Indirekte Immobilienanlagen

Von Tunnelblicken und Lichtblicken bei Offenen Immobilienfonds

Das Jahr 2006 kann mit Fug und Recht als das Jahr der Rehabilitation der Offenen Immobilienfonds bezeichnet werden. Immobilien sind langlebige Wirtschaftsgüter mit vergleichsweise langfristigen Marktzyklen. Umso erstaunlicher mutet die Metamorphose der Offenen Immobilienfonds binnen weniger Monate vom krisengeschüttelten Auslauf-Produkt zum Shooting-Star der Fondsbranche mit hohen Nettomittelzuflüssen und Rekord-Performance an. So weist der wegen vermeintlicher Bewertungsrisiken vorübergehend geschlossene Deutsche-Bank-Fonds Grundbesitz Invest nach dem Verkauf seines gesamten Deutsch-land-Portfolios die beste Performance aller Inlandsfonds auf.

Sorgenkinder als Musterknaben

Der Auslandsfonds Kanam Grund, dem von Analysten und Wettbewerbern seit Auflegung immer wieder eine zu hohe Bewertungspraxis nachgesagt wurde, hatte Anfang 2006 seinen Anlegern eine Sonderdividende ausgeschüttet, die durch einen Abverkauf eines größeren Teilportfolios binnen weniger Wochen möglich wurde. Als Dreingabe für die Anleger wurde das Portfolio optimiert, indem man nur die Fondsobjekte mit den niedrigsten Mietrenditen veräußerte.

Vergleichbare Transaktionen, wenn auch nicht so spektakulär, haben bei allen Fondsanbietern in der Größenordnung von mehr als zehn Milliarden Euro in 2005/2006 stattgefunden. Wichtiger als die wieder gestiegene Performance sind für die Anleger, weil langfristiger Natur, die von Analysten noch immer nicht in vollem Ausmaß erkannten Portfoliooptimierungen. Die Wettbewerbsfähigkeit der Portfolios ist mit Blick auf Lagen, Nut-zungsarten-Streuung, Baualters-Klassen und durchschnittliche Objektausstattungen gegenüber dem Gesamtmarkt nachhaltig verbessert worden. Hierdurch wurden Immobilienrisiken verringert, die das Rendite-Risiko-Profil der Offenen Immobilienfonds verbessert haben.

Anleger, die am Anfang des Jahres auf dem Höhepunkt der Liquiditätskrise aus Offenen Immobilienfonds ausgestiegen sind, haben sich damit um reale Ertrags- und Gewinnchancen gebracht. Die Akteure reiben sich am Ende eines turbulenten Jahres verwundert die Augen und fragen sich, ob die Liquiditäts- und Vertrauenskrise vom Anfang des Jahres nicht vielleicht doch hätte vermieden werden können und welche Lehren für die Zukunft zu ziehen sind.

Sachgerechte Antworten hierauf lassen sich naturgemäß nicht auf dem Höhepunkt der Krise finden, also in einer Zeit, in der die Akteure in hektischer Krisenbewältigung einen Tunnelblick aufgezogen haben und es gilt, um jeden Preis Risiken für das eigene Haus und sich selbst zu vermeiden. Maßnahmenpakete oder gar gesetzliche Änderungen bedürfen aber einer gründlichen und sachlichen Analyse des Geschehens und seiner Ursachen. Dort, wo sich nach einer Analyse keine Krisenursache offenbart hat, sondern lediglich vermutet wurde, gehört dies offen gesagt. Dies gilt zuvorderst für den Bereich der Bewertung der Fondsimmobilien.

Prozyklisches Anlegerverhalten

Die Offenen Immobilienfonds mit Anlageschwerpunkt Deutschland hatten in den Jahren 2002 bis 2005 mit der schwersten Gewerbeimmobilienkrise der Nachkriegszeit zu kämpfen. Die Gesamtrenditen der Fonds sanken durch stetige Wertkorrekturen auf deutsche Immobilien trotz weiterhin hoher Mietrenditen auf ein bis dahin unbekannt niedriges Niveau zwischen 0,5 und 2,0 Prozent.

Die Anleger wechselten im Markttief 2005 prozyklisch von Offenen Immobilienfonds zu Renten- und Geldmarktfonds sowie in den Hafen der vermeintlich sicheren Garantie-Zertifikate. Zu diesem Zeitpunkt war der Turnaround im deutschen Immobilienmarkt aber bereits eingetreten. Flächendeckend sinkende Fertigstellungs- und Planzahlen wiesen bereits daraufhin, dass die Angebotsseite mit positiven Effekten für Miet- und Preismärkte mittelfristig entlastet wird.

Der Wechsel von der bis dahin vorwiegend zinsgetriebenen Nachfrage nach langfristig vermieteten Objekten mit Staatsanleihen-Charakter zu vermehrt opportunistischen Investments ausländischer wie inländischer Investoren auch in Objekte mit schlechterer Qualität war absehbar. Der Branche war es indessen nicht gelungen, diese hellen Streifen am Horizont den Anlegern ausreichend zu vermitteln. Wie das Ungeheuer von Loch Ness erschien stattdessen das Thema Bewertung und Offene Immobilienfonds, um alle Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und nun erneut wieder in der Versenkung zu verschwinden.

Schätzwerte-Vergleich

Dem Charakter von Verkehrswertschätzungen ist immanent, dass es keine letzte Gewissheit im Sinne einer Punktlandung geben kann. Die Bewertungsdebatte hingegen kreiste ohne Erkenntnisgewinn für die Anleger auf der Suche nach dieser Punktlandung um sich selbst. Auf dem Schaden blieben allein die Anleger sitzen, die verunsichert ihre Anteile zurückgegeben hatten, wie die Fälle der Deutschen Bank und Kanam eindringlich gezeigt haben.

Leerstände wurden zum Anlass genommen, die von den Sachverständigen ermittelten Verkehrswerte als überzogen anzuprangern. Dabei wurde übersehen, dass die Märkte anders reagieren und der Leerstand eines Objektes nicht zwingend zu einem dramatischen Absinken des Verkehrswertes führt, wie die kurze Zeit später einsetzende Nachfrage und die dann erzielten Preise auf dem Niveau der zuvor ermittelten Werte gezeigt haben.

Auf Drängen verunsicherter Aufsichtsräte beauftragten zahlreiche Kapitalanlagegesellschaften und im Nachgang die Bankaufsichtsbehörde Wirtschaftsprüfer und internationale Bewertungshäuser mit der Überprüfung der von den unabhängigen Sachverständigenausschüssen ermittelten Werte. Die zum Teil aus eigenen Marktinteressen bewusst geschürten Vermutungen und Verunsicherungen beförderten eine Diskussion, wer denn die Fondsobjekte am besten bewerten sollte und anhand welcher Methode.

Der Ausgang dieser Prozedur war für Kenner der Materie vorhersehbar. Schätzwerte standen anderen Schätzwerten gegenüber. Schien anfangs noch ohne irgendein Hinterfragen klar zu sein, dass die "neuen" Schätzwerte richtig sein mussten, wendete sich das Blatt recht schnell, als erste Transaktionen die Werte der Sachverständigen bestätigten. Und dies bei Objekten, die zuvor von anderer Seite unterschiedlich bewertet worden waren. Gerade in der Zeit der Krise und der gleichgerichteten Tunnelblicke auf den Markt durch Kapitalanlagegesellschaften, Banken, Maklerhäuser und Wirtschaftsprüfer hat sich der vom Gesetzgeber unabhängig von der Kapitalanlagegesellschaft und dem Bankenbereich konstituierte Sachverständigenausschuss bewährt. Die Sachverständigen sind der einzige exogene Faktor in der Immobilien- und Bankbranche ohne eigenes Transaktions- und Finanzierungsinteresse. Sie unterliegen auch nicht anlegerfremden Konzerninteressen, wie der Fall der Deutschen Bank exemplarisch gezeigt hat.

Deutsche Gutachter sind nicht schlechter

Die Bedeutung unabhängiger Sachverständiger für die Anleger der Offenen Immobilienfonds kann deshalb nicht hoch genug eingeschätzt werden. Wenn es noch einer Bestätigung der marktgerechten Bewertung der deutschen Fondsimmobilien bedurft hätte, so wird diese nun durch eine aktuelle Studie der Royal Institution of Chartered Surveyors (RICS) in Zusammenarbeit mit der Investment Property Databank (IPD) geliefert.

Die Studie hat erstmals die Marktgenauigkeit der Sachverständigenarbeit in den vier großen europäischen Immobilienmärkten, Großbritannien, Frankreich, Niederlande und Deutschland näher untersucht und kommt zu bemerkenswerten Ergebnissen. In diesem Vergleich schneidet Deutschland gegenüber den übrigen Ländern insbesondere im Bereich der von den Offenen Immobilienfonds dominierten großvolumigen Büro- und Handelsimmobilien besonders gut ab und landet auf dem "Siegertreppchen" ganz oben.

Die Ergebnisse wären für Deutschland sogar noch besser ausgefallen, wenn die Studie - wie dies für Großbritannien möglich war - vierteljährliche Bewertungen hätte berücksichtigen können. Der BIIS wird sich dafür einsetzen, dass zukünftig länderübergreifende Verkaufs-preis-/Bewertungsstudien regelmäßig erstellt werden, um im Interesse der Anleger endlich zu einer Versachlichung der Bewertungsdebatte zu kommen. Denn eines ist aus Sicht der Sachverständigen klar: Die Vertrauenskrise der Offenen Immobilienfonds wäre vermeidbar gewesen.

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