Recht und Steuern

Grillfeste zur Weltmeisterschaft

Die meisten Deutschen werden die Fuß-ball-Weltmeisterschaft nicht im
Stadion erleben, sondern zu Hause. Dabei gilt Fair Play nicht nur für
Sportler, sondern auch für Mieter und Eigentümer. Grillen ist in den
Sommermonaten durchaus üblich. Daher ist gelegentliches Grillen auf
der Terrasse, im Garten oder auf dem Balkon in Ordnung, vorausgesetzt,
dass die Nachbarn dadurch nicht unzumutbar belästigt werden. Auch die
meisten Gerichte sehen dies so, beispielsweise das Landgericht
Stuttgart unter dem Aktenzeichen 10 T 359/96.
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Mieter müssen aber sicherstellen, dass kein dichter Qualm entsteht,
der in die Wohnung der Nachbarn ziehen kann. Außerdem soll der Grill
mit möglichst großem Abstand zur Nachbarwohnung aufgebaut werden,
entschied das Landgericht München I in einem Beschluss unter dem
Aktenzeichen 15 S 22735/03. Nach Ansicht des Amtsgerichts Hamburg
(Aktenzeichen 40 C 229/72) oder des Landgerichts Düsseldorf
(Aktenzeichen 25 T 435/90) darf auf einem Balkon überhaupt nicht mit
offenem Holzkohlefeuer gegrillt werden. Erlaubt ist demnach nur ein
Elektrogrill.
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Ständig dürfen Mieter allerdings nicht grillen. Was das konkret heißt,
dazu haben die Gerichte ganz unterschiedliche Auffassungen. Das
Landgericht Stuttgart beispielsweise hält dreimal zwei Stunden im Jahr
für ausreichend. Grillen stelle in einer "multikulturellen
Freizeitgesellschaft" zwar eine "gebräuchliche Zubereitung von Speisen
jeglicher Art dar". Doch sei das keinesfalls ein Freibrief für
Dauergriller. Großzügiger sieht es das Amtsgericht Bonn, das Mietern
in Mehrfamilienhäusern einmal Grillen im Monat erlaubt - allerdings
nur, wenn sie 48 Stunden vorher ihre Nachbarn informiert haben
(Aktenzeichen 6 C 545/96).
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Es ist auch zulässig, im Mietvertrag ein totales Balkongrillverbot
auszusprechen. Hält sich der Mieter trotz Ermahnungen nicht daran,
kann der Vermieter laut einem Urteil des Landgerichtes Essen unter dem
Aktenzeichen 10 S 438/01 Unterlassungsklage beim Amtsgericht erheben
oder sogar die Kündigung erklären. Die Kosten für das Verfahren habe
dann der Mieter zu tragen. Ein totales Grillverbot sehen jedoch nur
wenige Mietverträge oder Hausordnungen vor.
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Wer zuviel Qualm verursacht, muss mit einer Geldbuße rechnen. 100 Euro
musste nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf der Mieter
eines Mehrfamilienhauses in Krefeld zahlen, weil "Qualm konzentriert
in die Wohn- und Schlafräume der Nachbarn" zog. Wer seine Nachbarn
einräuchere, begehe nach dem Immissionsschutzgesetz von
Nord-rhein-Westfalen eine Ordnungswidrigkeit und müsse Strafe zahlen
(Aktenzeichen 5 Ss-Owi-149/95).
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Der laut aufgedrehte Fernseher auf dem Balkon, Jubel- oder
Trauerschreie: Lärm ist ein weiterer Zankapfel. Die Rechtslage ist
hier allerdings eindeutig. Zwischen 22 und 7 Uhr gilt absolute
Nachtruhe, erklärt das Oberlandesgericht Düsseldorf unter dem
Aktenzeichen 5 Ss-Owi-149/95. Anhaltender oder immer wiederkehrender
Lärm berechtigt den Vermieter laut Beschluss des Amtsgerichts Köln
unter dem Aktenzeichen 204 C 499/83 sogar zur Kündigung. Aber auch
außerhalb der Nachtruhe sind Musik und andere Geräusche nur in
Zimmerlautstärke gestattet. Denn dem Landgericht Hamburg zufolge hat
jeder das Recht, grundsätzlich ungestört in seiner Wohnung zu leben
und sich gegen unzulässigen Lärm zu wehren (Aktenzeichen 11 S 251/82).
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Uneinheitlich ist die Rechtsprechung zu der Frage, ob Nachbarn bei
besonderen Party-Anlässen auch mal bei der Nachtruhe ein Auge
zudrücken müssen. Nein, hat das Oberlandesgericht Düsseldorf unter dem
Aktenzeichen 5 Ss-Owi-149/ 95 gesagt. Es gebe grundsätzlich zwischen
22 und 7 Uhr kein Recht, "ohne Rücksicht ein krachendes Fest zu
feiern".
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Anders sieht es das Landgericht Frankfurt, demnach müssen Gartenfeste
"in einem typischen Wohngebiet als Ausdruck der üblichen Geselligkeit
von den Nachbarn bis zu viermal im Jahr hingenommen werden, aber nur
im üblichen Umfang" (Aktenzeichen 2/21 O 424/88). Und das Amtsgericht
Bremen hat entschieden: Bei Karneval, Hochzeits- oder
Geburtstagsfeiern in der eigenen Wohnung müssen die Nachbarn auch mal
ein wenig damit verbundenen, unvermeidbaren Lärm zur Schlafenszeit
akzeptieren (Aktenzeichen 15 C 2658/1957). Gilt dieser
Ausnahmetatbestand auch für den Fall, dass Deutschland Weltmeister
werden sollte?
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(IVD)

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