Im Blickfeld

Volatilität - für Private kein Gift

Wir Akteure auf dem Immobilienaktienmarkt brauchen uns nichts vorzumachen. Die Verunsicherung an den Börsen hat erneut ein Ausmaß angenommen, dass selbst die besten Argumente bei institutionellen Investoren momentan kein Gehör finden. Hat nicht kürzlich eine Studie gezeigt, dass Real Estate Investment Trusts (REITs) selbst in Krisenzeiten eine stabilisierende Wirkung auf diversifizierte Portfolios haben?

Und: Steht nicht hinter REITs genau das Produkt, in das alle flüchten, nämlich die Immobilie als sicherer Sachwert? Egal. Gerade große institutionelle Investoren wie Versicherungen gehen auf Abstand, zumal die Unsicherheit an den Märkten durch die drohende Solvency-II-Regulierung ja noch auf einer zweiten Ebene verstärkt wird. Und dennoch gibt es Grund zur Hoffnung.

Denn statt institutioneller Investoren entdecken immer mehr Family Offices und vermögende Private die börsennotierten Immobilienvehikel. In den Vereinigten Staaten dominieren die Privatanleger das REIT-Segment längst - und Deutschland zeigt zumindest erste Anzeichen, dass es in eine ähnliche Richtung geht. Eine Rolle hierbei spielt, dass Family Offices bei der Vermögensberatung die unabhängige Honorarberatung bevorzugen.

Im Gegensatz zum Vertrieb beispielsweise von Geschlossenen Fonds gibt es bei Immobilienaktien keine Anreize im Sinne einer Provision. Werden Berater nach Zeitaufwand vergütet oder am langfristigen Erfolg eines Investments beteiligt, fällt eine Investitionsberatung oft anders aus als in Fällen, in denen Provisionen für die Vermittlung eines Produkts fließen. Und offensichtlich fallen gegenwärtig häufiger Empfehlungen der Honorarberater pro REITs aus.

Und warum ist das gerade in volatilen Börsenzeiten so? Ein Grund hierfür dürfte das Warren-Buffett-Prinzip sein: Investments in aussichtsreiche, aber unterbewertete Gesellschaften. Volatilität ist für Private im Gegensatz zu den Institutionellen demnach offensichtlich kein Gift, sondern eine Voraussetzung dafür, dass es Zeitfenster für günstige Einstiege gibt. Und tatsächlich liegen die Kurse vieler Immobiliengesellschaften gegenwärtig deutlich unter dem Net Asset Value. Hinzu kommt, dass das Marktumfeld für die Gesellschaften selbst gut ist. Anfang des Jahres haben die meisten Marktteilnehmer mit einem steigenden Zinsniveau gerechnet - die Realität sieht nun, gegen Ende des Jahres, deutlich anders aus als erwartet.

Aus Sicht der REITs bietet das weiterhin attraktive Zinsniveau die Chance auf Immobilienankäufe und die Refinanzierung bestehender Investments zu historisch guten Konditionen. Hinzu kommt: Die tägliche Handelbarkeit ermöglicht im Zweifel einen schnellen Ausstieg, die Transparenz des Vehikels ist hoch und die Erträge unterliegen der günstigen Abgeltungssteuer. Die Abgeltungssteuer liegt gerade bei vermögenden Privaten in Deutschland rund 20 Prozentpunkte unter dem persönlichen Steuersatz.

Wer weiß? Vielleicht haben wir also in wenigen Jahren beim Thema REITs in Deutschland amerikanische Verhältnisse mit einer deutlichen Verschiebung Richtung Privatanleger. Es gäbe Schlimmeres.

Frank Schaich, Vorstand, Fair Value REIT-AG, München

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