Bronzemedaille für deutschen Investmentmarkt

Geldpolitik und politische Risiken waren zwei bestimmende Faktoren des vergangenen Jahres. Dennoch frohlockt Frank Pörschke von JLL, dass sich das "zumindest in unseren Breitengraden noch nie dagewesene Interesse an Immobilien mit hoher Wahrscheinlichkeit fortsetzen" werde. Lang sah es nicht so aus, dass das Transaktionsvolumen auf dem deutschen Gewerbeimmobilienmarkt 2016 die 50-Milliarden-Euro-Marke knacken könnte. Doch ein außergewöhnlich starker Schlussspurt mit vielen großvolumigen Einzel- und Portfoliotransaktionen sorgte für einen dynamischen Jahresabschluss. Aber nicht dynamisch genug, um neue Rekordhöhen zu erklimmen. Vier Prozent Rückgang im Vergleich zu 2015. Aber nach 2007 und eben dem vorletzten Jahr reiht sich das Transaktionsvolumen von 52,9 Milliarden Euro auf Platz 3 in der Langzeitstatistik ein. Wegen des insgesamt knappen Marktes ist das ein recht passables Ergebnis.

In der Verteilung des Transaktionsvolumens zwischen Einzel- und Portfolioabschlüssen hat sich 2016 im Vergleich zu 2015 nichts geändert. Einzeltransaktionen dominieren nach wie vor mit 65 Prozent. Dafür waren im vergangenen Jahr vier der fünf Transaktionen Portfolios mit Kaufpreisen von jeweils über 750 Millionen Euro. Der Frankfurter Commerzbank-Tower wurde an einen geschlossenen Fonds und an ein Konsortium rund um Samsung verkauft. Allein das Konsortium legte 650 Millionen Euro auf den Tisch. Aber: Die Bedeutung großvolumiger Transaktionen hat insgesamt abgenommen. Die 103 Deals jenseits der 100-Millionen-Euro-Grenze summierten sich insgesamt auf über 25 Milliarden Euro. Das ist zwar noch fast die Hälfte des genannten Volumens, aber gegenüber 2015 leicht rückläufig.

Das aktuelle Trendbarometer von EY Real Estate zeigt aber auch eine gewisse Skepsis der Immobilieninvestoren in den Transaktionsmarkt des Jahres 2017: 69 Prozent halten eine Blasenbildung auf den Big-7-Standorten für möglich. Darüber hinaus erwarten 61 Prozent ein weiterhin sinkendes Transaktionsvolumen. Beim ersten Hinsehen scheint der Optimismus der Branche etwas ausgebremst - aber weit gefehlt: Nahezu alle Befragten, 96 Prozent, sehen Deutschland als guten oder sehr guten Immobilienstandort. Das sind sogar ein Prozent mehr als noch im Jahr zuvor. Trotz knappem Angebot also noch vollstes Vertrauen. Neun von zehn Befragten sehen die Projektentwickler als die Gewinner der Marktsituation. Ebenfalls 90 Prozent rechnen damit, dass Investoren zukünftig stärker versuchen, sich über Forward Deals frühzeitig Objekte zu sichern. Das zeigt klar: Die Risikobereitschaft nimmt zu. Und "nichttraditonelle" Assetklassen wie Parkhäuser, Pflegeheime, Studentenwohnheime und Mikro-Appartments stehen zunehmend auf dem Einkaufszettel der Investoren (88 Prozent). Man darf gespannt sein, wann hier die Nachfrage in ähnliche Höhen schnellt und das Angebot massiv übersteigt.

Derweil gehen 98 Prozent von einer Fortsetzung der Niedrigzinsphase aus. So weit, so erwartbar. Was aber überrascht, ist die geringe Angst vor politischen Instabilitäten. Für knapp zwei Drittel (65 Prozent) führen sie zu keiner Verunsicherung. In Zeiten von Trump und Problemen in der EU ist diese Sorglosigkeit doch etwas verwunderlich. Paul von Drygalski von EY verweist zwar darauf, dass Donald Trump zu diesem Zeitpunkt noch nicht gewählt wurde. Dennoch scheint der Glaube in die Solidität der hiesigen Märkte ungebrochen. Auswirkungen der britischen Brexit-Abstimmung sieht noch niemand der Immobiliendienstleister. Es soll wohl - so hört man - ein erstes Ausstrecken der Fühler von der Insel Richtung Festland geben. Mehr aber auch nicht. Man sollte bei diesem Faktor berücksichtigen, dass der EU-Ausstieg Großbritanniens noch nicht vom Londoner Unterhaus beschlossen wurde. Beobachter sollten diesen Faktor folglich auch für das laufende Jahr nicht überbewerten.

Was darüber hinaus angesichts der anhaltenden Problematik bemerkenswert ist: Nur noch 41 Prozent halten den Zuzug von Flüchtlingen für einen wesentlichen Aspekt auf dem Wohnungsmarkt. Ein Jahr zuvor waren es mit 83 Prozent noch doppelt so viele Branchenvertreter. Dabei ist der benötigte Wohnraum weiterhin enorm hoch. Eine Studie des Immobilienmaklers Aengevelt sieht einen kumulierten Bedarf von 2,4 Millionen bei EU- und Nicht-EU-Bürgern im Zeitraum 2015-2017. Es ist mitnichten so, dass derzeit auch nur annähernd so viel Wohnraum geschaffen wurde oder wird. Es sei denn, man sieht Sammelunterkünfte als dauerhafte Lösung an. Wenn aber die Kommunen nicht genügend Wohnraum ausweisen, ist das natürlich aber nicht die Schuld der Immobilienunternehmen. Diese gehen so oder so mit deutlicher Mehrheit von weiteren Preissteigerungen in 1-a-Lagen (80 Prozent) und 1-b-Lagen (81 Prozent) bei Wohnimmobilien aus. dro

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