Pfandbrief und Pfandbriefbanken

Pfandbriefgesetz-Novelle 2010: Liquidität für den Sachwalter

Zweimal wurde das Pfandbriefgesetz (PfandBG) im Jahr 2009 geändert. Durch eine größere inhaltliche Novelle, die seit dem 26. März 2009 in Kraft ist, sind unter anderem der Liquiditätspuffer von 180 Tagen und eine Haftungsregelung für Treuhänder eingeführt worden. Kurz danach erfolgte eine kleine Novelle mit rechtstechnischen Korrekturen, die seit dem 1. August 2009 gelten.

Schon während der Novelle 2009 wurde häufig der Ruf nach weiteren Klarstellungen laut, die sich auf die Frage konzentrierten, wie die Rechtsnatur der Deckungsmassen in der Insolvenz einer Pfandbriefbank zu verstehen ist und wie sich ein Sachwalter in schwierigen Zeiten liquide Mittel verschaffen könnte. Hierzu hat die Bundesregierung auf eine Kleine Parlamentarische Anfrage bereits klare Antworten gegeben, die als authentische Auslegungen des PfandBG angesehen werden können (vergleiche BT-Drs. 16/13823 vom 21. Juli 2009). Dennoch wurden die Nachfragen von Investoren, Analysten und Ratingagenturen immer drängender. Daher haben die Bundesministerien die bereits laufenden Arbeiten an den Treuhänder-Bestimmungen des PfandBG genutzt, um auch diese komplexe Thematik im Gesetzentwurf zu adressieren.

Mitte Dezember 2009 hat das Bundesministerium der Finanzen den "Diskussionsentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der geänderten Bankenrichtlinie und der geänderten Kapitaladäquanzrichtlinie" vorgelegt, dessen Artikel 3 eine Änderung des PfandBG vorsieht. Am 24. März 2010 hat das Bundeskabinett dem Referentenentwurf zugestimmt; die Verabschiedung des Gesetzes durch den Deutschen Bundestag wird für den Herbst 2010 angestrebt, sodass das Inkrafttreten im November 2010 oder zum Jahresende erwartet werden darf.

Klarstellungen zur Verbesserung der Pfandbriefqualität stehen im Zentrum der PfandBG-Novelle 2010. Demnach werden die Pfandbriefe und die zugehörige Deckungsmasse innerhalb einer insolventen Pfandbriefbank als solventer Teil der insolventen Bank mit der Bankerlaubnis zum Pfandbriefgeschäft weitergeführt. Dies soll dazu führen, dass der Sachwalter zum einen als Leiter eines Kreditinstitutes gegenüber der Deutschen Bundesbank auftreten und zum anderen Pfandbriefe emittieren könnte.

Refinanzierung des Sachwalters ...

Größte Bedeutung hat die Novelle 2010 für die Frage, wie sich ein Sachwalter mit Liquidität zum Ausgleich von Inkongruenzen, die sich aus unterschiedlichen Zahlungsterminen bei Deckungswerten und Pfandbriefen ergeben, versorgen könnte. Bereits bisher gibt § 30 Abs. 1 PfandBG einem Sachwalter eine generalklauselartige Kompetenz, wonach er jedes Rechtsgeschäft vornehmen darf, das zur pünktlichen Bedienung der Pfandbriefe erforderlich ist. Bereits mit der Gesetzesbegründung zur Novelle 2009 wurde ausdrücklich aufgenommen, dass hierunter auch Refinanzierungsgeschäfte mit der Deutschen Bundesbank fallen (BT-Drs. 16/11130 vom 1. Dezember 2008, S. 42).

... durch Darlehen und Schuldverschreibungen

Dass ein Sachwalter zur Refinanzierung ein Darlehen aufnehmen darf, ist nichts Neues. Wenig bedacht worden ist jedoch, dass hierfür auch die Emission einer Schuldverschreibung infrage kommt. Bereits in der Begründung zur letzten Novelle des Hypothekenbankgesetzes im Jahre 2004 wurde angemerkt, dass "innerhalb der Deckungsmasse ... alle Verbindlichkeiten gleichrangig" sind (BT-Drs. 15/1853 vom 29. Oktober 2003, S. 19).

Demnach hätten die Refinanzierungsgeschäfte des Sachwalters den gleichen Rang wie die bereits früher emittierten Pfandbriefe. Folglich stünde die Emission einer Schuldverschreibung durch einen Sachwalter den ausstehenden Pfandbriefen der Pfandbriefbank gleich, das heißt, sie wären "Schuldverschreibungen mit pfandbriefähnlichem Charakter". Allerdings hatte eine frühere Gesetzesbegründung ausgeführt, dass der Sachwalter keine neuen Pfandbriefe ausgeben darf; dies wird mit dem neuen Gesetzentwurf nun nicht länger aufrecht erhalten.

... mit Zentralbankzugang

Als in der kritischen Phase der Finanzkrise sich Banken gegenseitig keine Liquiditätsdarlehen mehr geben wollten, haben kritische Stimmen vorgetragen, dass dies doch für einen Sachwalter erst recht nicht zu erwarten sei. Daher haben Marktteilnehmer überlegt, ob die Deutsche Bundesbank solche Refinanzierungsgeschäfte - über die Notfallfazilität hinaus - auch nach EZB-Regularien mit einem Sachwalter durchführen dürfte. Fraglich sei dies, da der Sachwalter keine Bank und die betroffene Pfandbriefbank selbst insolvent sei, was wiederum Zentralbankgeschäfte ausschließe.

Wie die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Parlamentarische Anfrage zeigt, werden die Deckungsmassen im Falle der Insolvenz einer Pfandbriefbank bereits nach dem bisherigen Stand des PfandBG nicht gesellschaftsrechtlich von ihr getrennt. Rechtsträger bleibt damit weiterhin die juristische Person Pfandbriefbank, für die ein Sachwalter handeln würde - wenn auch nur für den speziellen Bereich, der die Deckungsmassen und Pfandbriefe betrifft. Die Bundesregierung hat dies als den "besonderen Teil der Pfandbriefbank" bezeichnet und dabei den früher üblichen Begriff "Sondervermögen" verworfen, da dieser (vor allem in englischen Übersetzungen) häufig als eigenständige juristische Person missverstanden wurde. Folglich ist klar, dass der Sachwalter für den Teil eines Kreditinstitutes handelt, der nicht in einem Insolvenzverfahren befangen ist. Durch die Neufassung des § 30 Abs. 1 PfandBG in der anstehenden Novelle wird dies noch deutlicher gemacht.

Bankerlaubnis und Trennungsprinzip

Von der gesellschaftsrechtlichen Frage des Rechtsträgers der Deckungswerte und Pfandbriefverbindlichkeiten sowie seiner Insolvenzbefangenheit zu trennen ist die Frage, ob dieser Rechtsträger noch die bankaufsichtsrechtliche Erlaubnis hat, Bankgeschäfte zu tätigen. Diese letzte Frage konnte bisher nur unter der Voraussetzung bejaht werden, dass die Aufsichtsbehörde die Bankerlaubnis trotz eines laufenden Insolvenzverfahrens nicht oder jedenfalls nicht vollständig entziehen würde.

Da diese aufsichtsrechtliche Frage im PfandBG bisher nicht adressiert war, sieht die Novelle 2010 hierzu eine neue Regelung in § 2 Abs. 4 PfandBG vor. Danach bleibt die Banklizenz "in Ansehung der Deckungsmassen und der durch diese gesicherten Verbindlichkeiten bis zur vollständigen und fristgerechten Erfüllung der Pfandbriefverbindlichkeiten" bestehen, auch wenn die Banklizenz an sich aufgehoben werden sollte.

Dadurch wird offensichtlich, dass der Sachwalter für eine Pfandbriefbank handelt, die eine Banklizenz hat, auch wenn sie - für die Teile außerhalb der Deckungswerte und Pfandbriefe - insolvent ist und ihr die Banklizenz entzogen wurde. Diese Lizenz umfasst auch die Erlaubnis für das Pfandbriefgeschäft, also auch die Emission von Schuldverschreibungen, die mit der Bezeichnung Pfandbrief versehen werden dürfen. Allerdings ist zu beachten, dass die Refinanzierungsinstrumente dem Sachwalter insbesondere "zum Ausgleich von vorübergehenden Liquiditätslücken" zur Verfügung stehen (BT-Drs. 17/1720 vom 17. Mai 2010, S. 48), aber nicht, um daraus ein neues Geschäftsmodell zur unbegrenzten Fortführung einer Bank in der Bank zu entwickeln.

Um die Abschottung der Deckungsmassen von der Insolvenzmasse klarer zu gestalten, werden sie als "insolvenzfreie Vermögen" bezeichnet. Auch in der Überschrift zum § 30 PfandBG wird nunmehr vom "Trennungsprinzip bei Insolvenz der Pfandbriefbank; Sachwalterernennung" gesprochen, sodass auch hier deutlich gemacht wird, dass das vom Sachwalter verwaltete Vermögen keinen Bestandteil der Insolvenzmasse darstellt, sondern vom Insolvenzverfahren völlig getrennt ist - und zwar von Anfang an und nicht erst als Ergebnis einer Herauslösung oder Aussonderung aus der Insolvenzmasse.

Pfandbriefbank mit beschränkter Geschäftstätigkeit

Zudem wird für eine Deckungsmasse mit den dazugehörenden Verbindlichkeiten die Bezeichnung "Pfandbriefbank mit beschränkter Geschäftstätigkeit" in den Gesetzestext eingeführt. Durch das Wort "jeweilige" wird deutlich gemacht, dass diese neue Bezeichnung für jede Pfandbriefgattung gesondert gilt. Hat eine Pfandbriefbank also mehrere Pfandbriefgattungen emittiert, hätte der Sachwalter im Fall der Insolvenz der Pfandbriefbank mehrere Pfandbriefbanken mit beschränkter Geschäftstätigkeit zu verwalten, deren weiteres Schicksal unabhängig voneinander wäre.

Ergebnis

Die neue Begrifflichkeit in § 30 Abs. 1 PfandBG-E soll unmissverständlich klarstellen, dass der Sachwalter für eine solvente Pfandbriefbank handelt, die über eine Banklizenz und eine Pfandbrieflizenz verfügt, sodass er auch Pfandbriefe zu Refinanzierungszwecken emittieren darf, und die von ihm vertretene Pfandbriefbank mit beschränkter Geschäftstätigkeit ein solventes Kreditinstitut darstellt, sodass diese Voraussetzung der Zentralbankfähigkeit erfüllt wäre.

Da zur Zentralbankfähigkeit auch gehört, dass die Mindestreservebestimmungen erfüllt werden, ordnet der neue § 30 Abs. 1 PfandBG auch die bei der Deutschen Bundesbank unterhaltene Mindestreserve dem insolvenzfreien Vermögen zu, soweit sie auf Pfandbriefe entfällt. Somit müsste der Sachwalter eine solche Mindestreserve nicht neu aus den ihm unterstehenden Deckungswerten bereitstellen.

Eine ausführliche Darstellung der PfandBG- Novelle 2010 veröffentlicht der Autor im Pfandbrief Fact Book 2010/2011 des vdp, das im September 2010 erscheinen wird.

Dr. Otmar Stöcker , Geschäftsführer, Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp) e.V., Berlin
Noch keine Bewertungen vorhanden


X