KAGB und geschlossene Fonds - Marktveränderungen und Chancen für europaweiten Vertrieb

Gert Waltenbauer, CEO, KGAL Gruppe, Grünwald Die Anforderungen an eine Kapitalverwaltungsgesellschaft nach KAGB unterscheiden sich deutlich von der bisherigen Organisation der Initiatoren geschlossener Fonds. Portfolio- und Risikomanagement sieht der Autor als Kernfunktionen, die bisher bei den wenigsten geschlossenen Fonds vorhanden waren. Die neu definierte Rolle der Verwahrstellen bringt den KVGen mehr Rechtssicherheit, erhöht aber auch den organisatorischen Aufwand. Als insgesamt deutlich komplizierter im Vergleich zur alten Welt bezeichnet er die Auflage und Administration von geschlossenen Investmentvermögen - und damit auch als teurer und langwieriger. Doch die AIFMD eröffnet in seinen Augen auch Chancen. KVGen haben dank EU-Passporting die Möglichkeit, ihre Produkte europaweit anzubieten - auch ohne weitere nationale Zulassungen. (Red.)

Das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) ist seit nunmehr eineinhalb Jahren in Kraft. Für die Fondsbranche hatte das beschlossene Regelwerk unmittelbare Auswirkungen: Manager alternativer Investmentfonds müssen neuen Anforderungen bei Management und Vertrieb nachkommen und zudem neue Akteure in ihr Geschäftsmodell einbeziehen. Gleichzeitig wurden die Gesellschaften und ihre Fonds der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) unterstellt. Kurzum: Das KAGB hat zu gravierenden Veränderungen in einem bis dahin nahezu unregulierten Markt geführt.

In der "neuen Welt" werden Investitionen in Sachwerte, die früher als geschlossene Fonds aufgelegt wurden, als Alternative Investment Funds (AIF) eingestuft. Die EU-Richtlinie "Alternative Investment Fund Managers Directive" (AIFMD) wurde in Deutschland durch das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) in nationales Recht umgesetzt. Ziel der EU-Kommissare in Brüssel ist es, sämtliche Finanzprodukte staatlichen Regularien zu unterwerfen. Mit Blick auf derzeit noch unregulierte Produkte, wie etwa die Genussscheine, besteht also durchaus noch Anpassungsbedarf.

Auswirkungen auf die regulierten Unternehmen

Die Regulierung hat die Manager alternativer Investmentfonds dazu gezwungen, sich neu auszurichten. Um ihre Geschäftsprozesse mit dem KAGB in Einklang zu bringen und überhaupt noch neue Fonds auflegen zu können, ergaben sich für die Manager zwei Möglichkeiten: Die Gründung einer eigenen Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) mit Genehmigung der BaFin oder die Auslagerung an eine externe, ebenfalls von der BaFin zugelassene Service-Kapitalverwaltungsgesellschaft. Letzteres ist vor allem für kleine Fondsmanager ohne umfassende personelle oder organisatorische Ausstattung eine sinnvolle Alternative.

Die Anforderungen an eine KVG unterscheiden sich in der Regel wesentlich von der bisherigen Organisation der Initiatoren geschlossener Fonds. Kernfunktionen einer KVG sind das Portfolio- und das Risikomanagement, welche bei den wenigsten Initiatoren geschlossener Fonds bisher in der geforderten Form vorhanden waren. Das Risikomanagement umfasst dabei nicht nur die Ebene der KVG als Unternehmen, sondern auch die Ebene der Fonds als Produkt gegenüber dem Anleger.

Einbindung neuer Mitspieler gefragt

De facto ist das KAGB mit einem hohen Aufwand für die KVGen verbunden. Das Gesetz sieht strenge Anforderungen an das Reporting, das Risikomanagementsystem mit dauerhafter Risiko-Controlling-Funktion und die umfassenden neuen Compliance-Standards vor. Hinzu kommt die notwendige Zusammenarbeit mit externen Dienstleistern, um alle gesetzlichen Normen bei der Auflegung und Betreuung neuer AIFs zu erfüllen. Fondsanteile und Objekte eines Fonds müssen bewertet werden, was in vielen Fällen durch externe Sachverständige geschieht.

Der Gesetzgeber hat die Bewertungspflicht eingeführt, um die Transparenz für die Anleger zu erhöhen und damit den Anlegerschutz zu stärken. War die BaFin in der Vergangenheit vor allem für die Marktstabilität und damit für die Kontrolle der im Markt tätigen Unternehmen zuständig, erhielt sie im Zuge der gesetzlichen Neuerung den politischen Auftrag, den Anlegerschutz sicherzustellen.

Verwahrstelle überwacht "Fonds-Bewirtschaftung"

Vollkommen neu und gleichzeitig von zentraler Bedeutung für die KVGen ist die Einbeziehung von Verwahrstellen in ihr Geschäftsmodell. Die Verwahrstelle agiert treuhänderisch als unabhängiges Kontrollorgan mit umfassenden Prüfpflichten. Bei ihr wird das Investmentvermögen hinterlegt und verwaltet. Zur Kernaufgabe der Verwahrstelle gehört die Überwachung der laufenden Fonds-Bewirtschaftung. Sie prüft sowohl die Rechtspositionen der AIFs im Hinblick auf ihre Eigentumsrechte als auch die Zahlungsein- und -ausgänge, das heißt, sie haftet somit für das rechtskonforme Handeln der KVG. Für die KVG bietet dieses Konstrukt mehr Rechtssicherheit, verlangt aber auch ein deutliches Mehr an Abstimmung und Organisation. Zeitliche Verzögerungen durch Rückfragen zwischen den beteiligten Akteuren können die Folge sein. Hinzu kommt noch die Abstimmung mit den Wirtschaftsprüfern, die die Gesamtentwicklung der KVG und der einzelnen AIFs überprüfen, bevor sie den Jahresabschluss feststellen können.

Last, but not least wurde mit dem KAGB auch die Berichtspflicht der Kapitalverwaltungsgesellschaften erweitert. Seit Januar 2015 müssen die KVGen im Rahmen des Meldeverfahrens ihre Daten zu den einzelnen Investmentvermögen monatlich elektronisch bei der Bundesbank melden.

Die Auswirkungen der beschriebenen Veränderungen im Markt der Produktanbieter waren gravierend. Während die Zahl der unregulierten Anbieter geschlossener Fonds in Deutschland in früheren Zeiten über 300 lag, beträgt die Zahl der zugelassenen KVGen zurzeit etwa 30. Man kann also von einer deutlichen Konsolidierung des Marktes sprechen.

Auswirkungen auf die regulierten Produkte

Anleger gehen bei der Zeichnung eines AIF, wie bisher, eine unternehmerische Beteiligung ein. Doch die Regulierung schafft vermeintlich mehr Sicherheit für die Anleger. Ein Publikums-AIF muss laut Gesetz eine ausgewogene Risikomischung vorweisen. Zudem darf er maximal 60 Prozent Fremdkapital einsetzen. Bei einem Spezial-AIF für professionelle und sogenannte semiprofessionelle Anleger gibt es solche Einschränkungen nicht, da der Gesetzgeber zwischen institutionellen Investoren und Privatanlegern ein unterschiedliches Schutzniveau anlegt.

Für jeden Fonds führt die BaFin eine Kohärenzprüfung durch, wonach sie die Schlüssigkeit des Verkaufsprospektes feststellt. Während früher der Prospekt lediglich formal geprüft wurde, untersucht die Aufsicht nun, ob der Prospektinhalt verständlich und kohärent, also widerspruchsfrei, ist. Ohne eine Genehmigung der BaFin darf eine KVG ihre Produkte nicht anbieten.

Sicherheit kostet Geld

Insgesamt ist die Auflage und Administration von geschlossenen Investmentvermögen wesentlich komplizierter geworden -und das gibt es nicht zum Nulltarif. Mehr Sicherheit durch mehr Kontrolle kostet Geld und Zeit. Im Bereich der Publikumsfonds hat sich die Dauer der Produktentwicklung deutlich erhöht. Während der Prozess früher ein bis drei Monate beanspruchte, dauert es heute drei bis zwölf Monate. Infolge des zeitlichen Mehraufwandes durch die Koordination und Einflussnahme der unterschiedlichen Parteien auf die AIFs werden die Produkte zwangsläufig teurer.

All dies hat - sowie auch die geringe Zahl zugelassener KVGen - in den letzten 18 Monaten zu einer deutlichen Verknappung des Fondsangebots im Publikumsbereich geführt. Wobei man andererseits auch noch nicht beobachten kann, dass die Nachfrage der Privatanleger in Deutschland nach diesen Produkten wieder anzieht. Das hat wiederum zur Folge, dass sich das Marktvolumen seit Jahren kontinuierlich nach unten entwickelt. Hieran konnte bis jetzt auch die neue Sicherheit der Regulierung nichts ändern.

Gerade in Zeiten historisch niedriger Zinsen ist eine Beteiligung in Sachwerte, wie Immobilien, Flugzeuge oder Wind- und PV-Anlagen, eine sinnvolle Beimischung für das Depot. Bis jetzt konnten die verbliebenen Produkt anbieter im Publikumsgeschäft aber die Konsolidierung und damit Ausdünnung des Wettbewerbs sowie die Vorteile der Regulierung für die Anleger noch nicht in Neugeschäft umsetzen.

Größerer Marktplatz und mehr Wettbewerb für AIFs

Einen großen Anteil an dieser Situation hat auch der Vertrieb - meist Banken und freie Finanzdienstleister. Unabhängig vom KAGB sind in den letzten zwei Jahren eine Vielzahl von Regulierungen zum Vertrieb umgesetzt worden, welche auch hier eine Anbieterkonsolidierung bewirkt haben. Viele freie Finanzdienstleister haben den Vertrieb von AIFs eingestellt beziehungsweise gar nicht aufgenommen. Banken haben, im Vergleich zu anderen Anlageprodukten, Schwierigkeiten in der Umsetzung der spezifischen Vertriebsregeln für diese Produkte.

Trotz der gestiegenen Komplexität und der damit verbundenen Kosten eröffnet die EU-Richtlinie AIFMD auch Chancen für den Investmentmarkt. Ziel des dort verankerten sogenannten "EU-Passporting" ist eine Harmonisierung des EU-Binnenmarktes. Dank dieses Standards haben die KVGen die Möglichkeit, ihre Produkte grenzüberschreitend anzubieten. Dafür müssen sie die erforderlichen Informationen bei der zuständigen Behörde im jeweiligen Mitgliedsstaat hinterlegen.

Das bedeutet in der Praxis: Hat die BaFin einen AIF lizenziert und zugelassen, bedarf es EU-weit keiner weiteren nationalen Zulassung. Mit dem Segen aus Bonn ist ein Vertrieb gleichsam in den Niederlanden, Spanien oder Italien möglich. Folglich entsteht ein größerer Marktplatz für neue Fonds. Im Umkehrschluss entsteht aber auch künftig mehr Wettbewerb, da mehr Alternative-Investmentfonds-Akteure ihre Produkte länderübergreifend anbieten.

Konzentration auf institutionelle Investoren und Internationalisierung

Als einer der großen, personalstarken Anbieter hat sich die KGAL für die Gründung einer eigenen KVG entschieden. Die KGAL Investment Management GmbH & Co. KG übernimmt als KVG die Rolle des Investmentmanagers. Dort werden Transaktions-, Portfolio- und Assetmanagement für die bestehenden Assetbereiche der KGAL Gruppe gebündelt. Zusätzlich ist die KGAL Capital GmbH & Co. KG als Vertriebsgesellschaft mit eigener Lizenz gem. § 32 Kreditwesengesetz gegründet worden. Auch die KGAL wird das EU-Passporting nutzen und ihr Geschäft europaweit ausrollen.

Die KGAL hat sich nach intensiver Analyse 2013 aus dem Publikumsgeschäft zurückgezogen und konzentriert sich heute ganz auf institutionelle Investoren. Das ist ein Schritt, der neben einer bestimmten Unternehmensgröße, langjähriger Erfahrung und entsprechendem Know-how eine gute Marktkenntnis erfordert. Bereits in der Vergangenheit haben die institutionellen Investoren hohe Anforderungen an die KGAL gestellt. Entsprechend schnell ist es uns gelungen, die Anforderungen des KAGB umzusetzen.

Mehr noch: Wir begreifen die Regulierung in der Tat als Chance, gerade was die Internationalisierung angeht. Die KGAL will systematisch in ausgewählten europäischen Märkten Fuß fassen. Das Niedrigzinsumfeld und entsprechend hoher Anlagedruck bei den institutionellen Investoren sollten uns dabei zugutekommen.

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