Geschlossene Fonds

Markt der Beteiligungsmodelle durchläuft Renovierungsprozess

Schon der Paragraf 15b EStG ließ vergangenes Jahr vorausahnen, dass sich bei den Geschlossenen Fonds eine tief greifende Zäsur anbahnt. Wie stark sie jedoch greifen würde, wusste keiner. Inzwischen haben sich die hauptsächlich steuergetriebenen Fondsarten, wie New-Energy- und Medienfonds fast gänzlich vom Markt verabschiedet. Anleger und Konkurrenz warteten daher gleichermaßen gespannt, welche Neuerungen sich dieses Jahr für die Angebotspalette auftun sollten. Am erstaunlichsten am ganzen Prozess dürfte für Außenstehende vor allem die Anpassungsfähigkeit und die Flexibilität der Branche sein. So hat sich angesichts der neuen Marktsituation so mancher Initiator zum Alleskönner entwickelt.

Mut zur Kreativität

Plötzlich investieren langjährige Schiffsanbieter in Immobilien, Medienfonds-Initiatoren bringen Lebensversicherungsmodelle auf den Markt und Leasing-fonds-Emittenten konzipieren Private Equity Fonds. Ob angesichts der Ergebnisse in den nächsten Jahren der Spruch "Schuster bleib bei deinen Leisten" herangezogen werden muss oder aber der Hut vor soviel Wagemut gezogen werden darf, wird wohl erst die Zukunft zeigen. Anleger aber sollten angesichts der derzeitigen Marktsituation die Angebote genau prüfen, verstärkt auf die Leistungsbilanz achten und nur auf seriöse Anbieter mit langer Erfahrung setzen.

Wirft man einen Blick auf die Halbjahreszahlen, so ergibt sich trotz der Marktzäsur eine insgesamt zufrieden stellende Gesamtsituation. Um die Werte richtig einzuordnen, ist jedoch ein kurzer Rückblick nötig: Im ersten Halbjahr 2005 wurde mit sechs Milliarden Euro ein sehr gutes Platzierungsergebnis erreicht. Zum Teil war dies aber auf Vorzieheffekte durch die ab 1. Juli 2005 vorgeschriebene BaFin-Gestattung zurückzuführen. Das zeigt auch der mit 29,8 Prozent oder 3,67 Milliarden Euro überdurchschnittliche zweite Quartalsumsatz im vergangenen Jahr. Da dieser Effekt in diesem Jahr fehlt, ist das zweite Quartal 2006 mit drei Milliarden Euro eingesammeltem Eigenkapital eigentlich sehr zufrieden stellend ausgefallen.

Betrachtet man umgekehrt die einzelnen Segmente, so ergibt sich ein gemischtes Bild. Nicht so positiv wie es die ersten drei Monate erwarten ließen, entwickelten sich Immobilienfonds. Im vergangenen Jahr haben sie im zweiten Quartal mit 1,36 Milliarden Euro den Umsatz gegenüber dem ersten Quartal mit 0,7 Milliarden Euro fast verdoppelt. So konnte nur ein statistisch hochgerechneter Umsatz von rund 1,8 Milliarden Euro im ersten Halbjahr 2006 erzielt werden.

Besonders auffallend, angesichts der Steuersituation jedoch nicht sehr verwunderlich, ist dabei die Zunahme bei den Auslandsimmobilienfonds. Viele Anleger wollen nun, da es in Deutschland mit dem Steuersparen schlecht aussieht, die oft günstigere Situation im Ausland nutzen. Hier locken häufig hohe Freibeträge und niedrige Eingangssteuersätze. Über das gesamte Halbjahr 2006 liegt das Ausland mit etwa 1,1 Milliarden Euro deutlich vor dem Inland mit 0,7 Milliarden Euro.

Besonders gut gelaufen sind im zweiten Quartal 2006 die USA-Immobilienfonds. Diese konnten ihren sehr guten Vorjahresquartalsumsatz von 0,43 Milliarden Euro - dies entsprach 56 Prozent des Gesamtjahreserfolges - sogar noch etwas steigern. Über das gesamte Halbjahr 2006 bilden diese mit rund zwei Dritteln der Auslandsfondsumsätze den Löwenanteil ab. Damit steht bereits heute fest, dass USA-Immobilienfonds nach mehreren Jahren der Platzierungsrückgänge im Jahr 2006 wieder deutlich zulegen werden.

Schiffsbeteiligungen und Private Equity Fonds im Plus

Positiv entwickelt haben sich auch die Schiffsbeteiligungen. Am besten ablesbar ist dies bei MPC, die nach 20 Millionen Euro im ersten Quartal 2006 ihren Platzierungserfolg auf 173 Millionen Euro im zweiten Quartal gesteigert haben. HCI hat sich ebenfalls von 50 auf 75 Millionen Euro verbessert. Auch wenn im zweiten Quartal damit schon wieder die Umsatzzahlen des sehr guten Vorjahres erreicht wurden, ist der fehlende Erfolg aus dem ersten Quartal noch längst nicht ausgeglichen. Insgesamt liegt der Halbjahresumsatz 2006 mit rund 1,2 Milliarden Euro hinter dem Vorjahreswert von 1,68 Milliarden Euro. Weil die Platzierungszahlen des Gesamtmarktes allerdings ähnlich rückläufig sind, hat sich der Anteil von Schiffsbeteiligungen nicht verändert: rund jeder vierte Euro fließt in dieses Segment.

Verloren haben dagegen die Lebensversicherungsfonds. 2005 konnten sie mit 40 Prozent von 1,52 Milliarden Euro im ersten Halbjahr einen Umsatz von 0,61 Milliarden Euro erzielen. Dieser teilte sich sehr gleichmäßig auf die beiden Quartale auf. Ähnlich ist die Situation in diesem Jahr, allerdings auf niedrigerem Niveau. Rund 0,2 Milliarden Euro wurden jeweils in den ersten beiden Vierteljahren 2006 gezeichnet. Damit fehlt rund ein Drittel des Platzierungserfolges. Angesichts der schwierigen Einkaufssituation und der schwer wiederholbaren Steigerung im zweiten Halbjahr 2005 ist der Vorjahreserfolg damit in weite Ferne gerückt. Derzeit scheint nur noch ein Gesamtjahresumsatz von unter einer Milliarde Euro realistisch.

Auf einer Welle des Erfolgs schwimmen immer noch die Private Equity Fonds. Im vergangenen Jahr wurden von den 1,38 Milliarden Euro Gesamtjahresumsatz 62 Prozent im ersten Halbjahr umgesetzt. Erstaunlich ähnlich ist der Platzierungsverlauf dieses Jahr. Der Erfolg des ersten Quartals konnte von etwa 0,35 auf 0,55 Milliarden Euro im zweiten Vierteljahr gesteigert werden. Da die zweite Jahreshälfte 2005 nicht sonderlich zufrieden stellend verlief, wird dieses Jahr höchstwahrscheinlich ein neuer Platzierungsrekord erreicht werden. Die bisherige Schätzung von 1,5 Milliarden Euro kann durchaus auf 1,7 Milliarden Euro angehoben werden.

Erwartungsgemäß mager sieht es dagegen nach dem Boomjahr 2005 in diesem Jahr bei den Steuerfonds aus. Die guten Zahlen im zweiten Quartal 2005 wurden vor allem durch zwei Sondereffekte ausgelöst: die Diskussionen um die Einführung des Paragrafen 15b Einkommensteuergesetz im Mai und die BaFin-Gestattung ab 1.Juli.

So verbuchten Medienfonds fast ein Viertel des Jahresumsatzes im zweiten Quartal. New-Energy-Modelle und Leasingfonds lagen sogar deutlich darüber. Ohne die Verlustzuweisungsmöglichkeiten haben diese stark steuerorientierten Angebote 2006 bisher erwartungsgemäß wenig bis keinen Umsatz produziert.

Positive Impulse kamen nur von den "20er-Angeboten" (weil Paragraf 15b bei speziellen Kapitaleinkünften nach Paragraf 20 Einkommensteuergesetz nicht greift), die geschickt eine Steuerlücke nutzten.

Allerdings müssen diese Umsätze seit der Kabinettsentscheidung am 23. August nun, wie es aussieht, rück abgewickelt werden. Dies wird die Jahresendzahlen wohl deutlich belasten. Statt der prognostizierten zehn Milliarden Euro ist unter diesen Gegebenheiten wohl eher ein Jahresumsatz von neun Milliarden Euro als realistisch anzusehen. Dieser Schrumpfungsprozess muss jedoch nicht unbedingt negativ sein. Er kann sich bei richtigem Initiatorenverhalten für die Branche auch positiv im Sinne eines Gesundschrumpfens auswirken.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X