Immobilien in der Förderung

Niedersachsens Städte punkten wieder bei Einwohnern

Der Schlagertitel "Wir zahlen keine Miete mehr, wir sind zu Haus im Grünen" aus den dreißiger Jahren beschreibt ganz gut das Verhalten der Eigenheimbauer der vergangenen Jahrzehnte. Wer baute, der baute auf der grünen Wiese, vor den Toren der Stadt oder an ihren Rändern. Kommunen beförderten diese Wanderung und wiesen Wohnbauflächen bevorzugt an den Ortsrändern aus. So ist die Siedlungsfläche stetig von innen nach außen gewachsen. Dieser Trend scheint sich umzukehren, wenn wir öffentlichen und veröffentlichten Beiträgen der jüngsten Zeit Glauben schenken dürfen. Von einer "Renaissance der Städte" ist da zu lesen und von einer "neuen Landflucht". Der Deutsche Städtetag spricht sogar von dem "neuen Phänomen der Rückwanderung breiter Bevölkerungsteile von den Rändern in die Innenstädte".

Die Niedersächsische Landestreuhandstelle (LTS) - seit wenigen Wochen in die N-Bank, die Investitions- und Förderbank Niedersachen integriert - beobachtet seit gut zehn Jahren im Auftrage des Landes die Wohnimmobilien- und Baulandmärkte im größten deutschen Flächenstaat. 2007 hat sie erstmals für die vergangenen zehn Jahre Wanderungsdaten von 30 niedersächsischen Städten analysiert, darunter die 20 größten.

Ausführlich hat sie Wanderungsmatrizen nach Herkunfts- und Zielgebieten sowie nach Alter der wandernden Personen ausgewertet. Sie kommt zu dem Schluss: Von einer maßgeblichen Rückwanderung kann aktuell noch keine Rede sein. Letztlich zogen nicht mehr Menschen in die Stadt, sondern weniger aus ihr weg. Für niedersächsische Städte ist ein Bleiben festzustellen, kein vermehrter Zuzug.

Niedersachsens Städte punkten also wieder im Wettbewerb um Einwohner und Einwohnerinnen. Exemplarisch sei dies anhand zweier großer niedersächsischer Städte aufgezeigt: der Landeshauptstadt Hannover und dem Oberzentrum der Weser-Ems-Region, der an Bevölkerung viertgrößten Stadt Oldenburg.

Hannover und Oldenburg: ein Bleiben, kein Zurück

Wie sich Hannovers Wanderungssalden im Zeitablauf entwickelt haben, wird in Abbildung 1 gezeigt. Erkennen lässt sich im Zehn-Jahres-Verlauf ein Muster, das sich nur langsam verändert: Einer Zuwanderung aus Ostdeutschland und dem Ausland stehen Abwanderungen in andere deutsche Arbeitsmarktzentren und das Umland gegenüber. Die Leinestadt gewinnt in dieser Zeit per Saldo vor allem Einwohner und Einwohnerinnen aus Sachsen-Anhalt, aber auch aus anderen neuen Bundesländern und dem Ausland. Sie verliert in erster Linie an Städte in ihrem Umland oder an die Bundesländer Hamburg, Bayern, Baden-Württemberg und Berlin. Bei den Verlusten dürfte es sich vorwiegend um Bildungs- beziehungsweise Arbeitsplatzwanderungen handeln.

Insgesamt verliert die mit mehr als einer halben Million Menschen weitaus größte Stadt Niedersachsens in den Jahren 1996 bis 2005 rund 7 000 Einwohner und Einwohnerinnen. Das ist ein Prozent ihrer Bevölkerung. Gleichzeitig nahm der Wanderungssaldo zu. Die Zahl der Zuzüge ist jedoch nicht gestiegen. Die Fortzüge ins Umland haben sich verringert. Wir haben es demnach eher mit einem Bleiben in der Stadt zu tun, keineswegs mit einem Zurück.

Dieser Trend bestätigt sich in Oldenburg, wenn selbstverständlich auch in geringeren Dimensionen (Abbildung 2). Oldenburg ist in den vergangenen zehn Jahren auf etwa 153 000 Personen angewachsen. Insbesondere aus dem Ausland sind Menschen in die Universitätsstadt im nordwestlichen Niedersachsen gezogen, auch wenn sich der Zuzug in den vergangenen drei Betrachtungsjahren beruhigt hat und für die nächsten Jahre keine großen Veränderungen zu erwarten sind.

Zur gleichen Zeit hat Oldenburg mehr Einwohner und Einwohnerinnen an das Umland verloren als von dort ins Stadtgebiet gezogen sind. Der Strom aus der Stadt heraus wird aber von Jahr zu Jahr geringer, während der Zuzug stagniert. Zu Recht hält Oldenburg daher in der Broschüre "Neue Lust auf Stadt" fest: "In den zurückliegenden Jahren bevorzugten viele Menschen das Eigenheim im Speckgürtel der Metropolen. Nun aber rückt der urbane Lebensraum wieder stärker in den Mittelpunkt."

Städte locken mit Bauland und Boni

Über die Gründe für das Bleiben lässt sich teilweise nur spekulieren. Eine Rolle spielt sicherlich eine allmählich veränderte Flächenpolitik. In jüngerer Zeit wird zunehmend auf das Modell des nachhaltigen Flächenmanagements rekurriert. Das Förderprogramm "Forschung für die Reduzierung der Flächeninanspruchnahme und ein nachhaltiges Flächenmanagement (REFINA)" verfolgt die Konzentration auf die Innenstädte, propagiert die Innenentwicklung vor Außenentwicklung, strebt Flächenrecycling und Nachverdichtung an.

Stärker als diese neuen Förderansätze des Bundes schlagen indes die Bemühungen der Kommunen selbst zu Buche. Die Wohnungsmarktbeobachtung 2007 belegt: Nahezu landesweit haben die niedersächsischen Kommunen in den vergangenen Jahren überwiegend Flächen für den Bau von Familienheimen neu ausgewiesen. Selbst Hannover, das immerhin sechs Prozent aller neuen Flächen für neue Geschosswohnungen bereitstellte, hat zwei Drittel aller neuen Wohnbauflächen für Eigenheime geplant.

Oft verstärken handfeste monetäre Anreize diese städtischen Angebote. Kommunale Prämien erleichtern bau- oder kaufwilligen Familien mit Kindern, sich für eigene vier Wände innerhalb der jeweiligen Stadtgrenzen zu entscheiden. Hannover gewährt beispielsweise seit Ende 1997 pro Kind einen Zehn-Pro-zent-Rabatt auf den Grundstückspreis. In Oldenburg gibt es bei Grundstückskäufen seit 2004 pro Kind einen Rabatt von fünf Prozent auf den Kaufpreis. Außerdem können Oldenburger und Oldenburgerinnen, die eine bestimme Einkommensgrenze nicht überschreiten, von der Stadt verbilligt Bauland erwerben.

Der Wettbewerb wird schärfer

Dass sich diese Investitionen lohnen, zeigt sich, wenn die Stadt-Umland-Wanderungen nach Alterskohorten aufgeschlüsselt werden. Stellvertretend für die breite Mehrheit der großen Städte Niedersachsens sei hier das Ergebnis Hannovers angeführt (Abbildung 3). Aus ihm werden die Zu- und vor allem die Abwanderung junger Familien ebenso ersichtlich wie die Ausbildungs- beziehungsweise Arbeitsplatzwanderung der 18- bis 29-Jährigen. Hannovers Ergebnis belegt: Es sind die jungen Familien, die bleiben.

Wer Neubürger und Neubürgerinnen anlocken will, muss jedoch mehr bieten als Bauland und Boni. Nähe zum Arbeitsplatz oder eine gute Verkehrsanbindung zum Arbeitsplatz außerhalb der Innenstadt werden dabei bereits als selbstverständlich vorausgesetzt. Diese klassischen Infrastruktur-Argumente sind um attraktive Angebote von Waren und Dienstleistungen, insbesondere im Gesundheitsbereich, zu ergänzen. Auch müssen Kultur- und Freizeitangebot stimmen. Überhaupt darf der Stadtteil ruhig ein besonderes Flair versprühen. Sein Umfeld sollte daher attraktiv gestaltet sein. Häufige Ansatzpunkte hierzu sind:

- Größe und Qualität der Wohnungen (Heizung, sanitäre Anlage, Balkon),

- ausreichende Grünflächen sowie

- Begegnungsmöglichkeiten und Spielplätze.

Die politischen und finanziellen Anstrengungen, die eine derartige Stadtentwicklung kostet, werden sich in naher Zukunft verstärken. Angesichts des demografischen Wandels dürfen wir einen schärferen Wettbewerb um Einwohner und Einwohnerinnen als sicher annehmen. In Niedersachsen sinken die Bevölkerungszahlen bereits heute. Die Zahl der Sterbefälle übersteigt die der Geburten. Hinzu kommen, wie oben anhand Hannover und Oldenburg dokumentiert, überall im Land langsam versiegende Nettozuzüge aus den neuen Bundesländern und Einwohnerverluste an Arbeits- und Ausbildungszentren anderer Bundesländer. Beide Bewegungen verweisen auf einen beginnenden Wettbewerb um Fachkräfte, mit dem der demografische Wandel einhergeht. Künftig entscheidet, welche Menschen in einer Stadt leben, und nicht wie viele in ihr wohnen.

Auf die Regionen wirkt sich diese Entwicklung sehr unterschiedlich aus. Alleingänge einzelner Standorte drohen bestehende Unterschiede nur zu vertiefen. Regionale Verwerfungen und soziale Folgekosten sind aus einem solchen Auseinanderdriften nicht auszuschließen. Konzepte einzelner Standorte würden bald an ihre Grenzen stoßen, seien sie noch so durchdacht.

Die Ressourcen des einzelnen Standortes werden auf Dauer überfordert. Größeren Nutzen versprechen regionale oder sogar überregionale Konzepte. Diese benötigen bei sich immer schneller wandelnden Wohnungsmärkten verlässliche Informationen auf der Basis sorgfältiger und fortlaufender Marktanalysen. Dazu sind in einem kleinräumigen Monitoring sowohl sektorale als auch regionale Teilmärkte unterschiedlich zu berücksichtigen, wie dies in der Wohnungsmarktbeobachtung in Niedersachsen geschieht.

Die zur Analyse passenden Förderinstrumente bietet eine universale Förderbank wie die N-Bank direkt mit an. Ihr Spektrum umfasst die operativen Geschäfte der Städtebauförderung wie auch die Förderung wirtschaftsnaher Infrastruktur.

Niedersachsen hat mit der In-tegration der Wohnraum- und Städtebauförderung in die N-Bank die Weichen gestellt, um durch Beratung und Förderung die Kommunen erfolgreich im Wettbewerb der Standorte zu stärken.

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