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Zusammenarbeit zwischen Emissionshäusern und Verwahrstellen etabliert sich

Die Folgen der Finanzkrise haben den Gesetzgeber bei der Einführung von AIFMD und den Neuerungen im Rahmen des KAGB beeinflusst. Oberstes Ziel dabei war die Verbesserung des Anlegerschutzes. Daher werden die alternativen Investmentfonds seit Mitte 2013 von einer Verwahrstelle in vielen Bereichen kontrolliert. Ziel ist es, die Anlagen des "grauen Kapitalmarkts" in den "weißen Kapitalmarkt" zu überführen.

Die neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen ermöglichen ein einheitliches "Level-Playing-Field" - gemeinsam mit den etablierten Fondsprodukten auf der Wertpapierseite sowie mit offenen Investmentfonds auf der Immobilienseite. Die letztgenannten unterliegen ohnehin seit mehreren Jahrzehnten der Kontrolle durch eine Verwahrstelle. Die AIFM-Richtlinie und das KAGB unterstreichen nun deren Bedeutung und Notwendigkeit für einen sicheren Fondsmarkt. Bereits vor der Regulierung hatten einige Manager geschlossener Fonds eine Mittelverwendungskontrolle durchgeführt - dies reicht jedoch nun nicht mehr aus. Nach den regulatorischen Neuerungen unterscheiden sich die neuen Kontrollen von der Mittelverwendungskontrolle in dreierlei Hinsicht. Während die Mittelverwendungskontrolle grundsätzlich freiwillig war, ist die Einbindung einer Verwahrstelle gesetzlich geregelt.

Zudem gilt heute ein standardisierter Prüfungsumfang bei der Verwahrstelle - beispielsweise steht nicht mehr ausschließlich die Fondsgesellschaft selbst im Mittelpunkt der Kontrolle, sondern auch die zugehörigen Zweck- oder Beteiligungsgesellschaften. Bei der Mittelverwendungskontrolle war die Prüfungstiefe dagegen unterschiedlich variabel. Darüber hinaus erfolgen die Kontrollen der Verwahrstelle über die gesamte Fondslaufzeit. Die Mittelverwendungskontrolle hingegen wurde häufig nur in der Investitionsphase durchgeführt.

Emissionshäuser müssen neue Parteien einbinden

Die Verwahrstelle ist nunmehr für offene sowie für geschlossene Investmentfonds gleichermaßen ein neutraler Partner, der auf Basis einheitlicher gesetzlicher Regelungen agiert. Die gleichen Voraussetzungen gelten allerdings auch für die Fondsinitiatoren. So eröffnen sich ins besondere den Emissionshäusern geschlossener Fonds neue Chancen und Perspektiven. Künftige, speziell für institutionelle Kunden entwickelte Produkte - wie der Spezial-AIF - erweitern potenziell das Angebotsspektrum. Bisher waren die Emissionshäuser autark organisiert und hatten ihre Arbeitsprozesse individuell implementiert. Die neuen Regularien haben zu Veränderungsprozessen und zur Einbindung neuer Parteien geführt. Erweiterte Abstimmungen hinsichtlich der täglichen Abläufe sowie der Integration der Verwahrstelle sind nun notwendig. Wie tief eine Verwahrstelle in die jeweiligen Prozesse eingebunden wird, entscheidet, ob das Produkt als geschlossener Spezial-AIF oder als geschlossener Publikums-AIF aufgelegt wird.

Der Gesetzgeber hat bei einem Publikums-AIF im Sinne des Anlegerschutzes weitreichendere Prüfpflichten definiert als dies bei einem Spezial-AIF der Fall ist. Solche Prüf- beziehungsweise Kontrollpflichten sind beispielsweise die Kontrolle der Zeichnung von Fonds- beziehungsweise Beteiligungsanteilen, des Objektkaufs oder Erwerbs von Beteiligungen und der Bewertung von Fonds sowie die Anlagegrenzprüfung und im Besonderen das Cash-Monitoring.

Zusätzlich stehen die Verwalter geschlossener Fonds vor weiteren Neuregelungen: die Zulassung der KVG als AIFM durch die Finanzaufsichtsbehörde, die Einrichtung eines Risiko- und Liquiditätsmanagements oder regelmäßige Reporting-Pflichten. Die Umsetzung der Maßnahmen und die Anpassung der Prozesse stellen eine hohe Bürde für viele Emissionshäuser dar. Dies beweist der Rückgang der Absatzzahlen geschlossener Fonds in den vergangenen Monaten, der dem Trend der vergangenen Jahre folgt.

Aus gegebenem Anlass überdenken einige Emissionshäuser aktuell die Kernkompetenzen in ihrem Geschäftsmodell und werden bestimmte Aufgaben wohl künftig nicht mehr "inhouse" erbringen, sondern an externe Partner auslagern. Kernbereiche wie das Portfolio Management, das Produktmanagement, der Vertrieb, das Risikomanagement sowie das Controlling mit stringentem Kostenmanagement werden offensichtlich "inhouse" bleiben. Ein Outsourcing wird voraussichtlich in den Bereichen durchgeführt, die nicht zu den Kerngeschäftsfeldern gehören - beispielsweise Aufgaben aus dem Middle- oder dem Back-Office.

Die neue Situation der Emissionshäuser haben wenige, etablierte Verwahrstellen erkannt: Sie werden kurzfristig zusätzliche Leistungen für die entsprechenden Gesellschaften anbieten, die über die heutige Verwahrstellenfunktion hinausgehen. Eine Voraussetzung hierfür ist eine ausgewiesene Expertise und eine hohe Bindung zum Markt der geschlossenen Fonds. Vereinzelt werden Dienstleister bereit sein, im Sinne der Verlängerung der Wertschöpfungskette Back-Office-Services aus dem Bereich der Fondsadministration in Teilen zu übernehmen oder ein - im Rahmen des rechtlich Möglichen - vollständiges Insourcing anzubieten. Dabei könnten die hierfür spezialisierten Mitarbeiter der Emissionshäuser durch die Verwahrstelle übernommen oder das Geschäft gemeinsam mit einem Kooperationspartner über ein gemeinsames Joint Venture durchgeführt werden.

Neue Positionierung

Voraussetzungen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit sind ein breites Assetklassen-Knowhow sowie die Fähigkeit zur Abbildung der Spezifika geschlossener Fonds. Führende Verwahrstellen haben in der Regel langjährige Erfahrungen im Immobilienbereich und sind bereit, sich auf die für sie neuen Assetklassen und Märkte der geschlossenen Fonds einzulassen. Wichtig ist eine bestehende Expertise mit "immobilen Wertgegenständen", denn hier herrschen andere Systeme, andere Kulturen oder auch andere Prozesse vor.

Neue Assetklassen in diesem Sinne sind etwa Flugzeuge, erneuerbare Energien, Private Equity oder Container. Als Dienstleister muss die Verwahrstelle zudem bereit sein, gegebenenfalls ausländische Gesellschaften anzubinden oder abzubilden. Die Leistungsfähigkeit betrifft ebenfalls die IT-Plattform des Dienstleisters: Wichtig ist dabei, dass die Buchhaltung, das Reporting, das Meldewesen sowie die Treuhand-Services elektronisch und weitgehend automatisiert abgebildet werden.

Sogenannte "One-Stop-Shops", die eine Vielzahl von Services anbieten, sind ein geeigneter Partner, denn sie können alle ausgelagerten Bereiche abdecken. So hält das Emissionshaus die Anzahl der externen Dienstleister möglichst gering. Die klassischen Verwahrstellen verfügen im Vergleich zu sogenannten "alternativen Verwahrstellen" eher über automatisierte Prozesse, ausreichende Kapazitäten, eine solide finanzielle Ausstattung sowie über attraktive Gebühren. Sie bieten ein breites Service-Portfolio über die Abwicklung von Transaktionen bis hin zur Fondsadministration an. Zudem betrachten die klassischen Verwahrstellen diese Funktionen ihrerseits als Kernkompetenzen, die systematisch strukturiert und gesichert sind. Neben diesen gesetzlichen Anforderungen bieten die Verwahrstellen aber auch prozessuale und wirtschaftliche Mehrwertleistungen.

Ein professioneller Onboarding-Prozess ist die Grundlage für eine reibungslose Zusammenarbeit zwischen Emissionshaus und Verwahrstelle. Dies gewährleistet die Verwahrstelle über einen Projektmanager mit aussagekräftigem Profil: Der entsprechende Vertreter der Verwahrstelle verfügt über die notwendige Expertise bezüglich der Sachwertprodukte, kennt die typischen Abläufe innerhalb eines Emissionshauses und hat entsprechende Erfahrungen im Aufsetzen der zugehörigen Fonds. Der Projektmanager bildet die Schnittstelle zwischen dem Emissionshaus und allen an der Service-Erbringung beteiligten Einheiten der Verwahrstelle. Darüber hinaus sind bei den alternativen Investmentfonds, die sich inhaltlich stark unterscheiden, die Service Level Agreements (SLA) unbedingt an die jeweilige Assetklasse anzupassen. Die Differenzierung zeigt sich in der Beschaffenheit der jeweiligen Sachwerte, von Immobilien über Private Equity, Flugzeuge, erneuerbare Energien bis hin zu Schiffscontainern. Ein individueller Service-Level-Agreement-Katalog schafft Sicherheit für beide Partner. Auch eine kundenspezifische Betreuung ist erfolgsentscheidend: Emissionshäuser von Sachwertfonds haben häufig spezielle Anforderungen, die eine intensive fachliche Interaktion zwischen dem Fondsmanager und der Verwahrstelle bedingen.

Zudem sind auch länderübergreifende Services gefragt. Internationale Emissionshäuser suchen einen Verwahrstellenpartner, der sie in der Auflage von Fonds global unterstützen kann. Besonders die grenzüberschreitende Unterstützung mit individuellen Lösungen beim Fondsvertrieb ist hilfreich: Die Fondsmanager können beispielsweise Registrar- und Transfer Agent Services, Order Gateway Services oder Reporting-Lösungen nutzen.

Dr. Holger Sepp , Mitglied des Vorstands, Hauck & Aufhäuser, Frankfurt am Main
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