Leitartikel

Von Messen und Märkten

Messen bringen Menschen wie Märkte zusammen. Dies war schon anno 634 so, als in Saint-Denis bei Paris die erste urkundlich erwähnte Messe stattfand. Seitdem sind die Veranstaltungen als Handelsplatz und Ideenbörse beliebt wie nützlich. Diesen Anspruch hat auch die Expo Real, die vom 23. bis 25. Oktober dieses Jahres erneut Experten der deutschen und internationalen Immobilienwirtschaft in München zusammenführt. Der Slogan "Alle Märkte zur gleichen Zeit am gleichen Ort" soll dabei durchaus Programm sein. Rund 1 550 Aussteller aus 35 Ländern werden sich präsentieren. Auch die Teilnehmerzahl wird deutlich über dem Vorjahr liegen, erwartet der Geschäftsführer der Messe München, Eugen Egetenmeir (siehe Seite 682).

Die wachsende internationale Aufmerksamkeit für den deutschen Immobilienmarkt beflügelt auch hierzulande die Etablierung internationaler Finanzierungsusancen. Die hiesigen Immobilienbanken haben längst erkannt, dass sie - um gegen internationale Investmentbanken bestehen zu können - selbst die Bandbreite des Investmentbanking anbieten und nutzen müssen. Und dennoch scheuen die Institute noch eine konsequente Buy-and-Sell-Strategie. So will die Eurohypo einen Teil der Forderung dauerhaft auf die Bücher nehmen. Buy-and-Manage nennt das ihr Vorstandsvorsitzender, Bernd Knobloch (siehe Seite 684). Ist den eingefleischten Hypothekariern die Volatilität des Investmentbanking noch nicht ganz geheuer? Auch die Westdeutsche Immobilienbank (WIB) verfolgt eine vergleichbare Strategie. Allerdings trägt das Institut noch eine besondere "Altlast" mit sich: die Anstalt öffentlichen Rechts. Da diese Konstruktion am Kapitalmarkt nur schwer zu erklären ist, will das Institut ab 2007 als AG firmieren, um seine Story besser vermitteln zu können, erklärt der WIB-Vorstandsvorsitzende Hubert Beckmann im Redaktionsgespräch (siehe Seite 688).

Doch die Immobilienbanken der Verbünde bauen nicht nur das Investmentbanking aus, sondern intensivieren auch die Zusammenarbeit mit den Platzbanken. Während die Westdeutsche Immobilienbank verstärkt mit und für die Sparkassen arbeiten will, strebt die DG Hyp eine engere Kooperation mit den genossenschaftlichen Primärbanken an. Dabei wird Friedrich Piaskowski, Vorstandsmitglied der DG Hyp, nicht müde, sein Haus als Konsortialpartner der Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie als Know-how-Lieferant für strukturierte gewerbliche Finanzierungen anzupreisen (siehe Seite 696). Wachsender Wettbewerbsdruck macht auch hier Mut zu Innovationen.

Derweil nutzen internationale Investmentbanken die Gunst der Stunde und sind vor allem bei großen Portfolio-Transaktionen sehr rührig. Mit kapitalmarktorientierten Instrumenten wollen sie den Investoren günstigere Finanzierungen als den klassischen Bankkredit anbieten, wie Erik Sonden, Peter Klauss und Ralf Darbe von der Société Générale erläutern (siehe Seite 692). Damit stoßen sie inzwischen auch bei deutschen Immobilieninvestoren auf großes Interesse. Denn die hierzulande immer noch üblichen Hypothekenkredite sind zu langfristig und zu unflexibel, kritisiert Christof Okulla von der Corpus Immobiliengruppe (siehe Seite 698). Die Vorteile angelsächsischer Finanzierungsinstrumente hat das Unternehmen bereits bei gemeinsamen Transaktionen von Morgan Stanley gelernt. Jetzt drängt es den "Schüler", das neue Wissen selbstständig umzusetzen: Künftig wolle man wie die großen Opportunity Funds auch Non-Recourse-Strukturen nutzen. Das Selbstbewusstsein deutscher Investoren wächst also.

Dies bekommen auch die Makler zu spüren. Lokales Markt-Know-how allein reicht längst nicht mehr. Gewünscht werden komplexe Leistungen, die vom Research über die Suche nach Mietern und Käufern bis zur Aushandlung der Verträge reichen, wie Martin J. Brühl von Cushman & Wakefield bestätigt (siehe Seite 704). Vorbild sind - wieder einmal - die Angelsachsen. Von deren Standards sind deutsche Makler jedoch noch weit entfernt, beklagt Bernd Kottmann, Vorstandsmitglied der IVG (siehe Seite 701). So unterliegen britische Makler in etwa den gleichen Qualifikationsanforderungen wie Wirtschaftsprüfer und würden für weniger Honorar deutlich mehr Leistungen erbringen.

Statt auf Makler verlässt sich die TLG Immobilien auf die eigene lokale Expertise. Dass sich so selbst in dem schwierigen ostdeutschen Markt ein rentierliches Immobilienportfolio aufbauen lässt, haben die Geschäftsführer Volkmar von Obstfelder und Eugen von Lackum immerhin schon bewiesen (siehe Seite 706). Wie Märkte gestaltet werden können, zeigt die RAG Immobilien, die durch gezielte Aufwertungen im Bestand und Dienstleistungen für die Mieter die Abwanderung vor allem junger Familien ins Umland stoppen und sogar umkehren will. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass Kommunen und Wohnungsbaugesellschaften gemeinsam an Konzepten der Stadtentwicklung arbeiten und diese auch umsetzen, wie der Vorstandsvorsitzende Hermann Marth anmahnt (siehe Seite 708). Public Private Partnership (PPP) könnte sich dabei als Motor erweisen. Dass dieser noch nicht richtig in Fahrt gekommen ist, liegt für Hochtief-Vorstand Herbert Lütkestratkötter vor allem an der öffentlichen Verwaltung, die einen Macht- und Kontrollverlust befürchtet (siehe Seite 710).

PPP und ein intensiver Preiswettbewerb haben auch im Markt für Facility Management für Bewegung und Innovationen gesorgt. Zunehmend differenzieren sich Spezialisten, die nur wenige Dienstleistungen bereitstellen, und Generalisten mit breiter Produktpalette heraus. Dass auch ein dritter Weg gangbar ist - nämlich den des Generalisten, der sich auf spezialisierte Tochtergesellschaften stützt -, will Bernd Jacke mit der Wisag zeigen (siehe Seite 712).

Damit sich die Expo Real international mit der Mipim in Cannes messen kann, will der Veranstalter die deutsche Immobilienwirtschaft auch in aufstrebende Immobilienmärkte begleiten. Mit China wurde bereits ein Anfang gemacht. Und es ist wohl nicht auszuschließen, dass in naher Zukunft auch eine Expo Real in Indien stattfindet. Immerhin entwickelt sich dort ein Immobilienmarkt mit enormen Potenzial, wie Leonard Meyer zu Brickwedde von der HRE International darlegt (siehe Seite 714). Wo es außerdem noch Standorte mit besonderen Perspektiven gibt? Auf der Expo Real wird man sie finden.L.H.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X