Investmentmarkt

Teures Neugeschäft - schwierige Prolongationen

Das Interesse der Investoren an der As-set-Klasse Immobilie ist nach wie vor hoch. Immobilien-Spezialfonds, die institutionellen Anbietern wie Versicherungen und Pensionskassen vorbehalten sind, erfreuen sich stetiger Mittelzuflüsse und zählen derzeit zu den Gewinnern am Immobilien-Investment-Markt.

Trend zu individuellen Lösungen hält an

Dabei hält der seit einiger Zeit zu beobachtende Trend zu individuell auf einzelne Investoren oder Investorengruppen zugeschnittenen Spezialfonds-Lösungen (Individualfonds oder Club Deals) an. Von den im Jahr 2011 bei Warburg-Henderson eingegangenen Eigenkapitalzusagen von 510 Millionen Euro entfiel ein nicht unerheblicher Teil auf einen Individualfonds sowie einen Club Deal.

Im Hinblick auf den Zugang zu Eigenkapital operieren die Anbieter von Spezialfonds also in einem günstigen Marktumfeld. Dennoch können sich auch diese Produkte nicht vollständig von den Rahmenbedingungen in der Immobilienfinanzierung abkoppeln. Denn ihr Geschäftsmodell basiert - neben der individuellen Ausrichtung und der exklusiven Ansprache institutioneller Investoren - auch auf der Verfügbarkeit von ausreichendem Fremdkapital zu angemessenen Konditionen.

Angesichts historisch niedriger Leitzinsen ist das Zinsumfeld in der aggregierten Betrachtung zwar nach wie vor günstig. Aber die Margen der Kredite sind längst nicht mehr so billig zu haben, wie es in den Jahren vor der Finanzkrise der Fall war. Deren direkte Auswirkungen auf die Kreditvergabefähigkeit von Banken sowie die Folgen der strengeren Regulierung des Finanzsektors sind am Immobilienmarkt deutlich zu spüren.

Wettbewerbslagen

Die verschärften Rahmenbedingungen zwingen Banken, ihr Kernkapital im Verhältnis zu den ausgegebenen Krediten deutlich nach oben zu fahren. Da Kapital für Banken nur schwer verfügbar ist, setzen diverse Institute gezwungenermaßen darauf, das Kreditvolumen nach unten zu fahren. So haben verschiedene Anbieter das Neugeschäft komplett eingestellt.

Auch danach werden diese Institutionen vermutlich nicht wieder mit Größenordnungen an den Markt zurückkehren, wie es noch in den Jahren vor 2007 beziehungsweise 2008 der Fall war. Weitere Akteure sind überhaupt nicht mehr am Markt präsent. Über alle Banken hinweg ist ein Rückzug auf das Stammland und wenige weitere Kernmärkte zu beobachten.

Banken melden sich zurück

Gegenüber dem Höhepunkt der Finanzkrise hat sich die Situation in der klassischen Immobilienfinanzierung etwas gebessert. Banken mit hinreichendem Zugang zu Eigenkapital haben angekündigt, ihr Neugeschäft wieder steigern zu wollen oder haben es bereits getan. Der dadurch ausgelöste Wettbewerb und entsprechend die Preise von gewerblichen Immobilienkrediten sind jedoch mit den Boomzeiten vor der Krise nicht vergleichbar. So fordern die Kreditinstitute von den Kreditnehmern neben der ohnehin zugrundeliegenden Bank- und Risikomarge zudem eine satte Liquiditätsprämie, die ihre Position am Kapitalmarkt reflektiert.

Waren im Jahr 2007 für erstklassige gewerbliche Immobilienkredite Margen zwischen 50 und 75 Basispunkten zu zahlen, so liegt man heute je nach Risikoklasse zwischen 100 und 150 Basispunkten (inklusive Liquiditätsprämie). Hierbei gilt: Je schlechter das Rating des jeweiligen Kreditinstituts, desto höher die Risiko- und Liquiditätsprämie und desto teurer der Kredit. Auf diese Weise zahlen die Kreditnehmer für die Sanierung der Banken.

Gleichzeitig müssen sich Kredit suchende Immobilienunternehmen im aktuellen Umfeld unverändert darauf einstellen, dass die Banken wesentliche Parameter wie den Beleihungsauslauf, die Cash-Flows aus der Immobilie, Risiken, Sicherheiten und mögliche Haftungen des Kreditnehmers strenger kontrollieren und auch entsprechend hohe Re-porting-Anforderungen stellen. Sobald sich eine Finanzierung außerhalb des gemeinhin als sicher angesehenen Bereichs bewegt - sei es bei der Struktur, dem Volumen oder den Eigenschaften des Objekts -, wird es schwierig.

Gute Kredite für gute Qualitätsimmobilien in Deutschland, Großbritannien sowie den west- und nordeuropäischen Staaten zu erhalten, ist nach wie vor möglich. Problematischer wird es hingegen in den südeuropäischen Ländern wie Portugal, Italien oder Spanien. Hier ist das Kreditangebot sehr dünn und die Margen (all-in) liegen bei 250 bis 300 Basispunkten. Zum Vergleich: In Deutschland sind es zwischen 100 und 150 Basispunkte.

Präsentiert sich die aktuelle Situation vergleichsweise entspannt, steht die gesamte Immobilien-Investmentbranche in den kommenden Jahren vor einer Herausforderung, für die es derzeit noch keine ausreichende Lösung zu geben scheint. Bei den während der Boomzeit vor 2008 vergebenen Krediten steht kurz- oder mittelfristig die Prolongation an. Angesichts des mittlerweile deutlich geringeren verfügbaren Fremdkapitals kommen auf die Kreditnehmer schwierige Verhandlungen zu.

Finanzierungslücke muss geschlossen werden

Henderson Global Investors geht davon aus, dass in Europa alleine zwischen 2012 und 2014 Immobilienkredite in Höhe von über 450 Milliarden Euro auslaufen werden. Stand November 2011 müssten in Europa nach einer Schätzung des Immobiliendienstleisters DTZ rund 92 Milliarden Euro aufgebracht werden, um die Lücke zwischen auslaufenden Krediten und vorhandenem Bankdarlehen zu schließen. Die größte Finanzierungslücke klafft in Großbritannien mit rund 33 Milliarden Euro. Aber auch in Spanien (rund 22 Milliarden Euro) und Irland (rund 11 Milliarden Euro) ist das Problem nicht zu unterschätzen.

Ob und wie diese Lücken gestopft werden sollen, ist derzeit noch unklar. Unter den Krediten befinden sich etliche, die in der Boomphase von Ende 2005 bis Anfang 2008 vergeben wurden. Viele dieser Darlehen dürften in ihrer derzeitigen Struktur keine neuen Kreditgeber finden - zumindest nicht bei den zumeist auf Risiko- und Volumenabbau ausgerichteten Banken. Die Suche nach Alternativen ist daher in vollem Gange.

Eine Gruppe, die bereits sichtbar in den Markt für Immobilienfinanzierungen drängt, sind Versicherungsgesellschaften. In Großbritannien liegt ihr Marktanteil bereits bei 14 Prozent. Experten gehen davon aus, dass sie im Jahr 2012 schon ein Fünftel aller Immobilienkredite bei den großen Portfolio-Transaktionen stellen werden. Die Allianz Real Estate hat laut eigenen Angaben im Jahr 2011 beispielsweise weltweit Kredite im Volumen von rund 20 Milliarden Euro vergeben. Davon entfielen rund 15 Milliarden Euro auf Deutschland. Allerdings waren laut Medienberichten darunter nur knapp 500 Millionen Euro an Senior Loans, der Restbetrag ging an private Baufinanzierer.

Versicherer drängen in den Markt

Was sich bei den Banken als Hindernis darstellt, scheint den Versicherungsgesellschaften eher in die Karten zu spielen: die neuen Regulierungsvorschriften. Die für Versicherungen einschlägige Richtlinie Solvency II könnte für diese Anreize setzen, sich stärker im Bereich der Immobilienfinanzierungen zu engagieren - möglicherweise gar auf Kosten der Anlage in Immobilien. Wesentlich ist hier die Vorschrift, nach der Versicherer jedes getätigte Investment mit einem Eigenkapitalbetrag zu hinterlegen haben.

Dementsprechend könnte es aus Risikogesichtspunkten günstiger sein, das Kapital zu verleihen, anstatt es direkt in Immobilien zu investieren. Wie groß dieser Effekt sein wird, bleibt jedoch abzuwarten. Dennoch sind die Engagements in der Immobilienfinanzierung für die Branche bereits heute interessant, denn die Erträge sind gut und gleichzeitig bauen die Versicherungsgesellschaften auf diese Weise eine Brücke zu neuen Kunden.

Debt-Fonds als Alternative noch am Anfang der Entwicklung

Ob Versicherungen die entstehenden Lücken werden schließen können, ist jedoch fraglich. Denn bislang sind insbesondere die großen, etablierten Anbieter am Immobilienmarkt aktiv, die mit ihren spezialisierten Teams im Immobilienbereich gut aufgestellt sind. Die erforderlichen Kapazitäten für das Massengeschäft können sie mit ihren vergleichsweise kleinen Einheiten derzeit aber noch nicht abbilden. Insbesondere großvolumige Finanzierungen gestalten sich schwierig. Daher bilden in Großbritannien Banken und Versicherer bereits gemeinsame Konsortien, um Transaktionen zu finanzieren.

Und noch ein Argument spricht dagegen, dass Versicherungsgesellschaften die Finanzierungslücke am Immobilienmarkt komplett werden schließen können: Bei ihren Aktivitäten am Immobilienmarkt konzentrieren sie sich aufgrund ihres Risikoprofils insbesondere auf Darlehen mit langer Zinsbindung und auf Core-Objekte. Als Fremdkapitalgeber für die auslaufenden Kredite kommen sie daher nur bedingt in Frage.

Eher in die Bresche springen könnten eigenkapitalstarke Debt-Fonds, deren Geschäftsmodell darauf basiert, Eigenkapital als Fremdkapital zu verleihen. Sie beschränken sich meist auf die Finanzierung von Einzelimmobilien und stellen entweder Mezzaninekapital oder vorrangiges Fremdkapital zur Verfügung. Aufgrund ihrer Struktur und ihres Risikoprofils können sie im aktuellen Marktumfeld günstige Kredite anbieten. Langfristige Erfahrungen mit diesem Produkt gibt es bislang allerdings keine und es bleibt abzuwarten, wie sich der Markt hier entwickelt.

Höhere Kosten

Angesichts der bevorstehenden Refinanzierungswelle wird von den beteiligten Parteien Kreativität und Verhandlungsgeschick gefragt sein, um die weitere Finanzierung der auslaufenden Kredite realisieren zu können. Die Alternative - Immobilienverkäufe zu schlechten Preisen - sollte für keine Seite eine befriedigende Lösung darstellen. Das Thema wird auch die Anbieter von Immobilien-Spezialfonds in den kommenden beiden Jahren beschäftigen. Da es sich in diesem Segment allerdings um überschaubare Positionen handelt, ist die Situation bislang als schwierig, aber nicht als kritisch zu beurteilen.

In punkto Neugeschäft werden sich für Anbieter guter Produkte auch weiterhin solide Finanzierungen finden lassen wenn auch zu höheren Kosten. Spezialfonds sind nach wie vor gern gesehene Kunden. Eine gute Eigenkapitalausstattung sowie einen soliden Investorenstamm sollten sie jedoch mitbringen. Dann lässt sich über den Fremdkapitalhebel nach wie vor eine gute Performance erzielen.

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