Aufsätze

AIFMD und KAGB - neue Geschäftsaussichten für Depotbanken

Das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) hat die Anforderungen der AIFMD, der EU-Richtlinie über Verwalter alternativer Investmentfonds (Alternative Investment Funds Manager Directive 2011/61/EU), in deutsches Recht umgesetzt. Es ersetzt dabei das Investmentgesetz (InvG) seit dem 22. Juli 2013 mit einer Übergangsfrist bis zum 22. Juli 2014.

Besondere Rolle der Verwahrstelle

Der führende Verband der Fondsindustrie, der Bundesverband Investment und Asset Management (BVI), bezeichnet das neue Regelwerk als grundlegendste Veränderung der Fondsregulierung seit ihren Anfängen 1957. Dementsprechend stellt die neue Gesetzgebung unter anderem die Depotbanken vor neue Herausforderungen. Diese müssen jedoch nicht nur die in den §§ 68 bis 90 KAGB umgesetzten Level-1-Maßnahmen beachten, sondern auch die EU-Verordnung vom 19. Dezember 2012, welche die Level-2-Maßnahmen beinhaltet.1)

Der Verwahrstelle wird zum Schutze der Anleger eine besondere Rolle im KAGB zugewiesen. Während die Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) in erster Linie die Entscheidung trifft, wie das Fondsvermögen angelegt wird, übernimmt die Verwahrstelle die technische Abwicklung, die Verwahrung des Investmentvermögens und unterschiedliche Kontrollfunktionen.

Geändert hat sich dabei weit mehr als nur eine Begrifflichkeit durch die Umbenennung von "Depotbank" in "Verwahrstelle". Auch die Fondstypen kommen verändert daher. Denn die in den neuen Regelungen überarbeitete Definition der Fonds erweitert den Anwendungsbereich der Vermögensverwaltungsbestimmungen. Spätestens ab dem 22. Juli 2014 muss man sich daher von den bisherigen Begriffen und Definitionen der Publikums- und Spezialfonds beziehungsweise Publikums- und Spezial-Sondervermögen (nach InvG) und der geschlossenen Fonds (nach VermAnlG) verabschieden. Zukünftig werden klassische Wertpapier-Publikumsfonds vermehrt im OGAW- beziehungsweise UCITS-Format aufgelegt werden. Des Weiteren gibt es fortan die Form eines Publikums-AIF (Alternative Investment Funds), unter den sich beispielsweise die Immobilien-Publikumsfonds gruppieren. Zuletzt wird es zwei Formen der Spezial-AIF geben, wobei zwischen offenen und geschlossenen Spezial-AIF unterschieden wird. Demnach sind Hedgefonds unter den Begriff der offenen Spezial-AIF zu subsummieren, Private-Equity-Fonds hingegen gelten als geschlossene Spezial-AIF.

Haftungserweiterung durch die neuen Regeln

Hauptthema aller Diskussionen in der Fondsindustrie war mit Blick auf die Verwahrstellen die Frage nach der Haftung. Auslöser und Treiber der Debatte waren spektakuläre Pleiten wie der Zusammenbruch von Lehman Brothers und die Madoff-Affäre. Wohl daher wirft das KAGB mit der Umsetzung der AIFMD besonderes Augenmerk auf die Anforderungen an die Verwahrung und Unterverwahrung durch Verwahrstellen. Zwar sind die grundsätzlichen Regelungen zur Verwahrung aus dem bisherigen Depotgesetz im KAGB erhalten geblieben. Allerdings werden diese künftig ergänzt durch eine EU-Verordnung, die über den Text der Richtlinie hinaus konkretisierende Anforderungen an die Segregation von Wertpapierbeständen beinhaltet. Dies ist eine Folge der Level-2-Verordnung zur AIFMD.

Bei den Verwahrpflichten wird zwischen verwahrfähigen und nicht verwahrfähigen Vermögensgegenständen unterschieden. So unterliegen bestimmte Finanzinstrumente bei der Verwahrung einer strikten Haftung und müssen bei Verlust unverzüglich zurückgegeben werden. Zu diesen verwahrfähigen Vermögensgegenständen gehören unter anderem übertragbare Wertpapiere, also Vermögenswerte, die eine Rückgabe auf Verlangen unmittelbar zur Folge haben. Die Verwahrstelle muss hierbei eine getrennte Verwahrung sicherstellen. Dies wird dadurch erreicht, dass die Vermögenswerte auf einem Konto gehalten werden, das direkt oder indirekt auf den Namen der Verwahrstelle lautet.

Diese Anforderungen ergeben sich aus Art. 99 (Pflicht zur Trennung) und Art. 89 (1) (a) & (b) der Level-2-Verordnung. Diese verpflichten die Verwahrstelle, die Vermögenswerte nach Art. 21 (8) (a) (ii) zu registrieren. Des Weiteren besteht die Verpflichtung, Unterlagen und getrennte Konten so zu verwalteten, dass ihre Ordnungsmäßigkeit sichergestellt ist. Dass die Verwahrstelle eine sorgfältige Registrierung der Anlagen sicherzustellen hat, ermöglicht die eindeutige Identifizierung am Eigentum eines übertragbaren Wertpapiers. Dies geschieht meist dadurch, dass die Verwahrstelle dieses selbst verwahrt beziehungsweise einlagert.

Strikte Haftung über sämtliche Unterverwahrer

Die strikte Haftung erstreckt sich über sämtliche Unterverwahrer und gilt auch für deren Insolvenz oder den Verlust der Vermögensgegenstände. Die Möglichkeiten, sich von dieser Haftung zu befreien, sind stark eingeschränkt. Eine Herausforderung für die Verwahrstellen ist daher die besondere Sorgfaltspflicht hinsichtlich der Unterlagen und die gesonderte Kontenführung, insbesondere hinsichtlich der Korrespondenz mit den Unterverwahrstellen. Die regelmäßige Abstimmung zwischen den internen Konto- und Depotdaten und Unterlagen der Verwahrstelle mit denen Dritter, wie eben den Unterverwahrstellen, sind einem klar dokumentierten internen Kontrollsystem zu unterwerfen. Um dem wichtigsten gesetzlichen Anliegen, dem Anlegerschutz, Rechnung zu tragen, sind die Verwahrstellen dabei zu besonderer Sorgfalt verpflichtet. Die erweiterten Haftungsregelungen werden damit zwangsläufig zu steigenden Kosten für die Ausübung der Verwahrstellenfunktion führen.

Die Verwahrrisiken müssen von der Verwahrstelle eingeschätzt und beurteilt werden, und der AIFM (Alternative Investment Funds Manager) muss über die identifizierten Risiken in Kenntnis gesetzt werden. Die Verwahrstelle muss daher konsequenterweise angemessene operationelle Abläufe einführen, um die Risiken von Verlust der Vermögenswerte zu minimieren.

Bei nicht verwahrfähigen Vermögensgegenständen, wie zum Beispiel OTC-Derivaten, erstreckt sich die Hauptverantwortlichkeit der Verwahrstelle auf die Überwachung, was im Wesentlichen durch die Verifizierung des Besitzes dieser Vermögenswerte, der sogenannten Bestandsführung, geschehen muss. Im Wesentlichen unterliegt einem solchen Vermögensgegenstand ein Vertrag oder ein Eigentumsrecht, welches nicht durch ein übertragbares Wertpapier dargestellt wird. Allein die Existenz dieses Vertrages belegt in diesem Falle das Eigentumsrecht. Die Anforderungen ergeben sich durch Art. 90 (2) der Level-2-Verordnung, welche die Verwaltung von Unterlagen und Verifizierung der Eigentumsverhältnisse für Anlagearten regelt, die nicht als in Verwahrung betrachtet werden. Die Klärung dieser Besitzverhältnisse ist bei den nicht verwahrfähigen Vermögensgegenständen also entscheiden des Element.

Da nicht verwahrfähige Vermögensgegenstände nicht komplett durch die Verwahrstelle verwaltet werden, liegt es in deren Verantwortungsbereich, die Eigentümerschaft an den Anlagen des AIF festzustellen. Dabei muss sie umfangreiche Dokumentationspflichten bezüglich dieser Anlagen erfüllen.

Interne Kontrollsysteme der Verwahrstellen stärker beansprucht

Es steht außer Frage, dass das bestehende Interne Kontrollsystem (IKS) der Verwahrstelle stärker beansprucht werden wird. Die wesentlichen Hauptfaktoren beziehungsweise Treiber hierfür sind die operationellen und rechtlichen Risiken.

Die operationellen Risiken basieren auf der Verpflichtung, dass die Verwahrstelle ihr Unterverwahrstellennetzwerk einer regelmäßigen Prüfung unterziehen muss. Für die Ausübung von Verwahrungsaufgaben ist die Verwahrstelle generell von einem Global Custodian oder einem Netzwerk von Unterverwahrern abhängig. Das bedeutet, dass sie einen sogenannten Due-Diligence-Prozess bei allen Unterverwahrern durchführen muss. Der Umfang hinsichtlich der Anforderungen an die allgemeinen Aufsichtspflichten ergibt sich aus Art. 92 der Level-2-Verordnung. Sie beinhaltet unter anderem eine Risikoanalyse des AIF und befasst sich mit dessen Organisation, vor allem hinsichtlich ausgelagerter Tätigkeiten des Unterverwahrers und dem entsprechenden Outsourcingcontrolling. Bedient die Verwahrstelle sich des Unterverwahrstellennetzwerkes eines Dritten, zum Beispiel eines Global Custodian, erfordert dies die Durchsicht des Due-Diligence-Prozesses des Global Custodians und der Anforderung von Unterlagen zu wesentlichen Änderungen. Unter anderem macht die verstärkte Sorgfaltspflicht die Einführung von Score-Cards, anhand derer die Unterverwahrer überwacht werden, erforderlich. Die Verwahrstelle muss auch auf Ad-hoc-Mitteilungen in Ausnahmesituationen durch die Unterverwahrstellen bestehen.

Herausforderungen an das Geschäftsmodell

Die eine oder andere Verwahrstelle dürfte es künftig bevorzugen, mit bestehenden eigenen Unterverwahrstellen zu arbeiten und die Anzahl externer Unterverwahrstellen zu verringern. So könnten sich einige dazu entschließen, ihr eigenes Netzwerk zu erweitern und in spezielle Märkte vorzudringen, anstatt sich auf Sub-Custodians Dritter zu verlassen. Dadurch würde ihre Wettbewerbsposition potenziell gestärkt. Denn von den damit verbundenen Investionen geht ein grundsätzlich positives Signal an den Markt aus.

Die Risikoeinschätzung von bestimmten Märkten beziehungsweise von Unterverwahrstellen wird sich auf jeden Fall auf das IKS auswirken. Mehr Kontrollen führen automatisch zu Mehraufwand im operativen Umfeld und beeinflussen somit das gesamte IKS der Verwahrstelle. Die Haftungserweiterung wird auch zur Überlegung im strategischen Bereich führen, in welchen Ländern und mit welchen Partnern kosteneffizient zusammengearbeitet werden kann. Wesentliche Herausforderung an das Geschäftsmodell sind in diesem Zusammenhang auch die Länge der Verwahrkette und die daraus resultierenden Kosten.

Ein weiteres Thema dürften auch diejenigen Anlagen sein, die momentan nicht in Verwahrsystemen überwacht werden. Wachsender Informationsaustausch zwischen der Verwahrstelle und der KVG ist notwendig, um die Pflichten der Verwahrstelle zu erfüllen. Diesbezügliche Regelungen sollten sich im neu zu gestaltenden Verwahrstellenvertrag, der zwischen KVG und Verwahrstelle abzuschließen ist, wiederfinden. Auch hier werden Investitionen in operative Prozesse und technische Infrastruktur notwendig, um eine adäquate Dokumentation zu gewährleisten. Verlust oder Fehler in der Ausführung dieser Funktionen im Rahmen der Organisation, des Kontrollsystems oder des vertraglichen Rahmenwerks führen dazu, dass die Verwahrstelle haftet, sofern sie nicht nachweisen kann, dass sie ihre Überwachungspflichten ausgeschöpft hat.

Eine weitere Implikation des neuen Regelwerks ist das Thema der Bewertung. Die KVG bleibt allein verantwortlich für die Bewertung von AIF-Anlagen, der Berechnung und Veröffentlichung von Anteilswerten, selbst wenn ein externer unabhängiger Bewerter ernannt wurde. Ein solcher externer Bewerter kann auch die Verwahrstelle selbst sein, wenn die Aufgabe funktionell und hierarchisch von der Verwahrstellenfunktion getrennt ist und es somit zu keiner Interessenkollision kommt. Die Verwahrstelle muss sicherstellen, dass die Ernennung des externen Bewerters in Übereinstimmung mit Art. 19 der AIFMD erfolgt ist. Sie muss also plausibel zeigen können, ob der von der KVG oder dem bestellten externen Bewerter ermittelte Anteilswert den KAGB-Bestimmungen entspricht. In diesem Zusammenhang ist sie verantwortlich für die Benachrichtigung der KVG beziehungsweise des AIF, wenn sie feststellt, dass die Anteilswertberechnung nicht mit allen relevanten Regelungen und Prozessen übereinstimmt.

Eine weitere Anforderung an das IKS ergibt sich aus den Regelungen des Art. 86 der Level-2-Verordnung an das sogenannte Cash-Monitoring. Demnach muss die Verwahrstelle über wirksame und angemessene Verfahren zum Abgleich aller Cashflows verfügen und diesen Abgleich in regelmäßigen Abständen vornehmen.

Folgen für Depotbankmarkt

Die wesentliche Frage, mit der sich die Verwahrstelle konfrontiert sieht, ist die Weitergabe der Kosten im Rahmen der bestehenden Gebührenmodelle an die Investoren beziehungsweise Anleger. Diese betrifft jedoch weniger die Global Custodians, wie beispielsweise BNP Paribas Securities Services. Für sie sind die Wertpapierdienstleistungen Kerngeschäft. Sie dürften nun sogar noch stärker von bereits existierenden internen Kontrollsystemen profitieren. Zudem kommt ihnen neben reinen Skalen effekten zugute, dass Investitionen in ihre Systeminfrastruktur in vergangenen Jahren heute bereits teilweise armortisiert sind. Weniger globale Dienstleister hingegen werden ein dem KAGB und der Level-2-Verordnung entsprechendes Kontrollsystem eventuell noch nicht implementiert haben. Ihnen stehen die Investitionen in eine adäquate Prozess- und Systemlandschaft also womöglich erst noch bevor. Zwar ist es noch zu früh, die Auswirkungen von AIFMD und KAGB auf die Struktur des deutschen Depotbankmarkts voll abzuschätzen. Doch spricht einiges dafür, dass diese erforderlichen Investitionen und der damit verbundene Kostendruck, der sich auch aus den erweiterten Haftungsregelungen ergibt, zu einer gewissen Marktkonsolidierung unter den bestehenden Verwahrstellen führen wird.

Kleinere Akteure, die bereit sind, ihre Positionierung im Bereich alternativer Fonds zu belegen, müssen ebenfalls größere Investitionen leisten, um ihr Kontrollsystem an die neuen Anforderungen an eine Verwahrstelle anzupassen und aufzuwerten, sowie die notwendige Kompetenz zu erlangen, um alternative Anlageformen zu bedienen. Insbesondere alternative Anlageformen und die Einbeziehung bisher noch nicht regulierter Fonds in einen festen Rechtsrahmen erfordern einen Aufbau von Wissen und Know-how zur Erfüllung der oben genannten Aufgaben, wie etwa Eigentumskontrolle und Bewertung. Dies birgt sowohl Chancen als auch Risiken.

Zum einen werden etablierte Verwahrstellen aus dem klassischen Wertpapier- und Immobilienfondsbereich prüfen, ob sich der erweiterte Anwendungsbereich der Vermögensverwaltungsbestimmungen der zu verwalteten Fondstypen für einen Ausbau des Geschäftsbereiches lohnt. Zum anderen könnten sich neue Anbieter überlegen, das erweitere Spektrum der Fondstypen, die durch KAGB und Level-2-Verordnung geregelt werden, für einen Markteintritt zu nutzen. Für alle Anbieter der Verwahrstellenfunktion gilt, dass die Entscheidung - sei es zur Spezialisierung oder zur Erweiterung - mit einem Kostenblock für Systeminfrastruktur und Haftung verbunden sein wird.

Mehr Konsistenz

Der Absicht, mehr Konsistenz bei den unterschiedlich vorhandenen Fondsarten und die Verringerung von aufsichtsrechtlichen Unsicherheiten innerhalb der EU zu erreichen, ist man durch das neue Regelwerk zweifelsohne einen Schritt näher gekommen. Für die Klarstellung der Rolle und Verantwortlichkeiten der Verwahrstellen beziehungsweise zu deren Pflichten nach dem KAGB, beispielsweise den Vorschriften zur Segregation (Art. 99 Level 2, siehe oben) wird die BaFin in Kürze das Verwahrstellenrundschreiben erlassen, welches dem bisher gültigen Depotbankrundschreiben nachfolgt. Und weitere Rahmenbedingungen und Herausforderungen für die Verwahrstellen stehen mit UCITS V und UCITS VI bereits vor der Tür.

Fußnote

1) Die entsprechenden Regelungen für Verwahr stellen finden sich dort in den Artikeln 83 bis 102.

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