Stadtentwicklung

Möglichkeiten kommunaler Wohnungspolitik in Frankfurt

Frankfurt am Main ist nicht nur wirtschaftlich eine sehr dynamische Stadt. Jährlich ziehen zirka 150 000 Einwohner innerhalb der Stadtgrenze oder über die Stadtgrenze hinaus um. Ein Drittel davon sind Umzüge innerhalb Frankfurts, ein Drittel verlässt die Stadt und ein weiteres Drittel zieht zu.

Rückläufige Tendenz bei den Fortzügen

Während die Bevölkerungszahl insgesamt seit etwa zehn Jahren stabil geblieben und in den letzten Jahren leicht angestiegen ist, ergibt sich bei den Stadt-Umland-Wanderungen nach wie vor eine negative Bilanz. In den neunziger Jahren hat Frankfurt am Main jährlich rund 3 000 bis 4 000 Einwohner an die umliegenden Kreise verloren. Seit 2003 lässt sich jedoch beobachten, dass sich dieser Trend nur noch abgemildert fortsetzt: Die negative Bilanz hat sich etwa um die Hälfte reduziert.

Die Stadt Frankfurt am Main führt seit zehn Jahren Wanderungsmotiv-Befragungen durch. Daher ist bekannt, dass die Wegzüge in das Frankfurter Umland fast ausschließlich wohnungs- und wohnumfeldorientiert stattfinden. Die dort bezogenen Wohnungen sind im Vergleich zur alten Frankfurter Wohnung qualitativ hochwertiger, größer und relativ (auf den Quadratmeter Wohnfläche gerechnet) kostengünstiger. Sie liegen in kleineren Gebäudeeinheiten und in einem ruhigeren Umfeld mit einem höheren Anteil an Grünflächen. Auch der Wunsch nach Eigentum spielt für den Wegzug eine Rolle. Für einen beachtlichen Teil der Befragten war die Wohnung im Umland jedoch nur die zweite Wahl. Auf die Frage "Wären Sie in Frankfurt geblieben, wenn Sie etwas Passendes gefunden hätten?" antworteten 38 Prozent der Weggezogenen mit "ja" und weitere 31 Prozent mit "vielleicht". Bemerkenswert ist ebenso, dass rund jeder zehnte Haushalt beabsichtigt, wieder in die Stadt zurückzuziehen (Weggezogenenbefragung 2004). Auch bei den nach Frankfurt am Main Zugezogenen findet sich eine große Verbundenheit mit der Stadt. Drei Viertel der Neu-Frankfurter leben gerne hier und fast die Hälfte wird für längere Zeit bleiben (Zugezogenenbefragung 2004).

Für die Frankfurter Stadtentwicklungsplanung ist das beschriebene lebhafte Umzugsgeschehen zwischen Stadt und Umland, zwischen Kernstadt und verstädterten, aber auch peripheren Bereichen der Region Frankfurt Rhein-Main Ausdruck eines Wohnungsmarktes, der nicht an den Stadtgrenzen Halt macht und dem planerisch Rechnung zu tragen ist. Dies schließt jedoch nicht aus, dass sich die Stadt um Rahmenbedingungen bemüht, damit sich Frankfurter Bürger nicht mehr gezwungen sehen, die Stadt wegen eines unzureichenden Wohnungsangebotes zu verlassen.

Leitplan Wohnen

Um diese Rahmenbedingungen auszugestalten, wurde das Gesamtkonzept "Leitplan Wohnen" entwickelt. Zu dem Konzept gehören wohnungspolitische Leitlinien, eine kontinuierliche Wohnungsmarktbeobachtung mit einer umfassenden Wohnungsmarkt- und Bedarfsanalyse, ein Wohnraumversorgungskonzept für den geförderten Wohnungsbau und das Wohnbauland-Entwicklungsprogramm.

In Frankfurt am Main stehen knapp

370 000 Haushalten rund 350 000 Wohnungen zur Verfügung. Dies entspricht einem Versorgungsgrad von nur 95 Prozent. Bis 2020 besteht ein zusätzlicher Bedarf von 28 000 bis 39 000 Wohnungen. Diese Bandbreite ergibt sich durch verschiedene Varianten der städtischen Bevölkerungsprognose, die zwischen einer stagnierenden Bevölkerungsentwicklung und einer stärkeren Zuwanderung bis 2020 variieren. Neben unserer städtischen Bevölkerungsprognose gehen auch andere Prognosen, wie zum Beispiel die des Planungsverbandes Ballungsraum Frankfurt Rhein/Main, davon aus, dass Frankfurt am Main auch langfristig keine nennenswerten Bevölkerungsverluste zu erwarten hat.

Wohnungsbedarf besteht in fast allen Marktsegmenten und reicht von exklusiven Eigentumswohnungen bis zu preiswerten Mietwohnungen in innerstädtischen Quartieren, von günstigen Reihenhäusern, bezahlbaren Miet- und Eigentumswohnungen bis zu großzügigen Einfamilienhäusern in ruhiger Lage.

Dämpfung des Preisanstiegs durch neues Bauland

Die Palette der Instrumente mit der diesem Bedarf begegnet wird, ist daher ebenso vielfältig. Um das Wohnungsangebot insgesamt zu erhöhen, sind in den letzten Jahren zahlreiche Neubaugebiete als Stadterweiterung und auf Umstrukturierungsflächen entwickelt worden. Durch eine Vergrößerung des Angebotes sollen eine Dämpfung der Preise, eine verstetigte Bautätigkeit und nicht zuletzt eine Reduzierung der sozialen Segregation, kleinräumig wie auf regionaler Ebene, erreicht werden.

Zur planungsrechtlichen Steuerung dieser Wohnungsbaupotenziale dient das Wohnbauland-Entwicklungsprogramm. Es stellt sämtliche Potenziale dar, die mehr als 50 Wohneinheiten umfassen und prognostiziert den zeitlichen Ablauf der Planung und Entwicklung bis zur Baulandbereitstellung. Zurzeit sind 41 Flächen erfasst, die Platz für rund 25 000 Wohneinheiten bieten. Weitere Wohnungsbaupotenziale mit etwa 5 000 Wohneinheiten stehen auf mindergenutzten kleinteiligen Flächen und in Baulücken zur Verfügung. Ein Baulückenatlas, der diese Flächen erfasst, dient als Information für Bauwillige und andere Interessenten.

Die entwickelten Wohnbaupotenziale befinden sich zum Beispiel in ruhigerer Randlage als Stadtteilarrondierungen in Kalbach oder in Harheim. Am Riedberg entsteht zurzeit ein neuer Stadtteil mit insgesamt 6 000 Wohneinheiten. Auf Flächen, die ehemals von den amerikanischen Streitkräften genutzt wurden, konnten zirka 3 600 neue Wohnungen gebaut werden. Entlang des Mains entstanden beidseits der Innenstadt vier hochwertige neue Quartiere mit fast 3 000 Wohnungen auf ehemals gewerblich genutzten Flächen.

Begleitend zu den Wohnungsbauprojekten am Main hat sich die Stadt durch die Erweiterung des Mainuferparks wieder zum Fluss hin geöffnet. Seit 1997 konnte die Mainuferpromenade im Innenstadtbereich auf 9,2 Kilometer verdoppelt werden. Die Erweiterung des Mainuferparks ist nur ein Beispiel dafür, dass bei der Entwicklung neuer Quartiere auf die Gestaltung des Wohnumfeldes großer Wert gelegt wird. Hierbei bieten Umstrukturierungsgebiete zudem die Chance, in innerstädtischen Bereichen bestehende Defizite, wie einen Mangel an Grün- und Freiflächen, auszugleichen.

Zunehmende Bedeutung erfährt auch die Diskussion nach der Qualität des Wohnungsbaus. Viele Neubaugebiete in Frankfurt und ebenso im Umland erscheinen, architektonisch betrachtet, stereotyp und austauschbar. Hier hat die Stadt bereits einen Anfang gemacht, mit der Fachwelt in den Dialog zu treten. Die dazu im letzten Jahr veranstaltete Fachtagung stieß auf sehr große Resonanz. Die Ergebnisse der Fachtagung werden überarbeitet und auf ihre Umsetzbarkeit überprüft. Weitere Gespräche mit Bauherren, Investoren, Planern, Architekten und Wohnungsbaugesellschaften sind geplant.

Erfreulicherweise steigt die Bereitschaft, auch in anderen Bereichen innovative Projekte durchzuführen. So wird in Bockenheim ein neues Quartier bezogen, das in urbanem Ambiente komplett in Passivhaus-Bauweise errichtet wurde. Im Neubaugebiet Frankfurter Bogen in Preungesheim konnte ein Wohnprojekt "Gemeinschaftliches Wohnen im Alter" realisiert werden.

Wie diese Beispiele zeigen, ist es wichtig, das Thema "Wohnen in Frankfurt" nicht nur unter dem quantitativen Aspekt zu behandeln. Qualität im Wohnungs- und Städtebau und im Wohnumfeld sind von erheblicher Bedeutung und wurden daher auch als Grundsatz in den wohnungspolitischen Leitlinien verankert. Die Qualifizierung von Gebieten bezieht sich selbstverständlich nicht nur auf Neubaugebiete. Auch in vielen Stadtteilen und insbesondere der inneren Stadt gilt es, Defizite zu beheben und die Attraktivität der Quartiere zu steigern.

Da Frankfurt am Main "die Stadt der kurzen Wege" bleiben soll - und hier liegt einer der Vorteile dem Umland gegenüber - ist im Rahmen der Wohnumfeldverbesserungen auch eine adäquate Einzelhandelsversorgung von großer Bedeutung. Neben der Stärkung der Innenstadt und der Stadtteilzentren wird das Ziel verfolgt, die wohnungsnahe Grundversorgung sicherzustellen. Das hierzu erarbeitete Einzelhandels- und Zentrenkonzept zeigt Defizite und Chancen auf. Es beinhaltet mögliche Lösungsansätze und ist die Handlungsgrundlage für die kommunalen Aktivitäten. Zu ihnen zählen in den letzten Jahren Konferenzen des Magistrats mit Einzelhandelsakteuren vor Ort: Vertreter der Stadtplanung, Wirtschaftsförderung, IHK, des Einzelhandelsverbandes und die lokalen Akteure erörtern gemeinsam die Problemlagen vor Ort, deren mögliche Lösungen und treffen Absprachen über weitere Initiativen.

Die Aufwertung des öffentlichen Raums stellt eine weitere Maßnahme zur Wohnumfeldverbesserung dar. Einige Maßnahmen zur Steigerung der Aufenthaltsqualität von Plätzen, des Straßenraums und der Grünflächen konnten bereits erfolgreich abgeschlossen werden, wie der Johannis-Kirchplatz in Bornheim oder der Reiffenstein-Platz in der Innenstadt.

Aufwertung, Revitalisierung und Neuordnung von Stadtteilen

Zahlreiche Projekte zur Revitalisierung oder Neuordnung von Stadtteilen dokumentieren die Aktivitäten. Um nur einige zu nennen: die Rahmenpläne Innenstadt, Höchst und Alt-Sachsenhausen, die Stadterneuerungsverfahren im Ostend und im Gallusviertel, die Bebauungsplanverfahren für das Universitätsgelände in Bockenheim und das ehemalige Henninger-Gelände in Sachsenhausen, der Rahmenplan und das Förderprogramm im Bahnhofsviertel.

Im Bahnhofsviertel besteht die Besonderheit, dass neben der Sanierung und dem Neubau von Wohnungen auch die Umwandlung von Büro- und Gewerbenutzungen in Wohnraum finanziell gefördert werden können. Davon werden sich Impulse für die gesamte Stadt erhofft. Das generelle Interesse von Investoren und Bauherren an der Thematik der Umwandlung sowie Projekte, die bereits umgesetzt werden, lassen durchaus die Bereitschaft erkennen, neue Wege einzuschlagen.

Für die Bebauung des ehemaligen Straßenbahndepots in Bornheim liegen bereits jetzt vor Baubeginn zahlreiche Interessensbekundungen und Reservierung für die insgesamt 160 Miet- und Eigentumswohnungen vor. Im Bahnhofsviertel werden die Fördermittel (zehn Millionen Euro für 2006) sehr gut angenommen. Dies betrifft sowohl die Modernisierung von Wohnungen als auch die Schaffung neuen Wohnraums durch Aufstockung und Umwandlung von Büro- und Gewerbeeinheiten.

Die Stadt muss sich wieder auf ihre eigenen Qualitäten besinnen: urbanes lebendiges Ambiente, kulturelle Vielfalt, kurze Wege, gute und schnelle öffentliche Verkehrsmittel, Raum für Vielgestaltigkeit und Innovation. Mit anderen

Worten Qualitäten, die im Vergleich mit dem Umland konkurrenzlos sind. Dies bedeutet nicht, dass die Konfrontation mit den Kommunen in der Region gesucht wird; angestrebt wird vielmehr ein sinnvolles Zusammenspiel, eine Aufgabenteilung.

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