Schwerpunkt: Fonds im Umbruch

Transparenz - richtige Richtung, fernes Ziel

Geschlossene Fonds müssen ihre Immobilien während der Laufzeit nicht regelmäßig bewerten und etwaige Bewertungen nicht offenlegen. Die AIFM-Richtlinie, die von Mitte 2013 an gilt, bringt in diesem Bereich massive Veränderungen: Künftig müssen die Vehikel ihre Vermögensgegenstände mindestens jährlich bewerten lassen. Das sorgt für Transparenz, erhöht die Vergleichbarkeit von Immobilieninvestments und nützt dem Standort Deutschland.

Eine undankbare Aufgabe

Bei kaum einem Vermögenswert ist die Feststellung des Werts eine undankbarere Aufgabe als bei Immobilien. Ihre Fungibilität ist im Vergleich zu anderen Anlageklassen sehr gering und noch dazu ist jede Immobilie einzigartig. Der exakte Wert lässt sich also weder dadurch ermitteln, dass Transaktionen beispielsweise vom Vortag herangezogen werden können, noch durch einen Vergleich mit identischen Vermögensgegenständen. Allenfalls erhält man durch einen Vergleich mit ähnlichen Objekten Anhaltspunkte, welchen Wert ein Gebäude wohl haben mag. Hinzu kommt, dass sich der Wert einer Immobilie aus unzähligen Details zusammensetzt, die eine objektive Beurteilung noch einmal komplizierter machen.

Wie viel Geld eine Immobilie wirklich einbringt, zeigt sich immer erst zum Zeitpunkt des Verkaufs. Muss der Wert zwischendurch bestimmt werden, so hilft nur eine Begutachtung, die jedoch stets nur eine Schätzung sein kann. Das komplizierte Bewertungsverfahren und das Fehlen von Kriterien, die glasklar und zweifelsfrei zu jedem Zeitpunkt den Wert einer Immobilie angeben, machen die Angelegenheit oft intransparent.

Bei Geschlossenen Fonds gilt diese Intransparenz sogar gleich doppelt. So ist nicht nur unklar, wie viel ein Objekt exakt wert ist. Zusätzlich ist es bei Geschlossenen Fonds bislang nicht nötig, während ihrer Laufzeit eine Bewertung von Immobilien vorzunehmen, geschweige denn diese zu veröffentlichen. In Kürze wird sich das ändern und das ist gut so. Die AIFM-Richtlinie, die von Mitte 2013 an gelten soll, reguliert alternative Investmentfonds (wozu auch Geschlossene Fonds gehören) und nimmt sich dabei auch der Bewertung von Fondsimmobilien an.

Unabhängige Bewertung gefordert

Die Richtlinie verpflichtet die Manager alternativer Investmentfonds dazu, Verfahren festzulegen, mit denen die Vermögensgegenstände des Fonds ordnungsgemäß und unabhängig bewertet werden können. Dabei gelten verschiedene Regeln zur Frequenz der Bewertung und der dafür zuständigen Person.

So schreibt Artikel 19 Abs. 3 der AIFM-Richtlinie vor, dass die Vermögensgegenstände eines Fonds mindestens einmal jährlich bewertet werden müssen. Unter Umständen ist eine häufigere Bewertung nötig. Die Richtlinie fordert bei offenen alternativen Investmentfonds einen zeitlichen Abstand zwischen zwei Bewertungen, der den gehaltenen Vermögensgegenständen und der Ausgabe- und Rücknahmehäufigkeit von Anteilsscheinen angemessen ist. Bei geschlossenen alternativen Investmentfonds, zu denen die Geschlossenen Fonds in Deutschland zählen, müssen die Vermögensgegenstände bei Kapitalerhöhungen oder -herabsetzungen neu bewertet werden.

Depotbank als Gutachter?

Von wem die Geschlossenen Fonds ihre Immobilien bewerten lassen, bleibt in einem gewissen Rahmen - ihnen überlassen. Die sauberste Variante dürfte die Bewertung durch einen externen Gutachter sein. Doch Artikel 19 Abs. 4 der Richtlinie erlaubt ebenso, dass der Fonds seine Vermögensgegenstände selbst bewertet. In diesem Fall muss allerdings die Unabhängigkeit des Bewerters garantiert sein: So darf zum einen keine funktionale Abhängigkeit von der Portfolioverwaltung und der Vergütungspolitik bestehen. Zum anderen müssen unzulässige Einflüsse auf die zuständigen Mitarbeiter verhindert und Interessenkonflikte minimiert werden.

Als dritte Möglichkeit lässt die Richtlinie zu, dass ausnahmsweise die Verwahrstelle - die Institution, die die Vermögenswerte des Fonds verwahrt - als Bewerter auftritt. Auch hier ist es unerlässlich, dass Verwahrung und Bewertung funktional und hierarchisch voneinander getrennt sind. Interessenkonflikte dürfen selbstverständlich ebenfalls nicht vorliegen. Egal, welche Variante zum Einsatz kommt: Die Verantwortung für die ordnungsgemäße Bewertung der Vermögenswerte sowie für die Berechnung und Bekanntgabe eines Nettoinventarwerts liegt immer beim Fondsmanager selbst (Art. 19 Abs. 10 AIFM-Richtlinie).

Klärungsbedarf vorhanden

Noch ist die AIFM-Richtlinie nicht in deutsches Recht umgesetzt. Insofern lässt sich noch nicht mit Sicherheit sagen, wie die Normen zur Bewertung exakt ausgestaltet werden. Die Vorgaben der Richtlinie lassen demnach Raum für Diskussionen. So ist noch offen, inwiefern Bewertungen durch mit dem Fonds verbundene Dritte beeinflusst werden könnten (zum Beispiel die Konzern-Depotbank). Hierin liegt ein Risiko für die Angemessenheit der Bewertung, das noch genauer betrachtet werden muss. Praktische Herausforderungen dürften sich auch an anderen Stellen ergeben.

Bei Geschlossenen Fonds stellt sich beispielsweise die Frage, wann genau eine Kapitalerhöhung oder -herabsetzung vorliegt. Außerdem muss sich das Fondsmanagement stets die Frage gefallen lassen, ob es - falls es diese Variante wählt - sachlich, fachlich oder personell in der Lage ist, die gehaltenen Immobilien selbst zu bewerten.

Das Echo der Branche auf den künftigen Zwang, die Fondsimmobilien regelmäßig zu bewerten und diese Ergebnisse kundzutun, ist geteilt. Gegen ein Mehr an Transparenz hat prinzipiell niemand etwas einzuwenden. Doch der Zwang führt auch zu Problemen: Wozu dient eine Bewertung einer Fondsimmobilie bei Geschlossenen Fonds, wenn es dort doch keine Ausgabe- und Rücknahmepreise gibt, die sich am Wert einer Immobilie orientieren müssten? Kann bei diesen Vehikeln mit einer regelmäßigen Bewertung überhaupt die Transparenz erhöht werden? Trägt dieser Schritt zu einer verbesserten Kontrolle des Fondsmanagements bei?

Darüber hinaus wird kritisiert, dass eine Bewertung illiquider Vermögensgegenstände auch trügerische Signale senden kann. Und natürlich werden auch die Kosten der Bewertungsverfahren skeptisch beäugt. Alle diese Einwände mögen gegeben sein. Doch der Zugewinn an Transparenz wiegt so schwer, dass die übrigen Vorbehalte dahinter zurücktreten müssen. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass die Offenlegung von

Immobilienbewertungen dem Markt nie geschadet hat. Bei den im Lauf der Zeit in verschiedenen Ländern eingeführten REITs gab es immer wieder Diskussionen. Lange weigerten sich die Gesellschaften, ihre Zahlen offenzulegen. Trotzdem wurde die Pflicht zur Offenlegung nach und nach eingeführt und sie gereicht bis heute keinem Unternehmen zum Nachteil.

Die in Zukunft erforderliche Bewertung von Immobilien und die Offenlegung dieser Daten führt im Übrigen nicht nur zu einer höheren Transparenz bei den Geschlossenen Fonds selbst. Sie bringt auch die deutschen Immobilienmärkte ein gutes Stück voran. Künftig dürften sich in deutschen Großstädten noch leichter Richtwerte zu den Immobilienpreisen und damit zu den Anfangsrenditen ermitteln lassen. Das ermöglicht eine bequemere Kategorisierung, welche Preise in welchen Lagen angemessen sind.

Nachholbedarf gegenüber dem Ausland

Eine solch hohe Transparenz des Marktes ist in anderen Ländern längst gang und gäbe. Insbesondere in den angelsächsischen Ländern USA, Australien und Großbritannien finden Makler und Agenten einen wesentlich größeren Fundus an Informationen vor. Gerade gegenüber diesen Ländern hat die deutsche Immobilienbranche einen enormen Nachholbedarf bei Bewertungen. Als Vorbild könnten Offene Immobilienfonds dienen, denn bei ihnen hat sich das Bewertungsverfahren bereits gut entwickelt. Beurteilungen wie sie früher zu finden waren, als zwei DIN-A4-Seiten mit einem Foto und einer kurzen Kalkulation ausreichten, sind in diesem Segment heute nicht mehr zu finden. Jetzt muss sich auch die Branche der Geschlossenen Fonds an die Erfordernisse einer ausführlichen Bewertung anpassen.

Die Offenen Immobilienfonds sind allerdings noch nicht so weit, Wertgutachten in einem Umfang bereitzustellen, wie sie im Ausland üblich sind. Sie zählen dort für einzelne Immobilien regelmäßig mehr als 100 Seiten und berücksichtigen zahllose Details vom baulichen Zustand über Beurteilungen der Mieter bis hin zu Erweiterungsmöglichkeiten des Gebäudes.

So herausfordernd eine regelmäßige Bewertung von Fondsimmobilien für geschlossene Vehikel auch sein mag, so sehr wird sie die Branche und den Immobilienstandort Deutschland voranbringen. Die Branche, weil sie transparentere Arbeitsbedingungen erhält und durch Offenheit Vertrauen beim Anleger schafft. Den Immobilienstandort Deutschland, weil einerseits zusätzliche Marktdaten verfügbar werden und andererseits sich die Anlagevehikel für Immobilien hinsichtlich ihrer Bewertung einander angleichen.

Unterschiedliche Interessen und Herangehensweisen

Besonders eine Vereinheitlichung der Bewertungsstandards würde der deutschen Immobilienwirtschaft gut tun. Noch ist es so, dass die verschiedenen Anlagevehikel unterschiedlich an die Bewertung ihrer Objekte herangehen. So haben Immobilien-Aktiengesellschaften ein Interesse daran, dass der Wert ihrer Gebäudebestände möglichst wenig schwankt. Denn dieser fließt in ihre Bilanz ein, die sie nach den internationalen Rechnungslegungsvorschriften (IFRS) erstellen müssen. Starke Wertschwankungen würden deutliche Abweichungen vom Geschäftsergebnis des Vorjahres zur Folge haben - eine Entwicklung, die keine Immobilien-AG schätzt.

Geschlossene Fonds hingegen streben danach, dass ihre Immobilien möglichst hoch bewertet werden, um ihren Anlegern ein möglichst gutes Ergebnis präsentieren zu können. Gegen starke Wertschwankungen, zumal nach oben, haben sie nichts einzuwenden. Auf ihre Geschäftsergebnisse wirkt sich diese nämlich nicht aus, weil Geschlossene Fonds im Regelfall nicht nach den internationalen Rechnungslegungsvorschriften bilanzieren, sondern nach dem Handelsgesetzbuch (HGB).

Die unterschiedlichen Interessenlagen sind zwar nachvollziehbar, doch sie erschweren eine einheitliche Beurteilung, die den deutschen Immobilienmarkt transparenter und damit attraktiver machen würde. Letzten Endes ist es daher wichtig, einen Gleichklang zu erreichen bei der Bewertung der Bestände von Immobilien-Aktiengesellschaften, Geschlossenen Fonds und anderen Im-mobilien-Vehikeln. Es wäre gut, wenn es möglichst bald einen einheitlichen Standard für alle gäbe - einen Standard, der sowohl den Anforderungen der internationalen Rechnungslegungsvorschriften genügt als auch den Interessen der Anleger Geschlossener Immobilienfonds. Mit der neuen AIFM-Richtlinie ist die Branche auf dem richtigen Weg. Doch bis zum Ziel ist es noch ein Stück.

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