Zukunft der Wohnungswirtschaft

Nebenkostenoptimierung durch Mieterbeteiligung

Die steigenden Kosten für die sogenannte zweite Miete zwingen viele Wohnungsunternehmen zum Handeln, obwohl sie selbst für die Kostensteigerungen nicht verantwortlich sind. Preissensibilität der Mieter für ihre Betriebs- und Heizkosten sowie ein gewachsenes öffentliches Bewusstsein für das Thema Energiesparen erfordern neben energetischen Modernisierungen auch kleinteilige Maßnahmen.

Das Pilotprojekt

Das Ergebnis vorweg: Anfang Oktober 2008 startete Saga-GWG im Stadtteil Harburg, in Hamburgs Süden, ein neues Verfahren, bei dem die Mieter einmal im Jahr die Heizkostenverteiler sowie die Wohnungswasseruhren selbst ablesen und die Werte an einen Dienstleistungspartner schicken. Dieser Dienstleistungspartner, die Firma Servcount, Tochterunternehmen des kommunalen Wasserver- und -entsorgers Hamburg Wasser, übernimmt die Installation der Heizkostenverteiler, ist Adressat der durch die Mieter abgelesenen Daten und bereitet diese auf.

Saga-GWG erstellen auf der Basis der durch Servcount generierten Verbrauchswerte die jährliche Betriebs- und Heiz-/Warmwasserkostenabrechnung. Zusätzlich zur Installation der Heizkostenverteiler rüstet das Dienstleistungsunternehmen die Wohnungen mit Rauchwarnmeldern aus. Den jährlichen Funktionstest übernehmen wiederum die Mieter selbst.

Auslöser der Überlegungen war die gesetzliche Verpflichtung, in Hamburg bis Ende 2010 die Bestandswohnungen mit Rauchwarnmeldern auszurüsten. Die gesetzliche Verpflichtung umfasst auch eine jährliche Funktionsprüfung, für die allerdings keine besondere Fachkunde erforderlich ist. Zielsetzung war zunächst, eine Kostenbegrenzung durch Bündelung mit den jährlichen Ableseterminen für Heizkostenverteiler und Wohnungswasserzähler zu erreichen. Mehrkosten durch die Installation der Rauchwarnmelder sollten durch Minderkosten im Bereich der Abrechnungsdienste zumindest kompensiert werden.

Preisabfragen bei den Messdienstfirmen für komplette Leistungspakete mit Ablesung der Heizkostenverteiler und Wohnungswasserzähler sowie des Funktionstestes Rauchwarnmelder führten nicht zum gewünschten Ergebnis. Funksysteme schieden als Alternative aus. Die vergleichsweise hohen Investitionskosten sind, sofern es sich um einen Systemwechsel handelt, über die Miete nicht refinanzierbar.

Die neue Idee

So entstand eine neue Idee, Kostenreduzierung und Komfortsteigerung für Mieter durch Selbstablesung zu generieren, ein Verfahren, das bei Energielieferanten mit Direktlieferbeziehungen zum Kunden durchaus üblich ist. Für Saga-GWG kam es bei dieser Geschäftsidee insbesondere darauf an, eigene Kernkompetenzen (eigene Erstellung der Betriebskosten- und Heiz-/Warmwasserkostenabrechnung) zu kombinieren mit den Kernkompetenzen eines erfahrenen Partners mit Selbstablesesystemen für die Verbrauchsdatenerfassung und Aufbereitung der Daten.

Im Portfolio der klassischen Messdienstfirmen waren Selbstablesesysteme nicht enthalten. Spezielle Anbieter für Selbstablesesysteme sind bisher nicht am Markt. Derartige Erfahrungen sind allerdings vorhanden bei den Energieversorgungsunternehmen mit Direktlieferverträgen zum Endverbraucher (Mieter).

Hier bot sich Hamburg Wasser mit erklärtermaßen guten langjährigen Erfahrungen mit der Selbstablesung an, die auf Ableseverfahren bei der Heizkostenermittlung von Wohnungsunternehmen übertragen wurden. In einer gemeinsamen Projektierungsphase wurden die Rahmenbedingungen des Selbstableseverfahrens abgestimmt und letztlich vertraglich vereinbart.

Die Rahmenbedingungen

Zunächst einmal müssen die eingesetzten Geräte in ihrer Handhabbarkeit die Mieterselbstablesung unterstützen. Zugleich müssen sie grundsätzlich geeignet sein, Fehlangaben bis hin zu Manipulationsversuchen möglichst auszuschließen.

Bei den Heizkostenverteilern (HKV) bedeutete dies, die bisherigen auf Verdunsterröhrchen basierten HKV auszutauschen gegen elektronische HKV mit digitalem Display. Verwendet werden hier Geräte der Firma Kundo Systemtechnik, die aus Gründen der Benutzerfreundlichkeit speziell für den Hamburger Einsatz modifiziert wurden. Statt vier wechselnde Angaben auf dem Datendisplay zeigen die neuen Heizkostenverteiler nur noch zwei Werte an, eine fortlaufende Verbrauchsanzeige und im Wechsel dazu die Anzeige einer Prüfziffer. Beide Werte sind bei der jährlichen Selbstablesung anzugeben. Die Prüfziffer dient der sofortigen Plausibilisierung des gemeldeten Verbrauchswertes.

Bei den Wohnungswasserzählern ergaben sich keine produktspezifischen Änderungserfordernisse. Hier wurden lediglich die Austauschtermine der Messkapseln auf ein einheitliches Eichintervall von fünf Jahren harmonisiert.

Zusätzlich zum Austausch der alten Verdunsterröhrchen gegen neue digitale selbstablesefähige Heizkostenverteiler installierte Servcount auch die Rauchwarnmelder in den Wohnungen. Der zum Einsatz kommende Rauchwarnmelder hatte zum Zeitpunkt der Produktauswahl einige Alleinstellungsmerkmale, die den Selbsttest durch Mieter unterstützen. So ist eine Prüftaste vom Boden aus bedienbar ("Besenstieltest"). Es hat eine Stummschaltungsfunktion bei Fehlalarm, die Raucheintrittsöffnungen sind vom Boden aus gut sichtbar. Das Gerät verfügt über einen permanenten Innen-kammer-Eigentest. Die Batterie besitzt eine zehnjährige Lebensdauer. Sie ist nicht entnehmbar und somit von der Gerätegarantie mit umfasst. Natürlich verfügt das Produkt über alle Zulassungen und Zertifikate.

Die elektronischen Heizkostenverteiler und die Rauchwarnmelder bleiben im Eigentum von Servcount. Sie werden nach jeweils zehn Jahren zum Ablauf der Batterielebensdauer ausgetauscht. Der Austausch der Geräte findet jeweils zusammen mit dem Wechseln der Messkapseln statt, sodass es für die Mieter nur noch ein Minimum an Terminen künftig geben wird.

Die jährliche Selbstablesung wird unterstützt durch eine vorbereitete dreiteilige Ablesekarte, die ausgefüllt an Servcount zurückzuschicken ist. Räume und Gerätenummern sind hierbei zur leichten Identifizierung bereits eingedruckt. Bei den Rauchwarnmeldern bestätigt der Mieter die Prüfschritte und sendet die Karte alsdann mit seiner Unterschrift versehen an Servcount zurück. Es ist vorgesehen, künftig auch Angaben über das Internet zu ermöglichen.

Die Selbstablesung

Die Umrüstung des Bestandes erfolgt in mehreren Abschnitten. Diese orientieren sich an den Eichfristen der Wohnungswasserzähler. Die letzten Wohnungen werden im Jahre 2012 / 2013 umgerüstet werden. Für die nach 2010 vorgesehenen Wohnungen wird allerdings die Installation der Rauchwarnmelder in den Jahren 2009 und 2010 vorgezogen, um der gesetzlichen Pflicht Genüge zu tun.

Die ersten rund 23 500 Wohnungen sind inzwischen umgerüstet. Hierfür waren 35 Montageteams im Einsatz. Im Zuge der Umrüstung wurden noch einmal die Verbrauchswerte bei den Heizkosten für die bisherigen Ablesedienste abgelesen und zur Datenaufbereitung zur Verfügung gestellt. Die Mieter wurden jeweils rechtzeitig und umfassend informiert. Ein Info-Bus von Hamburg Wasser/Servcount informierte zusätzlich in den jeweiligen Wohngebieten die Mieter vor Ort über die Maßnahmen. Des Weiteren informiert das Saga-GWG-Mietermagazin über die neuen Verfahren und die Montage der Geräte mittels einer Reportage über den Technikerbesuch bei einer Saga-Mieterin.

Ende 2009 lesen die Mieter erstmals selbst ihren Verbrauch von Wasser und Heizwärme ab und testen die Rauchwarnmelder. Wer hierbei durch Handicaps Schwierigkeiten hat, erhält eine kostenlose Unterstützung. Wer aus anderen Gründen daran interessiert ist, dass ein Ableser kommt, kann auch dies als Dienstleistung bei Servcount gegen eine entsprechende "Gebühr" bestellen. Die sogenannte Verweigererquote in der ersten Umrüstungsphase liegt bei unter zwei Prozent.

20 Prozent Einsparung

Für Saga-GWG ist die Einführung des neuen Selbstableseverfahrens aus vielerlei Hinsicht attraktiv. Aufgrund der Selbstablesung durch die Mieter reduzieren sich die Ablesekosten. Der bisher für die manuelle Ablesung durch einen Mess- und Ablesedienst erforderliche Kostenanteil entfällt. Das Selbstableseverfahren umfasst die Heizkostenverteiler, die Wasseruhren sowie eine Bestätigung über die von den Mietern durchzuführenden Funktionstests an den Rauchwarnmeldern. Die Werte werden von den Mietern auf einem speziellen Formular notiert und Servcount zugeschickt. Alternativ können die Daten auch über das Internet übermittelt werden. Das Verfahren führt im Ergebnis dazu, dass rund 20 Prozent der bisherigen Kostenanteile für dieses Leistungspaket eingespart werden. Dieser Vorteil kommt den Mietern direkt zugute.

Für die Mieter bringt das Selbstableseverfahren weitere Vorteile mit sich: Die teilweise aufwendigen und lästigen Terminabsprachen mit den Ablesedienstleistern entfallen. Die neuen Wasserzähler und digitalen Heizkostenverteiler arbeiten nicht nur genauer. Da sie leichter ablesbar sind, bieten sie den Mietern zudem eine gute Kontrolle über ihren Verbrauch. Auch die Funktionsprüfung der Rauchwarnmelder durch den Mieter selbst spart Geld. Mit den gewählten Geräten ist die Prüfung simpel durchzuführen. Zudem erhöhen die Rauchwarnmelder die Sicherheit.

Das Projekt von Saga-GWG und Servcount stellt sich zunehmend als ein Zukunftsmodell für die kostensparende Ablesung und Abrechnung von Betriebskosten auf dem Wohnungsmarkt dar. Bundesweit ist ein wachsendes Interesse für dieses Modell zu verzeichnen.

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