MIPIM-Special

Trotz Subprime-Krise kein Zurück zum "Boring Business"

Die ursprünglich nur von einem Teilsegment des amerikanischen Immobilienmarktes ausgehenden Subprime-Probleme haben sich im Verlauf der vergangenen Monate zu einer weltumspannenden Finanzmarktkrise ausgeweitet. Das Ausmaß der Verluste und die Vielzahl der inzwischen betroffenen Bereiche schien noch im Frühherbst des vergangenen Jahres unvorstellbar. Heute steht das Wort Subprime für Milliardenabschreibungen, einbrechende Aktienmärkte und die Furcht vor einer weltweiten Rezession.

Unumkehrbarer Wandel

Für die Immobilienwirtschaft stellt sich die Frage, ob die Auswirkungen der Sub-prime-Krise nicht die rasante Entwicklung stoppen, die die Branche in den vergangenen fünf Jahren vollzogen hat. Es herrscht Sorge, ob sich die Immobilie angesichts der immer schwieriger werdenden Rahmenbedingungen auch weiterhin als die Assetklasse neben Aktien und Bonds behaupten kann, zu der sie sich mit Hilfe einer Kombination aus traditionellem Kredit- und modernem Kapitalmarktgeschäft entwickelt hat. Die Frage ist gerade für Deutschland von besonderem Gewicht, wo diese Entwicklung erst mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung eingesetzt hat.

Die vorweggenommene Antwortet lautet, die Immobilie bleibt trotz Subprime auch in Zukunft eine eigene, höchst erfolgreiche Assetklasse. Der Wandel der Branche ist grundlegend und unumkehrbar. In das über Jahre hinweg als "boring business", als langweilig und vorhersehbar eingestufte Geschäft, haben Begriffe wie "aktive Portfoliosteuerung", "Exit-Strategien" oder "Auslandsdiversifikation" Einzug gehalten. Der Immobilienmarkt ist durch Produkte aus der Palette des Investmentbanking inzwischen eng mit dem Kapitalmarkt verknüpft. An die Seite des über Pfandbriefe refinanzierten langlaufenden Festzinskredits sind hocheffiziente Finanzmarktinstrumente wie zum Beispiel Syndizierungen, Verbriefungen, Collateral Debt Obligations (CDOs), Mezzanine und Immobilienderivate getreten.

Motor dieser Entwicklung ist die Globalisierung und damit das internationale Kapital auf der weltumspannenden Suche nach attraktiven Anlagemöglichkeiten. Nach dem Zusammenbruch der "New Markets" suchte ein immenser Strom von Liquidität grenzüberschreitend nach weniger volatilen Investments. Dabei entdeckte das anlagesuchende Kapital die Immobilie, die bis dato vor allem als alternatives Investment zur Portfoliobeimischung geschätzt wurde.

Im Jahr 2006 lagen die weltweiten Immobilientransaktionen bei rund 650 Milliarden US-Dollar. Rund 50 Prozent dieser Transaktionen waren grenzüberschreitende Investitionen. Dass sich im Zuge dieser Entwicklung auch das Com-mercial-Real-Estate-Geschäft an sich vom "local business" zu einem "think global, act local" gewandelt hat, liegt nahe.

Die deutlichen Veränderungen im Immobiliensektor wurden darüber hinaus durch einen zweiten - regulatorischen - Prozess beschleunigt. Vor allem unter den Vorgaben von Basel II waren Banken nicht mehr bereit, unbegrenzt Kredite zur Verfügung zu stellen und unternehmerische Risiken für ihre Darlehensnehmer zu tragen. Sie richteten vielmehr ihre Eigenkapitalausstattung deutlich stärker an ihren Risikoportfolios aus. Damit erhöhten sich automatisch auch die Anforderungen an die Investoren, die Einsicht, dass Immobilien Eigenkapital binden, rückte mehr und mehr in den Vordergrund. Dies hatte unter anderem zur Folge, dass sich gerade auch in

Deutschland viele Unternehmen um eine Trennung von ihrem nicht betriebsnotwendigen Immobilienbesitz bemühten. Sie hatten erkannt, dass sie sich durch die Ausgliederung solcher "Backsteinportfolios" einen größeren finanziellen Spielraum verschaffen und zugleich ihre Liquiditätslage und Bilanzstruktur verbessern konnten.

Hybride Anlageklasse zur Portfoliodiversifikation

Für Investoren sind Immobilien eine hybride Assetklasse. Sie liefern zum einen eine laufende Verzinsung, wodurch sie eine rentenähnliche Struktur aufweisen. Zum anderen besitzen sie eine Wachstumskomponente wie Aktien, die sich aus dem Steigen beziehungsweise Fallen von Mieten und Renditen sowie der daraus resultierenden Wertentwicklung ergeben kann. Anlageformen, die auf Immobilien basieren, wird daher eine eher niedrige Korrelation mit anderen Assetklassen zugeschrieben.

Aus diesem Grund eignet sich die Immobilie wie kaum ein anderes Anlagegut zur Bereicherung und zur Diversifikation von Portfolios. Dies alles hat weitreichende Auswirkungen auf den Umgang von Investoren mit Immobilien: So ist beispielsweise ihre Haltedauer in Anlageportfolios deutlich auf durchschnittlich nur noch etwa drei Jahre gesunken. Statt Abschreibungstabellen und Verlustvortragsregelungen zählen Cash-Flow, Eigenkapitalrendite, Transparenz und Fungibilität.

Zudem hat sich das Geschäft von Immo-bilien-Investmentbanken im Zuge der Globalisierung ganz selbstverständlich zu einem weltumspannenden entwickelt. Institute wie die Eurohypo folgen ihren Kunden dorthin, wo diese die Leistungen der Banken benötigen. Die Institute erfüllen damit eine Art "Hausbankfunktion" im Immobiliengeschäft. Die Eurohypo ist heute in 28 Ländern vertreten, die weitere Diversifikation ihres Geschäfts ins Ausland ist wesentlicher Bestandteil ihrer Strategie. Bedenkt man, dass die deutschen Immobilienbanken bis vor zehn Jahren unter dem alten Hypothekenbankgesetz überhaupt kein Auslandsgeschäft betreiben durften, dann ist die Tatsache, dass sie heute Treiber der Globalisierung sind, ein Beispiel dafür, was von Einschränkungen befreite Märkte im positiven Sinn bewirken können.

Rolle von Immobilienfinanzierern verändert sich

Der deutsche Immobilienmarkt - noch vor wenigen Jahren als intransparenter, illiquider Markt von Investoren eher gemieden, ist heute einer der Top-Investmentmärkte. Mit dieser grundlegenden Veränderung, mit der Anpassung des deutschen Immobilienmarktes an internationale Usancen, wandelte sich zwangsläufig auch die Rolle der Banken, damit sie sich im Wettbewerb behaupten konnten. Immobilienbanken sind heute längst nicht mehr nur Kreditgeber, sondern sie haben sich zu umfassenden Finanzintermediären weiterentwickelt. Sie stellen die Verbindung zwischen Immobilien- und Kapitalmarkt her, sie sind also quasi zu Managern zwischen Kapitalmarkt und Kunden geworden. Immobilienbanken verknüpfen Investmentbanking- mit Immobilien-Knowhow und stellen dabei ein umfassendes Produktangebot auf der Finanzierungsebenso wie auf der Kapitalmarktseite zur Verfügung.

Vor diesem Hintergrund wurde in den vergangenen Jahren der von Immobilienbanken über Jahre hinweg praktizierte "Buy-and-Hold-Ansatz", bei dem ein Kredit vergeben wurde und danach über Jahre auf dem Buch der Banken verblieb, durch ein "Buy-and-Manage-Modell" abgelöst. Dieses Konzept kombiniert das Beste aus der traditionellen Welt der Hypothekenbanken mit dem Besten aus dem Ansatz einer Investmentbank.

Finanzierer wie die Eurohypo bekennen sich unter "Buy and Manage" unverändert zur langfristigen Kreditvergabe an ihre Kunden. Gleichzeitig nutzen sie aber auch alle erforderlichen Exit-Kanäle für ein optimales Portfolio- und damit Risikomanagement. Die Kunden erhalten Zugang zu den Kapitalmärkten und gleichzeitig die Sicherheit, dass die Bank dennoch während der gesamten Laufzeit des Kredits der Ansprechpartner bleibt, unabhängig davon, welcher Kapital-markt-Exit gewählt wird.

Im Zuge von "Buy and Manage" hat eine breite Palette von Kapitalmarktinstrumenten Eingang in die Immobilienfinanzierung gefunden, die bei der Weiterentwicklung des Marktes eine tragende Rolle spielen. Integraler Bestandteil des Ansatzes sind Verbriefungen und Syndizierungen. Über diese Instrumente kann ein großer Teil der Kreditneuzusagen einer Immobilienbank wieder an den Kapitalmarkt gegeben werden.

Nur mit dem Einsatz der Instrumente des Immobilien-Investmentbanking war es möglich, in großem Stil brachliegende Immobilienpotenziale zu aktivieren und die Interessen unterschiedlicher Marktteilnehmer wie Entwickler, Investoren oder Verkäufer miteinander in Einklang zu bringen. Der Einsatz des Instrumentariums ist heute nicht länger eine Ausnahmeerscheinung, sondern spielt eine Schlüsselrolle in der Immobilienfinanzierung und bei der Weiterentwicklung des Marktes.

Exit-Kanal Verbriefung verstopft

Deshalb trifft die aktuelle Kapitalmarktkrise gerade die Immobilienbranche, vor allem mittelständische Unternehmen, besonders hart: Bedingt durch massiven Vertrauensverlust sind die Exit-Kanäle vor allem über das Instrument Verbriefungen derzeit nahezu verstopft. Der Markt ist nur noch für einige wenige

Transaktionen kleineren Volumens offen. Immobilienfinanzierer werden dadurch automatisch in ihrer Kreditvergabe eingeschränkt. Da sie die Darlehen nicht mehr an den Kapitalmarkt geben können, müssen die Banken sie auf dem Buch behalten und stoßen folglich an die Grenzen, die ihnen das Eigenkapital setzt.

Ursache für das herrschende Misstrauen gegenüber dem Produkt Verbriefung ist zu einem guten Teil der in den USA geübten Praxis geschuldet, Subprime-Darlehen teilweise in großem Umfang mit in Verbriefungsportfolios zu verpacken. Diese teilweise risikobehafteten, oftmals wenig transparenten Produkte wurden auch von internationalen Investoren gekauft, die unter dem Druck standen, über entsprechende Investments ihre zu knappen Renditen aufbessern zu müssen. Auch die bekannten Rating-Agenturen haben das Risikopotenzial, das in diesen Verbriefungsportfolios hinterlegt war, häufig nicht erkannt. Beginnend mit den ersten Ausfällen stellte sich die Erkenntnis ein, dass die mit den Produkten zu erzielenden hohen Renditen auch mit deutlich erhöhten Ausfallrisiken erkauft worden waren.

Die Folgen belasten die Märkte noch immer. Vor allem im Zuge der Berichtssaison für das Geschäftsjahr 2007 kommen von Banken aus dem In- und Ausland beinahe täglich neue Meldungen über Abschreibungen auf Subprime-Portfolios in Milliardenhöhe. Es ist inzwischen davon auszugehen, dass die Subprime-Thematik die Märkte noch bis weit in das laufende Jahr hinein beschäftigen und behindern wird. Die Hoffnung auf eine rasche Beilegung der Krise hat sich zerschlagen. Es besteht im Gegenteil die Gefahr, dass sich die Probleme noch auf andere Bereiche des Marktes ausweiten. So hat vor kurzem die Herunterstufung von US-Spezialversicherern für Anleihepapiere - den sogenannten Monoliners - zu einer weiteren Verunsicherung der Märkte geführt.

Nicht alle Verbriefungen über einen Kamm scheren

Trotz dieser besorgniserregenden Entwicklungen darf aber nicht vergessen werden, dass Krisen ein untrennbarer Bestandteil von Marktentwicklungen sind. Auch andere Assetklassen haben immer wieder Krisen durchlaufen, Aktien und Anleihen ebenso wie Rohstoffe. Allein der Zusammenbruch der "New Markets" führte zu einer Kapitalvernichtung von Billionen von Dollar an den Aktienmärkten. Die Existenz der Anlageklasse Aktie berührte der Zusammenbruch jedoch nicht.

Insofern ist davon auszugehen, dass sich auch die Subprime-Krise lösen lässt und dass sich in der Folge auch die Kapitalmärkte sukzessive wieder für Verbriefungsprodukte öffnen werden. In Deutschland sind bereits wieder erste Emissionen am Verbriefungsmarkt in Vorbereitung. Das Misstrauen, das viele Investoren derzeit gegen das Instrument Verbriefung hegen, ist ohnehin nur zum Teil gerechtfertigt.

Es ist zu kurz gegriffen, die gesamte Produktklasse über einen Kamm zu scheren. Der Vorwurf der Intransparenz, der wesentlich zum Austrocknen des Marktes beitrug, kann längst nicht gegen alle Verbriefungen erhoben werden. Ebensowenig sind alle Verbriefungen potenziell ausfallgefährdet.

Insgesamt werden Verbriefungen in Zukunft aber wohl konservativer strukturiert und höher gepreist sein. Vor allem die Qualität der Emittenten wird künftig bei Investmententscheidungen wieder eine wesentliche Rolle spielen. Eine der Erkenntnisse, die sich bereits heute aus der Subprime-Krise gewinnen lässt, ist die, dass Risiken auch durch hervorragend strukturierte Produkte nicht einfach aus den Märkten verschwinden, und dass Risiken künftig wieder einen angemessenen Preis haben müssen.

Setzt sich diese Erkenntnis durch, dann kann sich die Krise letztlich sogar als eine Chance erweisen. Indem sich Qualität wieder stärker durchsetzt, wird die Assetklasse Immobilien nachhaltig weiter gestärkt.

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