Immobilien-Spezialfonds

Investitionsziele: rohstoffreiche versus asiatische Länder

Seit Jahrzehnten gilt, dass Rohstoffe häufig aus wenig entwickelten Staaten in Asien, Südamerika oder Afrika stammen und später in den Industriestaaten in Nordamerika und Europa weiterverarbeitet werden. Wer hätte geahnt, dass sich diese Kette einmal drehen würde. Denn derzeit boomt die Wirtschaft vor allem in Asien und die Rohstoffe stammen unter anderem aus entwickelten westlichen Ländern. Staaten wie China, Taiwan oder Indien sind zur Werkbank und zur Produktionsstraße der westlichen Welt geworden. Der Rohstoffhunger dieser Länder ist immens. Und bedient wird er vor allem von jenen Staaten, die früher eher auf der Seite der produzierenden Industrienationen verortet wurden - etwa Australien, Kanada oder Russland.

Asien - Wachstumstory nicht vorbei

Diese Entwicklung hat natürlich auch Auswirkungen auf Investitionsstrategien institutioneller Immobilieninvestoren. Gerne würden sie weiterhin in Asien investieren. Sie fragen sich aber immer häufiger: Sollen wir in den asiatischen Emerging Markets investieren, um an der atemberaubenden Wachstumsrallye teilzuhaben, dafür aber hohe Risiken eingehen? Oder fokussieren wir uns auf rohstoffreiche Staaten der westlichen Welt, um bei höherer Sicherheit indirekt vom asiatischen Wachstum zu profitieren? Derzeit, so scheint es zumindest, scheuen die meisten den Gang nach Fernost.

Infolge der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise kam es insbesondere in einigen asiatischen Ländern zu starken Einbrüchen der Nachfrage nach Gewerbeimmobilien und zu deutlichen Wertschwankungen und Vermögensverlusten. War der Run auf die asiatischen Märkte vor der Krise noch ungebrochen, steht Fernost bei vielen institutionellen Kunden derzeit nicht mehr im Fokus. Dennoch haben sich trotz Krise die Grundaussagen der letzten Jahre für Asien nicht geändert. Länder wie China oder Indien sind auf absehbare Zeit der Motor der Weltwirtschaft. Das Wirtschaftswachstum ist beeindruckend.

Auch 2010 wird für den aktuellen Exportweltmeister China wieder ein Wachstum des Bruttoinlandsproduktes von über acht Prozent erwartet. Auch Indien dürfte sich ähnlich stark entwickeln. Hinzu kommt, dass sich Indien grundsätzlich sehr stabil entwickelt, da im Vergleich zur Exportnation China das Potenzial für den Binnenkonsum noch wesentlich höher ist. Allein in Indien, so schätzen Experten, müssen bis 2030 jährlich acht bis zehn Millionen neue Wohnungen fertig gestellt werden, um die Nachfrage nach adäquatem und modernem Wohnraum zu decken. Dafür verantwortlich ist - wie in vielen anderen Schwellenländern auch - vor allem die stetig wachsende und hochqualifizierte Mittelschicht mit guten Einkommen.

Der steigende Wohlstand der Menschen treibt zugleich die Konsumausgaben, wovon besonders die Einzelhandelsimmobilienmärkte profitieren. Aber auch immer mehr ausländische Fachkräfte tragen zu der enormen Nachfrage nach Immobilien und den schnell steigenden Miet- und Kaufpreisen bei.

Insbesondere an China und Indien machen sich allerdings auch die Risiken dieser Region fest - den guten Chancen stehen mitunter hochvolatile Märkte mit unübersehbaren wirtschaftlichen Herausforderungen sowie rechtlichen und kulturellen Hindernissen gegenüber. Investitionen sind in der Regel nur mit lokalen Partnern möglich. Bestandsimmobilien dürfen so gut wie gar nicht erworben werden. Oft genug gibt es nicht einmal ein adäquates Angebot an Bestands-Core-Immobilien. So sind für die westlichen Investoren in der Regel nur riskantere Projektentwicklungen möglich. Auch kulturelle Hürden und eine vergleichsweise schwach entwickelte Infrastruktur lassen gerade sicherheitsorientierte institutionelle Investoren vorsichtig vorgehen.

Hinzu kommen politische Unruhen etwa in einigen chinesischen Provinzen - oder, wie im Frühjahr 2010, in der thailändischen Hauptstadt Bangkok. Insbesondere für viele Versicherungen, die vor allem Rechtssicherheit und Transparenz von Immobilienmärkten schätzen und suchen, ist dies oft noch zu gewagt. Für sie bieten sich eher Investitionen in den weitaus sichereren rohstoffreichen OECD Staaten wie Kanada oder Australien an. Mit ihnen können Investoren an der Entwicklung der asiatischen Löwen teilhaben. Denn Asien ist für sein Wachstum auf die Rohstoffe dieser Länder angewiesen.

Kanada und Australien - Rohstoffe als Sicherheit

Kanada wie auch Australien sprechen im Vergleich mit asiatischen Ländern dagegen Investoren mit einer anderen Investitionsphilosophie an. Beide Länder bieten hervorragende wirtschaftliche, rechtliche, politische und steuerliche Rahmenbedingungen. Sie zeichnen sich vor allem durch einen hohen Wohlstand und einen hohen Bildungsstandard der Bewohner aus. Die Staatsverschuldung in Australien ist eine der niedrigsten der Welt - sowohl vor als auch nach den staatlichen Konjunkturprogrammen, die beide Staaten in der Krise auflegten. Beide Länder sind wirtschaftlich glimpflich durch die Krise gekommen. In Australien sank die Arbeitslosenquote während der Krise sogar auf 5,4 Prozent. Zum Vergleich: In Deutschland liegt sie bei über acht Prozent.

Aber auch die immobilienwirtschaftlichen Rahmendaten stimmen. Die Immobilienmärkte beider Länder gehören laut Jones Lang Lasalle zu den transparentesten Märkten der Welt. Australien führt den Transparenzindex von über 80 Ländern sogar vor Kanada an. Entscheidend für die Investitionsentscheidung vieler Investoren ist derzeit allerdings der Rohstoffreichtum beider Länder.

Kanada gilt als einer der größten Exporteure von Getreide und besitzt enorme Vorräte an Wasser und Holz. Damit verfügt das Land über drei wichtige Rohstoffe im Überfluss. Die kanadischen Wälder decken rund zehn Prozent der weltweiten Waldflächen ab. Zudem ist Kanada einer der weltgrößten Ölerzeuger. Neben den USA ist vor allem China einer der wichtigsten Abnehmer des schwarzen Goldes. Die Nachfrage und damit die Preise sind mittlerweile so hoch, dass sich selbst die Förderung ehemals unrentabler Ölsande lohnt. Dadurch verfügt das Land nach Saudi Arabien sogar über die zweitgrößten Erdölreserven der Erde. Eine nicht minder wichtige Rolle nimmt Kanada in der Produktion von Erzen, Metallen und Mineralien wie beispielsweise Gold, Zink, Nickel, Kupfer und Uran ein.

Australien verfügt über die weltweit größten Reserven an Uran und Zink sowie über die zweitgrößten Reserven an Eisenerz. Zu den wichtigsten Exportgütern zählen vor allem Kohle, Eisenerz, Gold, Erdöl und Erdgas. Auch in Down Under bedienen sich die galoppierenden Volkswirtschaften aus Asien am Rohstoffreichtum des Landes. Für Steinkohle ist Australien seit über 20 Jahren der weltgrößte Exporteur. Von wachsender Bedeutung sind allerdings auch Zukunftsbranchen wie die Informations- und Kommunikationstechnologie, das E-Business sowie die Bio-, Nano- und die Medizintechnologie.

Für die nächsten Jahre wird die Frage nicht lauten: rohstoffreiche oder asiatische Länder? Sondern es wird viel mehr heißen: rohstoffreiche und asiatische Länder. So elementar sich beide Regionen unterscheiden, sowohl Asien als auch Kanada oder Australien finden ihre Anhänger unter den Institutionellen. Denn die Wünsche und Ansprüche von Familiy Offices, Versicherungen oder Pensionskassen unterscheiden sich zum Teil fundamental - etwa bei den Renditeanforderungen.

Investoren sind keine homogene Gruppe

Entsprechend unterscheiden sich auch die Investitionsphilosophien der Anlegergruppen, was weitreichende Folgen für Investmentgesellschaften hat. Für Versicherungen dürfte Asien in der Regel derzeit noch nicht von Interesse sein. Zwar benötigen diese Investoren eine Mindestverzinsung ihrer Anlagen und stehen unter erheblichem Renditedruck, dennoch ist Asien derzeit tabu für sie. Zu groß sind die Sicherheitsbedenken angesichts der vielen Hürden und der mangelhaften Transparenz der asiatischen Märkte. Wichtiger sind diesen Investoren eine sichere Cash-Flow-Basis und geringe Wertschwankungen.

Die hohen Auflagen des internen Risikomanagements, der Aufsicht und der Gremien sorgen zusätzlich für die Entscheidung kontra Asien. Hinzu kommt, dass Versicherungen und Pensionskassen eher prozyklisch agieren und aktuell vor allem Core-Investments in den westlichen Staaten suchen. Für sie kommen daher vor allem Kanada und Australien infrage. Zwar verzichten sie mit dortigen Core-Investments auf eine höhere Rendite. Jedoch erhalten sie die geforderte Sicherheit ihrer Investments.

Etwas anders stellt sich sicher die Lage für die vielen Family Offices dar. Sie investieren zwar einen nennenswerten Anteil ihres Vermögens in konservative Anlagen - oft sogar in Direktinvestments. Ein gewisser Teil des Vermögens wird jedoch auch risikoorientiert investiert - fast schon Private-Equity-ähnlich. Zudem stehen sie unter keiner vergleichbaren Risikokontrolle durch Gremien, wie dies bei Versicherungen der Fall ist, und der Entscheiderkreis ist in der Regel klein. So ist es also durchaus denkbar, dass diese Investoren auch ihre Chancen in Asien suchen werden.

Jochen Schenk , Vorsitzender des Vorstands, Real I.S. AG, München
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