Hypotheken- und Kreditprocessing

"Viele kleine NPL-Bestände lasten noch auf den Büchern der Banken"

Wie schätzen Sie den deutschen Markt für Non-performing Loans (NPL) ein? Wo sehen Sie für Ihr Haus noch Chancen?

Es gibt noch sehr viele Chancen, insbesondere für Crown. Der Markt ist wie eine Welle. Aus Sicht eines Außenstehenden mag es zwar so aussehen, als sei der Boom vorbei, weil die großen Transaktionen bereits erfolgt sind. Und tatsächlich dürften wohl nur noch wenige Portfolios mit mehr als einer Milliarde Euro verkauft werden. Dennoch ist der Markt in Bewegung. Denn viele kleinere NPL-Bestände lasten noch auf den Büchern der Banken. Diese Transaktionen werden wesentlich ruhiger, aber schneller ablaufen als die bisher gesehenen Big Deals.

Gerade die Institute im Genossenschaftsverbund und in der Sparkassenorganisation wollen die Verkäufe leise abwickeln und nicht publik gemacht wissen. Crown interessiert sich vor allem für Portfolios im niedrigen zweistelligen Millionen-Euro-Bereich. Diese machen uns wesentlich mehr Spaß als große Milliarden-Transaktionen, weil man eine größere Bandbreite an Assets und Investoren erreichen kann.

Welche Art von notleidenden Darlehen sind Ihnen die liebsten?

90 bis 95 Prozent unseres Portfolios sind Darlehen, die mit Immobilien besichert sind. Etwa 60 Prozent betreffen private Wohnungsbaukredite. 30 Prozent sind gewerbliche und zehn Prozent Unternehmensfinanzierungen.

Wer sind Ihre Wettbewerber?

Wer ist noch in Ihrem Segment aktiv?

Im deutschen NPL-Markt sind bereits etwa neun Dienstleister unterwegs, aber nicht alle sieht Crown als Wettbewerber. So arbeitet die BAG Hamm ausschließlich für den genossenschaftlichen Finanzverbund und stört uns daher nicht. Ein potenzieller Wettbewerber ist schon eher die SGK Servicegesellschaft Kreditmanagement, der Special Servicer von WestLB und Nord-LB zusammen mit der Shinsei Bank. Aber diese arbeiten bisher auch nur für die Sparkassengruppe. Eine weitere Gruppe von Servicern ist exklusiv für einen Investor tätig, wie Hudson Advisors für Lone Star. Crown würde niemals ein Lone-Star-Portfolio bekommen.

Unsere Investoren gehören dagegen keinem Verbund an und haben auch keinen eigenen Advisor. Denn ein Investor, der lediglich 100 bis 200 Millionen Euro in Deutschland investieren will, wird dafür keinen Servicer aufbauen, aber auch nicht zur BAG Hamm oder zu Hudson gehen. Diese Anleger beauftragen einen unabhängigen Dienstleister wie Crown.

Wem gehört Crown?

Crown ist weitestgehend in Privatbesitz. Der Gründer von Crown sowie das Management sind die größten Anteilseigner.

Wie sieht das Geschäftsmodell von Crown in Deutschland aus?

Wir verstehen uns als Servicer und nicht als Kreditfabrik. Wir sind Servicer für Performing und Non-performing Loans. Wir kaufen die Darlehen nicht, sondern wir verwalten sie nur für unsere Investoren. Diese sind Investmentbanker, Private-Equity-Funds, Pensionskassen und Fonds, die in der Regel aus den USA, Europa und Japan kommen.

Es ist nicht im Interesse unserer Investoren, einen Rechtsanwalt oder eine Inkassofirma zu beauftragen, um noch einzutreiben, was einzutreiben ist. Vielmehr erwarten unsere Auftraggeber, dass sie ihr investiertes Geld mit Gewinn zurückbekommen. Dies können wir aber nicht erreichen, indem wir die Zwangsvollstreckung einklagen, sondern dem Schuldner einen Ausweg aus seiner Situation aufzeigen.

Was können Sie anders, was können Sie besser machen als ein Inkasso-Unternehmen oder die Workout-Abteilungen in den Banken?

Ob wir besser sind, weiß ich nicht. Wir haben nur mehr Möglichkeiten. Das fängt bei der Motivation an. Einen Teil unseres Geschäftsumsätze geben wir an die Mitarbeiter, die diese Darlehen selbst bearbeiten. Das heißt was sie dabei herausholen, gehört ihnen. Das können beispielsweise deutsche Kreditinstitute nicht.

Die Banken haben oft noch ein besonderes Problem: Nicht selten hat ein Bankkunde, der zeitweise in Schwierigkeiten geriet und den Immobilienkredit vorübergehend nicht bedienen konnte, noch weitere geschäftliche Beziehungen mit der Bank, die diese nicht durch zu rigoroses Eintreiben der offenen Forderungen gefährden will. Gleichzeitig kann sie dem Kunden aber keinen neuen Kredit geben, weil er einen negativen Schufa-Eintrag hat.

Wir sehen das anders. Für uns ist es ein Geschäft, dem Kunden über seine momentane Situation hinwegzuhelfen. Es kann sein, dass er den Kredit nur nicht mehr bedienen kann, weil die Immobilie nicht vermietet ist. Dann überlegen wir, wie sie durch Sanierung oder Modernisierung attraktiver gemacht werden kann. Dafür gewähren wir auch neue Kredite, um zum Beispiel das bestehende Nachrangdarlehen abzulösen. Voraussetzung ist allerdings, dass der Darlehensnehmer bereit ist, mit uns zu kooperieren.

Dabei gehen wir proaktiv vor. Wir schreiben ihn nicht an und mahnen und warten, bis er antwortet, sondern wir rufen ihn an oder besuchen ihn gegebenenfalls zu Hause - vorzugsweise am Sonntagmorgen um 11 Uhr oder während die Fußball-Bundesliga übertragen wird. Denn dann will er am wenigsten gestört werden, aber ich gewinne seine Aufmerksamkeit. Unser Ziel ist es, das Darlehen innerhalb von zwölf bis 24

Monaten soweit in Ordnung zu bringen, dass das Darlehen wieder zurückgeführt wird oder der Investor dieses als Performing Loan am Kapitalmarkt platzieren kann.

Wie gut gelingt das?

In der Regel erreichen wir dieses Ziel. Denn viele Schuldner kommen, sobald sie mitbekommen haben, dass sie ab jetzt ein Special Servicer betreut, zu uns, um über die schnelle Rückführung ihrer Darlehen zu verhandeln. Das ist vor allem dann der Fall, wenn ein USamerikanischer Dienstleister auftritt.

Denn die Darlehensnehmer können schlecht einschätzen, wie sich der Special Servicer verhält.

Zudem stellen wir fest, dass Schuldner, die ihr Darlehen nicht zurückzahlen können, bei uns anrufen, um neue Zahlungsmodalitäten zu vereinbaren. Damit haben wir kein Problem, auch wenn die Rückzahlung länger dauert und der Wert des Objektes dadurch gemindert wird. Für diese Kunden versuchen wir, den Kredit neu zu strukturieren. International kennt man dieses Produkt als Discounted Pay-off (DPO). Bis zu 70 Prozent unseres Geschäfts sind mit DPO abgesichert. Dafür braucht Crown eine Banklizenz, die wir mit dem Erwerb der Westfalenbank jetzt auch haben.

Aber der Darlehensnehmer muss wissen, dass wir, anders als möglicherweise die Hausbank vor Ort, keine Hemmnisse haben, die Zwangsversteigerung anzustreben, wenn wir keine Chance auf Einigung sehen.

Wenn Sie den Schuldnern, die ihr Darlehen nicht bedienen können, neue Kredite gewähren, könnte man Ihnen doch vorwerfen, zur Überschuldung beizutragen. Oder?

Nein, denn wir gewähren ein Darlehen nach strikten Kriterien und nur unter der Voraussetzung, das dieses bedient werden kann.

Anders als in den USA können deutsche Banken bei leistungsgestörten grundpfandrechtlich besicherten Darlehen relativ schnell auf die Immobilie zugreifen. Warum braucht es dann einen Special Servicer?

Die Zwangsversteigerung ist die letzte und die schlechteste Option. Denn es bringt - aus Sicht des Investors - den niedrigsten Ertrag, verursacht die meisten Kosten und dauert am längsten. Besonders schwierig wird es, wenn wir einen von mehreren Nachrangkrediten auf ein Objekt haben.

Wie oft kommt es zur Zwangsversteigerung?

In Deutschland ist die Zahl der Zwangsversteigerungen relativ hoch, weil der wirtschaftliche Aufschwung auf sich warten lässt und vor allem in Ostdeutschland noch zahlreiche Probleme bestehen. Auch die Scheidungen, die eine häufige Ursache für Zahlungsschwierigkeiten sind, befinden sich auf vergleichsweise hohem Niveau.

Hierzulande gibt es bisher nur zwei Möglichkeiten, wie mit einem gekündigten Kredit umzugehen ist. Entweder der Darlehensnehmer stimmt einem freihändigen Verkauf der Immobilie zu oder es wird zwangsvollstreckt.

Wie managen Sie dabei die Risiken?

Das neue Institut soll ein sehr "sauberes" Institut ohne größere Risiken sein. Denn wir werden erst dann neue Kredite auslegen, wenn ein internationaler Investor zugesichert hat, diese Darlehen zu kaufen. Das Kreditinstitut lebt nicht von der Marge, sondern von der Servicing-Fee. Wir wollen nicht viel auf den Büchern behalten und auch kein anderes Bankgeschäft außer diesen Immobilienfinanzierungen betreiben.

Warum war der Erwerb einer Bank für Sie vorteilhafter als selbst eine zu gründen?

Wir wollten das Geschäft schnell beginnen und dafür brauchten wir einen funktionierenden Bankbetrieb. Das Institut sollte nur möglichst wenig Assets haben.

Wenn dieses Geschäft so sauber ist, wie Sie sagen, warum machen es dann nicht die deutschen Banken?

Weil Sie das Risiko scheuen - zumal unter Basel II. Kein deutscher Risk-Controller würde akzeptieren, einem Kunden, der schon ein Darlehen nicht bedienen konnte, ein weiteres dazu zu geben. Dies wäre auch pädagogisch nicht sinnvoll. Denn wenn bekannt würde, dass die Bank dem Schuldner, sobald er nicht mehr zahlt, neue Konditionen anbietet und möglicherweise auf einen Teil ihrer Forderung verzichtet, würden andere Kreditnehmer ebenfalls die Zahlungen einstellen, selbst wenn sie ihren Kredit weiter bedienen könnten.

Können Sie von der Bewertung bis zur Prüfung rechtlicher Maßnahmen alles im eigenen Haus machen oder bedienen Sie sich Partnern?

Da sehr viele Portfolios derzeit am Markt sind, haben wir gar nicht die personellen Kapazitäten, um jedes einzelne zu prüfen. So viel Personal wollen wir auch gar nicht vorhalten. Derzeit nutzen wir Partner für die Immobilienbewertung sowie für die Analyse der steuerlichen Aspekte. Wir beauftragen beispielsweise eine Kanzlei, uns vor Gericht zu vertreten, und eine Hausverwaltung mit dem Facility Management.

Wie viele Mitarbeiter bearbeiten derzeit wie viele Darlehen?

Zurzeit haben wir in Deutschland 60 Mitarbeiter, die über 4 000 Darlehen mit einem Gesamtvolumen von etwa 600 Millionen Euro betreuen. International beschäftigt Crown kaum mehr als 150 Mitarbeiter, die sich auf die USA, Großbritannien, die Niederlande, Schweden und Deutschland verteilen.

Würden Sie auch im Auftrag deutscher Banken Special Servicing betreiben?

Ja. Allerdings müssen sich die Mandanten im Klaren sein, dass wir mit ihren Kunden anders umgehen, als diese es bisher gewohnt waren. Wenn beispielsweise eine Sparkasse den notleidenden Kredit eines Stadtrats von uns bearbeiten lässt, dann behandeln wir diesen genauso wie jeden anderen Kunden, der sein Darlehen nicht regelmäßig bedient.

Dabei kann es zu Konflikten kommen. Aber bei Schuldnern, die möglicherweise schon seit mehreren Jahren Probleme machen, können wir mit Sicherheit mehr erreichen als die kreditgebende Bank.

Wie schwer ist es, in die Verbünde hineinzukommen?

Die Charakteristik von Verbünden ist es, dass sie alles möglichst innerhalb der Organisation machen wollen. Da haben es Außenstehende schwer. Aber auch wenn im Geno-Verbund oder in der Sparkassen-Gruppe mehrere Initiativen laufen, wird es wohl immer einige Institute geben, die einen anderen Weg gehen wollen, weil bestimmte Leistungen nicht oder nicht in der gewünschten Qualität erbracht werden. Zuweilen sind die Institute auch nicht bereit, so lange zu warten, bis das Produkt im Verbund angeboten wird.

Sie sind amerikanischer Staatsbürger. Ist das für Ihr Geschäft ein Vorteil?

Manchmal. Es ist von Vorteil, dass ich die Dinge sowohl durch ein amerikanisches Auge als auch ein deutsches Auge betrachten kann. Ich verstehe die hiesigen Sensibilitäten und die gesetzlichen Grundlagen, aber auch die notwendigen Prozesse, um die Abwicklung richtig zu machen. Deshalb haben wir uns zu Beginn des Deutschland-Engagements für ein Joint Venture mit der Westfalenbank entschieden. Denn die US-amerikanischen und englischen Kollegen von Crown beherrschen zwar die Prozesse, das Reporting, das Investor Relationship und die Technologie, aber sie können nicht mit dem Darlehensnehmer oder dem Zwangsvollstrecker reden. Sie haben keine Ahnung von deutschem Recht.

Wann zieht die NPL-Karawane weiter?

Wir werden wohl noch zwei Jahre ein sehr lebhaftes NPL-Geschäft in Deutschland sehen. Auch wenn die großen Transaktionen seltener werden. Diese Zeit wird aber noch nötig sein, um die Bestände abzuarbeiten. Dann zieht die Karawane wahrscheinlich nach Osten weiter. Auch Crown wird mitgehen. Aber wir werden Deutschland nicht verlassen. Denn NPL wird es auch in Zukunft geben, aber sie werden eher verkauft, wenn sich kleinere Portfolios daraus bilden lassen.

Unser Geschäftsmodell sieht vor, auch diese Bestände abwickeln zu können. Für den Markt erwarten wir aber eine Konsolidierung, weil sich Special Servicer zusammenschließen oder von Kreditinstituten übernommen werden, die das Geschäft für sich entdecken.

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