Schwerpunkt Zukunft des Wohnens

Das Wohnen der Zukunft ist ein Wohnen im Alter

Wohnen im Alter - das ist für viele schon heute ein großes Thema. Und es wird künftig eine noch größere Rolle spielen. Nicht nur, weil es jeden früher oder später betrifft. Sondern hauptsächlich, weil sich unsere Gesellschaft verändert und in den kommenden Jahren weiter verändern wird: Wir werden immer älter und immer weniger; wachsende Bevölkerungszahlen sind nur noch in wirtschaftsstarken Regionen zu verzeichnen.

Dennoch steigt besonders in Städten die Zahl der Haushalte aufgrund einer zunehmenden Vereinzelung und differenzierterer Lebensstile. Schon heute leben rund 50 Prozent der Weltbevölkerung in einer Stadt, 2050 werden es 67 Prozent sein.

Hinzu kommt, dass mehr Immobilienkäufer ihre Häuser und Wohnungen im Stadtzentrum erwerben. Der Trend heißt "Zurück in die Stadt", und dies gilt vor allem für die Bevölkerungsgruppen der Singles, Dinks (double income no kids), Woopies (welloff old people) und Senioren. Aber auch Familien suchen verstärkt Wohnraum in den Städten oder Ballungszentren. Insbesondere aktive Menschen möchten auch im Alter selbstbestimmt leben.

Nach einer Umfrage von TNS Infratest im Auftrag der Wüstenrot & Württembergischen AG wünschen sich 67 Prozent der Befragten, in der eigenen Wohnung alt zu werden. Auch, weil die für Sicherheit und Unabhängigkeit steht. Dieser Trend wird sich in den nächsten Jahren und Jahrzehnten fortsetzen. Das Wohnen der Zukunft ist vor allem ein Wohnen im hohen Alter, ein Wohnen angepasst an den demografischen Wandel - und hat deshalb besondere Anforderungen zu erfüllen. Das bezieht sich sowohl auf die eigenen vier Wände als auch auf das Wohnumfeld.

Barrierefreie Wohnung nicht nur für Ältere

Die Wohnung der Zukunft muss vor allem flexibel und barrierefrei nutzbar sein. Selbst wenn die ältere Generation heutzutage sehr fit ist, stellen beispielsweise Treppen und Duschen mit Wannenwänden große Hindernisse für den Alltag dar. Doch das barrierefreie Wohnen ist kein reines Altersthema. Denn gerade junge Familien mit Kleinkindern haben ähnliche Anforderungen an den Wohnraum wie ältere Menschen: Treppen und Schwellen sind für Kinderwagen ebenso schwer zu nehmen wie für Rollstühle oder Rollatoren und Kleinkinder können sich daran verletzen.

Im Idealfall ist die Nutzung einer Immobilie deshalb flexibel und an die jeweilige Lebensphase der Bewohner anpassbar. Falls ein Neubau geplant ist, empfiehlt es sich, diesen bereits barrierefrei zu gestalten oder zumindest vorausschauend zu planen, sodass er flexibel umgebaut werden kann. Eine altersgerechte Anpassung einer schon bestehenden Wohnung kann zwischen 20 000 und 60 000 Euro kosten. Hier helfen Förderprogramme von Bund, Ländern und Kommunen bei der Finanzierung. Dennoch wünschen sich die Deutschen mehr Unterstützung: Bei einer Umfrage von TNS Infratest im Auftrag der Wüstenrot & Württembergische-Gruppe gaben rund 80 Prozent an, dass der Staat mehr Fördermittel oder steuerliche Anreize für die alters- beziehungsweise generationengerechte Anpassung von bestehenden Wohnungen bieten sollte.

In Bezug auf das Wohnumfeld wird es immer wichtiger, dass der Wohnraum eingebunden ist in ein System aus kurzen Wegen, guter Nahversorgung sowie sozialen und kulturellen Einrichtungen. Barrierefreiheit hört nicht an der Haustüre auf. Wer schon zu Hause Schwierigkeiten mit kleineren Schwellen hat, wird dieses Problem auch an öffentlichen Plätzen und im Personennahverkehr haben. Lange Wege nehmen für ältere Menschen besonders viel Zeit in Anspruch. Daneben möchten vor allem die sogenannten Woopies ihre Zeit gerne mit kulturellen Veranstaltungen und Weiterbildungsmaßnahmen verbringen. Deshalb ist es wichtig, im näheren Wohnumfeld alle wichtigen Einrichtungen und Geschäfte vorzufinden.

Die durch den demografischen Wandel geschaffenen Anforderungen haben also nicht nur Auswirkungen auf den Einzelnen, sondern auch auf die Städte und Gemeinden. Denn vitale und aktive Stadt- und Ortsteilzentren sind keine Selbstläufer. Sie erfordern Aufmerksamkeit von der Politik, engagierte Bürger sowie die Bereitschaft zu Investitionen. Und ebenso wie das Wohnumfeld an die neuen Bedingungen angepasst werden muss, muss auf die erhöhte Nachfrage in den Städten mit einem entsprechenden Flächenangebot reagiert werden. Besonders in den Ballungsräumen ist aufgrund der Singularisierung und der zunehmend differenzierten Lebensstile mehr Wohnraum gefragt. Die Lösung hier heißt aktive Bestandspolitik. So werden heute viele stillgelegte Bahn-, Post-, Industrie- und Gewerbeareale revitalisiert, sodass neuer Wohnraum entstehen kann. Unterstützt wird ein solcher Aufwertungs- und Umwandlungsprozess durch Programme der Stadterneuerung. Diese sollen hauptsächlich den Bestand erhalten und den schleichenden Funktionsverlust von Stadtquartieren stoppen. Die Möglichkeiten sind umfassend: Von der Gebäudemodernisierung über die Wiederbelebung von Zentren bis hin zur Verbesserung von Wohnumfeldern.

Wohnwünsche im Alter

Eine Umfrage, die TNS Infratest im Auftrag der Wüstenrot & Württembergische AG durchführte, unterstreicht die Relevanz des Themas Wohnen im Alter und Zukunft des Wohnens. Hierfür befragte TNS Infratest vom 24. bis 26. Oktober 2013 insgesamt 933 Personen in Deutschland. Deutlich wird: Fast jeder zweite (45 Prozent) Bundesbürger hat sich bereits mit dem Thema altergerechtes Wohnen beschäftigt. Jeder Vierte will sich damit jedoch erst auseinandersetzen, wenn er die Lebensphase "65 plus" erreicht hat.

So planen derzeit auch lediglich sechs Prozent der Befragten konkret, wie sie im Alter leben und wohnen wollen. Eindeutig ist: Zwei Drittel der Bevölkerung möchte das Alter am liebsten in den eigenen vier Wänden verbringen. Wohnen bei der Familie beziehungsweise in einem Heim kommt nur für drei respektive zwei Prozent der Deutschen in Frage. Dabei ist sich jeder zweite Bundesbürger sicher, seine Wohnwünsche im Alter erfüllen zu können (49 Prozent). 34 Prozent haben dafür bereits entsprechend finanziell vorgesorgt.

Des Weiteren wurden die 933 Personen nach Faktoren befragt, die neben der Wohnsituation das Leben im Alter besonders beeinflussen werden. Hier nannten 77 Prozent den Austausch und das Zusammensein mit der jüngeren Generation. Auf Rang zwei der Nennungen steht die Teilnahme an kulturellen Angeboten. Die Familie und die Betreuung der Enkel ist für 71 Prozent ein maßgeblicher Faktor, gefolgt von sozialem Engagement und sportlichen Aktivitäten mit jeweils 67 Prozent.

Anhand dieser Befragung zeigt sich: Städte und Gemeinden müssen sich zukünftig besonders bemühen, die ältere Generation in das soziale und kulturelle Leben zu integrieren und sogenannte soziale Städte aufzubauen. Das ist vor allem wichtig in Anbetracht einer älter werdenden Gesellschaft, die einem langen Lebensabend entgegensieht. Ein Vorstoß wurde hier von der Wüstenrot Haus- und Städtebau (WHS) mit dem Projekt "Partner Stadt - Zukunft sucht Mitgestalter" gewagt und erfolgreich umgesetzt.

Einbeziehen von Senioren in das soziale Leben

Einem Aufruf des Beauftragten der Bundesregierung für die neuen Bundesländer folgend, hat die Wüstenrot Haus- und Städtebau gemeinsam mit der Stadt Oelsnitz/Erzgebirge im Jahr 2010 eine Projektidee entwickelt. Das Projekt der WHS setzte sich zum Ziel, Senioren in verschiedene Daseinsvorsorgebereiche einzubinden und zusätzliche Senioreneinkünfte zu schaffen, um damit die Altersarmut zu bekämpfen. Dabei sollte auch der kommunale Haushalt entlastet werden; geplant war daher ein förderunabhängiges Projekt mit selbsttragender Funktion. Das Modellvorhaben der Regierung stand unter dem Motto "Daseinsvorsorge 2030 - innovativ und modern - eine Antwort auf den demografischen Wandel". Damit sollten Akteure vor Ort aktiviert und ihre Ideen und Konzepte zur Sicherung der Daseinsvorsorge und Verbesserung der Lebensqualität im Interesse des Gemeinwohls gestärkt werden.

Im Juni 2012 erfolgte der Startschuss für das Projekt der WHS. Dafür wurde ein gemeinnütziger Verein - Projekt Zukunft e.V. - gefunden, der sich als Trägerinstitution und Mittler verstand. An diesen richteten etwa Museen, Schulen, die Stadt oder Pflege- und Betreuungseinrichtungen ihre Anfrage nach Unterstützung durch Senioren. Das konnten beispielsweise Nachhilfelehrer, Touristen- oder Museumsführer sein. Die Trägerinstitution wiederum vermittelte die benötigten Personen weiter. Dadurch gelang es, ältere Menschen in das Sozialleben der Stadt zu integrieren und einen Austausch mit der jüngeren Generation herzustellen.

Seit insgesamt eineinhalb Jahren läuft das Projekt bereits erfolgreich. Im Winter 2013 endete die Praxiseinführung. Das Projekt wird nun - nach anfänglicher Unterstützung durch die Bundesregierung - vom Verein alleine getragen. Geplant ist, es auch in anderen Städten einzuführen. Dafür erstellte die WHS in Kooperation mit dem Bundesministeriums des Innern einen Leitfaden, der andere Gemeinden und Städte informieren soll.

Sowohl die Studie als auch das Projekt zeigen, dass die Zukunft des Wohnens unabdingbar verbunden ist mit Faktoren, die vor allem der demografische Wandel bestimmt. Altersgerechte und generationenübergreifende Immobilien zu bauen, die Anschluss an ein funktionierendes soziales Netzwerk und verschiedene Daseinsvorsorgebereiche haben, wird dabei immer wichtiger. Es geht darum, schon in jungen Jahren für den Wohnwunsch im Alter vorzusorgen. Barrierefreie Wohnungen können eine Lösung sein, denn sie sind generationengerecht und zukunftsfähig. Dennoch muss auch darüber hinaus etwas geschehen - Barrierefreiheit darf nicht an der Haustüre aufhören.

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