Immobilie als Asset

Kulturwandel für mehr Transparenz am deutschen Immobilienmarkt

Je vollständiger und leichter verfügbar die Informationen, desto besser lassen sich Marktsituationen analysieren, bewerten und Entscheidungen treffen - soweit die Theorie. In der Praxis der Investmentanalyse, die letztlich jeder Transaktion vorausgeht, spielt das Thema Transparenz naturgemäß eine wesentliche Rolle - und das gleich auf mehreren Ebenen. Zum einen im Hinblick darauf, ob Marktinformationen, die für eine Analyse benötigt werden, überhaupt verfügbar sind und, falls ja, wie leicht sie zugänglich sind. Ausgehend von der Frage, welche Performance sich mit dem Investment erzielen lässt, fließen unterschiedliche Faktoren wie die Liquidität eines Marktes, die Preise oder die Ertragssicherheit über ein Performance-Modell in die Bewertung eines Investments ein. Die Gleichung ist simpel: Je mehr Informationen, desto exakter die Renditeprognose.

Einfache Gleichung

Zum anderen geht die Transparenz eines Marktes selbst in das Modell zur sogenannten benötigten Performance ein. Diese gibt die theoretische Mindestrendite an, die ein Investor auf Basis der risikobeeinflussenden Faktoren erzielen muss, um eine bestimmte Investition gegenüber Alternativmärkten oder - anlagen rechtfertigen zu können. Je schlechter die Transparenz und damit die Investitionssicherheit eines Marktes bewertet werden, desto höher fällt der Risikozuschlag in der benötigten Rendite aus. Das bedeutet: Die gleiche tatsächlich erzielbare Rendite ist in einem Markt mit besserer Transparenz wertvoller, da sie mit weniger zusätzlichem Risiko erkauft wird.

Mehr Transparenz ist also mehr als ein "Nice to have" oder Image-Faktor, vielmehr steigert sie die Attraktivität eines Marktes und wirkt sich damit direkt auf den Erfolg aller Beteiligten aus. Untersuchungen belegen, dass mit zunehmender Transparenz die Immobilien-Investitionsvolumina ansteigen. Dies gilt in besonderem Maße für Standorte abseits der Investment-Zentren, zu denen noch immer vergleichsweise wenige Marktdaten verfügbar sind.

Deutschland mit Nachholbedarf

Der deutsche Immobilienmarkt gilt nach dem Jones Lang Lasalle 2012 Global Real Estate Transparency Index als transparent. Im europäischen Ranking erreichte die Bundesrepublik den sechsten Rang, hinter Großbritannien, Frankreich, Finnland, Schweden und der Schweiz, die allesamt als sehr transparent bewertet wurden. Weltweit liegt Deutschland mit einem Score von 1,80 auf Platz zwölf.

Insgesamt steht Deutschland also gar nicht so schlecht dar. Allerdings lohnt sich ein genauer Blick. Denn in einzelnen Aspekten bietet der Markt immer noch nicht die Transparenz, die aus Anlegersicht wünschenswert wäre.

1. Miet- und Investitionsmärkte: An erster Stelle sind Informationen über die deutschen Miet- und Investitionsmärkte zu nennen. Nur selten und äußerst ungern wird in Deutschland über Preise oder Renditen gesprochen, sodass letztlich niemand weiß, wo genau das Preisniveau eines bestimmten Teilmarktes tatsächlich liegt. Als Angaben stehen meist nur die gruppierten Werte der Maklerhäuser zur Verfügung, kaum aber belastbare Detailinformationen neutraler Institute.

Keine strukturellen oder rechtlichen Hindernisse

Eine interessante Quelle für Transaktionen ist die US-Datenbank Real Capital Analytics (RCA), die jedoch auf öffentlich zugänglichen Informationen basiert und damit immer nur so detailliert sein kann, wie die Veröffentlichungen, die an den Märkten zu den verschiedenen Transaktionen erfolgen.

Grundsätzlich gibt es in Deutschland keine strukturellen oder rechtlichen Hindernisse dazu, mehr und umfassendere Informationen zu realisierten Preisen und Mieten an Immobilienmärkten frei zugänglich zu machen. Vielmehr gilt es, die Geschäftskultur weiter dahin zu entwickeln, dass offener über solche Themen berichtet wird. Fortschritte wurden hier gemacht, aber es gibt noch reichlich Luft nach oben.

2. Anbieter, Produkte, Investitionsvolumina bei Immobilien-Investments: Bislang existieren in Deutschland kaum offizielle Daten darüber, welche Initiatoren am indirekten Immobilien-Investment-Markt welche Art von Produkten verwalten und aktuell vertreiben. Potenzielle Anleger müssen daher in der Regel den Umweg über Berater oder andere Intermediäre wählen, um sich überhaupt einen Überblick über das Angebot verschaffen zu können.

Limitierte Möglichkeiten für Initiatoren und Investoren

Und umgekehrt gilt dies genauso: Auch die Initiatoren selbst verfügen nur über limitierte Möglichkeiten, um sich systematisch mit Informationen über potenzielle Anleger zu versorgen. Hinzu kommt, dass nicht nur die Datengrundlage zu den tatsächlichen Marktteilnehmern, sondern auch die zu den Investitionsvolumina in Deutschland noch relativ dünn ist.

So existiert hierzulande zum Beispiele die Statistik zum Mittelaufkommen des BVI Bundesverband Investment und Asset Management e.V. über die auch mögliche Anbieter in Erfahrung zu bringen sind. Allerdings liefert diese Auswertung keine vollständige Marktabdeckung, da nur Mitglieder des BVI aufgenommen und lediglich die Nettomittelaufkommen erfasst werden. Dass es auch anders geht, zeigt das Beispiel einer umfangreichen Datenbank des Research- und Beratungshauses Institutional Real Estate in den USA, in welcher Produkte, Anbieter, Endinvestoren und Eigenkapitalzusagen verzeichnet sind. Warburg- Henderson würde eine ähnliche Initiative für Deutschland unterstützen. Es ist zu hoffen, dass diese möglichst bald realisiert wird.

3. Performance-Messung bei Immobilien-Investments: Auch über die Performance einzelner Fondsprodukte ist in Deutschland im Vergleich zu anderen Märkten nur wenig bekannt. Die Forderung insbesondere institutioneller Anleger nach einer vergleichbaren Benchmark wird deshalb immer lauter und gewichtiger, je mehr Gelder in das Spezialfonds-Segment fließen. So gibt es zwar von der IPD den Offene Fonds Immobilien Index (OFIX) sowie den INREV Global Fund Index, diese sind jedoch für die Spezialfonds-Branche bislang nur mit Einschränkungen geeignet.

Aus diesem Grund wurde der vierteljährlich erscheinende Index IPD/BVI Spezial Fonds Immobilien Index (SFIX) entwickelt, der die aktuellen Entwicklungen der Immobilien-Spezialfonds sowie die institutionellen Publikumsfonds für alle Anleger abbildet und der die Total Returns der Fonds "on equity", also nach Einsatz von beispielsweise Fremdkapital, Liquiditätshaltung und Fondskosten, misst.

Vorteil des Index ist die Spezialisierung auf ein Vehikel und damit einheitliche Bewertungsmethoden, sodass institutionelle Investoren eine wirklich vergleichbare Benchmark für die deutsche Spezialfonds-Branche erhalten. Gleiches gilt für die Ermittlungsmethodik des Netto-Inventarwertes (NAV). Der SFIX erfasst aktuell 141 Spezialfonds mit 33,1 Milliarden Euro Fondsvolumen. Dies bedeutet bereits eine erfreuliche Marktabdeckung von 67 Prozent.

Der speziell auf die Spezialfonds-Branche ausgerichtete Index ist ein wichtiger erster Schritt. Um dem immer spezialisierteren Markt gerecht zu werden, ist eine Segmentierung des SFIX in weitere Sub-Indizes erforderlich und bereits geplant. Auch die jährlich erscheinende Performance-Studie der IPD zu Immobilien-Spezialfonds belegt diesen Trend. Viele Kapitalanlagegesellschaften und Fondsmanager engagieren sich für mehr Transparenz, um die Investitionssicherheit und die Rendite-Beurteilung auf dem deutschen Markt weiter zu steigern. Verschieden ausgestaltete Fondsstrategien, Timing von An- und Verkäufen sowie die Mandatierung eines geeigneten Investment-Managers sind wesentliche Performance-Treiber. Sie alle stellen entscheidende Auswahlkriterien für institutionelle Investoren dar.

Benchmarking wird Gebührenmodelle verändern

Zukünftig wird das Thema Benchmarking ein immer stärkeres Gewicht erhalten. Die Spezialfonds-Branche und nicht zuletzt das Geschäft der Kapitalanlagegesellschaften (künftig: Kapitalverwaltungsgesellschaften) werden sich verändern: Während Fondsmanager sich heute fast ausschließlich an Zielrenditen (Total Returns) orientieren, könnten schon bald Gebührenmodelle auf die Benchmark aufgesetzt werden.

Allerdings besteht grundsätzlich das Problem für alle genannten Plattformen darin, dass die Datengrundlagen - und damit der Index oder die Datenbank - nur so gut sind, wie die Veröffentlichungen, die hierzu erfolgen. Warburg - Henderson kennt das Spannungsfeld selbst: Denn oftmals verhindern kaufvertragliche Verpflichtungen oder Anlegerwünsche eine wirklich transparente Kommunikation. Hier sind andere Märkte weiter, während aus unserer Sicht in Deutschland nach wie vor Verbesserungsbedarf besteht.

Hier nun lässt sich wieder ein Bogen zum Thema Kultur schlagen. Ein entsprechender Wandel ist der entscheidende Hebel, die Transparenz des Marktes dauerhaft zu steigern. Davon würden dann letztlich Anbieter wie Nachfrager gleichermaßen profitieren. Die große Zahl der am SFIX teilnehmenden Spezialfonds-Anbieter, die bereits kurz nach der Index-Auflage zu einer Marktabdeckung von 67 Prozent führte, zeigt zumindest in diesem Bereich einen ermutigenden Erfolg.

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