Logistikimmobilien: Städten geht der Platz aus

Keine Frage, der Logistikimmobilienmarkt boomt. Und der E-Commerce hat einen wesentlichen Anteil daran. So ist laut GfK der Anteil des Online-Handels am deutschen Einzelhandelsumsatz von 2009 bis 2014 um durchschnittlich 21 Prozent pro Jahr auf 8,5 Prozent gewachsen. Bis 2025 soll sich dieser Anteil voraussichtlich verdoppelt haben. "Soll" ist hier das entscheidende Wort. Denn dem Wachstum stehen viele Faktoren entgegen. Es werden immer mehr Produkte online bestellt, die in immer kürzeren Fristen zum Kunden gelangen müssen. Die Folge ist ein enormer Bedarf an urbanen Logistikzentren, die eine schnellere Lieferung auch gewährleisten können. Problem: Irgendwann stößt das Wachstum der Logistik an seine infrastrukturellen Grenzen. Vor allem die urbane Transportinfrastruktur - sprich Wege, Flächen und Parkmöglichkeiten zum Be- und Entladen - wird schneller zum Bremser, als es vielen Investoren und Unternehmen lieb ist.

Wie will man nun diesem Ressourcen- und Infrastrukturproblem beikommen? Oft gehörte Argumente, dass Städte genügend Parkplätze ausweisen oder eben große Ladehöfe wie in New York haben müssten, wirken denn auch etwas hilflos. Denn woher soll die Fläche kommen? Für den Transport hat Rainer Koepke Managing Director bei der Immobilienagentur CBRE, eine mögliche Entzerrungsmöglichkeit: "Es sollten viel mehr E-Bikes zum Einsatz kommen." Ein weiteres Problem benennt Andreas Fleischer, Nordeuropa-Direktor des Immobilienkonzerns Segro: die langen Fristen bis zur Baugenehmigung für Logistikimmobilien. "Je größer die Stadt, desto länger ziehen sich derzeit die Genehmigungen hin - das dauert dann sogar bis zu neun Monate", moniert Fleischer.

Markus Wotruba von der Münchener BBE Handelsberatung beschreibt neben den reinen Bestellungen im Internet noch ein weiteres Phänomen: "Der Kunde schaut vorher im Netz nach Produkten, fragt beim Einzelhändler, ob es das Produkt gibt und holt es sich dann gegebenenfalls ab." Die dadurch fehlenden Impulskäufe verschrecken die stationären Einzelhändler. Folge: In manchen Orten verfielen große Teile der Flächen. Auch die Nebenlagen der Top-7-Städte würden stagnieren. Stattdessen kommt es in den begehrteren Lagen zu zunehmendem Wettbewerb um die wenigen Flächen: "E-Commerce verstärkt die schon vorhandenen Trends. Die Logistiker wollen auch genau da hin, wo die Geschäftsleute hinwollen", so Wotruba. Und da sind sie auch schon wieder, die eben skizzierten Grenzen des allseits beschworenen Wachstums.

Ein weiteres Problem: Koepke sorgt sich wegen eines "sich verschärfenden Mangels an geeigneten Bestandsobjekten. Häufig sind nutzerspezifische Projektentwicklungen notwendig, um den Bedarf der Nutzer zu realisieren." Entsprechend steigt der Neubauanteil beim Flächenumsatz nach Objektstatus massiv. Gab es in den Jahren 2013 bis 2015 noch ein Neubauanteil von 51 Prozent und einen Bestandsanteil von 49 Prozent, sieht es im ersten Quartal dieses Jahres ganz anders aus: Ganze 69 Prozent entfielen auf den Neubau und nur noch 31 Prozent auf Bestandsbauten, so Koepke auf einer Informationsveranstaltung in Frankfurt am Main.

In Zukunft muss sich jedoch eben dieser Bedarf der Nutzer an die begrenzten Ressourcen anpassen. Möglicherweise wird die Renovierung vorhandener Logistikgebäude und/oder deren Ausbau zu sogenannten Multilevel-Logistikzentren mit mehreren Etagen zunehmen. dro

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