Wohnungsunternehmen

Wohnungs- und Städtebauförderung als politische Aufgabe

Die deutsche Wohnungs- und Städtebaupolitik der Nachkriegszeit ist eine Erfolgsgeschichte. Im europäischen Vergleich gibt es hierzulande eine ausreichende Versorgung mit bezahlbarem Wohnraum bei gutem Standard. Trotz sozialer, wirtschaftlicher und ökologischer Probleme bieten unsere Städte ein vergleichsweise hohes Maß an Attraktivität, Lebensqualität und Ausgewogenheit. Die Wohnungsbaupolitik unterstützt eine solide finanzierte Wohneigentumsbildung und gleichzeitig einen funktionierenden Mietwohnungsmarkt, um so die wirtschaftliche und soziale Stabilität Deutschlands zu erhalten.

Diese Kombination aus Eigentumsförderung und funktionierendem Mietermarkt ist auch ein entscheidender Grund dafür, weshalb es in Deutschland keine dramatischen Fehlentwicklungen wie auf dem US-amerikanischen Wohnimmobilienmarkt gegeben hat. Seit mehr als 40 Jahren sichern die Städtebauförderung und weitere Instrumente der Stadtentwicklungspolitik die Zukunftsfähigkeit unsere Städte und Quartiere. Die Welt scheint in Ordnung und der Staat erfüllt mit der Wohnungs- und Städtebauförderung seine politische Aufgabe. Aber wird dies auch so bleiben können?

Über die Jahre hat sich die Prioritätenliste des Bundes bezüglich seiner Wohnungsbaupolitik verändert. Einerseits hat er sich mit der Föderalismusreform aus Teilbereichen zurückgezogen und die soziale Wohnraumförderung auf die Länder übertragen. Andererseits nimmt er mit erheblichen finanziellen Mitteln Einfluss über die Kredite der KfW, die Bausparförderung und die Einbeziehung der Wohneigentumsfinanzierung in die Riesterförderung, die soziale Absicherung des Wohnens sowie bundeseinheitliche Standards, zum Beispiel für die energetische Qualität. Die Städtebauförderung wurde insbesondere seit der Wiedervereinigung und den städtebaulichen Problemlagen in den neuen Bundesländern deutlich verstärkt.

Im Zuge der Haushaltskonsolidierung soll nun jedoch das Volumen der Städtebauförderung und der KfW-Programme für energieeffizientes Bauen und Sanieren deutlich heruntergefahren werden. Die Mittelkürzungen werden nach den Verhandlungen im Bundestag zwar nicht so drastisch ausfallen wie von der Bundesregierung vorgeschlagen, doch stehen mit den für 2011 geplanten 455 Millionen Euro insgesamt 155 Millionen weniger zur Verfügung als im ursprünglichen Haushaltsansatz. Die KfW-Mittel belaufen sich mit den zusätzlich avisierten 500 Millionen Euro aus dem "Energie- und Klimafonds" auf knapp eine Milliarde Euro - die Hälfte dessen, was in 2009 zur Verfügung stand.

Drängender Handlungsbedarf im Wohnungs- und Städtebau

Diese drastischen Einschnitte in die Investitionsförderung sind angesichts aktueller und künftiger Herausforderungen nicht nur höchst bedenklich; sie widersprechen auch den im Koalitionsvertrag formulierten politischen Zielen. Angesichts gravierender Umbrüche stehen unsere Städte und Wohnimmobilienmärkte vor immensen Zukunftsaufgaben, die erhebliche öffentliche und private Anstrengungen erfordern:

- veränderte Rahmenbedingungen auf den globalen Wirtschafts- und Finanzmärkten, - wohnungswirtschaftliche und städtebauliche Umstrukturierungsprozesse durch demografischen Wandel, Binnenwanderung und Migration,

- notwendige bauliche Anpassungen an die Bedürfnisse einer älter werdenden Gesellschaft,

- Erfüllung von Nachhaltigkeitsanforderungen, vor allem im energetischen Bereich.

Die demografische Entwicklung und die anhaltende Binnenwanderung resultieren in regional stark unterschiedlichen Wohnungsmärkten. So existieren in Schrumpfungsregionen neben entspannten Märkten weiterhin zum Teil erhebliche Überkapazitäten, die weiteren Rückbau notwendig machen, um den Markt und die städtebauliche Situation zu stabilisieren. In manchen Wachstumsräumen dagegen werden Haushalte mit niedrigem bis mittlerem Einkommen stark belastet, da dort Wohnungsknappheit und in der Relation zum Einkommen überproportional steigende Mieten vorherrschen. Um in diesen Regionen Friktionen auf den Wohnungsmärkten zu verhindern, ist das Neubauniveau zu niedrig. Seit dem Jahr 2000 stark rückläufig erreichte es 2009 mit 159000 fertiggestellten Wohneinheiten seinen historischen Tiefststand.

Angesichts steigender Energiekosten entwickeln sich auch die Nebenkosten zu einem immer größeren Kostenfaktor. In Verbindung mit den Klimaschutzzielen rückt deshalb die Verbesserung der energetischen Qualität der Bestandsgebäude immer mehr in den Fokus. Um alle unter Wirtschaftlichkeitskriterien vorteilhaften energetischen Investitionen zu realisieren, geht der Abschlussbericht der Kommission des Deutschen Verbandes zur Klimaschutzpolitik von einer Gesamtinvestitionssumme von mindestens 180 Milliarden Euro bis 2020 aus.

Der wachsende Anteil älterer Menschen erfordert zudem ein ausreichendes Angebot an barrierearmen Wohnungen, umso möglichst lange das Leben und Haushalten in den eigenen "vier Wänden" zu ermöglichen. Dies entspricht nicht nur den Wünschen einer breiten Mehrheit, sondern spart auch soziale Kosten für die Heimunterbringung. Die Kommission des Deutschen Verbandes "Wohnen im Alter" schätzt das Investitionsvolumen für altersgerechte Anpassungen am und im Gebäude auf mindestens 39 Milliarden Euro - bei einem spezifischen Mehraufwand für altersgerechte Wohnstandards von 18 Milliarden Euro.

Gleichzeitig sehen sich viele Städte einer wachsenden räumlichen Konzentration von wirtschaftlich und sozial schwachen Bevölkerungsgruppen gegenüber, gepaart mit städtebaulichen und ökologischen Missständen. Der sozialen und baulichen Erosion von Siedlungen, Quartieren und ganzen Stadtteilen gilt es, präventiv entgegenzuwirken. So können Polarisierung und Integrationsprobleme - vor allem in Vierteln mit besonderem Entwicklungsbedarf - entschärft werden. Eine spätere Heilung kommt weit teurer als die rechtzeitige Therapie.

Beträchtlicher Nachholbedarf

Trotz aller positiven Leistungen der vergangenen Jahre besteht im Städtebau und bei der städtischen Infrastruktur nicht nur in den neuen Bundesländern, sondern mittlerweile vermehrt auch in Städten und Gemeinden Nord-, West- und Süddeutschlands ein beträchtlicher Nachholbedarf. Angesichts der angespannten Kommunalfinanzen sind die kommunalen Investitionen aber seit Mitte der 1990er Jahre um etwa 30 Prozent gesunken. Um den bestehenden Investitions- und Sanierungsstau aufzuholen, wird zwischen 2007 und 2013 von einem Investitionsbedarf von rund 64 Milliarden Euro ausgegangen.

Nicht zuletzt erhöhen neben den skizzierten räumlichen Differenzierungen auch die heterogenen Gebäude- und Eigentümerstrukturen die Komplexität im Umgang mit den genannten Herausforderungen. Vor allem die "nicht-institutionellen" Eigentümer, wie Selbstnutzer und private Kleinanbieter, sollen hier genannt sein. Ihnen gehören mehr als drei Viertel des Gesamtbestandes von 40 Millionen Wohnungen. Gleichzeitig sind sie besonders für die Mitwirkung an der energetischen, altersgerechten und städtebaulichen Erneuerung von Gebäude- und Stadtstrukturen zu motivieren. Der enorme Investitionsbedarf in die Gebäude und Infrastruktur ist ohne Anreize alleine über Marktmechanismen beziehungsweise nur durch Wohnungseigentümer und Privatwirtschaft nicht zu stemmen. In Zeiten dringend notwendiger Haushaltskonsolidierung gilt es aber auch, vorhandene Förderinstrumente zu bündeln und die Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Hand, privaten Kapitalgebern und Wirtschaft zu erleichtern, wirksame steuerliche Anreize zu setzen und Fehlinvestitionen zu vermeiden.

Städtebauförderung und KfW-Programme bilden hierfür die richtige Grundlage. Durch die KfW-Programme werden mit einem Euro Haushaltsmitteln bis zu neun Euro Investitionen angeregt. Eine bis zu achtfache Hebelwirkung lässt sich nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung bei der Städtebauförderung feststellen. Die vorgeschlagene Mittelkürzung ist damit nicht nur aus Sicht von Wohnungs- und Städtebau kontraproduktiv, sondern auch aus Sicht der regionalen Wirtschaft und Arbeitsmärkte. Außerdem würde dies unsere Städte und Gemeinden in der gegenwärtigen schwierigen Situation weiter in Bedrängnis bringen.

Die Verringerung der KfW-Mittel für energetisches Bauen und Sanieren widerspricht zudem der Energie- und Klimaschutzpolitik der Bundesregierung. Denn in Kombination mit der Finanzierung durch Kredite, Pfandbriefe, Bausparen und Eigenkapital erreichen die vergünstigten Darlehen überhaupt erst die Wirtschaftlichkeit energetischer Investitionen oberhalb der Mindeststandards der Energieeinsparverordnung.

Verstetigung der Förderung

Ein weiteres Anheben der Förderbedingungen der KfW-Programme beziehungsweise die Zinserhöhung und Reduzierung der Tilgungszuschüsse führt zu einer wachsenden Förderlücke zwischen den ohne Förderung wirtschaftlich durchführbaren energetischen Sanierungen und den KfW-geförderten Maßnahmen. So lassen sich die notwendigen Sanierungsvolumen nicht erreichen.

Außerdem müsste für bestimmte Bestände aus Wirtschaftlichkeitsüberlegungen auch Ersatzneubau förderfähig werden, wie dies im Energiekonzept der Bundesregierung angedeutet wird. Damit könnte neben der Neubauförderung auch der Abriss finanziell unterstützt werden - allerdings unter Berücksichtigung der größeren Wertsteigerung im Vergleich zur Sanierung.

Insgesamt belegen die Erfahrungen aus der Vergangenheit und die anstehenden Zukunftsaufgaben, dass sich die Förderung von Wohnungs- und Städtebau nicht nur als sehr erfolgreich bewährt hat, sondern weiterhin eine Daueraufgabe darstellt, die nicht zuletzt Planungssicherheit erfordert. Unabdingbar ist dabei eine stärker zielgruppenorientierte und regional differenzierte Vorgehensweise, wofür die Instrumente der Wohnungs- und Städtebauförderung entsprechend weiterentwickelt werden können. Gerade die Städtebauförderung kann durch ihre Ansätze Ressourcen, Zuständigkeiten und Politikfelder zusammenbringen, abstimmen und intelligent kombinieren sowie private und zivilgesellschaftliche Akteure mobilisieren. Deshalb ist neben der reinen finanziellen Investitionsförderung auch die Gestaltung und Steuerung von Prozessen der Stadterneuerung als Markenzeichen der Städtebauförderung wieder weiter in den Mittelpunkt zu rücken, und zwar gerade um eine zielgerichtete Beratung und Aufklärung, Öffentlichkeitsarbeit und Mobilisierung der heterogenen Akteurskonstellationen zu erreichen.

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