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Qualitäten verbessern in Großsiedlungen: das Beispiel Falkenhagener Feld

"Hoch hinaus und heruntergekommen." So betitelte die Wochenzeitung "Die Zeit" schon 1985 einen Bericht über Großsiedlungen der Nachkriegszeit, landläufig auch "Trabantenstädte" genannt. Wegen ihres Images sowie ihrer baulichen und sozialen Strukturen sind sie auch heute für die Wohnungswirtschaft eine besondere Herausforderung. Sie bieten aber auch große Handlungspotenziale und Chancen. Die Großsiedlung Falkenhagener Feld in Berlin-Spandau zeigt beispielhaft, wie Stadträume Stimmungen und nicht zuletzt die Wirtschaftlichkeit verbessern können.

Besondere Herausforderungen

Das Falkenhagener Feld weist typische Eigenschaften vieler Großsiedlungen auf. Die Siedlung entstand ab 1962/63 in der Boomphase des Nachkriegs-Wohnungsbaus nahe des westlichen Stadtrandes von Berlin und besteht aus überwiegend sechs- bis zwölfgeschossigen Zeilenbauten und Punkthäusern. Die Distanz zur Altstadt und zum ICE-Bahnhof des Stadtbezirks Spandau ist mit rund 1,5 Kilometern relativ gering, die Entfernung zum Zentrum von Berlin mit rund 18 Kilometern dagegen hoch.

In der ersten Bauphase entstanden im Falkenhagener Feld rund 8 000 Wohnungen; bis in die neunziger Jahre wuchs der Bestand durch Nachverdichtungen auf 10 000 Wohnungen. Errichtet wurden die Wohnungen größtenteils durch kommunale, genossenschaftliche oder andere seinerzeit gemeinnützige Wohnungsunternehmen, die hierfür aus Programmen des sozialen Wohnungsbaus gefördert wurden. Größte Einzeleigentümerin im Gebiet ist bis heute die GSW mit 3 424 Wohnungen.

Das Falkenhagener Feld verfügt über ein Stadtteilzentrum mit Einzelhandel, Sozial- und Kultureinrichtungen. In den umliegenden Bereichen der Siedlung finden sich fast ausschließlich Wohnungen, ergänzt um Infrastruktur wie Schulen, Jugend- und Bürgerhäuser, Sportund Grünanlagen. Gewerblich genutzte Gebäude und entsprechende Arbeitsplätze gibt es außerhalb des Stadtteilzentrums hingegen kaum.

Hoher Anteil Sozialwohnungen

Ein Großteil der Wohnungen im Gebiet wurde öffentlich gefördert und lange Zeit nach den Kriterien für Sozialwohnungen belegt. Heute liegen die Mieten mancher Wohnungen unterhalb der Regelsätze für Hartz-IV-Empfänger, was nicht selten monostrukturierte Belegungen zur Folge hat. Der Anteil der Bewohner mit Migrationshintergrund ist hoch, ebenso der Anteil an Senioren: Fast 25 Prozent der Bewohner sind über 65 Jahre alt. Die Arbeitslosenquote lag im vorigen Jahrzehnt zeitweise über 17 Prozent, ist aber zuletzt gesunken.

Das Falkenhagener Feld bietet jedoch, wie andere Großsiedlungen auch, durchaus Qualitäten und Potenziale für die Wohnungswirtschaft. Es ist eine klar identifizierbare, hochgradig homogene stadträumliche Einheit mit hoher baulicher Dichte, hoher Konzentration von Beständen bei den jeweiligen Eigentümern und entsprechenden Potenzialen für eine effiziente Bestandsbewirtschaftung.

Bei ihren Bewohnern sind Siedlungen wie das Falkenhagener Feld häufig weit beliebter, als ihr Image bei Dritten vermuten lässt. Die Ortsansässigen schätzen insbesondere das oft preisgünstige und praktische Wohnen, das reichliche Grün im Umfeld und die funktionierende Infrastruktur. Über Jahrzehnte sind enge soziale Verflechtungen entstanden. Die Identifikation gerade langjähriger Bewohner mit ihrer Siedlung ist stark gewachsen. Das Falkenhagener Feld zeichnet sich durch ein reges Vereinsleben und viele Einrichtungen für Bildung und Jugendfreizeit aus.

Erfolgsvoraussetzungen Quartiermanagement vor Ort

Trotzdem drohten im vergangenen Jahrzehnt soziale Spannungen und Leerstände. Um dem präventiv entgegenzuwirken, wurde für die Gebietsteile Falkenhagener Feld West und Ost im Jahr 2005 jeweils ein sogenanntes "Quartiersmanagement" etabliert. Dieses hat vor allem die Aufgabe, örtliche Akteure zu vernetzen, ihre Initiativen aufzugreifen und zu unterstützen. Es will das Zusammenleben und die sozialen Rahmenbedingungen verbessern helfen, das Gemeinwesen stärken sowie lebendige Nachbarschaften stabilisieren. 2006 wurde das Falkenhagener Feld auch in das Programm "Stadtumbau West" aufgenommen.

Die GSW sah und sieht im Quartiersmanagement und im Stadtumbauprogramm Chancen für Verbesserungen im Wohnumfeld, im nachbarschaftlichen Zusammenleben und in der Infrastruktur. Sie beteiligte sich daher von Anfang an intensiv am Austausch mit anderen Akteuren im Stadtteil, regte Maßnahmen an und engagierte sich personell, finanziell und mit Raumangeboten.

Das umfangreichste und im Wortsinn zentrale Projekt ist die Stärkung des Stadtteilzentrums an der Westerwaldstraße. Unter anderem gefördert durch das Programm Stadtumbau West, ist das Einkaufszentrum inzwischen umgestaltet. Ein neues großes Ladengebäude ist südlich des bestehenden Zentrums errichtet. In die Räume eines früheren Supermarktes ist die Stadtteilbibliothek eingezogen. Zuletzt wurde der öffentliche Raum nördlich des Stadtteilzentrums umgestaltet. Der hier vorher monoton und großflächig asphaltierte Bereich der Westerwaldstraße ist jetzt gepflastert, die Fahrbahn ist schmaler geworden und die Überquerungsmöglichkeit ist verbessert. Ein Teil ist zur barrierefreien Spielstraße umgewandelt, auf der nur noch im Schritttempo gefahren werden darf.

Maßnahmen zur Erhöhung der Attraktivität

Als nächstes wird der Bereich unmittelbar südlich des Einkaufszentrums umgestaltet. Die dortige Grünanlage vor einem siebzehngeschossigen Hochhaus erhält die Bezeichnung "Rosengarten" und eine entsprechende Bepflanzung. Ein Spielplatz, der zuletzt mehr Treffpunkt von Erwachsenen als von Kindern war, wird geschlossen und eine Gehölzgruppe direkt vor dem Haus so angelegt, dass das Gebäude für das Anbringen von Graffitis schwerer erreichbar ist.

Insgesamt wurde und wird das Stadtteilzentrum ansehnlicher, einladender und besser zu Fuß erreichbar. Die Stadtteilbibliothek und das neu eröffnete Clubhaus für junge Menschen bilden das kulturelle Zentrum des Falkenhagener Feldes. Am 24. August 2013 wurde der neu gestaltete Mittelpunkt der Siedlung im Rahmen des traditionellen Stadtteilfestes eröffnet. Hierbei wurde gleichzeitig der 50. Geburtstag des Stadtteils unter dem Motto "50 Jahre FF" gefeiert. Als Gründungsdatum gilt die Errichtung der ersten Häuser im Jahr 1963. Zum Jubiläum haben die wichtigsten Eigentümergesellschaften im Stadtteil eine gemeinsame Fotoausstellung erarbeitet, die am neuen Stadtplatz präsentiert wird.

Zu den gemeinsamen Aktionen kommen zahlreiche Einzelinitiativen der GSW. Genannt sei hier die Einstellung eines Concierge für das höchste Gebäude im Falkenhagener Feld, ein siebzehngeschossiges Doppelhochhaus unmittelbar am zentralen Stadtplatz. Der Concierge steht den Mietern für kleinere Dienstleistungen zur Verfügung und schützt das Haus vor unbefugtem Zutritt. Seit seiner Einstellung hat sich nach dem Bekunden der Mieter das Sicherheits- und Komfortgefühl im Haus deutlich erhöht; der Vandalismus im Umfeld ist spürbar zurückgegangen.

Sicherheit spielt eine wichtige Rolle

Auch außerhalb des Zentrums engagiert sich die GSW im öffentlichen Raum. Bei zahlreichen Häusern wurden bisher frei stehende Müllbehälter eingefriedet. Ein landschaftsarchitektonischer Plan sieht unter anderem vor, Doppelversiegelungen durch parallele Wege zu beseitigen, durch bessere Sichtbeziehungen das Sicherheitsgefühl zu steigern, Vandalismus zu verhindern und letztlich auch Betriebskosten zu senken. Der Plan soll modulweise realisiert werden.

Die GSW unterstützt darüber hinaus zahlreiche soziale Projekte aus eigenen Mitteln. So erhält das Quartiersmanagement Zuwendungen, mit denen vor allem die Kinder- und Jugendarbeit gefördert werden, etwa Sportvereine, Sport- und Schulfeste. Zahlreiche Vereine und Organisationen sind im Falkenhagener Feld aktiv, so die Spandauer "Bolzplatzliga", Gruppen für Kultur, Kochen, Schach und Häkeln sowie nicht zuletzt der GSW Club. Er dient als Anlaufstelle für die zahlreichen Freizeit- und Serviceangebote, die unser Kundenclub den Mietern des Unternehmens bietet.

Auch Energieeinsparung ist ein wichtiges Thema im Quartier. Hier hat der Energiedienstleister MVV alle Unterversteilstationen im Gebiet erneuert, was bis zu 30 Prozent Energie spart. Die S.T.E.R.N. Gesellschaft der behutsamen Stadterneuerung mbH erstellte im Auftrag der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt ein energetisches Quartierskonzept für das Falkenhagener Feld.

Die hierin erwogene grundlegende energetische Modernisierung der Gebäude im Gebiet würde jedoch in der Regel zu Kosten- und damit Mietsteigerungen führen, die weit über die Reduzierung der Betriebskosten hinausgehen und zu nicht tragbaren Mehrbelastungen für die Bewohner führen würden. Aus diesem Grund lehnt die GSW das Konzept ab. Die Politik muss für dieses Dilemma nicht nur im Falkenhagener Feld eine Lösung finden.

Insgesamt hat das mittlerweile achtjährige gemeinsame Engagement des Landes Berlin, des Bezirkes Spandau sowie von Bewohnern und Eigentümern deutliche Erfolge gezeigt. Die Qualitätserhöhungen der Siedlung, das verbesserte Image und die allgemeine Verknappung des Angebots auf dem Berliner Wohnungsmarkt haben dazu geführt, dass Wohnungssuchende das Falkenhagener Feld vermehrt als interessante Alternative zu anderen Gebieten sehen. Das zuvor überwiegend als Problemstadtteil wahrgenommene Gebiet produziert zunehmend positive Nachrichten.

Positive Entwicklung der Angebotsmieten

Die erhöhte Attraktivität schlägt sich auch in der Entwicklung der lokalen Angebotsmiete nieder. Diese ermittelt der jährlich erscheinende gemeinsame Wohnmarkt-Report von GSW und CB Richard Ellis detailliert für alle 190 Berliner Postleitzahlgebiete. Das Gebiet mit der Postleitzahl 13589 repräsentiert überwiegend das Mietwohnungsangebot des Falkenhagener Feldes. Hier stieg der Mittelwert (Median) der Nettokaltmiete aller frei angebotenen Wohnungen von 4,54 Euro pro Quadratmeter im Jahr 2010 auf 4,76 Euro im Jahr 2011 und schließlich 5,00 Euro im Jahr 2012. Das sind rund zehn Prozent in zwei Jahren, die Durchschnittsmiete des Berliner Mietspiegels stieg im Vergleich dazu von 2011 zu 2013 um nur etwa 6,3 Prozent.

Das Gebiet bleibt jedoch zugleich ein Refugium für Mieter mit begrenzter Zahlungskraft: Im untersten Marktsegment, dem Zehntel der am günstigsten angebotenen Wohnungen, liegt der Mittelwert pro Quadratmeter nur bei 4,11 Euro. Das Falkenhagener Feld bleibt ein Wohngebiet für jedermann - und es wird zugleich immobilienwirtschaftlich attraktiver. Die GSW sieht hier einen zukunftsträchtigen Standort und hat 2011 im Falkenhagener Feld 750 weitere Wohnungen erworben.

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