MIPIM-Special

Bedeutung ökologischer Nachhaltigkeit bei Shoppingcentern

Die vom 13. Deutschen Bundestag eingesetzte Enquete-Kommission "Schutz des Menschen und der Umwelt" stellt durch die Formulierung der Ziele nachhaltiger Entwicklung dar, dass soziale Verantwortung, ökonomische Leistungsfähigkeit und der Schutz der natürlichen Umwelt untrennbar zusammengehören. "Nachhaltigkeit ist die Konzeption einer dauerhaft zukunftsfähigen Entwicklung der ökonomischen, ökologischen und sozialen Dimension menschlicher Existenz. Diese drei Säu-len der Nachhaltigkeit stehen miteinander in Wechselwirkung und bedürfen langfristig einer ausgewogenen Koordination."*)

Nur durch eine ganzheitliche Betrachtung dieser drei Säulen der Nachhaltigkeit, durch eine Berücksichtigung wirtschaftlicher Anforderungen innerhalb der Grenzen der Ökosystems, lässt sich gesellschaftlicher Wohlstand erreichen (siehe Abbildung 1). Jede isolierte Betrachtung einer der drei Dimensionen muss eine nachhaltige Entwicklung gefährden.

Nachhaltigkeit in der Immobilienwirtschaft

Im Rahmen der Analyse der Möglichkeiten zur Implementierung ökologischer Nachhaltigkeitsgedanken in die Shop-pingcenter-Projektentwicklung hat die ECE Projektmanagement GmbH & Co. KG im Herbst 2008 eine Befragung ihrer Investoren durchgeführt, mit dem Ziel, den aktuellen Stand der Anforderungen von Investoren an eine ökologische Nachhaltigkeit zu erfragen und ihre Projekte einer hinreichenden Evaluation diesbezüglich zu unterziehen.

Im Rahmen der empirischen Erhebung zur Priorität ökologischer Nachhaltigkeit als Investitionskriterium befragte die ECE 165 Investoren nach ihrer Einschätzung zum Thema Nachhaltigkeit und erhielt insgesamt 43 Fragebögen beantwortet zurück.

Dabei kamen nahezu 50 Prozent der Antworten von Offenen Fonds und Initiatoren Geschlossener Immobilienfonds. Die zweite Hälfte verteilte sich auf Versicherungsinstitute, Immobilienaktiengesellschaften, Private-Equity-Unternehmen und Immobilienfinanzierer.

Dabei gaben 93 Prozent der Investoren an, sich mit dem Thema Nachhaltigkeit zu beschäftigen. Die Tatsache, dass nur fünf Prozent der Investoren davon ausgehen, sich bisher ausreichend mit Nachhaltigkeitskriterien auseinanderzusetzen, deutet auf einen dennoch sehr hohen Informationsbedarf hin. Dies scheint auch noch verstärkt durch den Umstand, dass nur 23 Prozent der befragten Unternehmen über ein verbindliches und schriftlich formuliertes Regelwerk hinsichtlich der Umsetzung nachhaltiger Kriterien verfügen.

Ein wenig überraschend erscheint, dass lediglich 58 Prozent der Investoren über ihre nachhaltigen Aktivitäten in Broschüren oder Prospekten berichten, wobei deutsche Investoren mit 65 Prozent noch vor internationalen Investoren mit 47 Prozent liegen.

Nachhaltigkeit als Wettbewerbsfaktor

Nachhaltigkeit hat für nahezu 50 Prozent der Investoren einen hohen Stellenwert innerhalb der Geschäftspolitik. Für die zweite Hälfte der Investoren ist die Wirkung nachhaltiger Kriterien auf ihre Investitionsstrategie allerdings noch nicht wirklich absehbar. Eine Ursache dafür lässt sich in dem bisher nur als gering wahrzunehmenden Nachfragedruck auf Anlegerebene finden.

Als Gründe für eine Auseinandersetzung mit dem Thema Nachhaltigkeit werden vor allem Einsparpotenziale von Nebenkosten und der Werterhalt der Immobilie genannt (siehe Abbildung 2). Gerade hinsichtlich der Energieeffizienz steht die Auseinandersetzung mit nachhaltigen Maßnahmen in einem engen Zusammenhang zu der Entwicklung der Energiepreise. Die Tatsache, dass rund 80 Prozent der Kosten einer Immobilie im Betrieb anfallen, der Einfluss auf diese Kosten nach der Planungsphase aber rapide abfällt, weist auf die Notwendigkeit hin, bereits in der Investitionsphase eine verstärkte Analyse des Energieeinsparpotenzials durchzuführen.

Akzeptanz geringerer Anfangsrenditen

Diese Einsparung von Nebenkosten könnte möglicherweise langfristig zu einer Erhöhung der Nettomiete führen. Lediglich 19 Prozent geben die Gewinnsteigerungsmöglichkeit als Intention für eine Auseinandersetzung mit Nachhaltigkeit an. Imagesteigerung oder gesetzliche Einflussnahme nehmen als Gründe angabegemäß ebenfalls nur eine untergeordnete Rolle ein.

Ähnlich wie bei Wohn- oder Büroimmobilien sehen Investoren eine Umsetzung nachhaltiger Maßnahmen bei Shoppingcentern als erfolgversprechend. Rund 37 Prozent der deutschen Investoren würden eine geringere Anfangsrendite aufgrund ökologisch-nachhaltiger Investitionen akzeptieren. Die Bereitschaft internationaler Investoren ist da mit 65 Prozent weitaus höher. Betrachtet man die Antworten der einzelnen Investorentypen (siehe Abbildung 3) zeigt sich die höchste Bereitschaft bei den Initiatoren Geschlossener Fonds sowie der Gruppe der sonstigen Investoren.

Dies mag aus der vergleichsweise langfristig orientierten Investitionsstrategie dieser Investorentypen resultieren.

Bei Antworten zu mehreren Fragen dieser Erhebung hat sich wiederholt gezeigt, dass die Initiatoren Geschlossener Immobilienfonds der Erfüllung von Nachhaltigkeitskriterien bisher einen vergleichsweise hohen Wert beimessen. Sie berichten darüber, das heißt, sie werben bei ihren Privatinvestoren mit der Erfüllung dieses Kriteriums. Davon ausgehend, dass die Privatinvestoren dies honorieren, und um sich vom Wettbewerber positiv abzusetzen, sind die Initiatoren angabegemäß bereit, hierfür einen entsprechenden Preis zu zahlen. Die Praxis wird zeigen müssen, inwieweit sich die hier bei der Befragung gewonnenen Erkenntnisse durch erzielte Verkaufspreise bestätigen.

Nahezu alle Investoren sind bereit, in Nachhaltigkeitsmaßnahmen zu investieren, davon die Hälfte allerdings nur, wenn durch die Maßnahmen Nebenkosteneinsparungen erreicht werden und 14 Prozent nur, wenn sich die Investitionen kurzfristig rentieren (siehe Abbildung 4). Grundsätzlich müssen sich Investitionen für einen Großteil der Investoren innerhalb von zehn bis 15 Jahren rentieren. Hinsichtlich einer nachhaltigen und damit vor allem langfristigen Wirkung ökologischer Maßnahmen werden diese Renditeanforderungen von 6,6 bis 10,0 Prozent (entsprechen der Amortisationszeit innerhalb von zehn bis 15 Jahren) häufig wohl nur schwer zu erzielen sein. Zumindest derzeit setzt eine Steigerung der Umweltverträglichkeit von Shoppingcentern (und Immobilien allgemein) vielmehr eine langfristige Betrachtung voraus und wird nicht ausschließlich mit kurz- bis mittelfristig rentablen Investitionen zu realisieren sein.

Bedeutung von Zertifizierungssystemen

Weltweit existieren verschiedene Zertifizierungssysteme bezogen auf die Nachhaltigkeit von Immobilien. Sie dienen zur Übersetzung ökologisch-nachhaltiger Leitlinien in messbare und damit überprüfbare Indikatoren. Die drei wesentlichen Systeme am Markt sind derzeit LEED, BREEAM und das Gütesiegel des DGNB, welches sich noch in Entwicklung befindet.

LEED-zertifizierte Gebäude erfahren derzeit vor allem in den USA eine verstärkte Nachfrage. Das Prüfungssystem lässt sich dabei sowohl auf Immobilienprojekte, als auch auf Bestandsimmobilien anwenden und stellt eine Analyse des gesamten Lebenszyklus einer Immobilie von der Planung bis zum Betrieb dar.

Die Methode des BRE (Building Research Establishment) ist die derzeit am weitesten verbreitete Methode zur Bewertung von Umweltauswirkungen von Bauaktivitäten in Europa und gilt als Vorbild für LEED und andere Bewertungsstandards. Es erfolgt unter anderem eine Prüfung der Gebäudeperformance hinsichtlich Management, Gesundheit und Komfort, Energie, Wasser, Materialien, Transport und Landverbrauch. Auf Grundlage dieses Systems entwickelt derzeit der ICSC Europe (International Council of Shopping Centers) ein "Pan-European BREEAM Zertifikat" für den Einzelhandelssektor. Das Gütesiegel des DGNB orientiert sich noch stärker am Lebenszyklusgedanken, wird allerdings vorerst nur auf Büroimmobilien Anwendung finden.

Kein Zertifizierungssystem kann alle überzeugen. Zu diesem Ergebnis führte die Befragung der Investoren hinsichtlich ihrer Präferenz der derzeit am Markt positionierten Zertifizierungssysteme. Sowohl Branchenführer LEED als auch BREEAM können nicht alle Investoren restlos überzeugen. Ebenso scheint ein Großteil der Befragten noch nicht von den Ankündigungen des DGNB überzeugt zu sein. Die Gütesiegel werden ihren Wert am Markt wohl erst noch beweisen müssen. Allgemein prophezeien 67 Prozent der Investoren allerdings, dass eine Zertifizierung von Immobilien langfristig einen Effekt auf sämtliche Investitionsvehikel haben wird, wobei keiner der Investoren bereit ist, derzeit oder in Zukunft ausschließlich in zertifizierte Immobilien zu investieren (siehe Abbildung 5).

Maßnahmen im Rahmen ökologischer Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit im Bereich von Shopping-center-Entwicklungen fokussiert sich häufig auf den effektiven Energieverbrauch, die Nutzung regenerativer Energie und den Einsatz innovativer Technologien zur Reduzierung der CO2-Emission. Shoppingcenter weisen dabei zum Beispiel die Besonderheit auf, dass der Energieanteil zur Kühlung des Centers doppelt so hoch ist wie der zur Erwärmung eines Centers. Die Innenbeleuchtung, die Besucher der Center und das Sonnenlicht geben bereits so viel Wärme ab, dass sich eine Wärmedämmung weitestgehend kontraproduktiv auswirken würde. Die größten Nachhaltigkeitspotenziale stecken in einem optimierten Konzept zum Heizen und Kühlen eines Centers, der Energierückgewinnung, der Be- und Entlüftung des Centers und der Nutzung erneuerbarer Energien. Von den technischen Maßnahmen in Hinblick auf das Energiemanagement bei Shopping-center-Projekten halten Investoren vor allem die Implementierung von Fotovoltaikanlagen und geothermische Modelle, wie Erdwärmetauscher, Wärmepumpen und Erdwärmesonden für zukunftsträchtig (siehe Abbildung 6).

Der Einsatz von Fotovoltaikanlagen ist derzeit allerdings nur unterstützend vorstellbar, da für den jährlichen Energiebedarf eines Centers mit 30 000 Quadratmeter Verkaufsfläche eine Fläche von rund 180 000 Quadratmeter nach Süden gerichtete Außenfläche für Fotovoltaikanlagen notwendig ist. Eine ausschließliche Nutzung von Solarenergie zur Energieversorgung eines Shoppingcenters scheint bei der derzeitigen Effizienz dieser Anlagen wenig sinnvoll, allerdings ist der unterstützende Einsatz aus nachhaltiger Sicht zu fördern.

Die Nutzung geothermischer Energien zur Deckung des Heiz-/Kühlbedarfs eines Shoppingcenters ist ein wesentlicher Schritt in Richtung eines "Green Centers", jedoch hinsichtlich der Energieversorgung ebenfalls zu relativieren. Lediglich 30 Prozent der zur Kühlung benötigten Energie lässt sich durch diese Energieform abdecken, die restlichen 70 Prozent müssen weiterhin noch durch konventionelle Energie geleistet werden. Der Heizwärmebedarf allerdings kann zu 100 Prozent durch geothermische Anlagen erbracht werden. Welche ökologische Maßnahme in der Praxis tatsächlich realistisch ist, hängt natürlich maßgeblich von den Rahmenbedingungen des Projektgrundstückes ab.

Grundsätzlich lässt sich durch die in der Erhebung getroffenen Aussagen erkennen, dass die Umsetzbarkeit von Nachhaltigkeitskriterien bei Shoppingcenter-Projekten grundsätzlich positiv eingeschätzt wird. 44 Prozent der Investoren gehen sogar davon aus, dass insbesondere Shoppingcenter die Möglichkeit bieten, zukünftigen Nachhaltigkeitskriterien gerecht zu werden. Richtig ist auf jeden Fall, dass der Immobilientyp Shoppingcenter aufgrund der Größe und Funktion, ein enormes ökologisches Potenzial hat. Wo schon jetzt bei erfolgreichen Projektentwicklern die ökonomische Säule der Nachhaltigkeit fest verankert ist, muss das Fundament der ökologischen Säule erst noch härten.

Nachhaltigkeit hat ohne Zweifel einen hohen Stellenwert bei künftigen Investitionsentscheidungen, wenngleich eine tiefgreifendere Auseinandersetzung mit dem Thema und eine Formulierung von Standards notwendig erscheinen. Eine grundsätzliche Bereitschaft zur Investition in Nachhaltigkeit ist aber erkennbar. Dabei stehen vor allem Gründe wie Nebenkostensenkungen und Werterhalt beziehungsweise Wertsteigerung der Immobilien im Vordergrund der Investitionsentscheidungen.

Streben nach dem "Green Center"

Standards nachhaltiger Entwicklungen finden sich unter anderem in der Gewinnerin des Prime Property Awards für den Shopping Square Meydan in Istanbul sowie der Ernst-August-Galerie in Hannover, entwickelt von der ECE Projektmanagement G.m.b. H. & Co. KG. An dem im Jahr 2008 eröffneten Center wird erkennbar, dass Nachhaltigkeit vor allem Arbeit am Detail erfordert. So kommen zum einen erneuerbare Energien wie Fotovoltaikanlagen, recycelbares Dämmmaterial und Leuchtmittel der neuesten Generation zum Einsatz, ebenso wird aber auch der Anstoß für weiterführende, nachhaltige Entwicklungen gelegt. So bieten Dachgrünflächen wertvolle Biotope, wird die Verwendung von Tropenholz auch in Mietverträgen ausgeschlossen und möglichst einheimische Baumaterialien verwendet, um ein unnötiges Transportaufkommen zu vermeiden.

Letztendlich zeigt sich Nachhaltigkeit als ein in der Investorengemeinschaft intensiv diskutiertes Thema, welches derzeit allerdings noch keinen maßgebenden Einfluss auf die Investmentstrategie aufweist. Die Anforderungen an nachhaltige Immobilien und damit auch an Shoppingcenter werden allerdings weiter zunehmen, nicht nur durch den Gesetzgeber, sondern auch durch Investoren und Mieter selbst. Dabei stellen auch Wirtschaftskrisen kein Argument gegen, sondern für eine konsequente Beachtung ökologischer Grundregeln dar. Ein Ignorieren dieser Regeln hätte schlimmere Folgen als jede Krise und deren Folgen wären unumkehrbar.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X