Schwerpunkt: Bausparen 2008

Die Wohnungsbauprämie motiviert junge Bausparer

Die Wirkungen staatlicher Förderinstrumente regelmäßig einer kritischen Bestandsaufnahme zu unterziehen sollte das Anliegen jeder verantwortlichen Vermögensbildungspolitik sein. Was die Wohnungsbauprämie für das Bausparen betrifft, deren Tradition in Deutschland bis ins Jahr 1952 zurück reicht, muss die Frage beantwortet werden, ob und wie sie ihren Zweck heute und in absehbarer Zukunft erfüllt.

Zu enges Korsett

Aktuell ist diese Fragestellung, weil es im Zuge der Einbeziehung des selbst genutzten Wohneigentums in die geförderte Altersvorsorge - bekannt auch unter den Bezeichnungen "Wohn-Riester" oder "Eigenheimrente" - Vorstellungen gibt, die Wohnungsbauprämie ausschließlich auf die wohnungswirtschaftliche Verwendung der Bausparguthaben zu beschränken. Bislang können Bausparguthaben nach Ablauf einer siebenjährigen Bindungsfrist prämienunschädlich frei verwendet werden gleichwohl die allermeisten das letztendlich nicht tun!

Bei einer Einschränkung der Wohnungsbauprämie wäre auch die ganz wichtige Kundengruppe der jungen Bausparer betroffen. Eine aktuelle Umfrage unter Jugendlichen ergab, dass für 70 Prozent der Befragten die Attraktivität des Bausparens erheblich einbüßen würde, sollte die Wohnungsbauprämie in ihrer Verwendung in ein zu enges Korsett gezwängt werden.

Das Bausparen bietet jungen Kunden ideale Startbedingungen für die Vermögensbildung. Während für die meisten Vorsorgeformen die Volljährigkeit, der Eintritt ins Arbeitnehmerverhältnis und das regelmäßige Erwerbseinkommen ausschlaggebend dafür sind, dass bestimmte Produkte und die damit verbundene staatliche Förderung in Anspruch genommen werden können, liegen die Einstiegshürden beim Bausparen sehr niedrig. Schon im Alter von 16 Jahren können beispielsweise Auszubildende oder Schüler die staatliche Förderung in Gestalt der Wohnungsbauprämie erhalten.

Die Förderung ist bekanntlich überschaubar. Seit 2004 werden Sparleistungen bis maximal 512 Euro jährlich mit 8,8 Prozent Wohnungsbauprämie, also rund 45 Euro gefördert, sofern das Einkommen bei Alleinstehenden 25 600 Euro nicht übersteigt - was bei jungen Bausparern aber in der Regel nicht der Fall sein dürfte.

Verbreitete Anlageform

Sind maximal 45 Euro Prämie vom Staat ein Argument, das junge Menschen zu Bausparern macht? Offenbar, wie ein aktuelles Gutachten des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung GmbH (ZEW) im Auftrag der Baden-Württembergischen Bausparkassen zur "Analyse der Bausparförderung nach dem Woh-nungsbauprämien-Gesetz" beweist. Danach ist das Bausparen bei jungen Haushalten unter 25 Jahren - neben Spareinlagen bei Banken - die mit rund 43 Prozent am stärksten verbreitete Anlageform. Die Wohnungsbauprämie stellt für drei Viertel der Bausparkunden ein wichtiges oder sehr wichtiges Motiv für den Abschluss eines Bausparvertrages dar, so eine Forsa-Umfrage.

Doch die Wirkungszusammenhänge zwischen Wohnungsbauprämie und Bausparen sind weitaus komplexer, wie die ZEW-Untersuchung belegt. Der staatlichen Förderung kommt eine Impulswirkung zu. Die niedrigen Einstiegshürden erleichtern den Vertragsabschluss ebenso wie die Flexibilität bei der Mittelverwendung. Das schätzen vor allem junge Bausparer, die sich bei Vertragsabschluss noch gar nicht festlegen können oder wollen, wie sie ihren Bausparvertrag später einmal verwenden wollen.

Das Gros der Mittel fließt in die Wohnungswirtschaft

In diesem Zusammenhang wenden Kritiker der Wohnungsbauprämie gern das Argument des Missbrauchs beziehungsweise des Mitnahmeeffekts ein, wenn geförderte Bausparguthaben in den Konsum und nicht in wohnungswirtschaftliche Maßnahmen fließen. Diese Sorge ist unbegründet. Auszahlungen aus Bausparverträgen werden zum weitaus überwiegenden Teil wohnungswirtschaftlich verwendet, bei Beziehern der Wohnungsbauprämie in einem größeren Maße als bei Nicht-Prämienberechtigten.

Es geht aber auch gar nicht darum, ob junge Bausparer in jedem einzelnen Fall ihre Guthaben für den Bau oder Kauf von Wohneigentum einsetzen. Das wäre zwar wünschenswert, muss jedoch illusorisch bleiben, solange das Wohneigentumsklima in Deutschland nicht günstiger wird. Bekanntlich sind deutsche Ersterwerber von Wohneigentum deutlich älter als Ersterwerber in anderen Ländern. Während in Deutschland die Hälfte eines Geburtsjahrgangs im Alter von 45 Jahren erstmals Wohneigentum besitzt, haben dieses Ziel in Großbritannien schon die 24-Jährigen und in Frankreich die 39-Jährigen erreicht, so eine Untersuchung von Empirica.

Es geht vielmehr darum, dass Jugendliche mit Hilfe der staatlichen Prämie via Bausparen an langfristige Vermögensbildung heran geführt werden. Insofern muss man Abstand nehmen von einer vergangenheitsbezogenen Interpretation der Förderung. Sie dient heute nicht mehr der Beseitigung von Wohnungsmangel. Die staatliche Vermögens- und Wohneigentumspolitik will vor allem die private kapitalgedeckte Vorsorge fördern und dabei Familien mit Kindern sowie Gering- und Normalverdiener besonders unterstützen.

Effizientes Instrument der kapitalgedeckten Vorsorge

Die Wohnungsbauprämie erweist sich dabei als besonders effizientes Instrument. Die ZEW-Studie zeigt, dass Haushalte, die zehn Euro mehr an Wohnungsbauprämie erhalten, rund 134 Euro pro Jahr mehr in Bausparverträge einzahlen. Eine Verdrängung anderer Sparformen findet dabei nicht statt. Die geförderten Beträge werden weitgehend zusätzlich angelegt. Auch die Gesamtersparnis der geförderten Bausparer steigt im Schnitt um 112 Euro. Die Wohnungsbauprämie wirkt sich also positiv auf die gesamte Ersparnisbildung der Prämienempfänger aus, unabhängig von den unmittelbaren Effekten für das Bausparen wie der Verbesserung der Guthabenrendite und der Absenkung des kritischen Darlehenszinssatzes, von dem an eine Bausparfinanzierung vorteilhafter als eine Kapitalmarktfinanzierung ist.

Das Bausparen und seine Förderung tragen dazu bei, das Sparpotenzial junger Sparer zu erschließen. Fast die Hälfte der jungen Berufstätigen unter 25 Jahren spart regelmäßig einen festen Betrag, bei den Auszubildenden ein Drittel, so Ergebnisse der Finanzmarktforschung von TNS-Infratest. Dabei korrelieren die begrenzten förderfähigen Sparsummen mit den meist noch bescheidenen finanziellen Möglichkeiten junger Auszubildender, Studenten und Berufsanfänger.

Positive Auswirkungen auf Finanzverhalten

Wie kaum eine andere Anlageform wirkt sich das Bausparen grundsätzlich positiv auf das Finanzverhalten der Kunden aus. Das entscheidet letztlich darüber, ob ein Produkt am Markt ankommt oder nicht beziehungsweise ob eine staatliche Förderung ihre Ziele und die Zielgruppen erreicht. Denn Sparer verhalten sich grundsätzlich nicht idealtypisch und rational. Nach Erkenntnissen der verhaltensorientierten Finanzmarktforschung (Behavioural Finance) fällt die Entscheidung für den Abschluss eines langfristigen Sparvertrages umso schwerer, je mehr Alternativen abgewogen werden müssen, je langfristiger der Anlagehorizont ist, je stärker die Verwendungsmöglichkeiten eingeschränkt sind und je höher die Sparrate ausfällt.

Unter diesen Aspekten kommt das Bausparen im Unterschied zu vielen anderen Vorsorgeformen der Mentalität der Anleger entgegen. Zwar müssen sich auch Bausparer frühzeitig auf einen Vertragsrahmen festlegen. Je nach Tarif sind jedoch nachträgliche Änderungen verschiedener Vertragsparameter wie Spar- und Darlehenszins oder Laufzeit möglich. Die staatlich prämierte laufende Ersparnisbildung mit kleinen Raten übt eine disziplinierende Wirkung aus. Nach Erfüllung der Zuteilungsvoraussetzungen können Sparer je nach Lebenssituation zwischen Darlehensinanspruchnahme, Aufstockung und Fortsetzung des Vertrages, Umschichtung in eine andere Geldanlage oder konsumtiver Verwendung frei entscheiden. Trotz dieser Flexibilität ist das Bausparen ein vergleichsweise einfaches und transparentes Produkt.

Begünstigend auf die Abschlussneigung von jungen Sparern wirken sich ohne Zweifel die weite Verbreitung des Bausparens in Deutschland aus sowie die positiven Erfahrungen, die Eltern- und Großelterngeneration mit dem Bausparen beim Erwerb eigener vier Wände gemacht haben. Eine großzügige Förderung war für diese Generationen damals üblich und zudem notwendiger als heute. Es muss jedoch daran erinnert werden, dass der Gesetzgeber sich erst im Jahr 2006 mit der Abschaffung der Eigenheimzulage vollständig aus der Förderung von Wohneigentümern in der Nach-Erwerbsphase zurück gezogen hat. Nach dem Wegfall ist es umso wichtiger, dass der Staat die Bildung von Wohneigentum durch Förderung von Bausparverträgen mittels Wohnungsbauprämie unterstützt - diese Meinung vertritt nach Erkenntnissen der Marktforschung eine große Mehrheit der Bevölkerung, darunter auch mehr als die Hälfte der unter 30-Jährigen. Denn Wohnungsbauprämie und Arbeitnehmersparzulage für Bausparverträge stellen die letzten verbliebenen Elemente der Eigenkapitalförderung dar.

Spardisziplin üben

Es geht beim Jugendbausparen weder um große Summen noch um die frühzeitige Festlegung auf eine definitive Entscheidung. Vielmehr machen junge Menschen mit dem Bausparen Erfahrungen, die sie vor überzogenem Konsum, Überschuldung und fehlender Eigenvorsorge schützen. Vor dem Hintergrund der US-Hypothekenkrise und ihren Auswirkungen sollte dieser Effekt der Bausparförderung nicht außer Acht gelassen werden. In der Regel ist der erste Bausparvertrag im Leben eines Kunden nicht der letzte. Die in jungen Jahren geübte Spardisziplin, die der Staat völlig zu Recht mit der Wohnungsbauprämie belohnt, kommt Bausparern auch später zugute, wenn sie sich für Wohneigentum entscheiden und es um die Finanzierung geht.

Es wäre völlig falsch, den Nutzen und die Wirkungen des Bausparens von der Existenz beziehungsweise der Ausgestaltung der Wohnungsbauprämie abhängig zu machen. Fest steht jedoch, dass von Einschränkungen bei der Wohnungsbauprämie das Jugendbausparen negativ betroffen wäre. Nicht nur zum Leidwesen der Bausparkassen, sondern vor allem zum Nachteil der jungen Kunden selbst, denen ein Anreiz für einen frühen Einstieg in die Vermögensbildung und Vorsorge genommen würde. Für die Immobilienwirtschaft geht es letztendlich um die Einstiegsmotivation der Bauherren und Hauskäufer vom morgen.

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