukunft zu machen.

Stärkere Öffnung nach außen

Eine geradezu beispielhafte Wiederbelebung einer Dead Mall ist der neue Marstall in Ludwigsburg: Das alte, nahezu leerstehende, völlig unbelebte Center wurde komplett entkernt, umfangreich saniert und mit einem gänzlich neuen Auftritt und einem schlüssigen Gesamtkonzept im September 2015 neu eröffnet. Ein offenes Foyer, viel Glas und eine Freitreppe öffnen das Center nach außen, ein moderner Food Court, aktuelle Shops und ein konsequentes Storytelling sorgen für angenehme Atmosphäre und Aufenthaltsqualität. Nichts erinnert mehr an den Geist der siebziger Jahre, der das Gebäude noch vor der Modernisierung durchwehte. Bei neuen oder komplett modernisierten Centern haben sich auch die Anforderungen an die Architektur und Struktur des Gebäudes geändert: Shoppingcenter öffnen sich heute sehr viel stärker als früher nach außen zur Stadt hin, etwa mit Gastronomie in den Außenbereichen. Im Inneren ist ein anderer Raumeindruck gefragt, mit viel Helligkeit und Tageslicht, höheren, weitläufigeren Räumen, einer geschwungenen, durchdachten Wegführung, einer eigenständigen Designsprache und hochwertiger Ausstattung, etwa mit Loungemöbeln, Designlampen oder besonderen Lichteffekten.

In Singen in der Nähe des Bodensees plant die ECE derzeit zum Beispiel ein neues Center, dessen architektonisches Konzept sich in vielerlei Hinsicht auf den Charakter der Region bezieht: In der Gestaltung und bei den verwendeten Materialen spiegeln sich die prägenden Elemente des Standorts wider - die vulkanische Geologie der Region und die industrielle Tradition der Stadt.

60 Prozent nutzen Gastro-Angebot

Zu einem besonderen Trend hat sich die Gastronomie in den Centern entwickelt: Ihre Bedeutung hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Ein abwechslungsreiches gastronomisches Angebot wird von den Kunden gewünscht und in weiter zunehmendem Maße angenommen. So hat die ECE in einer Studie ihres Market-Research-Bereichs zur "Gastronomie in Shoppingcentern" herausgefunden, dass bereits heute etwa 60 Prozent der Besucher das gastronomische Angebot im Shoppingcenter bei ihrem Besuch nutzen. Rund 40 Prozent wählen das Center nach dem Essensangebot aus.

Und zwischen 2004 und 2014 hat sich die Zahl der Gastronomienutzer in den ECE-Centern verdoppelt. Es ist damit zu rechnen, dass sich auch dieser Trend in Zukunft weiter fortsetzen wird. Im Zuge von Modernisierungen installieren Betreiber und Investoren daher immer öfter - sofern Lage und Positionierung des Centers sich dafür eignen - moderne Food Courts in den Einkaufszentren, die für zusätzliche Aufenthaltsqualität sorgen.

Hochwertigere Gastronomiestruktur

Inzwischen hat sich der Gastronomietrend zudem nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ weiterentwickelt, sodass immer öfter nicht nur der klassische Food Court gefragt ist, sondern hochwertigere Angebote im Casual oder Fine-Dining-Segment, die regionale, handwerklich hergestellte Küche oder Bedienservice am Tisch und ein besonderes Ambiente bieten. Gerade bei aktuellen Neuentwicklungen ist der Gastronomiebereich daher eines der Highlights im Center. Sowohl der regelmäßige Bedarf an Modernisierungen als auch der vermehrte Integration von Gastronomie zeigen auch, dass Shoppingcenter heute in ihrer Flexibilität und der technischen Ausstattung auf diese Nutzungen beziehungsweise Nutzungsveränderungen möglichst gut vorbereitet und der Wandel der Immobilie schon bei der Planung mitgedacht werden sollte.

Hierzu gehört auch die Möglichkeit, Shoppingcenter um zusätzliche Services zu erweitern, die heute zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor geworden sind. Shoppingcenter müssen heute ein "Place to be" sein, um den Kunden ein rundum angenehmes Einkaufserlebnis zu bieten.

Dazu gehören zum einen verschiedene digitale Angebote wie Centerapps, eine interaktive Kundeninformation oder digitale Wegeleitsysteme ebenso wie Angebote aus den Bereichen Entertainment oder Convenience, darunter Selfie-Fotoautomaten, Lieferservices für die getätigten Einkäufe oder digitale Kinderspielflächen. Zum anderen sind es aber auch solche Services, die unmittelbar die "Hardware" der Immobilie betreffen: Carsharing-Stellplätze, E-Tankstellen oder eine direkte Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr.

Nachhaltigkeit der Immobilie

Gerade auch in der Nachhaltigkeit der Immobilie haben die Anforderungen der Eigentümer an Shoppingcenter deutlich zugenommen - sowohl für die Planung der Immobilie als auch im Betrieb. Beispiele sind die Optimierung der Energieeffizienz der Center durch moderne Kühl- und Lüftungssysteme und die Reduzierung des Stromverbrauchs durch den Einsatz energiesparender LED-Leuchtsysteme.

Viele neu entwickelte Shoppingcenter wie das Milaneo in Stuttgart oder die Holsten-Galerie in Neumünster werden zudem von vornherein im Hinblick auf eine Zertifizierung nach DGNB geplant und umgesetzt. Um den Ansatz der Nachhaltigkeit in alle Projektphasen von der Planung bis zum Betrieb zu integrieren, hat die ECE zum Beispiel die Handbücher für "Nachhaltige Shoppingcenter" und "Nachhaltiges Betreiben von Shoppingcentern" entwickelt.

Höhere Anforderungen an die Technik

Insbesondere im Bereich der Nachhaltigkeit, aber auch für Shoppingcenter als Assets im Allgemeinen, zeigt sich außerdem die verstärkten Anforderungen der Investoren an das Reporting rund um die Immobilie. Die Messbarkeit der Gebäudeperformance ist insofern von zunehmend hoher Relevanz und stellt entsprechende Anforderungen an die technische Ausstattung der Immobilie.

Der Wandel der Shoppingcenter und ihre Weiterentwicklung als flexible Immobilien ist in vollem Gange - und er wird sich in Zukunft weiter so fortsetzen. Aufgabe von Eigentümern, Mietern und Betreibern ist es, diesen Wandel aktiv zu gestalten und kontinuierlich mit innovativen Ideen und neuen Services zu begleiten.

Ein Standardkonzept gibt es nicht

Entscheidend ist dabei, dass es nicht darum geht, schematisch die eine oder andere Maßnahme vorzunehmen - oder gar alle zusammen. Vielmehr sind die für das jeweilige Center geeigneten Ansätze zur Weiterentwicklung von vielen Faktoren abhängig. Das können die Kundenstruktur und die Positionierung des Centers sein, aber auch gebäudetechnische, bau- und genehmigungsrechtliche Parameter oder die finanziellen Rahmenbedingungen und das Wettbewerbsumfeld. Das eine Standardkonzept gibt es nicht: Wichtig sind durchdachte, individuell angepasste Konzepte.

Insofern sind Shoppingcenter eine managementintensive Anlageklasse, die gerade dadurch wiederum sehr resilient gegen Schocks ist. Insbesondere in der aktiven Gestaltung des Wandels besteht daher die Zukunftsfähigkeit der Shoppingcenter als Geschäftsmodell und Immobilientyp - basierend auf dem grundsätzlichen Zweck des Shoppingcenters - und damit der Aufgabe des Betreibers -, auch in Zukunft alle drei Kundengruppen zufriedenzustellen: die Investoren als Eigentümer der Immobilie sowie die Mieter und Center-Besucher als ihre Nutzer.

Der Autor

Henrie W. Kötter Chief Investment Officer, ECE Projektmanagement GmbH & Co. KG, Hamburg

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