Immobilien an der Börse

Refinanzierung von Wohnimmobilienunternehmen - Lösungsansätze und Praxisbeispiel

In den kommenden Jahren steht dem deutschen Wohnimmobilienmarkt laut der Studie "German Multi-Family CMBS" von Barclays Capital aus dem Januar 2011 eine große Refinanzierungswelle bevor, die an Immobilienunternehmen und finanzierende Banken einige Herausforderungen stellen dürfte. Der vorliegende Beitrag skizziert Möglichkeiten, wie diese Herausforderungen erfolgreich bewältigt werden können und welche Voraussetzungen dafür notwendig sind.

Refinanzierungsbedarf in Milliardenhöhe

Ein Blick auf einige Rahmendaten macht die Bedeutung der Problematik deutlich. Insgesamt beläuft sich das Volumen von Kreditverbriefungen in Deutschland derzeit auf rund 350 Milliarden Euro. Davon werden Verbriefungen im Volumen von etwa 50 Milliarden Euro bis zum Jahr 2015 auslaufen, sodass hierfür Refinanzierungslösungen gefunden werden müssen. Von diesen 50 Milliarden Euro entfallen wiederum fast 16 Milliarden auf 29 CMBS-Verbriefungen von Krediten, die zur Finanzierung von Wimomhno bilientransaktionen dienten und zum größten Teil aus dem zweiten Halbjahr des Jahres 2006 beziehungsweise aus dem ersten Halbjahr des Jahres 2007 stammen.

In den Jahren 2004 bis 2007 hatte das Interesse privatwirtschaftlicher Investoren an Wohnimmobilienportfolios in Deutschland stark zugenommen, sodass es zu einer größeren Zahl von Portfoliotransaktionen kam und ein entsprechender Finanzierungsbedarf bestand. Wenn ein großer Teil der damals abgeschlossenen Finanzierungen nun in naher Zukunft refinanziert werden muss, dann kann dies die betreffenden Unternehmen vor allem aus zwei Gründen vor Schwierigkeiten stellen:

- Der erste Grund ist das Zinsniveau. Dieses ist zwar im historischen Vergleich immer noch sehr niedrig, doch für die kommenden Monate und Jahre sind steigende Zinsen allemal wahrscheinlicher als ein weiteres Anhalten der nun schon mehrere Jahre dauernden Niedrigzinsphase. Als die Europäische Zentralbank (EZB) am 7. April 2011 den Leitzins um 25 Basispunkte auf 1,25 Prozent erhöhte, sorgte dieser Schritt an den Märkten denn auch für wenig Überraschung. Viele Marktteilnehmer stimmten darin überein, dass mit diesem Schritt die Zinswende gekommen sei. Drei Monate später erfolge eine weitere Erhöhung der Leitzinsen im Euroraum auf 1,5 Prozent.

- Der zweite Grund liegt darin, dass das Zusammentreffen eines wachsenden Refinanzierungsbedarfs mit einem Anstieg der Zinsen zu einer Verengung der Finanzierungspipeline auf Seiten der Banken führen könnte, zumindest aber für einen Anstieg der Margen sorgen dürfte. Insgesamt ist also eher mit einer Verschlechterung als mit einer Verbesserung der Rahmenbedingungen für großvolumige Refinanzierungen zu rechnen.

Angesichts dieser Umstände erscheint es ratsam, anstehende Refinanzierungen frühzeitig vorzubereiten und dann möglichst rasch umzusetzen, auch wenn die aktuell laufenden Finanzierungen noch Verlängerungsoptionen vorsehen, sodass von dieser Seite her zunächst einmal kein kurzfristiger Handlungsbedarf besteht. Einer möglichen Eintrübung des Finanzierungsumfeldes zuvorzukommen, ist jedoch nur ein wesentliches Motiv. Denn auch bei unveränderten Rahmenbedingungen liegen in einer aktiven Neustrukturierung der Finanzierungsseite von Wohnimmobilienunternehmen erhebliche Wertpotenziale, die nicht ungenutzt bleiben sollten. Welche kaum zu überschätzende Bedeutung die Finanzierungsstruktur für die Profitabilität eines Wohnungsunternehmens hat, ergibt sich allein schon aus der Tatsache, dass teilweise bis zu 50 Prozent oder sogar mehr von den operativ erwirtschafteten Cash-Flows für den Kapitaldienst aufgewandt werden müssen.

Bestandsanalyse

Neben einem möglichst frühzeitigen Beginn der Refinanzierungsaktivitäten ist es zudem empfehlenswert, die gesamte bestehende Finanzierungsstruktur auf den Prüfstand zu stellen. Ziel ist, auszuloten inwieweit die ohnehin anstehende Refinanzierung zu einer grundlegenden Optimierung der Finanzierungsseite beiträgt und ob gegebenenfalls auch eine völlig neu zu entwickelnde Finanzierungsstruktur die Marktopportunitäten vorausschauend nutzen kann.

Ein wesentlicher Aspekt in diesem Zusammenhang ist die Transparenz, die den bestehenden ebenso wie potenziellen neuen Finanzierungspartnern geboten wird. Gerade bei größeren Wohnimmobilienunternehmen ist häufig zu beobachten, dass die bestehenden Finanzierungsstrukturen in diesem Punkt zu wünschen übrig lassen. Dies ist oft allein schon dadurch bedingt, dass im Laufe der Zeit durch Erwerb von Portfolios oder durch Zusammenschlüsse von Unternehmen nicht nur Immobilienbestände, sondern eben auch Finanzierungen zusammengeführt werden, die einen ganz unterschiedlichen Ursprung haben und zum Teil auch nach sehr verschiedenen Kriterien strukturiert worden sind.

Eine anstehende größere Refinanzierung sollte insofern auch als Chance gesehen und genutzt werden, eine neue Lösung nicht allein auf der Finanzierungsebene zu suchen, sondern von der immobilienwirtschaftlichen Basis her zu entwickeln. Einen wesentlichen Beitrag können in diesem Zusammenhang eine systematische Analyse und Kategorisierung des vorhandenen Immobilienbestandes sowie dessen grundpfandrechtliche Belastungsstruktur und die darauf basierende

Strukturierung von Teilportfolios leisten. Je nach Größe, Finanzierungsvolumen und bestimmten immobilienwirtschaftlichen Kriterien können dann für die einzelnen Teilportfolios jeweils eigenständige Finanzierungslösungen gefunden und dabei insgesamt erhebliche Verbesserungen der Gesamtfinanzierungsstruktur erreicht werden.

Club Deal statt CMBS

Die Praktikabilität eines solchen Vorgehens und die dabei erzielbaren Vorteile lassen sich anhand der im Februar 2011 von der GSW Immobilien AG abgeschlossenen Refinanzierung eines Volumens von insgesamt rund 890 Millionen Euro nachvollziehen. Dabei handelte es sich etwa um die Hälfte des gesamten Finanzierungsvolumens der Gesellschaft; zugleich entsprach dies knapp zwei Prozent der 50 Milliarden bis 2015 auslaufender Verbriefungen beziehungsweise fast sechs Prozent der darunter fallenden Verbriefungen von Wohnimmobilienfinanzierungen. Die betreffenden Finanzierungen wären im August 2011 fällig geworden, doch standen dem Unternehmen zwei jeweils einseitige Verlängerungsoptionen zur Verfügung, sodass sich der Zeitpunkt der Refinanzierung theoretisch bis in das Jahr 2013 hätte verschieben lassen. Angesichts der eingangs dargestellten Rahmenbedingungen wurde jedoch bewusst auf die Ausübung dieser Verlängerungsoptionen verzichtet und stattdessen innerhalb von etwa vier bis fünf Monaten eine neue Finanzierungsstruktur entwickelt.

An die Stelle der bisherigen Finanzierungslösung traten dabei letztlich traditionelle Immobilienfinanzierungen, die im Wege eines Club Deals unter Beteiligung von sechs Banken sowie eines Berliner Notariats auf den Weg gebracht wurden. Da es sich nicht um einen Konsortialkredit, sondern um sechs bilaterale Kredite mit Volumina von 50 bis 250 Millionen Euro handelt, bewahrt diese Lösung dem Unternehmen eine größere Flexibilität und Unabhängigkeit und erlaubte zudem eine bessere Nutzung der individuellen Stärken der einzelnen beteiligten Institute. Das zuvor bestehende Clusterrisiko wurde damit durch sechs langfristige "Finanzierungspakete" abgelöst. Dabei beträgt die gewichtete Durchschnittsverzinsung nominal 4,18 Prozent bei einer durchschnittlichen Laufzeit von 8,3 Jahren. Für das Gesamtfinanzierungsvolumen der GSW Immobilien AG von rund 1,7 Milliarden Euro ergibt sich damit bezogen auf das Gesamtportfolio eine Durchschnittsverzinsung von weniger als vier Prozent. Die nächste Refinanzierung steht erst im 1. Halbjahr 2016 an.

Die Refinanzierungstransaktion hatte nicht nur erhebliche Bedeutung für das Unternehmen selbst, sondern entfaltete zudem eine deutliche Signalwirkung für die Branche. Dies zeigte sich unter anderem daran, dass nach Bekanntwerden des erfolgreichen Abschlusses der Transaktion deutlich positive Kursbewegungen sowohl bei CMBS als auch bei den Aktien von solchen Unternehmen zu verzeichnen waren, die größere Bestände an verbrieften Krediten in ihren Bilanzen haben.

Wesentliche Faktoren, die das Zustandekommen der Transaktion maßgeblich begünstigten, wenn nicht überhaupt erst ermöglicht haben, waren das umfassende immobilienwirtschaftliche und abwicklungstechnische Know-how im Unternehmen selbst. So wurde den beteiligten Banken ein virtueller Datenraum mit rund 19000 Seiten Dokumentationen zur Verfügung gestellt; darüber hinaus wurden rund 50 Property Touren organisiert, bei denen sich die Teilnehmer vor Ort ein umfassendes Bild von den in den einzelnen Portfolios enthaltenen Immobilienbeständen machen konnten. Auf diese Weise konnte das erforderliche hohe Maß an Transparenz und damit eine unabdingbare Voraussetzung für eine neue mehrjährige Finanzierungslösung mit erheblichem Volumen geschaffen werden. Zur Unterstützung der Transaktion war lediglich ein externer Notar notwendig.

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