Schwerpunkt: Pfandbriefe und Pfandbriefbanken 2012

"Der Weg zur Pfandbrief-Lizenz ist steinig"

I&F Sie waren bei mehreren Fusionen von Hypothekenbanken gestaltend tätig, haben den Pfandbrief in eine neue, eine Jumbo-Dimension gehoben und als Präsident den Verband deutscher Pfandbriefbanken geführt. Was reizt Sie daran, jetzt quasi noch einmal ganz klein anzufangen und eine Pfandbriefbank neu aufzubauen?

Während viele Institute ihre Bilanzen zurückfahren, Neugeschäft reduzieren und den Pfandbriefumlauf entsprechend verringern müssen, bietet Natixis die Chance, eine neue Pfandbriefbank mit einem zukunftsfähigen Geschäftsmodell aus der Taufe zu heben. Das ist auch für mich eine faszinierende Erfahrung, denn eine Pfandbriefbank ohne Altlasten zu starten, hatte ich zuvor noch keine Gelegenheit. Innerhalb des sehr großen BPCE- Konzerns ist die neue Pfandbriefbank zwar anfangs nur ein "Staubkorn", doch gehört sie zum Kerngeschäft. In Paris schaut und baut man auf uns. Es kostet sehr viel Mühe, eine Pfandbriefbank zu gründen und zum Laufen zu bringen, aber in der gegenwärtigen Situation finden wir dafür auch hoch motivierte Leute.

I&F Wollen Sie nur Wegbereiter sein oder die neue Pfandbriefbank auch langfristig führen?

Bisher war Natixis mit einer Zweigniederlassung in Deutschland vertreten. Jetzt wird eine Pfandbriefbank geschaffen, an die Gesetz und Aufsicht besondere Anforderungen stellen. Dazu gehört auch, dass die Führung eines solchen Instituts über entsprechende Erfahrung verfügen muss. Innerhalb von zwei Jahren soll das Knowhow bei Natixis aufgebaut sein. Solange werde ich das Institut begleiten.

I&F Was wollen Sie anders, vielleicht besser machen als die "alten" Pfandbriefbanken?

Im Bestreben, möglichst hohe Renditen zu erwirtschaften, haben die Pfandbriefbanken versucht, Arbitrage zu nutzen. Das ging am besten im Kapitalmarktgeschäft, das entsprechend strukturiert und großvolumig aufgezogen wurde. Wie sich jedoch zeigte, sind damit erhebliche Risiken eingegangen worden, welche die Banken heute vor enorme Probleme stellen. Dagegen wird die Natixis Pfandbriefbank "old-fashioned" sein und vorerst nur das klassische gewerbliche Hypothekengeschäft betreiben. Das werden wir weitestgehend kongruent mit Hypotheken-Pfandbriefen refinanzieren. Vorstellbar ist in Zukunft zwar auch die Emission von Öffentlichen Pfandbriefen, aber diese werden dann eher mit Export- oder Infrastrukturfinanzierungen besichert sein.

I&F Die Emittenten werden zahlreicher, aber originäre Pfandbriefbanken, deren Hauptrefinanzierungsinstrument der Pfandbrief ist, werden weniger. Gewinnt oder verliert der Pfandbrief an Bedeutung?

Zweifellos hat ein Bedeutungswandel stattgefunden, von einem Gewinn oder Verlust an Bedeutung kann jedoch nicht gesprochen werden. Früher reichte es aus, die Lizenz zu haben, um in der Immobilien- und in der Staatsfinanzierung tätig zu werden, weil mit dem Pfandbrief ausreichend Marge generiert werden konnte. Heute ergänzt der Pfandbrief den Werkzeugkasten, den Banken für ihre Refinanzierung nutzen. Er ersetzt einen Teil des Finanzierungsbedarfs, der ansonsten unbesichert am Markt akquiriert werden müsste und senkt somit die Refinanzierungskosten insgesamt. Damit sind die Emittenten konkurrenzfähiger. Sogar einlagenstarke Banken wie der BPCE-Konzern wollen diesen Vorteil nutzen.

I&F Deutsche Pfandbriefe sind gefragt, doch das Angebot schrumpft, weil einst große Emittenten ihre Bilanzen verkürzen müssen. Lockt das Neueinsteiger in den Pfandbriefmarkt?

Mit Sicherheit erleichtert es den Einstieg. Im Jahr 2001 betrug der Pfandbriefumlauf mehr als 1,1 Billionen Euro, zehn Jahre später waren es weniger als 600 Milliarden Euro. Wurden im Jahr 1999 noch Pfandbriefe im Gesamtvolumen von über 280 Milliarden Euro brutto abgesetzt, sind es 2011 gerade einmal noch knapp 73 Milliarden Euro gewesen. Dabei ist der Anlagebedarf der institutionellen Investoren, seien es Zentralbanken, Staatsfonds, Versicherungsunternehmen und Versorgungswerke, keinesfalls gesunken.

Trotzdem: Ein Pfandbrief ist kein Selbstläufer. Investoren wollen das Geschäftsmodell verstehen und wissen, warum für den Natixis-Pfandbrief andere Preise aufgerufen werden als für französische Covered Bonds des BPCE-Konzerns. Tatsächlich ist der Weg zur Pfandbrief-Lizenz steinig, weil unter anderem ein völlig neuer Geschäftsbetrieb aufgebaut werden muss - angefangen von der Technik über die Deckungsstocksteuerung, den Kapitalmarktzugang bis hin zum Treuhänder. Und alles ist von der BaFin zu prüfen und zu genehmigen. Das kostet zwar viel Zeit, doch angesichts der Kostenvorteile, die Pfandbriefe gegenüber anderen Refinanzierungsmitteln aktuell haben, und der sich daraus ergebenden strategischen Flexibilität auf der Aktivseite sehen immer mehr Banken diese Investitionen als lohnend an. I&F Warum wurde keine bestehende Pfandbriefbank erworben?

Eine Bank zu integrieren, ist ebenfalls mit erheblichem Aufwand verbunden und meist nur mit Kompromissen machbar. Zudem passen möglicherweise einige Altbestände auf der Bilanz nicht zur Strategie des übernehmenden Instituts. Erfahrungsgemäß stellt jedoch die Zusammenführung unterschiedlicher IT-Systeme die weitaus größte Herausforderung dar. Angesichts dieser Kosten kann eine Neugründung günstiger sein.

I&F Erwarten Investoren heute, dass französische Covered Bonds mit französischen und Pfandbriefe mit deutschen Hypotheken besichert sind?

Dieser Wunsch besteht gerade bei einer Bank mit unserer Eigentümerstruktur. Investoren erwarten für den Preis, den ein deutscher Hypotheken-Pfandbrief hat, auch eine Besicherung mit überwiegend deutschen Immobilienkrediten. Daher ist die neue Pfandbriefbank ausdrücklich kein zusätzliches Refinanzierungsvehikel von BPCE oder Natixis, sondern eine deutsche Bank mit Geschäft in Deutschland. Im Rahmen der Möglichkeiten werden auch französische Immobilienfinanzierungen in den Deckungsstock aufgenommen, aber der Anteil des deutschen Geschäfts sollte immer größer sein als der französische.

In diesem Punkt sind die Investoren sehr empfindlich. Wer einen Covered Bond mit französischen Sicherheiten sucht, möchte lieber gleich eine Obligation de Financement de l'Habitat oder eine Obligation Foncières kaufen - zu entsprechenden Preisen und Renditen. Zwar ist auch die Verpackung wichtig, doch mehr noch achten die Käufer auf den Inhalt und den Produzenten. Innerhalb der BPCE werden bereits Obligations de Financement de l'Habitat von der BPCE SFH und Obligations Foncières über die Compagnie de Financement Foncier begeben. Dass Natixis Pfandbriefe emittiert, ist also eine Erweiterung der Instrumentenpalette, mit der sich die Bank auch eine Wachstumsperspektive im deutschen Markt erschließt.

I&F Haben französische Banken ein Refinanzierungs- oder nur ein Ertragsproblem und sind Pfandbriefe dafür die richtige Lösung?

Aufgrund des Retailgeschäfts haben die französischen Banken im Allgemeinen eine relativ solide Liquiditätsversorgung. Dabei kommt ihnen entgegen, dass der Markt längst nicht so fragmentiert ist wie in Deutschland. Aber es müssen im Kreditgeschäft andere Margen durchgesetzt werden, um die Refinanzierungskosten zu decken. Daher ist es für einen schwerpunktmäßig im deutschen Markt aktiven Immobilienfinanzierer von Vorteil, wenn er Pfandbriefe emittieren kann.

I&F Sind die Immobilienfinanzierungen, die Natixis bislang in Deutschland getätigt hat, pfandbrieffähig? Oder nur das Neugeschäft?

Für den ersten Pfandbrief wurde zunächst eine überschaubare Anzahl an deckungsstockfähigen Darlehen ausgesucht. Weil die neue Pfandbriefbank noch kein Neugeschäft geschrieben hat, wird sie diese Kredite von Natixis kaufen. Da es sich um gewerbliche Immobilienfinanzierungen handelt, enthalten diese die üblichen Übertragungsklauseln, die in der Regel keine Zustimmung der Darlehensnehmer für die beabsichtigte Übertragung voraussetzen.

I&F Welches Volumen soll das Pfandbrief-Programm von Natixis haben? Welche Emissionsgröße ist geplant?

Am Anfang wird das Programm nur ein paar hundert Millionen Euro umfassen. Ziel ist es, ein Neugeschäftsvolumen zwischen 1,2 bis 1,5 Milliarden Euro jährlich abzuschließen, das refinanziert werden muss. Das schließt Jumbo-Emissionen aus. Auch Benchmark-Pfandbriefe bis 500 Millionen Euro sind für diese Bank noch zu groß. Zu kleinteilig darf es allerdings auch nicht werden, da die Investoren Wert auf ein Mindestmaß an Liquidität legen. Daher sollen die Inhaberpfandbriefe eine Größenordnung von bis zu 250 Millionen Euro haben. Namenspfandbriefe werden nach Investorenwunsch emittiert. So kann auch sichergestellt werden, dass die Fälligkeiten der Pfandbriefe zu den Restlaufzeiten der Darlehen passen. Es werden also vor allem Pfandbriefe im mittleren Laufzeitsegment aufgelegt.

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