Wohnungspolitik 2011

Im Spannungsfeld von Klimaschutz und Haushaltskonsolidierung

Die Wirtschaftskrise ist überwunden. Deutschlands Wirtschaft erholt sich sogar schneller als erwartet von den globalen Erschütterungen der zurückliegenden Jahre. Auch die Wohnungs- und Bauwirtschaft ist mit einem blauen Auge davongekommen. Die aktuellen Zahlen sind positiv, selbst die lange stagnierende Zahl der Baugenehmigungen steigt wieder an. Das ist ein wichtiger Schritt hin zu den jährlich benötigten neuen Wohnungen, die die Wohnungsbauprognose bis 2025 für erforderlich hält. Zur Überwindung der Krise haben die Konjunkturprogramme der Bundesregierung maßgeblich beigetragen.

Klimafreundliches Bauen

Der Staat hat antizyklisch gehandelt und investiert, als Private nicht investieren konnten. Diese Kraftanstrengung hat deutliche Spuren in Form stark belasteter öffentlicher Haushalte hinterlassen. In der Phase der Erholung wird sich der Staat nun schrittweise wieder zurückziehen. Die Konsolidierung des Haushalts ist absolut erforderlich, um den Staat auch in Zukunft handlungsfähig zu halten. Die Bundesregierung hat die

Schuldenbremse beschlossen und gleichzeitig ehrgeizige Klimaziele vereinbart. Klar ist: Diese Ziele sind nur gemeinsam zu erreichen. Jeder Einzelne muss seinen Beitrag dazu leisten.

Energieeffiziente Gebäude sind ein wesentlicher Beitrag zum Klimaschutz. Gebäude sind in Deutschland zu 20 Prozent an den CO2-Emissionen beteiligt. Und 40 Prozent der Endenergie werden im Gebäudebereich "verbraucht". Damit ist die energetische Verbesserung unserer Gebäude eine Herausforderung, der wir uns alle jetzt und auch in Zukunft stellen müssen. Wir haben uns international verpflichtet, die Treibhausgasemissionen bis 2020 um 40 Prozent gegenüber 1990 zu senken. Darüber hinaus haben wir im Energiekonzept festgelegt, unsere Treibhausgasemissionen bis 2050 um 85 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren. Für Neubauten haben wir uns vorgenommen, ab 2020 das Niveau klimaneutraler Gebäude einzuführen. All dies werden wir nach einem Sanierungsfahrplan stufenweise bis 2050 umsetzen. Dabei setzen wir auf Freiwilligkeit. Es wird keinen Sanierungszwang geben. Unsere Strategie ist, die Marktkräfte zu stärken, indem wir Fordern, Fördern und Informieren.

Niemand möchte den heute erreichten Lebensstandard aus Energiespargründen wieder reduzieren. Trotzdem stellt sich die Frage, wie wir in Zukunft leben sollen und wie wir unseren Wohnkomfort dauerhaft sichern. Denn unser moderner Lebensstil darf nicht mehr so viel Energie und Ressourcen verbrauchen und zu

Lasten der nachfolgenden Generationen gehen. Wir müssen die Energieeinsparpotenziale im Gebäudebestand mobilisieren und neue Gebäude mit möglichst geringem Energiebedarf erstellen, wenn wir diese ehrgeizigen Ziele erreichen wollen.

Das gibt es nicht zum Nulltarif. Gerade in Zeiten knapper öffentlicher Kassen sind staatliche Förderungen nicht unbegrenzt. Wir stellen aber weiterhin wirtschaftliche Anreize in den Mittelpunkt unserer Politik. Grundgedanke solcher finanziellen Anreize ist, dass der Eigentümer, der die vorgegebenen Zielwerte vorzeitig erfüllt oder übererfüllt, hierfür eine staatliche Förderung erhält.

Das CO2-Gebäudesanierungsprogramm ist ein Kernstück dieser Politik. Es ist neben der Energieeinsparverordnung (EnEV) das wichtigste Instrument der Bundesregierung für Energieeinsparung und Klimaschutz im Gebäudebereich. Die im Rahmen des Programms aufgelegten KfW-Programme zum energieeffizienten Bauen und Sanieren sind eine klima- und wirtschaftspolitische Erfolgsgeschichte.

2011 fast eine Milliarde Euro Förderung

In den Jahren 2006 bis 2009 hat der Bund rund sechs Milliarden Euro für die Programme zur Verfügung gestellt, allein für 2010 rund 1,35 Milliarden Euro. Auch 2011 können wir, trotz der Sparzwänge, wieder insgesamt fast eine Milliarde Euro bereitstellen. Dazu kommen historisch einmalig günstige Rahmenbedingungen für Investitionen in Gebäude. Nie waren Bauzinsen so niedrig wie heute. Auch ohne staatliche Förderung lohnt sich die Investition in eine Immobilie gerade heute.

Wir gehen mit unserem Förderansatz nächstes Jahr noch einen Schritt weiter. Wir werden den Blick bei der energetischen Sanierung nicht mehr ausschließlich auf das einzelne Gebäude richten, sondern auf das gesamte Quartier oder den Stadtteil. Im Energiekonzept haben wir die Auflage eines KfW-Programms "Energetische Städtebausanierung" beschlossen. Ziel ist, umfassende und lokal angepasste Investitionen in Energieeffizienz und erneuerbare Energien anzustoßen, um damit vielfältige Synergieeffekte voranzubringen.

Die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft hat einen zentralen gesamtgesellschaftlichen Auftrag: die Versorgung der Bürgerinnen und Bürger mit Wohnraum. Das muss das erste Anliegen jeder Wohnungspolitik sein. Die Verantwortung für die Wohnungspolitik ist mit der Föderalismuskommission 2006 an die Länder übergangen. Der Bund gibt den Ländern noch bis 2013 jährlich 518 Millionen Euro für den sozialen Wohnungsbau. Wir beobachten die Entwicklungen sehr genau, um notfalls gegenzulenken.

Was die Versorgungslage betrifft, registrieren wir erhebliche regionale Unterschiede. Während in manchen Regionen immer noch ein Überangebot besteht, ist die Angebotslage in einigen Metropolen - vor allem in Westdeutschland - angespannt. Hier müssen wieder mehr Wohnungen gebaut werden. Das Ziel muss dabei sein, Neubauten bereits heute auf den Standard zu bringen, der 2021 europaweit Vorschrift sein wird: das "Niedrigstenergiehaus". Hier sind alle gefordert - vom Fertighaushersteller bis zur Wohnungsbaugenossenschaft. Die ökonomischen Rahmenbedingungen für das energieeffiziente Bauen sind angesichts niedriger Zinsen, stabiler Preise und staatlicher Förderung so gut wie nie. Wichtig ist, zu wissen, dass nur gefördert werden kann, was nicht gesetzlich vorgeschrieben ist. Derzeit gilt die Energieeinsparverordnung in ihrer Fassung von 2009. Bis Mitte 2012 ist die neu gefasste europäische Gebäuderichtlinie in nationales Recht umzusetzen. Deren zentrale Vorgabe ist die Einführung eines Niedrigstenergiegebäude-Standards für alle Neubauten ab Anfang 2021. Ein Niedrigstenergiegebäude muss eine sehr gute Gesamtenergieeffizienz aufweisen und der sehr geringe Restenergiebedarf sollte zu einem ganz wesentlichen Teil durch erneuerbare Energien gedeckt werden. Dieser Niedrigst-energiegebäude-Standard deckt sich mit der Zielsetzung im Energiekonzept zur Einführung klimaneutraler Gebäude bei Neubauten und wird Grundlage für die nächste Novelle der EnEV sein.

Wohneigentumsquote erhöhen

Die Wohneigentumsquote ist mit etwa 43 Prozent deutlich niedriger als in unseren Nachbarländern. Nur die Schweiz hat eine noch niedrigere Quote. Ein wichtiger Grund ist, dass wir in Deutschland einen stabilen, gut funktionierenden Mietwohnungsmarkt haben. Das hat unter anderem mit der großzügigen Förderung des sozialen Mietwohnungsbaus in der Nachkriegszeit zu tun.

Nach wie vor genießt das selbst genutzte Wohneigentum aber einen hohen Stellenwert. Der Erwerb der eigenen Wohnung oder des eigenen Hauses ist für viele Menschen in unserem Land eine Grundsäule ihrer persönlichen Freiheit und Vermögensbildung. Neben dem staatlich geförderten Erwerb von privaten Rentenansprüchen ist das selbst genutzte Wohneigentum eine wichtige Form der privaten Altersvorsorge. Durch "Wohn-Riester" und Steuererleichterungen ist die Bildung von Wohneigentum noch attraktiver geworden.

Wohneigentum bedeutet auch, Verantwortung für eine Immobilie zu übernehmen. Auch für Themen wie den Klimaschutz und das energieeffiziente Bauen ist es deshalb wichtig, die Wohneigentumsquote zu erhöhen. Wir starten nächstes Jahr eine breit angelegte Initiative, um für die Bildung von Wohneigentum zu werben; nie waren die Rahmenbedingungen so günstig wie heute, in die eigenen vier Wände zu ziehen sei es in bestehende Wohnungen oder in einen Neubau. Wir wollen über die Chancen und Risiken des Wohneigentums aufklären und informieren, dass es eine durchaus sinnvolle Sache sein kann für Menschen in vielen verschiedenen Lebenslagen.

Zusammenarbeit

Wir können unsere Ziele nur gemeinsam erreichen. Politik und Wohnungswirtschaft müssen ebenso eng zusammenarbeiten wie Bund, Länder, Kommunen und Verbände. Wir bieten mit verschiedenen Plattformen wie dem "Immobilienwirtschaftlichen Dialog" ein Forum, damit alle am Thema Wohnungsbau und Klimaschutz Beteiligten effektiv und zielgerichtet zusammenarbeiten können.

Die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft gehört mit einer Bruttowertschöpfung von mehr als 250 Milliarden Euro zu den größten und wichtigsten Wirtschaftszweigen in Deutschland. Sie sichert Arbeitsplätze, vor allem im Mittelstand. Sie kann auch einen erheblichen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Lassen Sie es uns gemeinsam angehen.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X